XIII
Schlaftrunken rieb ich über meine Augen und setzte mich langsam auf.
Ich war immer noch im Wohnzimmer auf der Couch.
Gähnend streckte ich mich und sah dann auf die Wanduhr, die mir anzeigte, dass es bereits 07.00 Uhr am nächsten Morgen war.
Wow, ich hatte 13 Stunden geschlafen, so lange hatte ich noch nie gepennt.
Schließlich fiel mein Blick auf die Asia Take-Away Box worauf eine Nachricht stand.
'Du hast gestern ziemlich tief geschlafen, deshalb wollte ich dich nicht wecken. Hoffe du magst gebratene Nudeln mit Ente & du hast für die nächsten paar Tage frei. Nimm dir Zeit für dich und deine Mutter.
-Felipe'
Meine Mundwinkel zuckten leicht hoch als ich mir die Nachricht durchlas.
Ich wusste nicht wie ich so jemanden wie Felipe in meinem Leben verdient hatte.
Hungrig öffnete ich die Asia Box und fing an die kalten Nudeln mit der Plastikgabel daneben zu essen, doch der Gedanke an meine Mutter nahm mir schnell den Appetit.
Mit einem unwohlen Gefühl in meinem Bauch schob ich die Nudeln wieder weg.
Ich stand auf, nahm eine Dusche, zog mich an und packte eine Tasche für meine Mutter.
Danach entschied ich mich ihrer Kindheitsfreundin Amelie zu schreiben, um sie über ihre Lage zu informieren. Dabei stieß ich auf Olivias alte Nummer und Wut sowie auch etwas Enttäuschung machte sich in mir breit.
Mum lag in ihrem Sterbebett und meine liebliche Schwester war nirgends aufzufinden.
Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche und lief in unser 'gemeinsames' Zimmer.
Sie hatte mal in ein Notizbuch all ihre Unterkünfte geschrieben. Also machte ich mich daran jedes Hotel zu googlen und anzurufen. Das würde zwar seine Zeit dauern und mich wahrscheinlich ein Haufen Geld kosten aber das war es Wert, wenn meine Mutter sie noch einmal sehen konnte.
Nach sieben Fehlversuchen erreichte ich sie schließlich in einer kleinen Pension in Australien.
"Guten Tag Pension Wilde Rose, Charlie am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?", sprach eine männliche Stimme.
"Guten Tag. Ist ein Gast namens Olivia Troypes in Ihrer Pension? Ich bin ihre Schwester Lorena Troypes und ich möchte sie gerne sprechen", erklärte ich knapp.
"Einen Moment bitte."
Ich hörte leises Nuscheln bevor er mich auf 'Halten' setzte.
Zwei Minuten später kam er wieder an den Hörer.
"Wir leiten Sie weiter an Ms. Troypes", teilte er mir mit und ich atmete erleichtert aus.
Irgendwie wurde ich aufgeregt die Stimme meiner kleinen Schwester zu hören.
"Hallo? Lorena?", grüßte sie mich und ein Knoten formte sich in meinem Leib.
"Olivia, hey", sprach ich.
"Wie geht's dir? Alles gut?", fuhr sie fort. Bei der Frage kam dann wieder meine Wut auf sie hoch.
"Nein nichts ist gut. Mum liegt im Sterbebett und du bist in Australien. Es wird Zeit, dass du Nachhause kommst. Damit sie dich wenigstens noch ein letztes Mal sieht", sprach ich in einem kühlen und festen Ton.
"Oh", kam es nur von ihr zurück.
"Ich- ich schaffe es in nächster Zeit nicht aber richte ihr doch liebe Grüße von mir aus", antwortete sie leise und ich hätte ihr in dem Moment am liebsten eine Ohrfeige verpasst.
"Olivia, Mama ist am Sterben! Hör auf so ein undankbares Miststück zu sein und komm um dich wenigstens zu verabschieden! Die Arme Frau fragt Tag und Nacht nach dir aber du siehst es nicht mal für nötig ihr einen Brief zu schreiben!", schrie ich sie fast schon an.
Ich war noch nie jemand gewesen der andere beleidigte oder anschrie, aber meine Schwester hatte es geschafft mich in die Weißglut zu treiben.
