09 | house

and i've been meaning to tell you
i think your house is haunted
your dad is always mad and that must be why

🅱︎🆁🅸🅳🅶🅴🆃'🆂 🆁🅴🅶🅴🅻🅽
#9: Sei nicht enttäuscht von dir selbst.
Das ist der Job deiner Eltern.


GRAHAM

Ich hatte Bridget heute nicht in der Schule gesehen, deswegen hatte ich getan, was jeder gute Freund tun würde: Ich erinnerte sie an ihre freundschaftlichen Verpflichtungen. Das war gar nicht so einfach gewesen, wenn man bedachte, dass ich ihre Handynummer nicht hatte und ihr in der Schule ebenfalls nicht über den Weg gelaufen war, aber ich war ein Mann mit vielen Ressourcen und das Fehlen ihrer Nummer war nur ein kleines Hindernis, das sich mir in den Weg stellte. Ich betrat Wynonas Zimmer, ohne anzuklopfen. So wie ich sie kannte, würde sie mich ohnehin nicht hören, weil sie so laut Musik hörte, dass ihre Lautsprecher meine Wände vibrieren ließen.

„Wyn-Wyn", trällerte ich begeistert und lief zu ihrem Laptop, um die Musk zu pausieren.

„Graham, lass meine Musik in Ruhe!", beklagte sie sich auch schon prompt, während sie mir von ihrem Bett aus einen bösen Blick zuwarf. In ihrem Schoss lag ein Buch und sie verschränkte mahnend die Arme vor der Brust.

Ich hob meine Hände beschwichtigend. „Ich wollte nur kurz mit dir reden."

„Dafür hättest du doch meine Musik nicht ausschalten müssen."

„Du hörst mich doch gar nicht, wenn die Musik so laut ist!", protestierte ich.

„Was doch genau das Ziel ist!", rief sie aufgebracht.

„Witzig", bemerkte ich trocken. Ich setzte mich zu ihr aufs Bett, bevor sie sich noch weiter beklagen konnte. „Also, wir müssen reden."

„Nein, ich habe deine Playstation nicht gestohlen."

„Meine-...was zum Teufel hat das damit zu tun?"

Wyn verzog das Gesicht und legte ihr Buch zur Seite, nachdem sie ihr Lesezeichen zwischen die Doppelseite legte, bei der sie gerade angelangt war, ehe ich beschlossen hatte, ihr Zimmer zu stürmen.

„Wie bist du überhaupt darauf gekommen?"

„Mom und Dad dachten, dass sie dich zu sehr ablenkt."

Ich schnaubte. Klar. Mom und Dad fanden immer wieder etwas, was mir Spaß machte und sie nicht mochten. Das begann mit Videospielen und endete mit Rugby. Es war keine sichere Einkommensquelle, es war ein gefährlicher Sport, ich war vielleicht jetzt einer der besten Spieler in meinem Alter, aber es würde nicht lang andauern, bla, bla, bla. Es gab immer ein Problem und ich wollte einfach einmal hören, dass sie stolz auf mich waren, dass ich es so weit gebracht hatte. Aber das war, als würde ich gegen eine Wand schreien, denn niemand hörte mich. Gott sei dank unterstützten sie Wynona, aber vielleicht war das auch nur, weil sie eine Ärztin werden wollte und beinahe perfekte Noten an den Tag legte. Sie versuchten ebenfalls, die Direktorin dazu zu überreden, strengere Strafen für ihre Mobberinnen zu erheben, obwohl sie da bisher noch erfolglos geblieben waren. Wynona und Ruby, unsere kleine Schwester, waren definitiv die Lieblingskinder in diesem Haus. Aber ehrlich gesagt war das auch gut so, denn ich war mir nicht sicher, wie Wynona die Schulzeit überstanden hätte, wenn sie nicht einmal hier volle Unterstützung erleben würde.

„Du weißt, dass ich ihre Meinung nicht teile, Gray." Wynonas Augen waren groß und voller Mitleid, als wäre meine Situation hier schlimmer als ihre an der Schule. Ich kleisterte mir ein warmes Lächeln auf das Gesicht, obwohl es meine Augen nicht erreichte.

„Natürlich ist mir das klar. Etwas anderes hätte ich niemals vermutet."

