Flucht um Mitternacht
Es war immer noch dunkel. Wenn sie Glück hatten, würden diese Ungeheuer sich vielleicht mit dem nächsten Tag zurückziehen, aber bis dahin waren es noch viele Stunden. Emila schätzte, dass es vielleicht gerade mal Mitternacht war.
„Nickolas, ich muss dir etwas erklären. Es ist ganz wichtig, dass du das verstehst, okay?"
„Okay." Der kleine Junge sah zu ihr nach oben.
„Also, du hast diese Ungeheuer ja schon gesehen. Sie heißen Drachen und sind nur hier, um besondere Menschen anzugreifen. Menschen mit besonderen Kräften. Alle anderen, die normal sind, lassen sie in Ruhe."
„Aber wieso? Ich habe niemandem etwas getan." Wieder traten Tränen in Nickolas' Augen.
„Ich weiß es nicht. Es muss einen Grund dafür geben, aber ich weiß nicht, welchen. Das muss ich noch herausfinden. Aber es ist wichtig, dass du weißt, dass wir uns nicht vor ihnen verstecken können. Selbst wenn wir ein guten Versteck hätten und sie uns nicht sehen könnten, würde sie uns trotzdem finden."
„Wie funktioniert das denn?"
„Sie können uns spüren. Es ist so, wie bei dir das Sehen. Sie wissen sofort, ob ein Mensch magisch ist, oder nicht. Sie spüren das, genauso wie du siehst, ob ein Mensch lange oder kurze Haare hat, oder ob er eine helle oder dunkle Haut hat."
Nickolas nickte nur und sah wieder auf seinen Weg. „Es ist ganz wichtig, dass wir versuchen, diese Drachen zu sehen, bevor sie wissen, dass wir da sind. Wir können entweder weglaufen, oder kämpfen, wobei Laufen fast die bessere Lösung ist. Ich weiß nicht, ob ich noch einmal so viel Glück hätte."
„Ist gut."
Nickolas' Stimme war fast nur ein Flüstern. Er hatte Angst, das war ihm anzusehen, aber Emila selbst hatte auch Angst. Was, wenn sie einen Drachen nicht früh genug sahen? Was wenn sie nicht mehr weglaufen konnten, oder er sie einholte? Sie waren von ihrer Flucht schon erschöpft genug und ob sie noch einmal kämpfen könnte, wusste sie auch nicht. Was, wenn sie Nickolas erwischten? Was, wenn sie sie selbst hätten? Nickolas hätte keine Chance ohne sie.
Nach links hätte der Weg zurück zu ihrer Familie gelegen, aber sie bog nach rechts ab, in Richtung des anderen Stadtendes.
Gerade gingen sie eine der kleineren Straßen entlang, als sie plötzlich ein Kreischen und Brüllen über sich hörten. Alarmiert blieben sie stehen und ihre Köpfe schossen nach oben. Dort kreiste ein Zhyqix am Himmel und hatte sie anscheinend gerade entdeckt. Sein Kopf war zur Seite geneigt und er starrte sie durchgehend an. Die Hand des Jungen klammerte sich wieder fester an ihre.
Emila wusste nicht, was sie tun sollte. Sie konnten nicht davon laufen, er würde ihnen problemlos folgen. Von dort oben konnte er vermutlich alles sehen. Sie konnte aber auch nicht kämpfen, dafür war er viel zu weit weg.
Sie setzte vorsichtig wieder einen Fuß nach vorne, um zu testen, welche Reaktion sie von dem Tier bekommen würde, aber als sie die sah, wäre sie doch lieber stehen geblieben. Es war als wäre ein Schalter umgelegt worden. Der Zhyqix flog nicht weiter, sondern setzte sofort zum Sturzflug an. Rasend schnell kam er näher. Ihnen blieb nur noch eine Möglichkeit. Laufen. Sie warf einen kurzen Blick zu ihrem Schützling, hielt seine Hand fester und rannte dann los. Nickolas folgte ihr sofort.
Sie rannten vielleicht sogar schneller, als sie es bisher getan hatten. Wenn der Zhyqix sie fünf Meter weiter anfixiert hatte, würde er theoretisch über sie hinweg fliegen. Bei so einer Geschwindigkeit konnte er doch nur schwer steuern. Aber damit lag sie falsch. Es war, als hätte er genau gewusst, dass und wie schnell sie laufen würden, denn je weiter sie kamen, desto näher kam auch der Drache. Sie versuchte noch schneller zu laufen. So schnell, dass der Junge fast nicht mehr mithalten konnte. Sie zog ihn sowieso schon so gut es ging mit sich.
