❥ Chapter 18

Lyas POV

"Endlich ist Freitag. Ehrlich, es ist erst Woche 3 und ich bin jetzt schon erschöpft", seufzt Maddie, als sie sich auf einen Stuhl in der Mensa fallen lässt.

"Ich auch", stimmt Jonah zu, der sich neben sie setzt.

"Wow Leute, ihr macht es mir ja leicht, meine neue Schule zu mögen", erwidert Alec sarkastisch und lässt sich neben mir nieder.

Woche 3 und so allmälich gewöhne ich mich wieder an die Schule. Es ist immer noch verdammt schwer, aber ich habe das Gefühl, nicht mehr ganz so hinterherzuhängen wie vorher. Wenigstens bekomme ich jetzt mal wieder etwas mit und kann mich somit ganz gut ablenken.

"Habt ihr schon den neuen Post von Brooke gesehen? Es geht wieder los", wirft Maddie ein.

"Ja, gestern", erwidere ich uninteressiert.

Neben mir bekommt Alec plötzlich einen Hustanfall und wir drehen uns erschrocken zu ihm. Doch er erholt sich schnell wieder und hebt eine Hand und verdeutlicht uns, dass alles okay ist. "Sorry Leute, ich habe mich nur verschluckt." Er wirft uns einen entschuldigen Blick zu und nimmt einen Schluck Wasser.

"Kein Ding, Mann. Wir haben uns nur erschreckt. Solange du jetzt nicht erstickst ist alles gut", erwidert Jonah und schlägt ihm leicht auf den Arm. Ich sehe ihn entgeistert an.
"Sorry Lya, ich wollte nicht-"

"Schon gut. Ist egal", unterbreche ich ihn und wende mich meinem Brot zu.

Jonah wendet sich hilfesuchend an Maddie und diese reagiert sofort. "Wie dem auch sei, was denkt ihr. Sollen wir vier gemeinsam zum Homecoming Spiel gehen?", fragt sie schnell und schaut in die Runde.

Alec hat sich mittlerweile wieder erholt und sieht unentschlossen zu Jonah. Dieser wirkt nahezu begeistert. "Ja, das sollten wir tun, oder Leute?" Er sieht zu Alec und dann zu mir.

"Klar, warum auch nicht. Wird bestimmt cool", gibt dieser lässig zurück.

Die Blicke liegen nun auf mir. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Nick ist auch immer zum Homecoming Spiel mit Jonah gegangen. Er mochte Football sehr, aber ich bin nie mitgegangen, weil ich es nie mochte. Wäre es also Verrat, wenn ich nun mit anderen Leuten hingehe, aber nie mit ihm gegangen bin?
"Lya?" Erwartungsvoll sieht Maddie mich an. Wahrscheinlich würden sie mich trotzdem mitschleppen. Maddie würde mich nicht Zuhause sitzen lassen und meine Eltern würden mich auch überzeugen mitzugehen, auch wenn ich nicht wollte.

"Ja, ich bin dabei." Ich versuche aufgeregt zu klingen und setze ein Lächeln auf, obwohl ich wünschte, dass dieses Spiel einfach ausfällt.
Das zaubert auch ihr ein Lächeln ins Gesicht und in ihren Augen kann ich Hoffnung schimmern sehen.
Ganz sicher, hätte Nick sich auch gefreut.

*

"Hat Tessa eigentlich mit dir über ihre geheimnisvolle Verabredung von letztens gesprochen?", fragt Maddie auf unserem Weg nach Hause.

"Nein, sie hat ihn nocht nicht einmal erwähnt."

"Vielleicht ist es auch nicht so ernst mit ihm. Hast du sie darauf den mal angesprochen?" Ich schüttle den Kopf. Ich wollte, aber dann habe ich es irgendwie wieder vergessen und verdrängt.

"Ist ja ihre Sache, aber wenn es wirklich ernst sein sollte, dann wird sie ihn uns schon vorstellen." Wieder muss ich an Tessa zurückdenken, wie sie in einem Café mit diesem Kerl sitzt, den ich noch nie gesehen habe. Es sieht ihr gar nicht ähnlich, uns ihre Freunde nicht vorzustellen. Sonst hat sie das immer gemacht. Selbst, wenn sie nur ein Projekt mit jemandem machen musste, waren sie immer noch zum Abendessen bei uns.