„Okay...ähm, nichts gegen dich, aber warum bist du dann hier?" Wyn sah mich skeptisch an, worauf ich nachdenklich den Kopf schieflegte. Sie hatte mich aus dem Konzept gebracht. Wieso war ich hergekommen? Ich wollte doch-...Bridget. Deswegen war ich hergekommen.

„Darf ich mir aus deinen Kontakten eine Handynummer aufschreiben?", versuchte ich es zuerst auf den diskreten Weg. Ich wusste, dass Wyn mit Bridget befreundet war, aber sie wusste vielleicht noch nicht, dass Bridget zur Therapie – Konfrontationstherapie, verdammt – musste und dass ich sie zweimal dorthin gefahren hatte.

„Ich habe nicht unbedingt viele Kontakte", murmelte meine Schwester etwas beschämt und sah auf ihre geblümte Decke. Ich zuckte mit den Schultern.

„Ich habe auch nicht viele Kontakte, die mir tatsächlich etwas bedeuten." Darunter zählten nämlich nur Wyn, Tenn, Charlie und Doyle.

„Was hast du denn gemacht? Hast du dein Handy geschrottet und jetzt kannst du Tagdh nicht mehr erreichen?" Wyn rollte ihre Augen, als wäre ich der tollpatschigste Mensch der Welt, dabei hatte ich bisher nur ein Handy geschrottet und das war auch nur geschehen, weil Charlie seinen Brandy aus Versehen darauf ausgeschüttet hatte.

„Das war ein Unfall."

„Wie du meinst."

„Außerdem, wieso hast du Tenns Kontakt überhaupt?"

Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sich Röte auf den Wangen meiner Schwester ausgebreitet. Also das war einmal eine interessante Entwicklung. Aber Wyn ging gar nicht darauf ein, sondern überspielte meinen Kommentar.

„Also willst du nicht seine Nummer?"

„Nein."

„Wessen Nummer willst du dann haben?"

Ich schwieg. Wynonas Augen wurden groß.

„DU WILLST BRIDGETS NUMMER?", kreischte sie so laut, dass ich beinahe einen Gehörsturz erlitt. Ich stöhnte entnervt auf und verschränkte die Arme vor der Brust, weil ich nicht mehr so recht wusste, was ich sonst mit ihnen anfangen sollte.

„Nein-...ich meine, ja doch. Okay, vielleicht will ich ihre Nummer, aber wieso schreist du denn wie eine Besessene? Es wohnen noch andere Leute in diesem Haus."

Wyn rollte mit den Augen. „Ruby? Sie macht doch immer ein Nachmittagsschläfchen."

„Dank dir jetzt bestimmt nicht mehr."

„Beruhig dich. Und lenk nicht so vom Thema ab, Gray. Das ist eine wichtige Diskussion."

Ich seufzte. Das konnte etwas werden, wenn sie es so formulierte. „Ich lenke nicht vom Thema ab. Ich möchte ihr nur kurz etwas schreiben."

„Was?"

„Geht dich nichts an."

„Oh doch. Bridget ist meine Freundin."

„Nun, wir sind auch befreundet!", hielt ich dagegen.

„Nein, seid ihr nicht."

„Oh doch."

Wynona presste die Lippen zusammen. „Sag mir doch einfach, was du ihr schreiben willst, und dann kann ich dir ihre Nummer geben."

„Das ist Erpressung."

„Und einer fremden Person eine Telefonnummer zu geben ist Datenschutzverletzung!"

Ich warf die Hände verzweifelt in die Luft. „Ich bin keine fremde Person!"

„Bist du sicher? Denn mein echter Bruder hat noch nie nach der Telefonnummer einer weiblichen Person gefragt. Vielleicht bist du nur die eins-zu-eins-Kopie von Graham und in Wahrheit ein gruseliger Mann, der Bridget überführen und umbringen will."

Ich sah meine Schwester trocken an. „Natürlich."

„Siehst du, du gibst es sogar zu!"

„Oh Gott, Wynona, beruhig dich endlich! Himmel, gib mir einfach ihre Nummer. Ich werde sie nicht umbringen. Versprochen."

„Du hast die Bedingungen gehört. Nur wenn du mir sagst, was du ihr schreiben möchtest."

Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. „Nur wenn du mir sagst, worüber du mit Tenn schreibst. Mit meinem besten Freund."

Wynonas Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund. „Das ist nicht dasselbe!"

„Genau, denn das ist noch schlimmer!"

„Du bist so unfair, Graham."

„Das Leben ist unfair, Wyn."

Wir starrten uns nieder und ich spürte, dass ich dabei war, diese Diskussion zu gewinnen, denn ihr fielen keine guten Gegenargumente mehr ein. Sie blies ihre Wangen auf wie ein Fisch.

„Du schuldest mir etwas."

Ein Lächeln brach von meinen Lippen. „Natürlich", entgegnete ich in einem ernsten Tonfall, obwohl wir wohl beide wussten, dass Wyn ihre Gefallen, die ich ihr eigentlich ‚schuldete' nur selten einlöste. Ich überreichte ihr mein Handy und sie tippte Bridgets Nummer ab.

„So wie ich Bridget kenne, wird sie nicht auf die Nachrichten einer fremden Person antworten."

„Dann ist es ja gut, dass ich keine fremde Person bin", meinte ich und zwinkerte meiner Schwester zu. „Danke!" Damit ließ ich ihre Musik weiterlaufen und verschwand aus dem Zimmer. Mission erreicht, würde ich einmal behaupten.

Graham: Hi Bridget!

Graham: Wyn hat mich schon vorgewarnt, dass du nicht auf meine Nachrichten antworten würdest

Graham: Aber keine Angst, ich bin vorbereitet

Graham: Das Spiel beginnt um 19:00 Uhr

Graham: Logischerweise ist der Eintritt kostenfrei

Graham: Selbst, wenn er es nicht wäre, würde ich ihn dir natürlich zahlen

Graham: Aber das ist nicht nötig, weil er eben kostenfrei ist

Graham: Sei pünktlich

Okay, zugegebenermaßen hatte ich mit den Nachrichten ein bisschen übertrieben, aber es handelte sich hier um Bridget. Wenn ich ihr nicht alles geschrieben hätte, hätte sie womöglich nicht verstanden, dass ich es war, der sie gerade zutextete. Und ich wollte schließlich nicht, dass sie mich blockierte, sondern dass sie mir antwortete. Tatsächlich pingte mein Mobiltelefon nach einigen Minuten. Sofort nahm ich es zur Hand.

Bridget: ???

Graham: Ah, da bist du ja

Bridget: wer ist das?

Graham: Graham Fields

Bridget: hast du keinen mittleren namen?

Graham: DAS ist die einzige Frage, die du hast?

Bridget: gibt es eine wichtigere frage?

Graham: JA!

Bridget: oh...naja, hast du jetzt einen mittleren namen oder nicht?

Graham: Gallagher

Bridget: dein mittlerer name ist gallagher???

Bridget: hahaha

Bridget: wieso würde man sein kind so nennen?

Graham: Machst du dich gerade ernsthaft über mich lustig?

Bridget: hast du denn etwas anderes erwartet?

Ich zögerte. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich von Bridget erwartete, mir fiel nur auf, dass sie mich in den letzten beiden Wochen öfter überrascht hatte, als dass sie es nicht tat. Es war, als wäre sie eine kleine Wundertüte.

Graham: Du solltest dich über niemanden lustig machen, solange dein Bruder dich in der Öffentlichkeit GOBBLES nennt

Bridget: wie bitte?! das hast du nicht vergessen???

Graham: Natürlich nicht.

Graham: Gobbles

Bridget: diese konversation ist offiziell beendet

Graham: Wie du meinst. Wir sehen uns spätestens am Freitag beim Spiel

Bridget: nein

Graham: Wir werden ja noch sehen

Graham: Bis dann

Ich wartete darauf, dass sie noch etwas Abschließendes sagte, aber es folgte keine weitere Nachricht. Ich rieb mir über mein Gesicht und ließ mir Bridgets Worte durch den Kopf gehen. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie nur gescherzt hatte, als sie behauptet hatte, dass sie nicht zum Spiel erscheinen würde. Sie musste nicht einmal unbedingt für mich kommen, denn ihr Bruder spielte ebenfalls und Brandon Humphrey als Familie nicht zu unterstützen war etwas, das mir beinahe unmöglich erschien. Er atmete dieses Spiel, noch mehr noch als ich es tat und wenn sie ihn so lange nicht hatte spielen sehen, dann würde sie ihn bestimmt nicht hängen lassen.