Der Zhyqix ließ ein ohrenbetäubendes Brüllen hören. Beide sahen wieder nach oben und das Tier war nur etwa noch zehn Meter entfernt. Bei diesem Tempo wären sie in drei Sekunden nicht mehr hier. Emila dachte fieberhaft nach, ob es noch einen Ausweg gab, aber ihr fiel keiner ein. Sie würde weder sich noch Nickolas lebend hier heraus bringen.
Jetzt war es vielleicht nur noch eine Sekunde. Tränen traten ihr in die Augen. Urplötzlich schnappte sie sich Nickolas, zerrte ihn vor sich und warf sich mit ihm auf den Boden. Sie stolperten und landeten unsanft auf dem Teer. Ihre Arme hatte sie schützend um das Kind unter ihr gelegt und hielt es fest an sich gedrückt. Nickolas' Kopf hatte sie mit einer ihrer Hände gestützt, damit er nicht ungeschützt auf den Boden knallte.
Wenn dieses Tier sie schon erwischen würde, dann wenigstens sie zuerst. Vielleicht konnte Nickolas ja doch noch fliehen. Sie hatte die Augen zusammen gekniffen und wartete auf einen Zusammenprall, Schmerz, einen Schrei, auf irgendwas.
Aber es kam nichts. Es blieb vollkommen still.
Erst als sie das Brüllen des Zhyqix hinter sich hörte, drehte sie sich abrupt um, um zu sehen, was passiert war. Der Drache war tatsächlich über sie hinweg geflogen und segelte die Straße entlang. Sie rechnete damit, dass er jede Sekunde umdrehen müsste und einen neuen Angriff starten würde.
Emila rappelte sich wieder auf und versuchte den Schmerz in ihren Händen und Armen zu ignorieren. Sie machte sich schon bereit, sofort wieder loszulaufen, aber da ertönte ein anderer Schrei. Weiter hinten auf der Straße war ein anderer Mensch gestanden. Ein Mann. Hatte der Zhyqix sie überhaupt wahrgenommen, oder waren sie gar nicht das Ziel gewesen? Hatte er sich in Sekundenschnelle ein anderes Opfer ausgesucht? Sie hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, denn da hörte sie einen weiteren kläglichen Schrei. Sie mussten sofort weg.
Sie zog Nickolas wieder auf die Beine und rannte so schnell wie möglich weiter. Sie rannte so schnell es ihr möglich war und achtete wenig auf ihre Umgebung. Erst als sie zwei Straßen weiter war, wurde ihr richtig bewusst, was passiert war.
„Emila", hörte sie den Jungen plötzlich schluchzen. Sofort sah sie zu ihm. „Ich kann nicht mehr weiterlaufen. Meine Füße tun so weh."
Emila kniete sich zu ihm und sofort fielen ihr die aufgeschürften Knie auf. Durch den Sturz war seine Hose zerrissen und auch seine Hände waren nicht ganz unverschont geblieben. Tränen liefen ihm über die Wangen.
„Nickolas, es tut mir so leid." Sie nahm seine Hände und pustet leicht darüber. Ihre Mutter hatte das immer bei ihr gemacht und soweit sie sich erinnern konnte, hatte ihr das geholfen.
„Es wird alles wieder gut werden", versprach sie. „Wir sind schon so weit gekommen, wir sind fast da. Wir brauchen nur noch ein paar Straßen, dann bist du in Sicherheit. Ich habe versprochen, dass ich dich da raus bringe und das werde ich auch. Du bist so tapfer und ich bin sicher, du schaffst es auch noch bis zum Schluss. Du musst nicht mehr lange durch halten, wir schaffen das, okay?"
Nickolas nickte. Emila hob ihre Hand und wischte seine Tränen vorsichtig weg. Als sie ihre Hand wieder wegnehmen wollte, weiteten sich die Augen des Kleinen und er hielt sie fest.
„Emila, du hast dir auch weh getan", flüsterte er entsetzt. Erst jetzt bemerkte Emila das viele Blut an ihrer Hand. Der Sturz war wohl doch nicht so leicht gewesen und jetzt erklärte sich auch der Schmerz.
