V
Gerade als ich im Supermarkt den Preis für ausgewählte Maissorten reduzierte, hörte ich eine mir bekannte Stimme. "Hallo Angelique?", kam es von der anderen Seite des Regals. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
Was machte Felipe in einem Supermarkt? Okay gut, einkaufen aber irgendwie hatte ich ihn zuvor noch nie gesehen und dachte er wäre eher der Typ der Angestellte für so etwas hätte.
"Hat Xavier schon etwas gegessen?", hörte ich ihn fragen und lief extra auf die andere Seite um meine Vermutung zu bestätigen. Und jup, sie wurde bestätigt.
Ich begutachtete ihn, wie er mit seinem teuren Anzug bei den Ketchup Flaschen stand und sich eine aussuchte.
"Er kann sich doch nicht nur von Brot und Äpfeln ernähren", sprach er weiter und ich konnte nicht anders als zu lauschen. Er klang verzweifelt, weshalb ich besorgt meine Stirn runzelte.
"Ich weiß es doch selber Angelique aber was soll ich schon machen? Ihn zwangsmästen?"
...
"Ja ist gut, ich werde ihm einfach wieder Äpfel mitbringen falls er nichts von deinem gekochten Essen isst, bis später", verabschiedete er sich erschöpft. Kaum legte er auf zeigte ich mich mit einem kleinen 'Hey' erkenntlich.
Er wandte sich zuerst mit zusammengezogenen Augenbrauen zu mir bevor sein Gesicht sich förmlich erhellte.
Ja gut...was heißt erhellen? Er lächelte nicht einmal aber er sah nicht mehr so gemein wie vor fünf Sekunden aus...Ihr wisst schon was ich meine.
"Oh hey", grüßte er mich zurück.
Ich lächelte ihn nur freundlich an, weil mir nicht einfiel was ich sagen sollte.
Ich mein versucht ihr doch mal mit einem überaus attraktiven Typen in einem Anzug zu reden, der kaum lächelt. Nicht leicht oder?
Er nickte kurz bevor sein Blick auf meinen Kittel fiel.
"Du arbeitest hier?" versicherte er sich.
"Jup", antwortete ich ihm mit einem gezwungenen Lächeln um Motivation vorzutäuschen.
"Du führst also zwei Jobs? Nicht schlecht", kam es von ihm und ich konnte etwas wie Respekt aus seinem Tonfall hören, was ich nicht wirklich verstand. Ist ja nicht so, dass das mehrere Leute machen...
"Eigentlich drei aber ja...", korrigierte ich ihn und sah auf das Reduzier-Gerät-Dingsbums in meinen Händen.
Es kam von ihm eine Zeitlang nichts was mich noch unbehaglicher fühlen ließ.
"Wann ist deine Schicht hier zu Ende?", fragte er mich schließlich weshalb ich überrascht aufblickte. Von seinem Gesichtsausdruck konnte ich nicht wirklich viel ablesen, weswegen ich kurz auf meine Armbanduhr sah.
"In einer viertel Stunde", antwortete ich ihm dann immer noch leicht perplex.
"Lust etwas essen zu gehen?", kam es von ihm. Ich konnte nicht anders als zu Lächeln als ich die Frage hörte. Gerade als ich mit einem 'ja' antworten wollte, fiel mir der Krankenhaustermin meiner Mutter ein.
"Ich würde gerne aber ich kann nicht", gab ich mit einem traurigen Lächeln von mir.
Er strich sich nachdenklich mit dem Zeigefinger über seine Unterlippe bevor er nickte. "Und darf ich fragen wieso?"
"Arzttermin", antwortete ich grob, wobei sich Trauer in meiner Stimme wiederfand. Und nein nicht Trauer, weil ich mich nicht Felipe treffen konnte, sondern Trauer, dass egal was die Ärzte auch versuchten, sich die Lage meiner Mutter einfach nicht verbesserte.
"Ich kann dich hinfahren, wenn du möchtest", schlug er vor.
