21. Monster
Ich werde zwangsverheiratet. Ist das nicht toll? Ach nein, dann verstehen Sie wohl keinen Sarkasmus! Ich hasse es, hasse dieses Land, hasse Bärenstein und seine Politik und hasse meine Eltern dafür, dass sie mich nicht davor beschützten können. Diese bescheuerte Heirats- und Kinderpolitik. Natürlich will Bärenstein, dass wir viele Kinder kriegen.
Er hat in seinem sinnlosen Krieg die Hälfte Europas Bevölkerung ausgelöscht. Jetzt braucht er Nachschub. Jede Menge Kinder. Ich bin jung und soll so schnell wie möglich Babys in die Welt setzen, aber dafür muss ich natürlich verheiratet sein. Denn ohne einen Ehemann ist man in Berellon auch wieder nichts wert. Ich will hier nicht mehr leben, will fliehen und mir ein neues Leben aufbauen und kann es dann doch nicht. Was soll aus meinen Eltern werden? Ich bin deren einziges Kind.
Nichts ist so wie ich es mir wünsche und ich bin so wütend. So furchtbar wütend. Ich will kein Kind. Paulina, 17, plant einen Mordanschlag auf den Stadthalter ihrer Stadt
KILLIAN
Ihre Gespräche waren das Beste an seinem Tag. Jeden Morgen freute er sich darauf sie wiederzusehen und mit ihr reden zu können. Die Bücher konnten seine Langeweile nur bedingt verdrängen und wirklich gut fühlte er sich nur wenn sie da war. Vielleicht war das auch ihr Plan ihn gefügig zu machen, doch eigentlich glaubte Killian das nicht.
Er sah das Leuchten in ihren braunen Augen jedes Mal wenn sie die Stiegen hinunter kam, sah die roten Wangen und das aufgeregte Lächeln, wenn sie ihren Platz vor seinen Gitterstäben einnahm. Der bequeme Sessel war nach einer Weile nicht mehr interessant gewesen, nun saßen sie nah an den Gitterstäben, wollten die Nähe des anderen spüren.
Killian hatte so etwas noch nie gefühlt. Sie verstand ihn und das obwohl ihre moralischen Ansichten durchaus sehr unterschiedlich waren, verstand sie ihn, nahm seine Eigenarten mit einem Lächeln hin. Er tat dasselbe und fand darin einen nie gekannten Trost. Er hatte keine lange Liste an Frauen, die sein Herz erobert hatten, und niemals würde er zugeben, dass die grausame Herrscherin Beerellon dabei war seines zu stehlen, doch sein Verlangen sie zu sehen, die Freude über ihr Kommen, ließen ihn doch an seinem Herzen zweifeln.
Was wäre wenn er sich verlieben würde? Durfte er das überhaupt? Sie hatte seine Kameraden getötet, sein Dorf vernichtet. Sie war ein Monster. Aber wenn sie ihn anlächelte und von ihren Abenteuern als Kind erzählte wirkte sie nicht wie eines. Sie wirkte eher wie eine verlorene Frau, die versuchte das unschuldige Mädchen in sich wiederzufinden. Und er wollte ihr dabei helfen, wollte so sehr ihr Fels in der Brandung sein.
Seine Gedanken kreisten um kaum etwas anderes und er hasste sich dafür. Was würden seine Freunde denken, was der große Anführer OneSheeps?
"Wo bist du mit deinen Gedanken?", fragte Nava lächelnd und reichte ihm eine großes Apfelstück. Er biss hinein und schmeckte die reife süße der Frucht.
"Ich denke an meine Freunde." Sofort veränderte sich Navas Stimmung. Killian konnte in ihren Augen lesen und erkannte, dass sich ein Teil von ihr tatsächlich schuldig fühlte, ein anderer jedoch nicht.
"Was ich getan habe, war falsch?", fragte sie zögerlich. Eine Frage wie diese hätte das Monster, das sein Dorf zerstört hatte niemals gestellt. Diese Frau war so anders als jene die ihn damals gefangen genommen hatte. Es war als würde sie sich stück für Stück verändern. Er nickte langsam.
"Ja. Du stehst auf der falschen Seite des Krieges." Daraufhin verzog Nava das Gesicht.
"Ich denke nicht das es eine falsche oder richtige Seite im Krieg gibt. Es geht nur um Verlangen. Was ist es was die Befehlshaber wollen, wonach sie verlangen. Menschen wie wir spielen einen kleinen Teil des großen Ganzen. Und wir ziehen wohl kaum die strippen."
