18. Wer im Glashaus sitzt...
Ich bin Deserteur. Für wen ich gekämpft habe? Ist das nicht egal? Im Krieg gibt es keine gute oder böse Seite. Es gibt nur Tod und Zerstörung. Ich hab da mitgemacht, weil mein Dorf ausgestorben ist und ich das Geld brauchte. Hatte schließlich eine Frau und Kind zu versorgen. Ich hab nicht weiter darüber nachgedacht für wen ich kämpfe. Ich wollte nur mein Geld und es an Laila und meinen Sohn schicken. Und ja ich habe getötet. Ich habe gestohlen. Ich weiß, dass ich kein guter Mensch bin, aber niemand der in einem Krieg kämpft, ihn anfacht und finanziert ist gut. Das Morden macht aus uns allen Monster. Warum ich dann abgehauen bin? Ist einfach erklärt.
Die Frau, die ich geliebt habe und das Kind, dass mein Herz selbst bei schlimmsten Bedingungen schlagen ließ sind tot. Vom Krieg verzehrt wie die unschuldigen Seelen, die immer die ersten Opfer von Verdammnis werden. Ich habe Laila so sehr geliebt. Als ich sie kennenlernte, waren wir noch so jung, aber ich wusste sofort. Das ist das Mädchen, dass ich heiraten will. Mit ihr will ich alt werden. Nun keiner von uns wird alt. Im Krieg sterben alle jung.
Patrick, 34, seit zwei Jahren betrunken
GISELLE
Giselle zitterte. Angestrengt versuchte sie das unkontrollierbare Beben ihres Körpers zu unterbinden, doch nichts half. Reina gab leise Anweisungen und sprach ihr Mut zu. Die andere Frau hörte sich ganz anders an als noch vor einer Stunde. In ihrer Stimme konnte Giselle Verzweiflung hören, ein nicht nachvollziehbares Drängen.
"Da unten ist sicher was Gefährliches?", flüsterte Erik und drückte sich näher an Giselle. Diese strich ihm liebevoll über den Kopf und atmete aus. Erik könnte recht haben. Laut Reina befand sich da unten der wichtigste Bestandteil dieses furchtbaren Serums. Diese Medizin, die ihrer perfekten Tochter die Haut gefärbt und sie giftig gemacht hatte.
Dankbar strich sie dem dreijährigen Kind über die leichten, blonden Locken und folgte den dämmrigen Fluren zu dem einzigen Raum dieser Ebene. Das Licht schien dunkler, die gefliesten Wände bedrohlicher und das rhythmische Klopfen aus einer unbekannten Quelle gefährlich.
Die Kinder drängten sich näher an Giselle und verzweifelt versuchte sie jedem einzelnen etwas Geborgenheit zu bieten. Dennoch musste sie immer an Dreizehns Worte denken. Jedes Kind hier hatte tödliche Fähigkeiten. Man überlebte nicht lange ohne. Jedes dieser scheinbar harmlosen Kinder zu ihren Füßen, konnte sie aus Versehen töten.
Genauso wie die unbekannte Bedrohung, die sich hinter den Doppeltüren mit der Aufschrift "Origin" befanden. So hatte Giselle sich die Zusammenkunft mit ihrer Tochter nicht vorgestellt, doch sie wagte nicht sich zu beschweren, aus Angst das Schicksal würde ihr ihre Tochter wieder wegnehmen.
"War einer von euch schon mal da drin?", raunte Giselle ihrer Bande ungeliebter Kinder zu. Jeder schüttelte den Kopf und mehrere ängstliche, große Kinderaugen sahen sie an.
"Ich kann kurz nachschauen, wenn du willst?", flüsterte ein etwa sechsjähriges Mädchen. Ihre Haut war so weiß, dass sie fast durchscheinend aussah. Die weißen Haare passten dazu. Irritiert nickte Giselle und fragte sich doch, was dieses Kind tun würde. Das Mädchen erinnerte sie an einen kleinen Geist. Zögerlich trat das Mädchen an die massive Stahltür und drückte ihren Kopf gegen das Metall. Nach wenigen Sekunden verschwand er in der Tür und tauchte kurz darauf wieder auf. Verblüfft starrte Giselle das Kind an.
"Du kannst durch Wände gehen?" Das Mädchen zuckte die Achseln.
"Ich kann meinen Körper durch alles Mögliche drücken. Leider passiert dann was Schlimmes mit den Dingen, durch die ich gegangen bin." In diesem Moment fiel Giselle das knacken der Stahltür auf. An der Stelle an der das Mädchen ihren Kopf hindurch gedrückt hatte, erschienen Rostflecken und ein faulender Geruch ging davon aus.
"Was hast du gesehen?", fragte Giselle misstrauisch.
