XV

"Was für eine perfekte Sicht zum Aufstehen", kam es auf einmal von meiner Mutter, weshalb ich mich erschrocken aufsetzte und förmlich von Felipes Schoß aufsprang.
"Du bist wach", gab ich das offensichtliche von mir während ich die amüsierten Blicke meiner Mum und Felipe ignorierte.
"Und wie geht's dir?", hakte ich nach als ich mich zu ihr stellte und ihre Hand nahm.
"Wie üblich aber meine Ohren tun ganz weh durch die Hochzeitsglocken die im ganzen Zimmer läuten", scherzte sie, weshalb ich amüsiert meine Augen rollte.
"Wirklich? Ich höre keine. Muss wohl an deinen Medikamenten liegen", antwortete ich.
"Also ich höre sie auch", kam es belustigt von Felipe der plötzlich neben mir stand und seinen Arm um meine Taille legte.
"Ja du bist auch übermüdet", gab ich von mir und sah zu ihm hoch.
"Nein du hörst nur nicht richtig hin", konterte er grinsend.
Während ich ihn mit einem gespielt genervten Blick musterte, lachte meine Mutter, was sich bald schon zu einem Husten bildete.
Ich schenkte ihr schnell etwas zu trinken ein und hob sie leicht hoch damit sie aufrecht saß. Ich hielt ihr das Glas an die Lippen damit sie nach ihrem Hustanfall etwas trinken konnte.
Nach ein paar Schlucken lehnte sie sich wieder zurück.
"Hast du schon paar Neuigkeiten von Olivia?", hakte sie geschwächt nach.
Mein Körper spannte sich bei der Frage an und ein Stechen breitete sich in meinem Brustkorb aus.
"Nein aber wir können sie jetzt anrufen, wenn du möchtest", gab ich mit einem gezwungenen Lächeln von mir. Sofort bildete sich ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen.
"Ja sehr gerne. Ich habe ihre süße Stimme unglaublich vermisst", antwortete sie freudestrahlend.
Ich nickte nur während Felipe wütend seine Hand, die an meiner Taille war, zu Fäusten ballte.
Er kannte Olivia nicht einmal, aber konnte sie jetzt schon nicht ausstehen.
Angespannt lief ich an den Tisch worauf meine Tasche lag und nahm mein Handy raus. Ich wählte die Nummer des Hotels und atmete aus.
Bitte Olivia sei da...
In Australien sollte es jetzt schon nachts sein und ich hatte die schlechte Befürchtung, dass sie vielleicht in einen Club gegangen war.
Wie beim letzten Mal wiederholte der Rezeptionist auf der anderen Leitung die einstudierten Worte.
"Hallo, hier ist Lorena Troypes. Wäre meine Schwester Olivia Troypes denn zu sprechen?", hakte ich nach.
"Einen Moment Ms. Troypes."
Mein Blick wanderte zu meiner Mum die mich lächelnd beobachtete.
"Ich werde Sie weiterleiten", sprach der Typ und kurz darauf hörte ich Olivias Stimme.
"Hallo, Lorena? Es ist hier schon halb 12 in der Nacht", beschwerte sie sich und ich konnte mir vorstellen wie sie müde ihre Augen rollte.
"Mum will mit dir reden", gab ich nur von mir und überreichte das Handy meiner Mutter.
"Olivia mein Schatz", sprach sie in den Hörer als ihre Augen glasig wurden.
"Nachdem ich deine Stimme gehört habe geht es mir besser. Ich habe dich so vermisst meine kleine Olivia", redete sie weiter.
Es war einen Moment still als ihr ein paar Tränen die Wange runterrollten.
Mein Brustkorb schmerzte bei dem Anblick und ich wandte mein Blick von ihr ab.
"Wirklich?", hakte meine Mum lachend nach.
"Das ist ja toll und wann kommst du zurück deine alte Mutter besuchen? Ich würde gerne mehr deiner Geschichten hören", gab sie lächelnd von sich.
Die Antwort die sie bekam, schien aber nicht so gut zu sein, denn ihr Lächeln und ihre Freude fiel.
"Oh natürlich. Ich verstehe...nein, ist schon gut", kam es in einer traurigen Stimme von ihr, was mir mein Herz brach, wobei Felipe wütend wurde.
Ich sah vorsichtig zu ihm und schenkte ihm ein halbherziges Lächeln.
"Es war schön deine Stimme zu hören. Gute Nacht Engelchen", verabschiedete meine Mum sich und legte auf.
"Und?", hakte ich angespannt nach, obwohl ich die Antwort bereits wusste.
"Sie kann nicht kommen", antwortete sie enttäuscht.
"Mum", kam es nur traurig über meine Lippen als ich ihre Hand in meine nahm.
"Ist schon gut. Wenigstens habe ich ja noch ihre Stimme gehört", sagte sie, wobei Tränen ihre Wange runterrollten.
"Ich würde jetzt gerne allein sein, nehmt es mir nicht übel. Ich bin müde und würde gerne schlafen", fügte sie hinzu und drehte sich auf ihre Seite mit dem Rücken zu uns.
Ich respektierte ihre Bitte und gab ihr einen Kuss auf die Wange bevor ich meine Tasche nahm und mit Felipe rauslief.

