11 | haunted
come on, come on, don't leave me like this
i thought i had you figured out
can't breathe whenever youre gone
can't turn back now, i'm haunted
🅱︎🆁🅸🅳🅶🅴🆃'🆂 🆁🅴🅶🅴🅻🅽
#11: Lass dich von keinem Typen zum Weinen bringen. Sie sollen deinen Lipgloss verschmieren, nicht deine Mascara.
GRAHAM
Wir hatten das Spiel verloren. Ultimativ war ich wieder zu der endlosen Enttäuschung meiner Eltern mutiert. Sie behaupteten immer, dass sie mich unterstützten, aber die Wahrheit war, dass sie nicht Graham, also mich als Person unterstützten, sondern nur meine Erfolge. Alles, was nicht rekordverdächtig war, war nicht gut genug. Ich konnte die enttäuschten Blicke in meine Richtung mittlerweile nicht mehr ertragen, also hatte ich heute das Auto genommen, um zur Schule zu fahren, obwohl ich Wyn versprochen hatte, mit ihr buszufahren. Ich hatte Tenn gesagt, dass er meine Schwester und Charlie abholen sollte, weil Doyle behauptete, dass er krank sei. Ich nahm an, dass er bei Charlies Eskapaden mitgemacht hatte und weil er sich diese nicht gewohnt war, ging es ihm nun miserabel. Nun, er war nicht der Einzige, aber nicht alle konnten es sich leisten, zuhause zu bleiben. Nicht alle wollten zuhause bleiben.
Ich hasste mich dafür mehr als ich zugeben wollte. Ich hatte zuhause alles, was ich eigentlich brauchte. Ich hatte wohlhabende Eltern, denen ich nicht vollkommen egal war, und ich hatte Wynona und Ruby. Aber trotzdem hatte das alles keine Bedeutung, weil ich mich leer fühlte. Es war nicht immer so. Meistens hatte ich einen guten Tag und mein Kampfgeist war kaum übertreffbar, weil der kleine Junge in mir meine Eltern nicht schon wieder enttäuschen wollte. Ich wollte etwas erreichen. Ich wollte, dass sie mich anlächelten, wie sie es bei Wynona taten. Dass sie endlich so aussahen, als wäre das, was ich tat, genug. Aber wenn ich sie damit konfrontierte, sagten sie, dass sie mich liebten und dass sie nur so hart zu mir waren, weil sie wussten, dass ich damit umgehen konnte und bisher hatte es mich auch nur zu meinen Bestleistungen gebracht.
Nur zu welchem Preis? Wie viel von mir musste ich noch geben, um endlich gesehen zu werden? Gott, war es wirklich so schwer, mir einfach ein wenig Zuneigung und Stolz zu zeigen, ohne dass ich der beste Mensch auf diesem Planeten werden musste? War es so unendlich schwierig, mich einfach zu lieben?
Oder auch nur mit mir befreundet zu sein? Ich starrte auf das Tor vor Bridgets Haus. Ich hatte geklingelt, aber nichts regte sich. Sie hatte Okay gesagt und war dann von der Bildfläche verschwunden und ich war verdammt noch mal wütend darauf. Die Freundschaft zu ihr hätte die Ablenkung von meinen Problemen sein sollen, aber schlussendlich hatte sie mich nur vom Spiel abgelenkt, weil ich nach ihr Ausschau gehalten hatte, während ihr Bruder mir mein persönliches Rugby-Grab gebuddelt hatte. Ich hatte ihn gefragt, wo seine Schwester sei, aber er hatte mich nur lange angestarrt. Das Problem bei Brandon Humphrey? Man konnte ihm niemals ablesen, was er dachte. Das machte ihn zum perfekten Rugby-Spieler, aber es half mir in diesem Moment auch nicht weiter.