"Da ist ein Glaskäfig und ein Mann. Er sitzt nur in der Ecke und bewegt sich nicht. Vielleicht ist er tot.. oder er schläft.", mutmaßte das kleine Mädchen und strich sich nachdenklich über das Kinn. Sie sah so sehr wie eine Erwachsene aus, Giselle hätte über diesen Anblick beinahe gelacht. Leider ließ ihre Angespanntheit jeglichen Humor einsam sterben.
"Hast du einen Namen, Kleine?", fragte sie neugierig ohne auf die Information des Mädchens einzugehen. Immerhin wussten sie nun, dass der Mann hinter zusätzlichen Wänden verschlossen war und nicht hinter dieser Stahltür auf sie warten würde.
"Ich bin 36." Giselle schüttelte den Kopf, konnte ihren Blick jedoch nicht von der Tür lösen.
"Ich meine einen richtigen Namen."
"Nein."
"Aha.", Giselle atmete tief durch und sah das Mädchen endlich an. Unbeholfen beugte sie sich vor und lächelte das Kind freundlich an.
"Wie wärs wenn ich dir einen gebe?" "Okay." Angespannt warteten die Kinder auf Giselles Entscheidung, begierig darauf keine Nummern sondern Menschen, Kinder zu sein.
"Du bist...Melanie." Das Gesicht des Mädchens leuchtete auf und verzückt drehte sie sich zu Erik.
"Ich heiße Melanie!" Sofort scharrten sich die Kinder um Giselle und wollten auch einen neuen Namen haben. Keiner mochte die Zahl und jedes Kind wollte jemand sein. Einen eigenen Namen nur für sich selbst. Giselle stoppte die aufgeregten Kinder mit einer besänftigenden Handbewegung.
"Nachher, Kinder, nachher. Zuerst haben wir eine Aufgabe zu bewältigen." Sie griff nach dem Walkie- Talkie und funkte Reina an.
"Wir stehen vor der Tür. Kannst du uns sehen?"
"Nein, da unten gibt es keine Sicherheitskameras mehr. Ich kann auch die Tür nicht öffnen. Gibt es einen Öffnungsmechanismus den du kurzschließen könntest?" Unsicher sah Giselle sich um. Technik war nie ihr Interessensgebiet gewesen, doch selbst sie konnte keine Möglichkeit entdecken die Tür aufzukriegen. Sie wollte gerade Reina Bescheid sagen, als ihr Blick auf die Kinder viel. Eine Idee formte sich in ihrem Kopf.
"Kann einer von euch die Tür aufsprengen oder anderswertig aufmachen?", fragte sie in die Runde und wurde nicht enttäuscht. Zwei Kinder hoben sofort die Hände. Ein Junge und ein Mädchen, beide mit dunkler Haut und dunklen Augen. Die Haare kurz geschoren und die hageren Körper klein. Sie konnten nicht älter als acht sein.
"Was könnt ihr?"
"Er kann Säure spucken.", meinte das Mädchen glücklich zu helfen.", und ich kann Sachen zu Staub werden lassen." Übermütig zeigte das Mädchen ihre einbandagierten Arme. Darunter konnte Giselle eine sehr trockene Haut erkennen, es sah fast so aus als wäre sie aus Sandpapier. Der Mund des Jungen war leuchtend rot und als er sie anlächelte, konnte sie erkennen, dass er keine Zähne mehr besaß.
Sie waren wohl wie die Zunge auch weggeätzt worden. Giselle bekam eine Gänsehaut. Welche Schmerzen mussten diese Kinder ausgehalten haben und noch immer aushalten. Nickend versuchte sie Gelassenheit zu zeigen. Zumindest schienen diese Kinder ihre Fähigkeiten einigermaßen unter Kontrolle zu haben.
"Na gut. Wollt ihr eure Namen vor oder nachdem ihr die Tür kaputt gemacht habt?", fragte sie und überlegte sich welche Namen sie ihnen wohl geben konnte. Es war nicht leicht sich so viele Namen auszudenken. Sie hatte nicht damit gerechnet, denn für ihre Tochter hatte sie bereits einen Namen, seit deren Geburt.
Giselle war nie viel mit anderen Menschen in Kontakt gekommen, kannte daher nur wenige Namen, die sie hätte weitergeben können. Als Kind hatte sie alleine mit ihrer Henotello-Mutter gelebt, keine Schule, kein Ausgang. Auch diese Möglichkeit für Henotellos gab es. Giselles Mutter hatte wohl gegen ihren Willen ein Kind bekommen und es danach nicht teilen wollen. Doch mit allem was zwischen ihnen falsch gelaufen war und so sehr Giselle sich auch ein anderes Leben gewünscht hatte, sie würde nun nichts ändern wollen. Nicht solange ihre Tochter sie mit diesem wundervollen Blick ansah.
Ihre Tochter würde den Namen ihrer Großmutter tragen. Zu Ehren der Frau, die Giselle zur Welt gebracht und trotz allem versucht hatte eine gute Mutter zu sein. Der Junge und das Mädchen sahen sich an und nickten.