Killian biss noch einmal von seinem Apfelstück und dachte über ihre Worte nach. Sie hatte wohl recht, zumindest zum Teil. Er hatte auch Soldaten von OneSheep furchtbare Dinge tun sehen.
Im Namen der Gerechtigkeit und der Vergeltung. Dennoch glaubte er daran, dass sie mit diesem Aufstand ihr Land zu etwas besserem machen konnten.
"Es ist ein Krieg und wie in jedem Krieg geschehen grausame Taten, aber ich glaube an das Recht auf Freiheit. Ich möchte, dass meine zukünftigen Kinder sagen können was immer sie wollen, das sie reisen können und auch ohne Loyalitätspass studieren und eine Karriere machen können. Willst du nicht, dass deine Tochter eine friedliche, selbstbestimmte Zukunft hat? Oder soll sie wie du gezwungen sein im Militär eine grausame Ausbildung zu durchlaufen um dann als Mörderin ihr Dasein zu fristen?"
Nava sah hinunter auf ihren geschwollenen Bauch und strich zärtlich darüber. Ihr Blick war unlesbar. Zu viele Gefühle waren mit dieser Schwangerschaft verbunden. Killian hatte sich schon oft gefragt, was sie tun würde, sobald das Kind da war. Zweifel durften dann nicht mehr in ihrem Herzen vorhanden sein, sonst würde sie die Beziehung zu ihrem Kind langfristig schädigen.
"Sie soll nicht zur Akademie. Sie soll auch nicht kämpfen müssen, wenn sie nicht will."
"Dann verstehst du mich?" Navas Blick wandte sich zu ihm und Killian konnte in ihren Augen Unsicherheit sehen.
"Ja ich denke schon. Aber warum kämpfe ich dann für Loke?", fragte sie zweifelnd und zutiefst verwirrt. Mit schmerzverzehrten Gesicht griff sie sich an den Kopf und Killian sah wieder wie ihr zerstörter Geist versuchte ihr die Wahrheit zu sagen. Es war schon so oft passiert und am besten war es sie abzulenken und die Erinnerungen, die Gefühle ihres früheren Ichs von alleine kommen zu lassen. In solchen Momenten schien die wahre Nava durchzuscheinen und ihm einen Einblick auf das verlorene Mädchen zu bieten.
In letzter Zeit jedoch schien sie mehr und mehr auf Antworten zu pochen und sich selbst zu drängen. Dies brachte nur noch mehr Schmerzen mit sich. Unruhig beobachtete Killian wie sie sich wand und wünschte er könnte es für sie leichter machen. Er griff durch die Gitterstäbe und strich sanft über ihren Kopf. Sofort zuckte Navas Kopf in die Höhe und sie sah ihn erschrocken an. Langsam zog Killian seine Hand wieder zurück.
"Es tut mir leid. Ich wollte nur.."
"du wolltest mir Trost spenden.", beendete sie seinen Satz und griff ebenfalls durch die Gitterstäbe. Unendlich zärtlich fuhr sie über seine mit Bartstoppeln übersäte Wange und packte schließlich seine Hand. Drückte sie fest.
"Ich weiß nicht mehr wer ich bin.", gestand sie atemlos und Tränen traten aus ihren braunen Augen. Killian fing sie auf und strich über ihr Gesicht.
"Du bist Nava.."
"Nein, das bin ich nicht.", fuhr sie ihn an und wandte sich ab, "Ich war mal wer anderes. Ich war weder grausam noch einsam. Und ich weiß, dass das wahr ist. Aber es ist als wäre da eine Mauer, die ich nicht überwinden kann."
Killian nahm diese Information mit seiner üblichen Ruhe auf. Sie hatte schon öfters so etwas angedeutet, aber niemals diese Worte verwendet. Tatsächlich hatte ihm keiner seiner Freunde, noch die Bewohner diverser Städte erzählen können, woher Lady Nava, die neue Ehefrau und Herrscherin des großen Bärenstein gekommen war. Eines Tages war sie einfach mit ihm verheiratet gewesen. Auch ihre Gaben und die unermessliche Macht waren etwas geheimnisvolles, denn zur selben Zeit als Loke seine Nava heiratete, gab es Gerüchte über ein anderes Mädchen. Eine junge Henotello, stark, schön und unglaublich mächtig. Aber dieses Mädchen verschwand. Zumindest redete nach einiger Zeit niemand mehr über sie, da war nur noch Nava.
