08 | friends

friends break up, friends get married
strangers get born, stangers get buried

🅱︎🆁🅸🅳🅶🅴🆃'🆂 🆁🅴🅶🅴🅻🅽
#8: Freunde dich mit niemandem an. Du wirst den Verlust einer weiteren Freundschaft vermutlich nicht überleben.

GRAHAM

An mir lag es nicht, dass Bridget (schon wieder) zu spät zur Therapie kommen würde. Nein, wir hatten zehn Minuten bevor sie angefangen hätte, vor dem Gebäude geparkt, aber sie stritt seither mit ihrem Bruder am Telefon. Seit zwanzig Minuten, wobei sie die lächerlichste Diskussion führten, die man sich vorstellen konnte – und ja, ich hörte mit, weil Bridget (und ich zitierte) jemanden brauchte, der die unendliche Dummheit ihres Bruders bezeugen konnte.

„Du wärst ein Krokodil, Brandon!", rief sie entnervt. Vom anderen Ende der Leitung erklang ein Schnauben.

„Nein, ich wäre kein Krokodil, ich wäre ein Faultier."

„Du bist zu faul für ein Faultier!"

„Das sagt diejenige, die den ganzen Tag nur in ihrem Bett verbringt."

„Graham, sag ihm, dass ich nicht faul bin. Ich bin eine beschäftigte Frau."

„Graham, misch dich nicht ein. Außerdem zählt Langweile nicht als Beschäftigung, Gobbles."

Ich konnte mein Lachen kaum unterdrücken. „Dein Bruder nennt dich Gobbles?"

„Nein!"

„Doch, natürlich", bestätigte Brandon. „Hast du sie gesehen? Passt wie die Faust aufs Auge."

„Wenn ich zuhause bin, zeige ich dir, wie gut meine Faust auf dein Auge passt!"

Brandon lachte nur. Ich war noch immer zu überrascht davon, dass ihr Bruder der Brandon Humphrey war. Er war ein absolutes Rugby-Ass und der Star unseres rivalisierten Teams. Er ging nämlich an die Aeddale Privat School und wir begannen jede Saison mit einem Spiel gegen sie. Das Spannende daran? Es war nie klar, wer gewinnen würde, weil beide Teams verdammt gut waren. Sie spielten fair, aber es war klar, dass Brandon sein Talent später in der Academy und danach wahrscheinlich sogar in der Nationalmannschaft weiterführen würde. Er wusste, was er tat und er liebte es.

„Sei nicht so gemein, Gobbles."

Bridget schnaubte „Das sagt ausgerechnet derjenige, der lieber ein Faultier als ein Krokodil wäre."

„Was für einen Grund hätte ich überhaupt, ein Krokodil sein zu wollen?"

„Du schwimmst gerne und du hast Angst vor Bäumen."

Mein Mund klappte auf und Bridget warf mir einen vielsagenden Blick zu.

„Das hast du gerade nicht vor Graham gesagt!"

„Doch, natürlich." Bridget verschränkte die Arme grinsend vor der Brust. „Graham, hast du gehört, dass Brandon Angst vor Bäumen hat?" Sie sah zu mir und ich spürte, dass sie mich in diese Diskussion hereinziehen würde, ob es mir nun passte oder nicht.

„Ähm...ja?"

Brandon stöhnte entnervt auf. „Du bist die schlimmste Schwester, die man sich vorstellen kann, Bridget. Ist dir klar, wie peinlich das ist? Das hätte ein Geheimnis sein sollen!"

Bridget gab ein Kichern vor sich. „Das sagst ausgerechnet du! Du hättest ihm meinen Spitznamen niemals verraten sollen!"

„Ich werde ihn ab jetzt allen verraten, darauf kannst du Geld verwetten, Gobbles."

Bridget rollte mit den Augen. „Sei nicht so dramatisch, Bran. Was kann er schon tun? Dir einen Baum anwerfen?"

Ich gab mir Mühe, nicht zu lachen, aber das Kopfkino war hier eine andere Sache. Bridget stieg in mein Prusten mit ein. „Bridget! Habt ihr euch jetzt beide gegen mich verschwört? Was soll das bitte werden? Hast du nichts anderes zu tun?" Die Stimmung kippte so schnell, dass es unmöglich zu überhören war. Am anderen Ende der Leitung wurde es ebenfalls still und Brandon zog scharf die Luft ein. „Solltest du jetzt nicht in der Therapie sein?", fragte er vorsichtig. Er klang nicht mehr neckend, sondern ernst.

„Du hast angerufen."

„Gobbles-..."

„Ich weiß."

„Bridget, ich denke-..."

„Ich weiß", wiederholte sie, diesmal etwas energischer. Brandon schwieg einige Sekunden lang und ich konnte nicht verhindern, dass mich die Neugier befiel. Es war interessant, wie sie sich mit so wenigen Worten verstehen konnten, aber ich kannte das von Wyn und mir. Nur wollte ein kleiner Teil von mir eben wissen, was es damit auf sich hatte, obwohl mir das Wissen eigentlich nicht zustand.