Bridget tauchte erst nach zehn Minuten auf. Vielleicht hatte sie mein Klingeln nicht gehört, meine Nachrichten nicht gesehen, aber wahrscheinlich ignorierte sie mich nur. Sie öffnete die kleine Eisengusstür neben dem großen Tor und schlich sich heraus, wobei sie auf den Boden starrte. Also wusste sie wohl, dass ich da war. Ich hupte und Bridget schreckte auf. Wortwörtlich. Ich hatte noch nie zuvor gesehen, dass jemand von einem Hupen so erschüttert sein konnte, aber sie schaffte es trotzdem. Ihre Hand schnellte zu ihrem Herz und sie hielt sich die Brust. Für einige Sekunden stand sie nur da. Ihre Haare wurden ihr vom Wind ins Gesicht gepeitscht und ihre schlanken, muskulösen Beine schienen im Boden verankert zu sein. Auf ihrem Hemd war kein grüner Fleck mehr zu sehen, also hatte sie es wohl mit ihrem stillen Protest gegen das Direktorat aufgegeben. Dann sah sie langsam zu mir. Ihre Augen bohrten sich durch die Windschutzscheibe in meine. Es war schwierig zu deuten, was sie dachte, aber immerhin setzte sie sich dann endlich in Bewegung und klopfte an meine Fensterscheibe. Ich kurbelte sie herunter.
„Was tust du hier?", fragte sie. Ihre Stimme klang rau und sie blickte auf ihre Hände statt in mein Gesicht.
„Ich fahre dich zur Schule."
„Ich kann auch laufen."
„Ich weiß."
Bridget zögerte. „Wieso bist du dann hier?"
Weil ich mir Sorgen um sie gemacht hatte. Und weil ich wütend auf sie war. „Weil wir reden müssen."
Sie presste ihre Lippen zusammen und sah so desinteressiert an einem Gespräch aus, dass ich dachte, dass sie mich sitzen lassen würde, als sie sich umdrehte und von der Fahrerseite entfernte. Aber sie stieg stattdessen ein. Ich kurbelte meine Fensterscheibe wieder herauf, aber stellte den Motor nicht an. Wir hatten noch zwanzig Minuten, bis der Unterricht anfangen würde und mit dem Auto hatte man nur fünf Minuten von hier. Also hatten wir eine Viertelstunde, um zu klären, was auch immer da zu klären war.
„Ich dachte, du willst mich zur Schule fahren", brach Bridget als erste die Stille. Sie wirkte anders als sonst – reservierter, in sich gekehrter, müder.
„Ich dachte, du wolltest zu meinem Rugby-Spiel kommen", konterte ich. Denn trotz allem war ich am Samstag zu den Wettrennen gegangen. Ich hatte sogar meine kleine Schwester Ruby mitgeschleift unter dem Vorwand. Wynona war ebenfalls mitgekommen und hatte Mom vorgegaukelt, dass wir fanden, dass man Frauensport mehr unterstützen sollte. Natürlich hatte Wynona damit recht, aber ich war trotzdem nur hingegangen, weil ich mit Bridget hatte reden wollen, nicht weil ich plötzlich eine moralische Wiederbelebung erlitten hatte. Fairerweise musste man aber auch anmerken, dass ich sonst nur zu meinen eigenen Rugby-Spielen ging oder mir welche im Fernseher ansah.
Bridget zuckte nur mit den Schultern. Ich umklammerte das Lenkrad fester.
„Wir hatten eine Abmachung. Ich habe am Freitag auf dich gewartet. Ich war am Samstag da. Wo warst du?"
„Zuhause." Sie sah mich nicht einmal an. Es war, als würde sie das alles nicht interessieren und ich verlor meine Nerven, weil es einfach so verdammt wehtat. Wieso konnte sich nicht einmal jemand auch für mich interessieren?
„Du hast gesagt du würdest kommen!", brüllte ich beinahe, als würde das dafür sorgen, dass mich jemand hörte. Ich war nicht mehr als ein trauriges, mickriges, elendes Stückchen einer Seele, aber egal wie laut ich darum flehte, gesehen zu werden, jegliche Augen glitten über mich hinweg.
„Gott, Bridget, ich habe darauf vertraut, dass du da sein würdest! Ich habe mich nach dir umgesehen, weil ich dachte, dass es dir vielleicht genauso viel bedeutet wie mir! Ich habe geglaubt, dass du das auch wolltest. Ich wäre gar nicht so wütend, wenn du mir Nein gesagt hättest, denn das wäre dein gutes Recht gewesen. Ich kann ein Nein akzeptieren, aber du hast Okay gesagt und verdammt, ich habe mir Hoffnungen gemacht, dass endlich-..."