„Das...ist nicht so schlimm", versuchte sie Nickolas zu überzeugen. „Das wird wieder. Genauso, wie deine Verletzungen. Aber dafür müssen wir von hier weg. Glaubst du, du schaffst das?" Der Junge nickte. „Gut. Dann weiter."
Sie stand wieder auf und nahm Nickolas' Hand. Zusammen gingen sie schnell weiter. Sie hatte keine Lust auf ein weiteres Zusammentreffen dieser Art. Sie kamen zur letzten großen Straßenkreuzung vor ihrem Ziel und Emila sah zu allererst vorsichtig in alle Richtungen, bevor sie sich sicher war, dass sie weiter gehen konnten.
Sie bräuchten nur noch zwei Straßen entlang und sie hätte Nickolas in Sicherheit gebracht. Man konnte sehen, dass sie am Stadtrand waren. Die Straßen waren kleiner geworden. Sie zog den Jungen vorsichtig mit sich. Ein Wunder, dass sein Arm noch intakt war, nach dem Herumgezerre, das er durchmachen hatte müssen.
„Emila?", fragte Nickolas nach einiger Zeit, in der sie in Ruhe gehen konnten. Erstaunlicherweise waren sie auf keinen weiteren Drachen gestoßen. Vielleicht waren sie noch nicht so weit aus der Stadt heraus gekommen. Aber je weiter sie ohne Zwischenfälle gingen, desto unruhiger wurde Emila. Sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen.
„Was ist denn?"
„Weißt du, ich habe eine Freundin."
Eigentlich sagte ihr Instinkt, dass sie lieber leise sein sollten, aber durch ihre magischen Kräfte war es sowieso schon so, als würden sie schreiend durch die Straßen laufen Wir sind magisch! Die Drachen spürten anscheinend jede noch so kleine Fähigkeit.
„Wirklich? Bist du nicht ein bisschen zu jung dafür?", fragte sie nach.
„Nein. Das sagen alle, aber ich hab sie wirklich gern! Sie heißt Sofia."
„Ich freue mich für dich", lächelte das Mädchen. Sie freute sich wirklich, dass er sich soweit beruhigt hatte, ihr das zu erzählen.
„Und ich habe ihr versprochen, dass ich sie beschützen werde. Aber Emila, wird sie nicht enttäuscht sein, wenn ich sie nicht gerettet habe?" Emila dachte nach, was sie am Besten darauf sagen sollte, ohne den Jungen zu verunsichern.
„Nein, ich bin sicher, sie wird sich freuen, wenn sie dich wieder hat."
Nickolas genügte diese Antwort allem Anschein nach. Er hatte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen, wahrscheinlich dachte er an sie. Emila hingegen war zum Weinen zumute. Sie hatte keine Ahnung, ob seine Freundin überhaupt noch lebte, aber sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihm das zu sagen. Er würde es wahrscheinlich noch früh genug erfahren.
Sie gingen in etwa noch zwei Minuten, bis sie an eine andere Straße kamen. Sie verlangsamten ihre Schritte. Rechts neben ihnen war ein Zaun mit angrenzendem Garten dahinter, sodass sie unmöglich sehen konnten, was sich hinter der nächsten Ecke befand. Obwohl sie sich nicht verstecken konnten, hoffte Emila, wenigstens einen Vorsprung zu haben, wenn sie einen Drachen früher sah, als dass er sie spürte. Vielleicht waren sie ja doch noch nicht entdeckt worden.
Sie setzte einen Fuß ganz langsam vor den anderen und hielt den Jungen dabei immer schützend hinter sich. Sie hatten es fast geschafft, jetzt würde sie es auch noch schaffen, ihn zu beschützen. Sie konnten nicht so kurz vor dem Ziel scheitern.
Die Büsche aus dem Garten neben ihr wuchsen über den Zaun und versperrten somit noch mehr die Sicht. Langsam schob sie ihren Körper so weit, dass sie beinahe um die Ecke sehen konnte. Ihr Herz schlug vor Aufregung und Angst so schnell und laut, dass sie Angst hatte, jeder könnte es hören. Die Blätter neben ihrem Ohr raschelten etwas und schnell zog sie ihren Kopf zurück.
Sie schloss ihre Augen und atmete tief durch. Sie konnte das schaffen sie mussten nur noch zwei Straßen entlang und die Wahrscheinlichkeit, dass die Drachen schon so weit von der Stadtmitte entfernt waren, war äußerst gering. Das Rascheln war bestimmt nur der Wind gewesen.