"Willst du diese andere wieder sein?", fragte Killian vorsichtig. Nava nickte und schüttelte kurz darauf den Kopf. Ihr Zwiespalt war offensichtlich.
"Ich weiß es nicht. Die Erinnerungen tun weh. Das muss doch einen Grund haben oder nicht?" Killian nickte.
"Vermutlich schon. Aber wenn ich ehrlich bin, kenne ich mich damit nicht aus. Ich bin kein Henotello. Ich bin nur ich." Wieder rückte Nava näher.
"Nur ist ein dummes Wort. Gerade weil du du bist, fällt es mir so leicht mit dir zu sprechen."
"Als dein Gefangener.", flüsterte Killian und bereute seine Worte nicht zur Gänze. So sehr er die Zeit mit Nava auch schätzte und sich selbst dafür hasste, so war er im Grunde doch noch immer ihr Gefangener.
"Selbst wenn ich dich raus lasse, die Soldaten würden dich da draußen sofort töten. Alleine hast du keine Chance."
"Dann komm mit mir!", drängte Killian und griff erneut durch die Gitterstäbe nach ihren Händen, "zusammen können wir es schaffen." Nava verzog das Gesicht, ließ ihm jedoch ihre Hände. Es war als suchte sie verzweifelt nach dem Körperkontakt.
"Killian, ich.."
"Bitte, komm mit mir. Was hält dich hier? Loyalität gegenüber Loke? Nava, warum bleibst du bei einem Mann, der dich schlägt, dich einsperrt und schlecht behandelt..."
"Weil er mich will.", murmelte sie bedrückt. Erschrocken wich Killian zurück und ließ ihre Hände los. Navas trauriger Blick glitt zu Boden. Niedergeschlagen seufzte sie, hob ihre Schultern wie um sich vor seinem Blick zu schützen.
"Ich bin ein Monster und er will mich trotzdem. Deshalb bleibe ich bei ihm."
"Nur deshalb?", fragte Killian ebenso traurig. Er bereute es sie ein Monster genannt zu haben. Nun erkannte er, dass sie sich selbst schon die ganze Zeit so gesehen hatte. Wirklich monströs war nur was man ihr angetan hatte. So viel sie ihm erzählen konnte, war ihr Leben kein leichtes gewesen und er kannte die Gerüchte über die Akademie. Wusste um die grausamen Spielchen, die dort getrieben worden waren. Er dachte schon seit seiner Gefangennahme über einen Fluchtweg nach, doch seit einigen Wochen beinhaltete diese Flucht immer Nava. Sie sollte an seiner Seite sein, sollte mit ihm fliehen. Entschlossen umfasste er ihr Gesicht und drängte es näher an die Gitterstäbe bis sich ihre Stirn trafen. Ehrlich sah er in ihre Augen.
"Du bist kein Monster. Da ist Gutes in dir und gemeinsam können wir es wiederfinden. Dafür müssen wir nur hier raus." In Navas Augen sammelten sich Tränen und rannen in kummervollen Bächen über ihr Gesicht. Ihr Körper zitterte.
"Ich..ich kann dir nicht glauben. Nicht nach allem was ich dir angetan habe. Du willst fliehen und das kann ich dir nicht übelnehmen, aber missbrauch nicht meine Gefühle für dich. Wenn du gehen willst, werde ich dafür sorgen, dass die Zellentür offen steht." Gequält riss sie sich los, stand schwerfällig auf und ging die Treppen hinauf. Ihr Blick blieb am Boden, ihre Hände auf dem Kind in ihrem Leib.
"Und was wirst du tun, wenn deine Tochter auf der Welt ist? Loke wird dich nicht an seiner Seite haben, nachdem du ihn auf dieser Weise verraten hast." Nava drehte sich nicht noch einmal um, verbarg ihr Gesicht mit langen, dunklen Haaren. Killian sah ihr entmutig nach.
LOKE
"Willkommen zum Lifestream von der Eroberung Terra Caldas.", stolz lächelte Washington Loke an. Zusammen mit ihren Beratern, Alkohol, Zigaretten und Drogen saßen sie in dem besten Kino von Sankt Sandrina. Washington hatte diese Schlacht zu einem Highlight ihrer Zusammenarbeit machen wollen und dafür alle Register gezogen. Mithilfe von Drohnen mit Kameras und Bodycams der Befehlshaber vor Ort war es ihnen Möglich das Schauspiel am frühen Nachmittag genauestens zu verfolgen.