„Hör auf, mich anzuschreien!", funkte Bridget dazwischen. Sie hustete die Worte beinahe hervor und ich brauchte einen Moment, bis ich registrierte, dass sie weinte. Bridget vergrub ihr Gesicht in den Händen und ihre Schultern wurden von Schluchzern durchgeschüttelt, obwohl sie keinen Laut machte. Ich rieb mir übers Gesicht. Verdammt, wieso konnte ich denn gar nichts richtig machen?
„Es tut mir leid, Bridget-..."
„Nein!", unterbrach sie mich mit wackeliger Stimme. Sie sah mich nicht an und das machte alles nur noch schlimmer. Ich hätte sie gerne in die Arme genommen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt das Recht hatte, dieses Mädchen anzufassen. Nicht, nachdem ich sie zum Weinen gebracht hatte. Ich hatte den Eindruck, dass sie auseinanderbrechen würde, wenn ich jetzt auch nur einen Finger an sie legte. Aber dann, endlich, drehte sie nach einigen Momenten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, ihr Gesicht zu mir. Ihre Augen waren rot und verquollen, aber noch viel schlimmer waren die tiefen, dunklen Augenringe, die darunter lagen. Sie sah unendlich müde aus.
„Meinst du nicht, ich hätte es versucht? Dass ich mir nicht jeden Tag Mühe gebe? Hast du eine Ahnung davon, wie schwierig es ist, aufzustehen, nachdem ich keine Minute ruhig geschlafen habe? Gott, Graham, glaubst du nicht, dass ich mich nicht schon schlecht genug fühle? Brandon hat mir gesagt, dass du nach mir gefragt hast. Er hat mir gesagt, dass du unkonzentriert gespielt hast. Und es tut mir leid. Mehr als du vorstellen kannst, aber was soll ich denn tun? Ich hätte es dort nicht eine einzige-..." Bridget stockte. Sie sah wieder auf ihre Fingernägel, die so kleingeschnitten waren, dass an einigen Stellen Blut hervordrang.
„Was hättest du dort nicht?", hakte ich sanft nach. Bridget schüttelte nur ihren Kopf und wischte sich ihre Tränen weg.
„Macht es einen Unterschied?"
Ja. Aber sie sah nicht aus, als würde sie darüber reden wollen. Ich seufzte. „Nein."
Es war merkwürdig, wie schnell meine Wut verflog. Ich war mir so sicher gewesen, dass ich lange auf Bridget wütend sein würde und dass sie praktisch um meine Vergebung betteln müsste, aber wenn ich sie ansah, blieb davon nichts mehr übrig. Ich verspürte nur ein schmerzhaftes Stechen in der Brust, weil es ihr so offensichtlich nicht gut ging, dass ich mich fragte, wieso ihr nicht angemessen geholfen wurde. Konnte man ihr nicht Schlaftabletten verabreichen, wenn sie Schwierigkeiten mit dem Schlafen hatte? Oder versuchte sie einen Weg zu finden, mit ihren Problemen umzugehen, indem sie zur Konfrontationstherapie ging? Funktionierte die Therapie? Es war schwierig einzuschätzen und es wäre unangemessen gewesen, wenn ich gefragt hätte, also unterließ ich es.
„Es tut mir leid", wiederholte ich also nur.
„Ist ja nicht deine Schuld."
Ich seufzte. „Ich hätte dich nicht anschreien dürfen. Es war ein schwieriges Wochenende."
Bridget kaute auf ihrer Unterlippe, ehe sie mich vorsichtig ansah. „Willst du darüber reden?"
Ja. „Nein." Nicht hier, nicht jetzt, nicht, wenn ich versuchte, einmal mehr alles zu verdrängen, was sich in mir angestaut und zusammengeballt hatte. Ich war nicht der Einzige mit Problemen und Bridget sah so aus, als wären weitere Probleme das Letzte, was sie brauchen könnte.
„Okay."
„Du?"
„Ich rede ständig darüber."
Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. „Hilft es?"
„Nein."
Ich verzog mein Gesicht. Das war genau die Motivation, die ich gebraucht hatte.
„Aber das ist nur bei mir so, Graham. Ich kann nicht sagen, ob es dir helfen würde. Alle behaupten immer, dass es leichter ist, darüber zu reden, und dass man sich danach besser fühlt, also wird schon ein bisschen Wahrheit dran sein."
Ich lächelte schwach. „Es wäre schön, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte. Dann müsste man sich keine Sorgen darum machen, ob man das Gesagte lieber geheim gehalten hätte oder nicht."
