IV
Ich mixte einem Kunden gerade einen Long Island und versuchte so gut wie möglich meine schlechte Laune zu verbergen während Lillian endlich auftauchte.
"Hey", grüßte ich sie in einer lustlosen Tonlage.
"Hey Sonnenschein", kam es von ihr ironisch zurück.
Ohne darauf einzugehen füllte ich dem Kunden sein Glas und überreichte es ihm.
"Ist Richard schon im Büro?", fragte sie dann ohne ihre Jacke auszuziehen.
"Ja wieso?", fragte ich verwirrt zurück, da sie Richard, unseren Chef, ansonsten immer mied.
"Will meinen letzten Gehaltsscheck abholen und dann abdüsen", erklärte sie als wäre es keine große Sache.
"Deinen letzten Gehaltsscheck?", verließen die Wörter ungläubig meine Lippen.
"Jup, ich habe gekündigt", sprach sie glücklich.
"Du hast was?!", fassungslos starrte ich sie an. Wollte mich heute das ganze Universum auf den Arm nehmen?! Erst meine Mutter, deren Lage sich deutlich verschlechtert hatte, dann meine Schwester die es für nicht nötig hielt sich bei unserer sterbenskranken Mutter zu melden. Ich mein sie wird ja wohl Zeit haben uns eine kurze Postkarte zu schicken damit wir wissen, dass sie noch lebt. Oh und vergessen wir diese kleinen Pisser nicht die heute im Supermarkt die Maisdosen umgeschmissen haben, die ich aufputzen musste!
Und jetzt wollte meine liebe Arbeitskollegin mich auch noch im Stich lassen.
"Na ja du weißt doch, dass ich öfter gefehlt habe nicht wahr?", fing sie an auf was ich nur nickte.
"Ich arbeite nebenbei im 'Club de l'amore' und-"
"An der Bar?", unterbrach ich sie.
"Nein als Stripperin", antwortete sie als würde sie vom Wetter reden.
"Bitte was? Aber wieso hast du denn nichts gesagt?", gab ich schockiert von mir.
Meine Freundin arbeitete nebenbei als Stripperin und ich hatte ja keine Ahnung. Wow, da sieht man mal wie gut wir wirklich befreundet waren...
"Na, weil du wahrscheinlich versuchen würdest mich davon abzuhalten aber du hast ja keine Ahnung wie viel ich da verdiene. Ich habe allein gestern Abend 500 Dollar gemacht", antwortete sie mir. Ich nickte nur sprachlos.
"Das ist ehm... das ist cool", bekam ich dann nur raus.
Holy Shit 500 Dollar?!
"Also man sieht sich bestimmt noch", verabschiedete sie sich lächelnd bevor sie zu Richard ins Büro lief.
Auch zwei Stunden nachdem Lillian gegangen war, war meine Laune im Keller und dass Felipe heute wieder nicht gekommen war enttäuschte mich etwas.
Ich mein wir hatten uns vorgestern gut verstanden und ich hatte gehofft mich wieder mit ihm unterhalten zu können aber nope heute lief alles scheiße.
Das Heimkommen nach der Arbeit toppte natürlich alles.
Auf dem Tisch lag ein Stapel an Rechnungen und die Wohnung muffelte nach Erbrochenem.
Ich ignorierte die ganzen Rechnungen und lief schnurstracks in das Zimmer meiner Mutter. Neben ihrem Bett, auf dem sie schlief, lag ein Kübel welches voll mit ihrer Kotze war. Gewohnt an den widerlichen Anblick schüttete ich den Inhalt in die Toilette, spülte runter und wusch den Kübel aus. Dann stellte ich es wieder an ihrem Bett ab, drückte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn und verließ das Zimmer.
Das nächste was ich machte, war es die Rechnungen zu öffnen.
Mein Herz fühlte sich unglaublich schwer an und ich wäre am liebsten zusammengebrochen als ich die Krankenhausbeträge sah. Hinzu kam die Strom- und Wasserrechnung plus die Miete.