Sie sah noch einmal kurz zu dem Jungen. Er lächelte sie ein bisschen an. Seine Zuversicht und Vertrauen in sie gab auch Emila Hoffnung. Sie würde das schaffen. Sie startete einen neuen Versuch. Ihr war es noch nie so schwer gefallen, um eine Ecke zu schauen, aber alles, was sie bisher gekannt hatte, hatte sich innerhalb von Sekunden geändert. Ihr Leben würde wahrscheinlich nicht mehr so weiter gehen, wie vorher.
Endlich konnte sie durch die Blätter ein bisschen mehr sehen. Sie sah die Straße, die komplett leer war und mehrere Häuser auf der anderen Seite. Nirgendwo brannte Licht und alles war totenstill.
Sie schob sich ein Stück weiter nach vorne, um auch den Rest zu sehen – und blicke direkt in die Augen eines Tihgna. Es war, als würde ihr Herz aussetzen, als diese roten Augen sie zu fixieren schienen. Sie fühlte sich, als könnte dieses Wesen in ihre Seele blicken und sie von innen heraus töten. Sie war wie erstarrt und bewegte sich keinen Millimeter. Auch das Monster vor ihr bewegte sich nicht, es sah ihr nur immer tiefer in die Augen. Es war, als würden sich ihre Gedanken mit rotem, undurchdringbarem Nebel füllen und jegliche Reaktion und alle Gefühle unerreichbar machen.
Erst als sie ein tiefes Knurren aus dem Maul ihres Gegenübers hörte, kam sie langsam wieder zu sich. Sie konnte wieder die Blätter neben ihrem Ohr rascheln hören und sah wieder klarer. Sie spürte, wie Nickolas an ihrer Hand zog. Er hatte anscheinend gespürt, dass etwas nicht stimmte.
Mit einem Mal waren ihre Lebensgeister wieder zurückgekehrt und sie erkannte, in welcher Gefahr sie sich befand. Sie riss sich von den Augen vor ihr los, zog ihren Schützling mit sich und rannte so schnell sie konnte. Der Tihgna folgte dicht hinter ihnen.
Nickolas hatte kurz nach hinten gesehen und einen Schrei losgelassen. Er musste Todesangst haben. Sie konnte allmählich nicht mehr laufen, sie war am Ende ihrer Kräfte und dem Jungen musste es noch schlimmer gehen, aber sie konnten jetzt nicht stehen bleiben, sie mussten weiter. Wenn sie jetzt stehen blieben wäre das ihr sicheres Ende.
Sie rannten blindlings von einer Straßenseite auf die nächste, die schweren Schritte des Tihgna dicht hinter ihnen. Jetzt hatte sie nur noch eine Straße vor sich, aber Emila war sich nicht sicher, ob sie das schaffen würden.
Gerade hatten sie die andere Straßenseite erreicht, als sie das laute Quietschen von Bremsen hinter sich hörte. Ein dumpfer Aufprall war zu hören und wieder das Splittern von Glas. Emila hatte ihren Schützling reflexartig wieder vor sich gezogen und ihn festgehalten. Sie wollte nicht, dass ihm irgendetwas passierte. Aber wieder kam nichts.
Fast sofort drehte sie sich um. Dort quer auf der Straße stand ein völlig zerbeultes Auto und der Tihgna lag davor. Er zappelte und versuchte wieder auf die Beine zu kommen, gerade als die Tür des Auto aufgestoßen wurde. Ein Mann stolperte heraus. Er sah geschockt, verängstigt und verwirrt zugleich aus.
„Was war...das?", fragte er an Emila gerichtet, als er sie bemerkte.
„Sind sie magisch?", stellte das Mädchen sofort die Gegenfrage. Er nickte nur leicht. „Kommen Sie sofort mit. Wenn dieses Tier wieder auf die Beine kommt, wird es sie sofort umbringen. Die Augen des Mannes weiteten sich noch mehr.
„Aber wohin sollen wir?"
„Kommen Sie mit, ich erkläre es ihnen auf dem Weg."
Und wieder liefen sie los. Als sie hinter der letzten Ecke verschwunden waren, hörte sie das einschüchternde Brüllen des Tihgna.
„Dort vorne ist eine Notfall Sammelstation für alle magischen Menschen in der Stadt", keuchte Emila im Laufen. Nickolas klammerte sich immer fester an ihre Hand. „Es gibt insgesamt fünf von ihnen hier. Sie wurden für Notfälle eingerichtet und wurden so konstruiert, dass niemand spüren kann, dass es dort von Magie überfüllt ist. Und es soll abschreckend für alle Gefahren wirken."