„Okay. Fährt Graham dich nach Hause?"

„Ja", mischte ich mich ein. Ich warf Bridget einen Blick zu. „Falls das in Ordnung für dich ist?"

„Natürlich."

„Okay. Geh rein, Bridget. So schlimm kann es gar nicht werden."

Bridget antwortete nicht darauf und das sagte alles darüber aus, was sie dachte. „Wir sehen uns", murmelte sie schließlich ins Telefon, ehe sie auflegte. Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu, aus dem ich nicht ablesen konnte, was sie dachte, ehe sie sich auch von mir verabschiedete. Dann stieg sie aus und ging in das Gebäude.

——

Das war das zweite Mal, dass ich Bridget von ihrer Therapie abholte und es war das zweite Mal, dass sie vollends fertig aussah, als sie sich zu mir ins Auto setzte. Ihre Haare klebten ihr verschwitzt in der Stirn und im Nacken und sie rieb sich über die Augen, ehe sie tief durchatmete. Ich nutzte den Moment, um sie anzusehen. Sie trug noch immer ihre Schuluniform, wobei mittlerweile die obersten beiden Knöpfe ihres verfärbten Hemds geöffnet waren. Ihre langen, blonden Haare lagen verwirrt über ihren Schultern und ihre Wangen waren gerötet, genau wie auch ihre Augen. Sie hatte geweint und mein Herz brach ein wenig. Ich wusste nicht, womit sie genau zu kämpfen hatte, aber dass ihre Therapie dabei nicht wirklich zu helfen schien, machte die Situation nur noch schlimmer. Ich reichte ihr einen Becher Sprite und eine Kuchenverpackung. Eine Weile lang saß sie nur da und versuchte sich zu beruhigen, ehe sie mich ansah. Mein Herz brach noch ein weiteres Stückchen für dieses Mädchen, das ich eigentlich gar nicht kannte.

Ich wusste nicht viel von Konfrontationstherapien, nur, dass meine Mutter damit aufgehört hatte, weil sie einige Fälle miterlebt hatte, bei denen diese nicht funktioniert hatten. Daher konnte ich auch nicht einschätzen, ob Bridgets Reaktion normal war. Es sah jedenfalls nicht so aus, als hätte sie sonderlich viel Spaß gehabt in der letzten Stunde.

„Können wir losfahren?", fragte ich nach einer Weile vorsichtig. Bridget nuckelte an ihrer Sprite und nickte langsam.

„Natürlich. Tut mir leid, dass du hier so viel Zeit verlierst."

„Ich verliere keine Zeit, Bridget. Ich investiere sie."

Sie rollte mit den Augen und ich war froh darüber, denn es bedeutete, dass sie sich langsam wieder besann. „Wenn man etwas investiert, hat man normalerweise selbst etwas davon, Graham."

„Habe ich doch auch."

Bridget schwieg. Ich seufzte und fuhr vom Parkplatz.

„Hast du jemals daran gedacht, dass es genug ist, dass wir befreundet sind?"

„Wir sind nicht befreundet."

Ich lächelte. „Doch, natürlich."

„Nein." Ihr Tonfall war vehement, was die ganze Sache noch süßer machte.

„Natürlich sind wir befreundet, Bridget. Genau wie du dich auch mit Wynona angefreundet hast."

„Aber ich war so gemein zu dir!" Sie klang beinahe so, als wollte sie mich davon überzeugen, dass ich nicht mit ihr befreundet sein wollte. Es war schwierig, ein Grinsen zu unterdrücken. Ich musste zugeben, dass ich bisher noch nie mit einer Frau befreundet gewesen war, einfach weil ich schon eine hervorragende Freundesgruppe hatte – meine Rugby-Freunde – und ich mich als der Captain des Teams nicht mit einem Mädchen sehen lassen konnte, einfach weil dann alle automatisch annahmen, dass ich eine Beziehung führte. Anders als vermutet wurde, glaubte ich zwar nicht an schnelle Nummern und One-Night-Stands, aber ich hatte bisher auch noch nie versucht, eine Beziehung anzufangen oder gar eine Freundschaft mit einem Mädchen zu knüpfen. Ich war selbst überrascht, dass ich plötzlich mit Bridget befreundet sein wollte, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass das keine schlechte Idee war und selbst wenn Bridget mir eine Liste von Gegenargumenten aufzählen konnte, fiel mir kein guter Grund ein, nicht mit ihr befreundet zu sein.

„Ich war auch nicht perfekt, okay? Außerdem hast du die Wahrheit gesagt."

„Na und? Ich hätte die Wahrheit in einem netteren Ton sagen können."

„Dann kannst du dir das für die Zukunft merken und anders machen."

Bridget presste ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Ich grinste. Dagegen hatte sie also nichts einzuwenden.

„Du kannst nicht einfach so beschließen, dass wir befreundet sind. Da muss beidseitiger Konsens vorhanden sein."

„Natürlich kann ich das. Ich habe es gerade getan. Außerdem hast du kein Problem damit. Denn sonst hätte ich dir keine Sprite und Pommes gekauft oder auf dich gewartet, um dich nach Hause zu fahren. Ich bin mir sicher, dass Brandon das auch übernehmen könnte."