"Na ja, wir sehen uns am Montag. Für die nächsten Tage in ich leider ausgebucht fürs Café. Da jetzt kein Eis mehr verkauft wird, nennen wir es nur noch Café, ohne das Eis davor. Mal sehen, ob Alec wieder auftaucht", wechselt sie das Thema, was mich erleichtert. Ich wollte wirklich nicht länger über Tessa und ihren vermeintlich neuen Freund sprechen. Moment mal. Mein Kopf schnellt in ihre Richtung. "Ehrlich? Mit Jonah?"

"Nein, mit drei anderen Leuten, wahrscheinlich seine Familie oder so. Jedenfalls kenne ich sie nicht aus der Schule", antwortet Maddie schulterzuckend, woraufhin ich nichts mehr sage. Er hat mir ja erzählt, dass er Geschwister hat und mit denen war er wahrscheinlich dort.

"Dann bis Montag", verabschiedet sie sich von mir.

"Bis Montag, Maddie", gebe ich zurück und wir gehen in verschiedene Richtungen.

*

Zurück Zuhause sitzt Tessa bereits am Essenstisch und hat ein roséfarbendes Kleid an. Sehr untypisch für sie, vor allem wenn sie nur Zuhause rumsitzt.

"Warum siehst du so aufgetakelt aus, Tessa?", frage ich im Türrahmen stehend.

Erschrocken zuckt sie zusammen und hebt den Kopf. "Oh Lya, ich habe nicht gehört, dass du reingekommen bist." Abwartend bleibe ich stehen und sie redet weiter. "Das Kleid? Oh ja, ähm... wir bekommen heute Abend Besuch." Nervös streicht sie sich eine Sträne hinters Ohr.

Ich betrete den Raum und setze mich auf den Stuhl gegenüber von ihr. "Wer kommt denn?", frage ich verwirrt.

"Ich, also.... Ich möchte euch jemanden vorstellen", antwortet sie mit leicht zittriger Stimme, was gar nicht zu meiner Schwester passt. Sonst ist sie immer selbstbewusst und gar nicht schüchtern.

Ich denke nach, wen sie uns vielleicht vorstellen könnte und da verstehe ich es. Wieso ist mir der Gedanke nicht vorher gekommen? Mit großen Augen sehe ich sie an. "Ah, und wen?", frage ich gespielt überrascht.

"Das siehst du dann. Mom und Dad wissen auch schon Bescheid." Kann ich da etwas Röte auf ihren Wangen erkennen? Jetzt bin ich mir fast schon sicher, dass es der Typ aus dem Café ist. Als hätte sie gehört, dass Maddie und ich eben über ihn geredet haben. Aber ich sage nichts und lasse es auf mich zukommen. Mehr kann ich sowieso nicht machen.

"Okay", sage ich locker und stehe auf, um in mein Zimmer zu gehen. Meine schlichte Antwort scheint Tessa wohl zu verwirren, denn sie sieht mir zusammengezogenen Augenbrauen hinter. Wahrscheinlich hat sie erwartet, dass ich wieder ausraste oder sie ausfrage.

Nachdem ich meine Sachen abgelegt habe, hole ich mein Handy aus der Tasche und öffne meine SMS-App. Gerade möchte ich auf das Symbol für eine neue Nachricht klicken, als mir der noch immer angepinnte Chat mit Nick ins Auge springt. Mein Magen zieht sich unangenehm zusammen. Alles ist gut. Es ist nur ein Chatverlauf. Obwohl ich das mittlerweile schon mehrere Male gesehen habe, versetzt es mir immer noch einen Stich.
Plötzlich sehe ich ihn und mich gemeinsam auf meinem Bett sitzen und wir unterhalten uns über die geheimnisvolle Person, die heute Abend zum Essen kommen wird. Wir lachen und malen uns die lustigsten Szenarien aus: wie der Typ sich balmieren könnte und wie knallrot Tessa werden würde.
Dann verpufft dieses Bild und ich komme wieder in die Realität zurück: ich, alleine auf meinem Bett sitzend mit meinem Handy in der Hand, ohne Nick. Ich schließe die Augen, atme tief durch und öffne sie wieder. Mrs Jensen sagte zu mir, ich solle das immer machen, wenn ich Panik aufkommen spüre und sie hat recht. Es beruhigt mich etwas.

Ich tippe auf Maddies Kontakt und entschließe mich dazu, sie anzurufen, statt nur zu schreiben. Das lenkt mich besser ab.
Es klingelt einige Sekunden, dann geht sie ran. "Lya, hey. Warum rufst du an?", fragt sie verwirrt, aber mit freundlichem Unterton, der ihre Freude bezüglich meines Anrufs unterstreicht. Das letzte Mal als wir wirklich telefoniert haben ist schon ziemlich lange her und immer wenn sie es in den letzten Monaten bei mir versucht hat, habe ich sie weggedrückt.