Schweigend verließen wir die Klinik.
"Soll ich dich heimfahren?", hakte er schließlich nach.
Nachdenklich schüttelte ich meinen Kopf.
"Ich habe Xavier und die Jungs lang nicht mehr gesehen. Vielleicht kann ich ihm ja helfen", antwortete ich.
"Du musst das echt nicht. Ruhe dich lieber aus", gab er von sich.
"Du tust so als wäre es anstrengend mit Xavier Zeit zu verbringen. Ich mache es gerne und wenn ich noch länger nur daheim oder in der Klinik rumsitze raste ich noch aus", sprach ich entschlossen.
"Okay, wie du willst", antwortete er gleichgültig und öffnete mir die Autotür.
Mit einem dankbaren Lächeln stieg ich ein und wir fuhren los.

"Hey", grüßte ich Caleb, der als einziger im Wohnzimmer saß und fernsah.
"Oh hey", kam es überrascht von ihm.
"Wie geht's dir? Alles gut?", fragte ich.
"Ja ehm ich habe das mit deiner Mum gehört, tut mir echt leid", antwortete er unbehaglich.
Ich nickte nur und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
"Wo sind die anderen beiden?", hakte ich schließlich nach.
"Alec ist im Training und Xavier in seinem Zimmer", teilte er mir mit.
"Okay dann sehe ich mal nach Xavier", gab ich ihm Bescheid und lief die Treppen hoch während Felipe in der Küche mit einem Geschäftspartner telefonierte.
Ich klopfte erst an seiner Türe und konnte daraufhin seine Schritte hören.
Er wirkte überrascht als er mich sah, doch ein Lächeln schlich sich daraufhin auf seine Lippen und er schlang seine Arme um meine Taille.
Ich lachte auf als ich ihn zurück umarmte.
Er war der süßeste Junge den ich kannte.
"Hey, ich nehme an ich wurde vermisst", gab ich amüsiert von mir und bekam im Gegenzug ein schüchternes Nicken zurück.
"Und ist soweit alles gut bei dir?", hakte ich nach und setzte mich auf sein Bett neben ihn.
Wieder nickte er.
"Sicher? Felipe hat mir erzählt, dass du wieder Alpträume hast", sprach ich sanft und konnte beobachten wie Xaviers Gesichtsausdruck fiel und er traurig auf seine Hände sah.
Es versetzte mir ein Stechen ins Herz und ich umarmte den kleinen Jungen neben mir. Gut, was hieß klein, er wurde in zwei Wochen 15 aber in meinen Augen wirkte er noch so kindlich und unschuldig. Nicht wie die heutigen frühreifen Jugendlichen.
"Weißt du was wir dagegen machen werden?", fragte ich rhetorisch bevor ich es selbst beantwortete.
"Wir werden jetzt all unsere Alpträume und schlechten Erlebnisse auf ein Blatt schreiben und sie so aus unseren Köpfen leeren. Und danach verbrennen wir sie, damit sie uns ja nichts mehr anhaben können, okay?"
Er nickte nur zögerlich, weshalb ich ihm ein beruhigendes Lächeln schenkte.
Danach setzte er sich an seinen Schreibtisch und nahm zwei Blätter und zwei Stifte heraus, wovon er mir jeweils eines reichte.
"Danke", bedankte ich mich lächelnd und fing an das Blatt auf seinem Nachttisch zu beschriften als Xavier auch den Stift auf dem Blatt ansetzte.