Sie saßen in bequemen Sesseln, jeweils ein Walkie-Talkie in der Hand um ihren jeweiligen Armeen notfalls Anweisungen zu geben und sich ansonsten zu entspannen. Seit Wochen hatten sie auf diesen Moment hingearbeitet und nun stand ihre gemeinsame Armee vor den Toren Terra Caldas.
"Dort steht die Leiterin dieser Basis.", hörte man den Befehlshaber vor Ort in die Bodycam sprechen. Das Bild zeigte eine Frau mit Brille und strenger Miene. Das kurze hellbraune Haar fest zusammengebunden. Ein Gewehr in den Händen starrte sie ihnen entgegen. Anna Henotello.
Loke kannte ihre Gabe. Es war die Gabe der Perfektion. Subtil und kaum trainierbar. Alles was diese Frau tat, tat sie absolut perfekt. Graziös. Vollkommen. Anna Henotello war ein wichtiger Bestandteil seiner Armee gewesen und ihr fortgehen hatte Loke hart getroffen. Nun musste sie sterben, damit er gewinnen konnte. Er hatte Anweisungen gegeben zuerst und unbedingt Anna zu töten. Denn egal wie die Schlacht verlaufen würde, sie würde für ihre Leute das nahezu perfekte Ende herbeiführen.
Dies konnte Loke unmöglich zulassen und Anna hatte ihre Wahl schon vor Jahren getroffen, nun würde sie die Konsequenzen dafür erleiden müssen. Dennoch sollte sie die einzige Henotello sein, die in der Schlacht fiel. Auch bei diesen Anweisungen war Loke sehr penibel gewesen. Er brauchte jeden noch verbliebenen Henotello. Egal auf welcher Seite.
"Wir führen nun den Befehl zur Eliminierung durch. Danach kommen die Kleinteams zum Angriff und lenken das Feuer auf sich.", berichtete Washingtons Mann und sie sahen wie ein versteckter Scharfschütze einen einzelnen Schuss abfeuerte.
Anna duckte sich im letzten Augenblick und schoss ebenfalls. Sie verfehlte ihr Ziel nicht, ebenso wenig wie der zweite Scharfschütze in ihrem Rücken. Tödlich verwundet sah Loke seine Henotello zu Boden gehen. Genugtuung für ihren Verrat durchflutete ihn und zusammen mit Washington stieß er auf eine freudige Schlacht an. Auf dem Bildschirm sahen sie Menschen schießen, töten und selbst sterben.
Annas Leute kämpften mit allem was sie hatten und zu Lokes Überraschung sah er auch einige Menschen mit der Uniform seiner Armee auf Terra Caldas Seite. Offenbar gab es Deserteure und Verräter wie Sand am Meer in diesem Teil des Landes. Loke war wütend und gedemütigt über diese Tatsache und konnte sich später sicher wieder bissige Kommentare von Washington anhören. Dieser würde wohl kaum eine Gelegenheit ziehen lassen um Lokes Autorität und Selbstbewusstsein zu untergraben.
Die Schlacht verlief in ihrem Sinn und nach etwa einer Stunde hartem Gefechts konnte Loke die Waagschale auf seine Seite kippen sehen. Auf dem Bildschirm zeigten sich Gefangene, Gegner die kapituliert hatten, und das freudige Grinsen der Kommandeure.
"Die Schlacht ist so gut wie gewonnen. Die Kleinteams ziehen sich zurück. Luftangriffe werden eingeleitet.", berichtete der Befehlshaber und der Bildschirm zeigte ihnen das Bild großer Flugzeuge über Terra Calda. Mit ungeheuerlichem Lärm flogen sie über das Gebiet und öffneten die unteren Lagerräume. Kurz darauf flogen große Bomben vom Himmel. Loke fand das Konzept der Flugzeuge unglaublich spannend.
In Beerellon gab es diese nicht, hauptsächlich aus Sicherheitsgründen. Ein Flugzeug konnte wesentlich schneller und unbemerkter aus Beerellon verschwinden oder noch schlimmer Spione und Schmuggelware hinein bringen. So etwas würden die Bärensteins niemals zulassen, jedoch musste Loke die praktische Seite der Flugmaschine durchaus loben.