Der Mann nickte zur Kenntnis. „Wir sind fast da."
Am Ende der Straße konnte man ein großes Haus sehen. Es sah ein wenig verwittert aus und komplett verlassen. Als sie jdeoch die letzte Straßenlaterne vor dem Haus passierten, war es, als würden sie durch einen Schleier aus Magie laufen. Und plötzlich war alles komplett anders.
Es wimmelte nur so von Menschen. Leute liefen herum, Stimmengewirr hallte durch die Luft, Verletzte lagen und saßen auf Tischen oder Stühlen, wurden verarztet und beruhigt. Menschen mit den Armen voller Zettel liefen in und aus dem Haus heraus. Die drei staunten nicht schlecht. Selbst Emila war noch nie im Notfall hier gewesen. Es hatte, so lange sie lebte, noch nie einen Notfall gegeben.
Eine Frau kam auf sie zu und bat den Mann, mit sich zu kommen. Ein weiterer junger Mann kam zu sie und Nickolas.
„Was ist mit euch passiert? Wie kann ich euch helfen? Ihr seht ziemlich mitgenommen aus."
"Wir..." Emila atmete einmal tief durch. Sie hatten es wirklich geschafft. „Wir sind von der Stadtmitte hergekommen. Ich wollte einen Abendspaziergang machen, als ich gesehen habe, wie zuerst die Menschen im Park angegriffen worden sind. Viele wollten sich in Sicherheit bringen, aber haben es nicht geschafft. Als ich gemerkt habe, dass es Tihgna uns Zhyqix waren, wusste ich, dass sie nur magische Menschen angreifen würden. Ich bin ins Gebäude direkt hinter mir geflogen."
Selbst als sie das erzählte, ermutigte der Mann sie, weiter zu erzählen. Wie gesagt, Magie war komplett normal. „Es war das Zentrum für Magie, Forschung und besondere Menschen. Ich wollte sie warnen, aber es war zu spät. Die Zhyqix waren die ersten, die angegriffen haben."
Der Mann lotste sie ein Stück weiter zu einem der Tische, die mit Decken gepolstert waren. Emila hob den Jungen, der immer noch ihre Hand umklammerte, hoch und setzte ihn hinauf. Er ließ sie nicht los.
„Die Kinder und Lehrer wollten alle fliehen, aber er hier ist vor Angst wie erstarrt gewesen. Ich habe ihn durch den Hinterausgang heraus gebracht. Alle anderen, glaube ich, haben die Haupttreppen benutzt. Wir wurden zwar angegriffen, konnten letztendlich aber doch hier her kommen."
„Sie sind sehr mutig", sagte der Mann zu ihr. „Der kleine Junge hier ist wahrscheinlich der einzige Überlebende aus diesem Gebäudekomplex."
Emila sah erschrocken zu Nickolas und er zu ihr. Was würde er tun? Sie hatte ihm gesagt, dass er Sofia wieder sehen würde, aber sie hatte nicht Recht behalten. Eine einsame Träne machte ihren Weg von Nickolas Auge über seine Wange.
„Es tut mir so leid", flüsterte sie ihm zu. Nickolas sah nur traurig zurück und brachte kein Wort über seine Lippen.
„Sie können nichts dafür", wollte der Mann sie beruhigen und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. "Wir sollten aber Ihre Verletzungen versorgen."
„Bitte, er braucht dringender Hilfe, als ich. Ich muss wieder los. Vielleicht kann ich noch helfen."
„Ich kann Sie so nicht gehen lassen. Haben Sie eigentlich schon bemerkt, wie schwer Ihre Verletzungen sind?" Emila sah an sich herunter und schüttelte leicht den Kopf. „Machen Sie sich keine Sorgen, wir kriegen das wieder hin."
Eine halbe Stunde später waren Nickolas' Knie mit Pflastern überklebt und die Wunden an seinen Händen gereinigt. Emila hatte einen Verband um ihre rechte Hand bekommen und ein Schnitt an ihrer Schläfe hatte genäht werden müssen. Ansonsten fand sie, dass sie ganz in Ordnung war. Bis auf die kleinen und größeren Kratzer, die durch die Glassplitter im Gebäude verursacht worden waren.