Ich lehnte mich kurz mit geschlossenen Augen zurück und atmete durch obwohl es mir unglaublich schwerfiel. Es war als würde mich jemand versuchen zu erwürgen.
Wieso musste auch alles auf einmal kommen?
Ich beneidete im Moment niemanden mehr als meine Schwester, die sich wahrscheinlich gerade in Europas Discotheken vergnügte.
Fertig mit der Welt, machte ich mich fertig fürs Bett und legte mich dann schlafen.
Die ganze Nacht schweifte mir nur eine Frage im Kopf herum:
Ob ich es denn nicht auch mit Strippen versuchen sollte?
Der nächste Tag verlief auch nicht besser. Ich war erst beim Putzen, dann im Supermarkt und jetzt wieder in der Bar.
Jup, ich Idiot hatte mich nämlich gegen das Strippen und für die harte Arbeit entschieden.
Was soll ich sagen? Ich war eben nicht so 'offenherzig' wie Lillian.
"Hast du eigentlich schon von dem Tod von Enzo Gunzilius gehört?", unterhielten sich zwei Frauen die auf den Barhockern vor mir saßen.
"Dem Milliardär?" fragte die Blondine schockiert.
"Ja richtig, es ist noch nicht einmal bekannt wie er gestorben ist. Viele sagen, dass es an Herzschwäche lag wobei andere wiederum behaupten, dass es Suizid war", antwortete die andere aufgelöst.
"Oh mein Gott", sprach Blondie wieder entsetzt.
"Ich weiß! Es soll wohl vor zwei Tagen passiert sein!", redete die Brünette, woraufhin Blondie scharf die Luft einzog.
Oh wartet. Sie zog nicht wegen den Nachrichten scharf die Luft ein, sondern weil Felipe gerade die Bar betreten hatte.
Ein warmes Gefühl verteilte sich in meinem Körper als ich ihn sah.
Mit seinem Anzug und seinem stählernen Blick sah er wie ein erfolgreicher Geschäftsmann aus, der na ja...etwas angsteinflößend wirkte.
Ich schenkte ihm ein Lächeln als er sich auf einen der Barhocker am Rand setzte.
Das Lächeln wurde nicht erwidert stattdessen stütze er seinen Kopf auf seinen Händen.
Mein eigenes Lächeln wandelte sich in eine gerade Linie und ein Stirnrunzeln.
"Hey", grüßte ich ihn leise als ich mich vor ihn stellte.
Er sah auf. Und er sah auf. Er sah weiter auf und wandte dann seinen Blick von mir wieder auf den Tresen.
Oh wow okay...
Ohne ein weiteres Wort schenkte ich ihm ein Glas Whiskey ein und stellte es vor ihn.
"Ich will nichts", kam es von ihm.
"Du willst nichts trinken?", versicherte ich mich weshalb er aufseufzte.
"Richtig"
"Dann bist du in einer Bar aber falsch", antwortete ich verwirrt von seinem Verhalten.
Er sah wieder auf und guckte mir lange Zeit in die Augen. Seine Mundwinkel zuckten minimal nach oben.
"Nein ich denke ich bin hier richtig", gab er von sich.
Sein Blick wurde mir etwas zu intensiv weshalb ich nun diejenige war, die auf den Tresen sah.
"Gut, ehm ruf mich wenn du etwas brauchst", sagte ich schnell und eilte zu einem anderen Kunden, wobei ich noch seine Augen auf mir spüren konnte.
Die Bar war fast leer als mich Felipe zu sich rief.
"Lorena?", hörte ich seine feste Stimme meinen Namen sagen.
Ich verstaute das Glas in meiner Hand in der Vitrine bevor ich zu ihm lief.
"Ja bitte?", fragte ich höflich.
"Es ist nichts", antwortete er. Cool...
"Dann bin ich hier weil?", fragte ich mit einem Hauch von 'Wieso zur Hölle rufst du mich wenn nichts ist?!'.
"Weil ich dich hier haben wollte", antwortete er ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
"Du hast mich also vermisst, huh?", scherzte ich und konnte spüren wie sich ein Lächeln auf meine Lippen schlich.