Bridgets Gesichtsausdruck war undefinierbar, aber sie starrte wieder auf ihre Hände. „Ich denke, dass man eher die Probleme selbst rückgängig machen würde, statt sich zu fragen, ob man darüber reden will."
Ich seufzte. Das war eben so eine Sache. In meinem Leben gab es nicht ein bestimmtes Ereignis, das ich eliminieren wollte, um an einen Punkt zu kommen, an dem ich ohne Sorgen leben konnte. Es waren Situationen und Verhältnisse, die sich über die Jahre zu einem Bündel von Problemen angesammelt hatten, die mir schwer im Magen lagen. Aber wie konnte ich so etwas jemals laut sagen, wenn ich bisher immer darüber geschwiegen hatte? Mit jeder Minute, während der ich nichts sagte, klebten meine Lippen härter aufeinander. Es war unerträglich und ich hasste, dass ich keinerlei Kontrolle darüber hatte.
„Vielleicht hast du recht, Bridget Humphrey."
Sie lächelte. Trotz all den Problemen, die ihr ins Gesicht geschrieben standen und dem Fakt, dass sie vor zehn Minuten noch geweint hatte, verzogen sich Bridgets Lippen zu einem Lächeln.
„Gut möglich, Graham Gallagher Fields."
Ich verzog das Gesicht. „Wirst du mich jemals vergessen lassen, dass ich dir meinen mittleren Namen verraten habe?"
„Wieso sollte ich, Mr. GraGaF?"
„Das hast du gerade nicht getan."
Bridget klimperte unschuldig mit ihren Wimpern. „Was denn?"
Ich schluckte, denn dieses Mädchen wusste genau, was sie tat. Ihre wunderschönen, hellblauen Augen strahlten gleichzeitig vor Melancholie und Freude und es war beinahe unmöglich, sie nicht zu lange anzusehen. Nicht zu hinterfragen, was dahintersteckte. Nicht wissen zu wollen, was Bridget in ihrem Herzen trug, wenn alles an ihr nach Faszination schrie und gesehen werden wollte.
„Was habe ich nicht getan, Graham?"
„Hm?"
„Hast du dich nicht beschwert?"
Sie klimperte wieder mit ihren Wimpern. Mich beschwert? Worüber-... Ich räusperte mich. „Ja, natürlich. Du solltest mich nicht so nennen, Bridget."
„Okay. Wie du meinst. Mr. Best Bitch."
Ich verschluckte mich an meinem eigenen Atem. „Wie bitte? Wie kommt man auf so einen Spitznamen?"
Bridget zuckte mit den Schultern. „Scarlett hat mich offiziell zu Bitchet umgetauft und deswegen bist du jetzt meine Best Bitch."
„Wieso?"
„Weil du meinen Tag millionenfach verbessert hast. Diese zehn Minuten waren besser als mein ganzes Wochenende."
Mein Herz zog sich zusammen. „Bridget-..."
„Mach dir keine Sorgen, ich werde dich schon nicht in aller Öffentlichkeit so nennen."
„Das war nicht mein Punkt-..."
„Oh und wenn du noch pünktlich erscheinen willst, dann solltest du vielleicht langsam losfahren."
Ich sah auf die Uhr. Tatsächlich würde in sieben Minuten die Glocke zur ersten Stunde läuten. Ich wollte Bridget noch auf ihren Kommentar ansprechen, aber es war unmöglich, Informationen aus ihr herauszubekommen, als sie sich an meinem Radio zu schaffen machte und es so laut stellte, dass man unmöglich eine Konversation führen konnte.
Soooo da melde ich mich wieder 😎
Ich bin absolut in meiner Speak Now (Taylor's Version) Phase, aber soll ich euch etwas verraten? Das sind verdammt gute Neuigkeiten für euch, denn ich schreibe hier am meisten, während ich mir dieses Album auf Dauerschleife anhöre 🤭🤭 ... habt ihr einen Lieblingssong auf diesem Album?
Als kleines Special kommt deswegen gleich noch ein Kapitel 😌
Jeeeeeedenfalls...wie ist dieses Gespräch für die beiden gelaufen?
Meinungen zu den Spitznamen?
Oder zum Kapitel allgemein?
Mögt ihr die Gespräche zwischen Graham und Bridget?
das nächste Kapitel kommt gleich, bis dann 💜💜
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