"Hi. Ich wollte dir eigentlich nur schreiben, aber ich dachte, telefonieren geht schneller."
"Okay, dann schieß mal los", erwidert sie neugierig.

"Du erinnerst dich ja noch an Tessas geheimnisvollen Freund? Ich glaube, wir werden ihn heute Abend kennenlernen", berichte ich ihr und es tut gut, es jemandem zu sagen.

Es herrscht eine kurze Stille in der Leitung. "Ehrlich?", stößt Maddie überrascht vor.

"Ja. Sie hat gerade eben zu mir gesagt, dass jemand kommen würde und sie sah sehr nervös aus."

"Wow, das passt ja gar nicht zu Tessa."

"Ich weiß. Sie trägt sogar ein Kleid. Ein Kleid, Maddie!" Das ist etwas, das man nicht allzu oft an ihr sieht, weil es nicht so nützlich und gemütlich ist, wie sie immer sagt. Das letzte Mal, als sie ein Kleid anhatte, war das an ihrem Abschlusstag.

"Krass. Das ist wirklich ungewöhnlich. Aber dann ist es sicher dieser Typ. Denn wenn sie schon ein Kleid anzieht, wird es wohl wirklich ernst sein. Ich hab's dir ja gesagt." Die Genugtuung in ihrer Stimme ist kaum zu überhören. Maddie liebt es, recht zu haben.
Schmunzeld verdrehe ich die Augen. "Ja, das hast du."

"Du musst mir unbedingt alles erzählen am... Montag." Das letzte Wort sagt sie mit enttäuschtem Unterton. "Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann."

"Ich schreibe dir, dann musst zu nicht allzulange warten und weißt wenigtens ein bisschen", zügle ich ihre Neugier.

"Oh danke, Lya. Du bist die Beste." Mein Lächeln verschwindet. Wenn ich wirklich die Beste wäre, hätte Nick sich niemals umgebracht und ich hätte ihn retten können.
"Bist du noch dran?", holt Maddie mich wieder aus meinen Gedanken. Ich schüttle den Kopf leicht und versuche den Gedanken abzuschütteln. "Ja. Wir sehen uns Montag."

"Klar...", in ihrer Stimme ist Skepsis zu hören. "Bis Montag." Wir legen auf.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass mir noch ein paar Stunden zum Abendessen bleiben und ich entscheide mich dazu, mit den Hausaufgaben anzufangen, weil ich diese in den letzten Tagen ziemlich vernachlässigt habe.

*

In 5 Minuten muss ich runtergehen und in 10 Minzten wird Tessas Mr X vor der Tür stehen. Im Gegensatz zu Tessa habe ich mich nicht extra fein gemacht. Schließlich ist er ja auch nicht mein Freund und ich habe nicht vor, ihm irgendwie zu imponieren. Maddie hätte mir wahrscheinlich was anderes greaten, aber das ist mir egal.

Ich gehe nach unten und setze mich an den Tisch. Mom und Dad sitzen bereits auf ihren Plätzen und haben sich auch etwas schicker angezogen als sonst. Mom hat eine schöne helle Bluse an und Dad trägt ein graues Hemd.

"Schön, dass wir alle gemeinsam hier sind. Gleich wird jemand besonderes kommen und ich möchte, dass meine Familie ihn kennenlernt", kündigt Tessa erwartungsvoll an.
Wie gerufen klingelt es genau in diesem Moment an der Tür und Tessa springt auf und läuft hin. Mom und Dad werfen sich Blicke zu und wir hören eine männliche Stimme, die immer näher kommt.

Tessa und ihre Begleitung betreten das Esszimmer. Ja, es ist der Typ aus dem Café. War ja klar. Tessa hat ein nervöses, jedoch ehrliches Grinsen im Gesicht. Noch nie habe ich sie so grinsen gesehen und das überrascht mich. Neben ihr, ungefähr einen Kopf größer, steht ein Mann, der ungefähr in ihrem Alter zu sein scheint, vielleicht auch ein bis zwei Jahre älter. Er trägt ein hellblaues Hemd und eine schwarze Hose. Sehr schlicht, aber passend. Außerdem trägt er eine Brille und hat kurze dunkle Haare, die leicht gelockt sind. In der einen Hand hält er einen Blumenstrauß und an dem anderen Arm hat Tessa sich festgekrallt.