Sie saß neben Nickolas auf den Tisch, als der Mann wieder zu ihnen kam. „Wir werden zuerst die Kinder hier heraus bringen. Dazu zählen auch Sie zwei", erklärte er.
„Bringen Sie bitte ihn in Sicherheit. Ich kann nicht gehen, wenn dort draußen noch so viele Menschen um ihr Leben kämpfen."
„Aber..."
„Bitte", flehte sie beinahe.
„Ich werde Sie nicht aufhalten können, oder?" Emila schüttelte ihren Kopf.
„Ich muss gehen", sagte sie und stand auf.
„Werde ich dich wieder sehen?", fragte Nickolas plötzlich, der neben ihr stand. Sie kniete sich zu ihm, damit er sie direkt ansehen konnte und nahm seine Hände.
„Ich hoffe es. Du musst verstehen, so wie ich dich gerettet habe, muss ich auch andere retten. Ich kann nicht tatenlos hier bleiben, oder weg gehen. Ich muss ihnen einfach helfen. Verstehst du das?" Nickolas nickte langsam.
„Aber du darfst nicht sterben, okay? Ich möchte dich wieder sehen. Du bist meine Heldin und du musst wieder zurückkommen." Emila brach beinahe in Tränen aus. „Ich weiß nicht, ob ich Sofia wieder sehen kann, aber ich möchte dich nicht verlieren. Wegen dir bin ich doch noch hier."
„Okay, ich verspreche dir, ich werde auf mich aufpassen. Und wenn ich hier nicht mehr helfen kann und alle in Sicherheit sind, werde ich zu dir kommen."
Plötzlich stürmte Nickolas nach vorne und umarmte sie. Sofort erwiderte sie die Umarmung. „Du musst versprechen, dass du wieder kommst", schluchzte er leise. Stille Tränen liefen über ihre beiden Gesichter.
„Ich verspreche es dir", flüsterte sie zurück.
Nach einiger Zeit löste sie sich von ihm und stand langsam auf. „Du wirst jetzt in Sicherheit gebracht. Du musst bitte auf sie hören, sie werden sich um dich kümmern." Nickolas nickte.
„Ich bin so stolz auf dich." Ein Lächeln stahl sich auf Nickolas' Gesicht und er nickte.
„Gut." Der Mann, der ihr gegenüber stand lächelte sie auch an. „Ich werde mich persönlich um ihn kümmern. Ihm wird nichts passieren."
„Danke."
„Einen Moment. Sie haben gesagt, sie wollen den Menschen helfen. Hier" Er gab ihr einen kleinen Dolch. „Ich weiß, es ist nicht viel, eigentlich nichts, aber vielleicht kann es Ihnen oder jemand anderem das Leben retten."
„Haben Sie vielen Dank!", sagte Emila und nahm den Dolch entgegen. Er steckte in einer Schutzkappe und ließ sich ganz leicht an einer ihrer Gürtelschlaufen befestigen. Sie sah noch einmal zu Nickolas.
„Du bist der mutigste Junge, der mir je begegnet ist", sagte sie zu ihm. „Pass auf dich auf."
„Werde ich. Und du musst dein Versprechen halten."
Sie nickte ihm zu. Sie hatte das Gefühl, wenn sie irgendetwas sagen würde, würde sie weinen und doch dort bleiben. Ein Hupen ertönte.
„Das ist der Bus, der dich hier raus bringt", sagte der Mann zu Nickolas und nahm seine Hand. Emila ging ein paar Schritte zurück und nickte dem kleinen Jungen zu. Dieser hob die Hand und winkte ihr, als er langsam mit dem Mann mitgezogen wurde.
„Mach's gut, Nickolas", flüsterte sie.
„Tschüss, Emila", hörte sie ihn noch antworten und dann verschwand er langsam in der Menge der Personen, die hier immer noch wild durcheinander liefen.
Das Mädchen drehte sich schließlich um und ging in die entgegengesetzte Richtung. Sie kam der ersten Laterne näher und dann war sie wieder durch das magische Schutzschild hindurch gegangen. Die Stimmen waren verschwunden, keine Person war weit und breit zu sehen und das Haus war so verlassen und menschenleer, wie es wirken sollte.
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Und? Was sagt ihr? Also, keine Sorge, es geht noch weiter ;) Aber wenn ihr mir Feedback da lasst, würde ich mich freuen! Ich antworte auf jeden Kommi :)
Eure
moontosun <3
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