„Du bist nur an diesen Posten gekommen, weil Brandon mich sitzengelassen hat."

„Also gibst du zu, dass ich den Posten habe?"

Bridget seufzte. „Mal sehen."

Ich hätte gerne noch mit ihr weiterdiskutiert, aber das war noch immer besser als ein Nein. Außerdem wusste sie einfach noch nicht, wie sehr sie von einer Freundschaft profitieren würde, daher war es verständlich, dass sie zögerte. Ich war mir sicher, dass Bridget mit ihrer Art schon viele Freunde an der ACS gefunden hatte, daher wollte sie vielleicht einfach ein bisschen Freiraum haben.

„Kommst du eigentlich zum Rugby-Spiel am Freitag?", wechselte ich deswegen das Thema. Bridget schien sich ein wenig zu entspannen und schlürfte eine Weile lang wieder an ihrer Sprite. Dann sah sie mich langsam an und zuckte mit den Schultern.

„Möglich. Rugby ist nicht so mein Ding, daher bin ich mir nicht sicher."

„Es ist nicht so dein Ding? Brandon spielt doch auch!"

Sie zog unbeeindruckt eine Augenbraue in die Höhe. „Na und? Das bedeutet noch lange nicht, dass es rezessiv vererbt wurde und wir dieselben Rugby-liebenden Gene haben."

„Also siehst du dir nie die Spiele deines Bruders an?"

„Ma und ich sind nach Galway gezogen, damit wir uns diese langweiligen Spiele nicht mehr ansehen müssen."

„Ehrlich?", fragte ich schockiert. Ich hatte bereits gewusst, dass sie mit ihrer Mutter aus Galway hergezogen war, aber das war ein gar brutaler Grund, um überhaupt wegzuziehen-...Bridget brach in Gelächter aus.

„Nein, natürlich nicht. Ma und Dad haben sich scheiden lassen und sie hat ein Jobangebot in Galway bekommen. Da hat sie auch einen neuen Freund gefunden und der ist auch eine Weile lang bei uns eingezogen."

„Und das hat schlussendlich nicht funktioniert?"

Bridget schüttelte den Kopf, während sich ein merkwürdiger Ausdruck über ihr Gesicht legte. „Nein. Scheinbar nicht." Mehr sagte sie nicht und ich hatte das Gefühl, dass sie dazu auch nicht mehr sagen würde. Meine Neugier zerfraß mich deswegen zwar beinahe, aber ich hielt mich zurück. Bridget war heute vermutlich schon mit genügend Dingen konfrontiert worden, die ihr nicht gefielen, da musste ich ihr nicht noch mehr aufbürden.

„Zurück zum Thema. Kann ich darauf zählen, dass ich dich am Freitag auf den Tribünen sehe?"

„Vielleicht."

„Es ist ein Freundschaftsspiel gegen das Team deines Bruders."

Bridget seufzte. „Versuchst du mir ein schlechtes Gewissen zu machen?"

„Nein, ich versuche dich dazu überreden, mit mir zum Spiel zu kommen."

„Was bekomme ich im Gegenzug?"

„Eine großartige Performance?"

Bridget schnaubte und sah mich dann unschuldig an, während sie mit den Wimpern klimperte. „Was, du bist jetzt ein Stripper geworden? Das wusste ich gar nicht."

Sie wollte wohl, dass ich ihn Verlegenheit geriet und die Sache fallenließ, aber ich war um einiges hartnäckiger als sie es vermutete. Also zwinkerte ich ihr zu. „Für dich immer. Du musst nur sagen, wann und wo."

Wie erwartet wurden Bridgets Wangen ein bisschen rot, was gar nicht zu ihr passte, denn sonst war sie immer so emanzipiert und stark und ließ sich kaum aus der Ruhe bringen. Himmel, dieses Mädchen hatte in einem Jungsklo ihr Hemd gewaschen und das nur in einem BH, als hätte nicht jeden Moment jemand hereinkommen können. Als wäre ich nicht hereingekommen. Sie war dort nicht einmal ansatzweise peinlich berührt gewesen, aber vielleicht war das auch nur der Fall gewesen, weil sie so wütend gewesen war.

„Nein, danke. Ich überlege mir aber noch, ob ich zum Spiel kommen werde."

Ich unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. Sie hatte nicht zugestimmt, aber es fühlte sich dennoch wie ein Sieg an.

„Hervorragend. Und nur dass du es weißt, ich werde auf jeden Fall zu deinem Wettkampf am Samstag kommen und dich anfeuern. Weil es das ist, was Freunde tun." Ich Bridget ermunternd an, aber sie seufzte nur.

„Wir werden noch sehen."


Wären Graham und Bridget gute Freunde?

Seht ihr euch gerne live Sport-Events an?

Was ist eure Lieblingssportart?

Hat euch das Kapitel gefallen?

Wird Bridget sich Grahams Spiel ansehen?

Ciao Kakao & bis bald 🤎

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