Mom und Dad erheben sich und gehen auf die beiden zu. Zuerst begrüßt Mom ihn und er übergibt ihr den Blumenstraß. Er ist ganz der Gentleman. War ja klar. Danach ist Dad mit der Begrüßung dran und gibt ihm die Hand. Lächelnd schütteln sie sich die Hände. Beide scheinen ihn nett zu finden, denn sie fangen sofort an zu lachen. Da ich eine gute Schwester sein möchte, stehe auch ich auf und gehe auf den mysteriösen Kerl in unserem Esszimmer zu. Mom und Dad setzen sich wieder an den Tisch und überlassen mir meinen Vortritt.

"Garrett, das ist meine kleine Schwester Lyana", Tessa schaut ihn an. "Lya, das ist mein Freund Garrett." Nun sieht sie mich lächelnd an. Garrett lächelt mich höflich an und streckt seine Hand aus; ich tue es ihm gleich.
"Hallo, Lyana. Nett, dich kennenzulernen. Tessa hat mir schon viel von dir erzählt." Ach, hat sie das? Seine Stimme ist tief und allein die Art, wie er spricht, deutet schon darauf, dass er wohl ziemlich schlau sein muss.

"Du kannst mich Lya nennen. Auch nett, dich kennenzulernen, Garrett." Ich versuche seine Höflichkeit zu erwidern und bemerke die Erleichterung in Tessas Gesicht, als ich zu ihr sehe.

"Dann können wir uns ja an den Tisch setzen, oder?" Tessas Nervosität ist wie weggeblasen, als sie Garrett zu seinem Platz führt, der natürlich neben ihrem ist.

"Gerne." Und schon sitzen wir alle wieder auf unseren Plätzen.

Das heutige Abendessen besteht aus Kartoffeln, Schweinefilet, Bohnen in Speck ummantelt und Brot. Wir nehmen uns alle etwas und, wie erwartet, beginnt die große Fragerunde. "Also Tessa, das ist dein Freund?", fragt Dad mit leicht strengem Unterton, wie ein Vater in so einer Situation nunmal reagiert.

"Ja, Dad, das ist er. Und ich wollte mir auch wirklich sicher sein, bevor ich ihn euch vorstelle." Sie wirft ihn einen verträumten Blick zu. Würg.

"Was machen Sie denn so, Garrett? Erzählen Sie doch etwas über sich." Ein netter Versuch von Mom, die Situation etwas zu lockern.

"Gerne doch, aber dutzen Sie mich doch. Also ich bin ebenfalls Student des gleichen Colleges wie Tessa. Ich bin 21 und studiere Jura", antwortet er ruhig. Ihn scheint es nicht zu stören, dass meine Eltern ihn aufragen.

"Oh, Jura?", stoße ich überrascht vor.

"Ja, ich möchte gerne Anwalt werden, wie mein Dad." Natürlich möchte er das. Vom ersten Eindruck her passt er wirklich perfekt zu Tessa.

"Das ist ein toller Plan. Das hat dich doch auch mal interessiert, nicht wahr, Lya?", fragt Mom an mich gewandt.
Ja, das war es, als ich noch in der Middle School war. Aber mittlerweile interessiert mich das so gut wie gar nicht mehr. Das passt auch gar nicht zu mir. Doch das sage ich nicht. Stattdessen setze ich nur ein Lächeln auf.

Mom, Dad und Garrett unterhalten sich den ganzen Abend über alles mögliche. Je länger sie reden, desto deutlicher wird, dass sie ihn mögen. Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet. Tessa ist niemand, der einfach jemanden mitbringt. Sie würde niemals irgendeinen Junkie oder Punker nach Hause bringen. Wenn sie dann doch mal jemanden einlädt, ist ein Jurastundet, der mit größter Wahrscheinlichkeit auch der beste seines Studiengangs ist. Auszuschließen ist das nicht.
Irgendwann höre ich kaum noch zu und esse einfach schweigend weiter. Ich versuche wirklich mein Bestes gegenüber meiner Schwester, aber allein schon bei ihrer Freundwahl zeigt sich mal wieder, dass sie die bessere Tochter von uns beiden ist. Tessa scheint immer anständige Leute um sich herum zu haben. Wie soll ich da schon mithalten? Meine besten Freunde bringen sich um und das ist wohl nicht gerade das beste Umfeld. Manchmal wünsche ich mir, ein bisschen mehr Tessa und ein bisschen weniger Lya zu sein.

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An dieser Stelle ein großes Danke für die Unterstützung und dass ihr bereits bis hierher gelesen habt. Ich hoffe, meine Geschichte gefällt euch 😄

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