Die Bomben fielen und trafen die Burg direkt. Sie explodierten in einem Inferno aus Flamen und Tod. Schreie waren zu hören, Menschen wurden herumgeschleudert und verbrannte Leichenteile flogen in hohem Bogen aus der Burg. Zufrieden sah Loke die Rebellen sterben und mit einem Seitenblick konnte er auch Washingtons glückliches Lächeln erkennen.
"Das ist gut gelaufen!", kommentierte dieser und zog genüsslich an seiner Zigarette.
"Wir müssen warten bis die Flammen abklingen. Danach gehen die Kleinteams wieder rein. Was sollen wir mit den Gefangenen machen?", fragte der Befehlshaber vor Ort. Loke wollte keine Rebellen oder Deserteure leben lassen und sprach dies auch deutlich ins Walkie- Talkie.
"Es gibt keine Überlebenden. Außer sie geben sich als Henotellos bekannt, dann schickt sie zu meinen Leuten. Die wissen wo sie ihn müssen."
"Gut. Vergesst nicht die umliegenden Wälder zu durchkämmen. Niemand darf davonkommen, unsere Gegner müssen zur Rechenschaft gezogen werden!", befahl Washington und lehnte sich entspannt zurück, "So gefällt mir das. Perfekte Planung und Ausführung. Nichts weiter für uns zu tun als zuzusehen."
"Wir haben dennoch einige Männer verloren.", meinte Loke und trank sein Bier aus. Der herbe Geschmack und der benebelnde Alkohol beruhigten seine gestressten Nerven. Washington lachte und schickte die Berater schließlich weg.
"Das ist Krieg. Ohne Verluste geht's nicht. Aber hey, lass uns nicht mehr davon reden. Wir haben gewonnen und als nächstes kommt Ohama an die Reihe. Jetzt sollten wir feiern. Ich hab uns da was besorgt.", schelmisch kichernd griff Washington wieder nach seinem Walkie- Talkie und stellte eine andere Frequenz ein.
"Schickt sie rein." Kurz darauf kamen eine Reihe wunderschöner, junger Frauen in den Saal. Alle leicht bekleidet mit Glitzer auf der Haut und blumigem Duft, schenkten sie den Männern lüsterne Blicke. Loke lachte und griff sowohl nach einem weiteren Bier als auch nach einer der Frauen. Sie war blond und zeigte viel ihrer sanft gebräunten Haut.
"Perfekt.", meinte er und stieß mit Washington auf einen glorreichen Sieg an. Lokes Blick war so abgelenkt, dass er dem Bildschirm kaum Beachtung schenkte. Washington dagegen sah was er hinter Lokes Rücken vorbereitet hatte. Seine Armee tötete klang heimlich immer mehr von Lokes Leuten. Besonders Henotellos wurden nicht geschont. Loke bemerkte es nicht, da er annahm es wären immer noch Terra Caldas Soldaten, doch in Wahrheit verlor er mehr als seine Leute.
Er verlor seine Armee, seine Autorität und er verlor an Boden. Denn mit jedem toten Soldaten auf Beerellons Seite, baute die NKS seine Herrschaft weiter aus. Washington lächelte zufrieden und zog sich ebenfalls ein Mädchen aus dem Haufen heraus und setzte es auf seinen Schoss.
Sie war jung, hatte dunkle Haut und zarte Gesichtszüge. Ängstlich starrte sie ihn unter dichten Wimpern an. Offenbar wusste das Freudenmädchen was sie erwartete.
Washington lachte, denn Loke wusste es nicht.
DIANA
Ihr Gesicht war ein Schlachtfeld aus Asche, Blut und Tränen. Sie sah von weitem wie ihr Zuhause, Terra Calda in Flammen stand und alle Überreste ihres friedlichen Lebens und ihrer großen Liebe verbrannte. Anna lag dort in den zerbombten Trümmern der Burg. Tot. Dianas Herz starb mit ihr und eine nie gekannte Taubheit zog sich über all ihre Gliedmaßen und ihre Emotionen.
"Was sollen wir tun?", schrie einer ihrer Leute und Diana schüttelte nur den Kopf. Das Atmen fiel ihr schwer, die Entscheidung noch schwerer.
"Diana.", flüsterte Honora neben ihr, umarmte sie und zog sie mit dieser Berührung zurück in die Gegenwart. Sie biss die Zähne zusammen und stellte sich der Aufgabe ihre Leute zu führen.