"Bye Lorena", sagte sie nur bevor ich ein piepen hörte.
Sie hatte aufgelegt.
Ich atmete frustriert aus und schloss meine Augen.
Meine Hände noch fest am Telefon.
Vielleicht hätte ich sie nicht so anzicken sollen?
Ich schüttelte traurig meinen Kopf und nahm schließlich die Tasche die ich für meine Mum gepackt hatte, danach fuhr ich mit der U-Bahn in die Nähe des Krankenhauses und lief eine viertel Stunde dorthin.
Was ich dort sah ließ mein Herz erwärmen und die Wut die ich auf Olivia empfand schwinden.
Felipe saß neben dem Bett meiner Mutter und unterhielt sich mit ihr.
Beide hatten ein Lächeln auf den Lippen und langsam zog sich auch eines über meinen.
"Hey", grüßte ich beide.
"Hey Schatz", kam es von meiner Mutter zurück während Felipe mich nur zur Begrüßung anlächelte.
"Ich habe dir eine Tasche gepackt", teilte ich ihr mit und legte die Tasche auf den Tisch auf der bereits ein Blumenstrauß platziert war.
"Danke Liebes", bedankte sie sich lächelnd.
Ich stellte mich neben sie an das Bett und Felipe rutschte etwas nachhinten um mir Platz zu machen.
"Wie geht's dir?", fragte ich nach und strich ihr über ihren fast kahlen Kopf.
"Da ich dich und meinen Schwiegersohn hier habe, besser", antwortete sie und ich konnte nicht anders als lächelnd meinen Kopf zu schütteln. Mein Blick wanderte kurz zu Felipe, der mit einem Schmunzeln aus dem Fenster sah. Als er meinen Blick auf sich spürte wandte er sich zu mir und zwinkerte mir zu.
Und damn, würde ich mein Gewicht nicht etwas an das Bett lehnen, würde ich wahrscheinlich auf die Knie fallen, weil es so attraktiv ausgesehen hatte. Stattdessen sah ich wieder zu meiner Mutter die mich grinsend musterte.
"Amelie wird bald hier sein", wechselte ich das Thema und klärte meinen Hals.
"Wird aber auch Zeit", scherzte sie.
"Hast du irgendwas Neues von Olivia gehört?", fuhr meine Mum fort und mein ganzer Körper versteifte sich.
"Ja, ehm ja...", stotterte ich bevor ich mich zusammen rappelte.
"Sie hat vorhin aus Australien angerufen."
"Und?", hakte meine Mum glücklich nach.
"Und sie hat gesagt wie sehr sie dich vermisst. Ich habe ihr dann von deiner Lage berichtet und sie wollte sofort in einen Flieger steigen", log ich.
Felipe der mein Unwohlsein bemerkte legte seine Hand auf den hinteren Bereich meines Oberschenkels und zog mich etwas zu sich.
"Oh wirklich? Gott dann habe ich endlich beide meine Töchter bei mir", freute sie sich und ich wäre am liebsten aus dem Fenster gesprungen.
"Jup", gab ich nur krampfhaft von mir.
Zu meiner Rettung kam Amelie die zuvor an der Tür klopfte.
"Gott Vicky, kaum bin ich für eine kurze Zeit nicht bei dir liegst du im Krankenhaus", scherzte sie als sie eintrat.
"Was soll ich sagen? Ich brauche eben meine Amy ständig bei mir", spielte meine Mum mit.
"Okay... wir lassen euch Besties mal allein", warf ich ein und nahm ohne mir dabei etwas zu denken Felipes Hand in meine und zog ihn aus dem Zimmer.
"Okay Kids, verhütet", rief uns Amelie hinter her, weshalb ich rot anlief.
"Keine Sorge Lorena ist auf der Pille", antwortete Felipe und ich wurde noch röter falls das möglich war.
"Klappe!"
Ich schlug ihm leicht auf den Arm und wollte gerade meine Hand aus seiner ziehen, was er nicht zuließ, stattdessen zog er mich zu sich.
"Was? Stimmt doch oder nicht?", fragte er schmunzelnd.