Ich kratzte mich leicht am Handgelenk als ich überlegte was ich darauf antworten sollte.
"Ich ehm...ich weiß nicht so recht", entschied ich mich zu sagen und wisst ihr auch wieso? Weil ich nicht wusste wie man richtig absagt. Ich konnte beobachten wie sein Gesichtsausdruck von einem Moment auf den anderen fiel. Und mit 'fiel' meine ich, dass seine Gesichtszüge wieder härter wurden.
"Außer du hast nichts gegen einen zweiten Fahrgast", fügte ich schnell hinzu, weil ich plötzlich ein schlechtes Gewissen bekam.
Er blickte kalkulierend zu mir um wahrscheinlich herauszufinden woher der schnelle Sinneswandel kam, wobei ich ihn nur nervös anlächelte.
"Der Wagen ist groß genug", antwortete er dann, was ich als ein 'ja' gelten ließ.
"Okay, ehm ich sehe dich dann am Ausgang", verabschiedete ich mich und lief mit eiligen Schritten in die andere Richtung um meiner restlichen Arbeit nachzugehen.
Okay und zugegeben, weil ich aus irgendeinem Grund nervös war. Und so nervös war ich das letzte Mal als mich Chris Michaelson in der High-School nach einem Date gefragt hat.
Wir saßen beide schweigend im Auto und ich versuchte mich so wenig wie möglich zu bewegen. Ich verstand zwar nicht viel von Autos aber das hier sah extrem kostspielig aus und ich hatte Angst irgendwas zu verkratzen oder zu verschmutzen. Hinzu kam das ich Paranoia schob mein Getränk zu verschütten, obwohl es verschlossen in meiner Tasche lag.
"Ist es das hier?" Er nickte zu dem Apartmentblock in dem ich wohnte. Ich hatte ihm vorher meine Straße gegeben und Bescheid gesagt, dass er uns am General Hospital of Los Angeles absetzen sollte.
"Jup, ich hol sie schnell", antwortete ich ihm und stieg aus nachdem er vor dem Haus anhielt.
Er hatte zwar noch keine Ahnung wer 'sie' sein sollte aber machte keine Umstände nachzufragen.
Im fünften Stock angekommen, sperrte ich die Wohnungstür auf und trat ein.
"Mum? Bist du fertig?", rief ich in den leeren Flur.
"Ja, komme", kam es von meiner Mutter zurück.
"Ist das Taxi denn schon da?" fragte sie mich als sie eine Mütze über ihr weniges Haar setzte.
"Mhm...", nickte ich und half ihr in ihre Jacke.
Gemeinsam liefen wir an Felipes Auto und ich konnte sehen wie meine Mutter mich mit einem fragenden Blick von der Seite musterte. Mit der Entscheidung es zu ignorieren machte ich ihr die Hintertüre auf und setzte mich dann selbst auf den Beifahrersitz.
Felipes Gesichtsausdruck als er meine Mutter sah war undefinierbar.
Er drehte sich etwas nach hinten um ihr ins Gesicht schauen zu können und als er das tat konnte ich nicht anders als interessiert zuzusehen wie er auf sie reagierte.
Ihre fragile, etwas kindliche Körperstatur, ihre fast durchsichtige Haut durch die man die blauen Adern noch stärker sehen konnte und die dünnen, kurzen Haarsträhnen, die aus der Mütze hervorlugten schienen ihn in keiner Weise zu stören als er ihr lächelnd die Hand reichte und sich vorstellte. Ja ich weiß...ich war auch etwas schockiert als ich ihn Lächeln sah.
"Ich bin Felipe, Ihr Fahrer für heute", scherzte er. Ein strahlendes Lächeln spiegelte sich nun auch in dem Gesicht meiner Mutter wieder.
"Victoria, Lorenas Mutter, freut mich sehr Felipe", grüßte sie ihn zurück.