"Wir müssen verschwinden. Sofort. Greift euch was ihr finden könnt. Verteilt euch. Lasst alle Dorfbewohner im Umkreis davon wissen. Die NKS und Bärenstein sind da und wir müssen fliehen!" Kaum hundert Menschen hatten es aus der Burg und der Umgebung auf Bärensteins Territorium geschafft zu fliehen und sie alle nickten nun zum Verständnis. Unter ihnen konnte Diana auch Ernestines Sohn und dessen Familie erkennen.
"Wohin sollen wir fliehen?", fragte ein Überlebender und hielt seinen kleinen Sohn im Arm. Diana dachte nach, doch Honora war schneller. Selbstbewusst trat sie vor.
"Ohama. Wir müssen nach Ohama. Nur dort können sie uns helfen."
Von der Burg kam ein lauter Knall, der alle zusammenzucken ließ und ein schnelles verteilen der Leute mit sich brachte. Keiner wollte länger in der Nähe der Burg und dessen Trümmern sein. Noch weniger wollten sie hier auf die Soldaten warten. Diana hielt Honoras Hand fest umklammert.
Das Mädchen war der einzige Grund, weshalb sie noch lebte. Späher hatte die Flugzeuge kommen sehen und so vielen die Flucht ermöglicht, doch Diana hatte Annas Leiche nicht verlassen wollen. Schmerzschreiend war sie bei ihrer Geliebten geblieben. Niemand hatte sie zum Gehen bewegen können. Niemand außer Honora. Das Mädchen, dessen Wohlsein Anna so sehr am Herzen gelegen hatte. Noch vor ein paar Tagen waren sie glücklich zusammen am Esstisch gesessen und hatten über Honoras Ausbildung gesprochen. Sie waren eine Familie gewesen. Nun gab es nur noch sie zwei. Diana schluchzte und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Der Wald war kühl und die untergehende Sonne machte die Schatten lang und unheimlich.
"Warte, ich hab was gehört.", flüsterte Honora, doch es war bereits zu spät. Überrascht krachten sie in eine Gruppe von Bärensteins Soldaten. Es waren fünf junge Männer, ebenso von Asche und Blut beschmutzt wie Honora und Diana. Schnell zog Diana das Kind schützend hinter sich. Die Soldaten griffen nach ihren Gewehren, ebenso wie Diana. Ängstlich sahen sie einander an, bis Honora sich zu Wort meldete.
"Wir wollen nur hier weg." "Genau wie wir.", entgegnete einer der Soldaten hektisch. Er war groß, hatte kurze braune Haare und hellbraune Haut. Grübchen auf beiden Wangen ließen sein Gesicht freundlich wirken, selbst mit dem ganzen Blut.
"Was?", fragte Diana zweifelnd und ließ ihr Gewehr nach unten wandern. Die Soldaten ahmten diese Bewegung nach.
"Die Soldaten der NKS haben das Feuer auf uns eröffnet. Wir müssen hier weg, sie jagen uns!", antworte ein anderer Soldat mit furchtsamen Blick in den dunklen Wald.
"Und das ist kein Trick von euch?", misstrauisch zog Diana die Augenbrauen zusammen. Der braunhaarige Soldat mit den Grübchen seufzte genervt.
"Es ist mir egal was du glaubst oder nicht. Ich will hier weg, ich will überleben! Ich werde nicht bei diesem beschissenen, diesem sinnlosen Krieg sterben! Nicht für Bärenstein und ganz sicher nicht für diese verräterischen Hunde von den NKS. Und wenn du dich damit besser fühlst, können wir auch in die andere Richtung verschwinden. Ist mir vollkommen gleich. Nur müssen wir hier weg und zwar schnell!" Furchtsam sah er sich nach den Flamen der zerstörten Burg um.
"Okay,..", meinte Diana und wurde pormpt unterbrochen.
"Nein!", meinte Honora und schob sich hinter Diana hervor.
"Wir gehen alle nach Ohama. Nur dort sind wir vor den NKS sicher. Wenn ihr uns versprecht, nicht anzugreifen, könnt ihr uns begleiten." Die Soldaten sahen Honora verwundert an, danach einander und schließlich nickte Grübchen stoisch.
"Wir versprechen keinen Blödsinn zu machen und euch zu beschützen. Bitte nehmt uns mit."
"Wir können uns selbst beschützen.", meinte Diana kopfschüttelnd und griff nach Honoras Hand, "Aber danke für das Angebot. Los gehen wir."
Anmerkung der Autorin: Happy Birthday to me! :)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top