"Nein, es sind nur keine heißen Frauen hier", bekam ich zurück und mir klappte die Kinnlade runter. Ein melodisches Lachen war von ihm zu hören.
"Nein, das war's auch nicht. Ich schätze ich will mich einfach nur mit dir unterhalten", fügte er dann etwas leiser hinzu.
"Gut ehm...hast du schon von dem Tod von dem einen Milliardär gehört?", sagte ich, weil mir nichts Anderes eingefallen war.
"Der hieß glaube ich En-, Enzo Galle oder so...", redete ich weiter.
"Gunzilius", korrigierte mich Felipe und erst dann fiel mir auf, dass seine Hände zu Fäusten geballt, sein Kiefer angespannt und seine Haut etwas blasser geworden war.
"Ja der", antwortete ich. Felipe nickte nur leicht als er in einen Tranceartigen zustand verfiel und seine Gesichtszüge beängstigend markant wurden.
"Na ja, wie auch immer...", versuchte ich das Thema zu wechseln als es mir unbehaglich wurde.
Ich tippte ihn an seiner Schulter an, um seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu ziehen und nickte dann zu einem Mann, der sich mit einer Frau unterhielt.
"Siehst du den Typen da?", lenkte ich vom vorherigen Thema ab. Er nickte und sah mich dann fragend an.
"Er ist verheiratet und versucht sich gerade die Frau klarzumachen", teilte ich ihm meine Beobachtung mit.
"Und woher weißt du, dass er verheiratet ist?", ging Felipe auf meinen billigen Versuch das Thema zu wechseln ein.
"Na ja ich habe dir doch gesagt, dass ich mal angefangen hatte Psychologie zu studieren und ich kann sowas einfach am Verhalten erkennen", log ich und beteuerte meine Aussage mit einem Nicken.
"Wirklich?", fragte Felipe ungläubig und mit einem 'Laber doch kein Bull' Blick.
"Nein, ich habe nur vorhin gesehen, dass er sein Ehering ausgezogen und in seine Hosentasche gesteckt hat", gestand ich, weshalb er anfing zu schmunzeln.
"Und was erkennst du von meinem Verhalten Frau ehemalige Psychologie Studentin?", fragte er mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ich fing an zu Lächeln als ich ihn musterte.
"Hmm...das wird schwer...", fing ich an.
"Also...du gibst dich von außen kühl, unantastbar... dein grimmiger Blick soll andere einschüchtern und mit der aufgesetzten Maske versuchst du zu verhindern, dass dir jemand zu nahekommt. Du versuchst Distanz zu bewahren. Aber ich denke hinter all dieser kalten Fassade steckt ein netter Typ mit einem guten Herzen, der wahrscheinlich bei Liebesfilmen heult", berichtete ich von meinem Eindruck von ihm.
Es kam für eine gefühlte Ewigkeit nichts. Ein trauriger Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus, was mir aus unerklärlichen Gründen ein Stich in meinen Brustkorb versetzte.
"Falsch, ich heule nicht bei Liebesfilmen", sprach er in einer rauen Stimme.
"Und was ist mit den anderen Sachen?", hakte ich nach.
Er schloss qualvoll die Augen und als er sie wieder öffnete, konnte ich den Schmerz hinter ihnen sehen.
"Falsch", antwortete er mit einem gezwungenen Lächeln, wobei seine Lippen fest aufeinandergepresst waren.
"Nein, ich denke es ist richtig, du brauchst nur jemanden der sich durch die Fassade arbeitet", sprach ich sanft.
"Wer sagt, dass sie nicht bereits bröckelt?", murmelte er dann kaum hörbar als er mit sich selbst sprach.
Und in diesem Moment überkam mich das starke Verlangen dieser 'jemand' für ihn zu sein.
Hey Bitchachos, ich Spastiker hab es wieder einmal geschafft mein Handy zu schrotten, weshalb ich erst so spät auf eure Privatnachrichten und Kommentare antworten kann. I'm sorry :/
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