"Die Freude ist ganz meinerseits", gab er charmant von sich bevor er ihr einen zarten Kuss auf ihre Handknöchel drückte. Ich konnte nicht anders als in mich hinein zu grinsen als ich das leichte Lachen meiner Mutter hörte.
Felipe drehte sich wieder vor um das Auto zu starten.
"Lorena, das ist der erste Taxifahrer der mir gefällt", sprach meine Mum und ich konnte sehen wie Felipes Mundwinkel nach oben zuckten.
"Ach wirklich? Aber was war mit Abderrahim?", spielte ich auf den Taxifahrer an, der uns das letzte Mal ins Krankenhaus gefahren hatte.
"Auch ein netter Mann. Schließlich hat er zwölf Kamele für dich angeboten", antwortete sie amüsiert. Jup, Abderrahim war der erste Typ von dem ich ein Heiratsangebot bekommen hatte.
"Felipe, wie viel bietest du?", fing meine Mutter plötzlich an, weshalb sich meine Augen um das doppelte vergrößerten. Felipe tat so als müsste er schwer darüber nachdenken, wobei er sich leicht an seinem Drei-Tage-bart kratzte.
"Ich biete ganze 100 Kamele und 30 Lämmer", antwortete er dann selbstsicher.
"Du denkst also ich bin so viel wert?", fragte ich gespielt schockiert.
"Wer redet denn von dir? Ich habe deine Mutter gemeint", schoss Felipe amüsiert zurück.
Im Hintergrund fing meine Mum an zu lachen während ich empört meinen Mund öffnete und ihm spielerisch auf die Schulter schlug.
"Für dich wollte ich eigentlich sieben Kamele bieten aber durch diese Aktion bist du runter auf drei gesunken", sprach er mit einem enttäuschten Kopfschütteln.
Ich versuchte ihn böse anzusehen, jedoch funktionierte es nicht so richtig, da sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln zogen.
Die restliche Autofahrt zum Krankenhaus unterhielten sich meine Mum und Felipe während ich versuchte nicht wie eine Irre dazusitzen und zu grinsen. Aber das wiederum war ziemlich schwer, da Felipe unglaublich süß mit ihr umging.
"Danke fürs herfahren", bedankte ich mich und schnallte mich ab als er an einem der vielen Parkplätze vor dem Krankenhaus hielt.
"Nichts zu danken", kam es von ihm zurück.
"Wann soll ich euch ungefähr wieder abholen?", fragte er dann bevor wir aussteigen konnten.
"Oh das ist nicht nötig-", fing ich an doch wurde von meiner reizenden Mutter unterbrochen.
"Ungefähr in einer Stunde? Heute wird es nicht wirklich lang dauern und ich muss doch meinen zukünftigen Schwiegersohn besser kennenlernen" Am liebsten hätte ich mir gegen die Stirn geklatscht als ich den Satz hörte, doch ich überwand mich.
"Gut, bis dann zukünftige Schwiegermutter", verabschiedete sich Felipe schmunzelnd.
Kaum waren meine Mutter und ich aus dem Auto sah sie mich mit einem zweideutigen Blick an.
"Also was läuft da mit Felipe?", sagte sie und verhakte ihren schmalen Arm in meinen.
Ich konnte nicht anders als aufzulachen.
"Nichts, ich kenne ihn seit ungefähr drei Wochen und in den 21 Tagen habe ich mich ungefähr drei Mal mit ihm unterhalten aber ich denke wir sind auf dem guten Weg Freunde zu werden", erklärte ich ihr und dieses Mal lachte sie auf.
"Freunde zu werden? Rena mein Schatz, ich leide an Krebs nicht an Dummheit", antwortete sie humoristisch, weshalb ich ihr einen dunklen Blick zu warf.
"Ja klar, mach Witze über die Krankheit", murmelte ich dann unter meinem Atem.
"Natürlich, wenn nicht ausgerechnet ich wer dann?", kam es zurück auf was ich keine Antwort wusste.
Gut, 1:0 für meine Mum.
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