"Das, mein Lieber, hat dich nicht zu interessieren, da es zwischen uns niemals so weit kommen wird", antwortete ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Ja, genau", gab er sarkastisch von sich.
"Mein ernst", sprach ich und versuchte erneut meine Hand von seiner zu ziehen, doch dieses Mal legte er seine Hand auf meine Hüfte und zog mich zu sich an die Brust.
Mein Mund wurde trocken und ich konnte nur schwer schlucken während mein Herz in einem schnellen Rhythmus gegen meinen Brustkorb schlug.
"Deine Körpersprache sagt etwas anderes", flüsterte er an mein Ohr und sein warmer Atem an meinem Nacken sendete Hitzewellen in den Süden meines Körpers.
Ich konnte mich nur schwer von ihm entfernen, doch als ich es tat konnte ich endlich wieder frei atmen.
"Ach ja und was sagt es?", forderte ich ihn heraus mit hochgezogenen Augenbrauen und verschränkten Armen.
"Oh das kann ich hier sagen. Zu viele Kinder und es ist erst ab FSK 18", antwortete er grinsend und nickte dabei zu den Kindern die die Gänge entlang rannten.
"Stimmt. Gewalttätige Szenen wie ich deinen Kopf gegen die Wand klatsche ist nichts für Minderjährige", gab ich lächelnd von mir und lief schon mal vor in die Cafeteria.
"Ja ja, spiel dir ruhig selbst etwas vor...", kam es von ihm als er wieder neben mir stand.
"Tu ich nicht", verleugnete ich es.
"Okay, wenn du meinst", sagte er ironisch, weshalb ich ihm einen gespielt bösen Blick zuwarf.
Seien wir ehrlich jede Frau mit Augen im Kopf würde sich ihm sofort hingeben.
In die Sparte fiel auch ich, nur dass ich es nicht soweit kommen ließ.
Schließlich ging es um meinen Job.
Wir holten uns Kaffee und setzten uns dann an einen Tisch.
"Also was war das mit deiner Schwester?", fing er an und ich fühlte mich sofort schuldig, da ich meine Mum angelogen hatte.
"Meine Schwester, Olivia, sie kommt nicht", brachte ich schließlich heraus.
"Aber du hast Victoria gesagt-"
"Ich weiß was ich gesagt habe. Ich konnte nicht anders als zu lügen und jetzt bin ich am Arsch. Ich mein hast du die Freude in ihren Augen gesehen?", unterbrach ich ihn verzweifelt.
Er nickte nur.
"Und warum kommt sie nicht?", hakte er weiter nach.
"Weil sie eine Bitch ist?", antwortete ich bitter und nahm einen Schluck vom Kaffee.
"Hast du ihr denn von der Lage eurer Mum erzählt?", kam es von Felipe.
"Natürlich aber sie hat gesagt, dass sie es in nächster Zeit nicht schaffen würde zu kommen", erzählte ich.
"Und jetzt habe ich den ganzen Mist am Hals und hab die Ehre meiner Mum das Herz zu brechen, wenn ich ihr sage, dass Olivia doch nicht kommt", sagte ich frustriert und fuhr mir dabei durch mein Haar.
"Dann tu es nicht", sprach Felipe, weswegen ich ihn verwirrt ansah.
"Lass es Olivia ihr sagen."
"Ruf sie an und gebe deine Mutter an das Telefon. Wenn sie wirklich so eine Bitch ist, wird sie ihr sagen, dass sie nicht kommt und wenn nicht wird sie bei der Stimme von Victoria ein schlechtes Gewissen haben und wirklich kommen", erläuterte er und ich konnte ihm langsam folgen.
"Okay, ja so mache ich das", sagte ich entschlossen.
"Gut und jetzt lass uns irgendwo anders Kaffee holen gehen. Die Brühe schmeckt hier nur nach Leitungswasser", gab Felipe von sich und stand auf.
Ich konnte nicht anders als zu Lächeln.
"Alles klar eure Hoheit", spottete ich über seine Pingeligkeit.
Er lächelte nur zurück und wir verließen das Krankenhaus kurz für eine Kaffee und Donut Pause.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top