Ich war mit meinem Blatt bereits fertig und sah kurz auf die Uhr auf meinem Handy. Es war bereits eine halbe Stunde vergangen und Xavier beschriftete sein zweites Blatt.
Bei näherem Betrachten konnte ich sehen wie seine Hand zitterte, seine Augen mit Tränen verschwammen und er unglaublich fest beim Schreiben aufdrückte. Eine Träne rollte seine Wange runter, doch er schrieb weiter ohne sich beirren zu lassen.
Ich schluckte fest als sich ein Stechen in meinem Brustkorb ausbreitete.
Eine Träne wandelte sich langsam aber sicher in mehrere, die Spitze des Bleistiftes brach und Xavier auch.
Ich eilte an seine Seite und nahm ihn in den Arm als er unkontrolliert anfing zu weinen.
"Psht, ich bin bei dir", flüsterte ich beruhigend auf ihn ein und strich durch sein braunes Haar.
Seine Arme wanderten um mich und er legte sein Kinn auf meine Schulter als er laut zu schluchzen begann.
"Ich bin bei dir Xavier. Felipe ist bei dir. Alec und Caleb auch. Du bist nicht allein, okay?", redete ich auf ihn ein, wobei sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich weigerte mich jedoch nachzugeben und blieb stark für ihn.
Nachdem er alles rausgelassen hatte, verwandelten sich seine Schluchzer in einen Schluckauf.
Ich trennte mich langsam von ihm, um ihm die Flasche auf seinem Nachttisch zu reichen.
Er nahm große Schlucke bevor er die Flasche weglegte und über seine feuchten Wangen strich.
"Bist du fertig mit dem Blatt?", fragte ich sanft und er nickte.
"Gut dann falte es zusammen und folg mir", forderte ich ihn zart auf und nahm auch mein Blatt bevor wir beide runterliefen.
"Geh du schon mal raus. Ich folge dir gleich", teilte ich ihm mit und bog in die Küche während Xavier vor die Haustüre lief.
"Hey, ich bräuchte einen alten Topf, den du nicht mehr brauchst und ein Feuerzeug", gab ich von mir und sah dabei zu Angelique, die perplex einen kleinen Topf aus dem Schrank holte.
"Ich habe nur Streichhölzer", sagte sie dann als sie eine Packung aus der Schublade holte.
"Geht auch, Dankeschön", bedankte ich mich und lief raus zu Xavier.
Er sah gerade in den großen Hof raus, ein nostalgischer Ausdruck auf seinem Gesicht.
"Okay, lege es hier rein", sprach ich und stellte mich neben ihn.
Ich hatte mein Zettel bereits reingeworfen. Er tat was ich gesagt hatte und sah mich gespannt an.
"Willst du mir die Ehre erteilen und es anzünden?", fragte ich und hielt ihm die Streichholzschachtel hin.
Nickend nahm er sie an. Seine Hände zitterten leicht als er das Streichholz anzündete und es in den Topf auf das Papier warf.
Ich setzte es auf dem Gelände aus Stein ab und sah wie Xavier die Flammen studierte. Das Feuer spiegelte sich in seinen Augen bis es schließlich erlosch und nur noch Asche übrig war.
Xavier schluckte und sah dann wieder in die Ferne.
Schweigend blickte ich in dieselbe Richtung als ein Wind wehte und die Asche mit sich trug.
Wir beide sahen den Fetzen hinter her als sie wegflogen und Xavier atmete neben mir tief aus.
"Was macht ihr da?", ertönte plötzlich Felipes Stimme neugierig hinter uns als er sich zu uns stellte und seine Hand auf den unteren Bereich meines Rückens legte. Perplex blickte er auf den Topf.
"Nichts Besonderes", antwortete ich und lächelte ihn an.
Seine Augen fanden meine und er erwiderte mein Lächeln.
Die Luft blieb mir aus als sich in seine dunklen Augen sah und mein Herz machte einen Sprung.
Jedoch wandte ich etwas widerwillig meinen Blick zurück zu Xavier, der uns beide mit einem Lächeln im Gesicht musterte.
Unbehaglich klärte ich meinen Hals und ging wieder rein aber nicht bevor ich nochmal zurücksah und mitbekam wie Felipe grinsend durch Xaviers Haare wuschelte und ihn liebevoll an seine Seite zog.

Vielen Dank fürs Lesen und wer Lust hat kann ja bei meiner neuen Geschichte 'Inferno' vorbeischauen. Würde mich freuen. :)

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