Außerdem hatte ich den Eindruck, dass Bridget einfach eine harte Schale hatte und darunter einen weichen Kern in sich trug. Ich wollte keine Psychoanalyse machen, aber ich hatte mir einige der Sachen gemerkt, die uns Mom immer sagte. Selbstbewusstsein konnte jeder ausstrahlen, denn es musste nicht echt sein, damit andere Menschen es als solches wahrnahmen. Und meisten waren die Menschen am lautesten und am selbstbewusstesten, die die Kontrolle darüber haben wollten, was man über sie dachte oder welche Informationen sie weitergaben. Wenn Menschen andere ablehnten, dann lag es meistens nicht daran, dass sie andere Leute nicht mochten – was bei Bridget offensichtlich nicht der Fall war, denn sonst hätte sie sich niemals für Wynona eingesetzt – sondern daran, dass sie sich selbst vor anderen schützen wollten und das ging am einfachsten, wenn man sie auf Abstand hielt.

Also nahm ich Bridget ihre Vorsicht nicht übel. Sie würde mir gegenüber schon noch ein wenig auftauen. So schlimm konnte ich gar nicht sein, wenn ich sie zur Therapie und nach Hause fahren durfte. Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte mich in meinem Bett zurück. Ich durfte sie einfach nicht überfordern. Es war mir aus einem unerklärlichen Grund wichtig, dass sie mit mir befreundet war. Ich wollte, dass sie Wynona beschützte. Es war zwar schmerzhaft gewesen, als sie mir an den Kopf geworfen hatte, dass ich ein schlechter Bruder sei, weil ich mich nicht richtig für Wyn einsetzte und Scarlett und den anderen Tyranninnen nicht ausreichend die Stirn bot, aber es hatte mir auch die Augen geöffnet. Es war wichtig, dass sie mir das gesagt hatte, denn meine Beschwichtigungsversuche hatten offenbar nicht ausreichend funktioniert.

Ich schloss die Augen und lauschte der Stille. Mir war klar, dass ich mich teilweise nur so sehr mit Bridget beschäftigte, weil mich alles andere zu sehr belastete und ich Angst hatte, dass es mich erdrücken würde. Bridget hatte keine Verbindung dazu und das war erfrischend. Natürlich hatte sie sich im Leben meiner Schwester festgeankert, aber sie war von meinen Problemen ferngeblieben und nichts, was sie tat, hätte sie damit in Verbindung bringen können. Bridget war eine Art frischer Wind, der mich aufatmen ließ. Ich redete mir ein, dass es okay war, sich mit ihr anzufreunden, nur um meine eigenen Probleme in den Hintergrund zu rücken. Es war okay, denn schließlich half ich ihr auch. Ich fuhr sie zur Therapie und nach Hause und ich kaufte ihr Lieblingsgetränk – Sprite – damit sie sich besser fühlte. Sie war nämlich witzig und vor allem war Bridget Humphrey eine verdammt gute Ablenkung.

Ich stöhnte innerlich auf. Ich war ein schrecklicher Mensch, weil ich all diese Dinge dachte, aber ich konnte sie nicht leugnen. Sie waren die Wahrheit und da machte es keinen Unterschied, ob sich das nun selbstsüchtig anhörte oder nicht. Es machte keinen Unterschied, dass ich nichts Weiteres als ein gebrochener Junge war, der Bridget als eine gute Abwechslung zu meinem Alltag sah. Ich musste einfach im Hinterkopf behalten, dass all diese Veränderungen kurzzeitig waren. Und dass ich diese Zeit so gut wie möglich genießen würde, selbst wenn ich mir damit langfristig nur noch mehr schadete. Selbstdestruktion war in letzter Zeit ohnehin meine erfolgreichste Beschäftigung.



Sooo gehts endlich weiter mit BBR 🤭

Meinungen zu Wynonas und Grahams Verhältnis?

Oder zu Grahams Verhalten?

Gefällt euch die Geschichte bisher?

Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat & genießt das Wochenende ❤️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top