"Jetzt.", rief das Mädchen aufgeregt und gemeinsam schritten sie auf die Tür zu. In Giselles Kopf ratterte es.
"Ähm. Du bist Luzifer und du kleine bist Salome. Okay, dann macht mal die Türen kaputt."
Luzifer lächelte und begann den rechten Türflügel anzuspucken während seine Freundin Salome ihre Hand an den linken Türflügel legte und dieser sofort anfing langsam zu zerbröseln. Es war ein beängstigender Anblick. Zentimeter für Zentimeter konnte Giselle so mehr vom Inneren des abgeriegelten Raumes erkennen. Melanie hatte die Wahrheit gesagt. Hinter der Türe befand sich eine große, schlecht beleuchtete Halle in deren Mitte ein Mann in einem Glaskasten saß. Dieser Glaskasten war von allen Seiten einsehbar, und nur spärlich möbliert. Ein einfaches Bett, eine Toilette und ein Waschbecken. Kaum genug Platz um sich zu bewegen.
Der Mann saß in einer Ecke des durchsichtigen Gefängnisses und hatte das Gesicht in seinen Armen vergraben. Er trug einen Arztkittel und weiße Socken.
"Wir sind drin.", raunte Giselle in das Walkie-Talkie und durchschritt mit den Kindern im Schlepptau das größer werdende Loch in den Doppeltüren. Der Gefangene sah nicht auf.
"Reina? Wir sind drin, bitte kommen. Was sollen wir jetzt tun?", fragte sie erneut und behielt den Mann argwöhnisch im Blick.
"Wer ist das?", fragte Erik neugierig und trat näher. Sofort griff Giselle nach dessen Hand und zog ihn zurück.
"Nicht. Er könnte gefährlich sein."
"Nicht gefährlicher als diese Kinder.", sprach der Gefangene mit einiger Ironie in der Stimme. Schwerfällig hob er den Kopf und sah Giselle neugierig an. Diese war sprachlos, konnte nur in die Himmelblauen Augen des Mannes sehen. Sein langer Bart versteckte Teile seines Gesichts doch die kantigen Gesichtszüge waren dennoch zu erkennen. Auf seiner freiliegenden Haut konnte Giselle Narben sehen. Viele Narben, in allen Größen und Formen.
"Du bist Noah."
"Ich weiß, wer ich bin. Die Frage ist wer bist du? Und was willst du mit diesen kleinen Monstern hier?", erwiderte er spielerisch und stand auf. Er war groß, größer als Giselle vermutet hatte, mit breiten Schultern und großen Händen. Nervös schluckte sie und griff erneut nach dem Walkie-Talkie.
"Das kannst du vergessen. Hier drin gehen keine Signale hinaus und keine hinein. Du bist auf dich alleine gestellt. Also wer bist du?", fragte Noah und trat näher an die Glaswände seines Gefängnisses. Unbewusst trat Giselle einen Schritt zurück und zog ihre Tochter mit sich.
"Ich..ich..", räuspernd versuchte sie es noch einmal, "Ich heiße Giselle und ähm wir sind hier um dich zu befreien." Schalk blitzte in den Augen des gefangenen Mannes auf und lächelnd stützte er sich an die Glaswand.
"Ach wirklich. Das ist sehr nett von dir. Allerdings kann ich mir das doch schwer vorstellen."
"Bist du schon lange hier unten?", unterbrach Erik und trat näher, diesmal ließ es Giselle zu. Sie war erleichtert als sich die Augen des Mannes auf den Jungen richteten und sie eine kleine Pause hatte.
"Sehr sehr lange."
"Ich bin auch schon lange hier.", meinte Salome und stellte sich neben Erik. Melanie, Luzifer und die anderen beiden Buben stellten sich ebenfalls zu Erik. In Giselles Verstand hatte sie die beiden Burschen, einer etwa vier und der andere etwa neun bereits Johannes und Valentin genannt. Giselles Tochter beobachtete die Szene interessiert, doch ließ die Hand ihrer Mutter nie los.
"Nicht so lange wie ich.", entgegnete Noah und bedachte die Kinder mit einem trotzigen Blick.
"Giselle sagt, sie bringt uns hier raus. Und dann können wir draußen spielen!", prallte Melanie und warf ihr einen Blick zu. Giselle lächelte und hoffte inständig sie konnte das Versprechen halten und den Kindern an der Oberfläche mehr bieten als hier unten. Noahs Blick wanderte wieder zu ihr.
"Mich holt niemand hier raus. Die Hoffnung hab ich schon lange aufgegeben." Giselle runzelte die Stirn.
"Aber deswegen bin ich hier. Meine..Freundin Reina, sie hat dich mithilfe der Blueprints gefunden. Wir sind durch das halbe Gebäude geschlichen und den Soldaten ausgewichen nur um zu dir zu kommen. Um dich zu befreien."
Es lag so viel Misstrauen in Noahs Augen. So viel Schmerz. Nur zu gut konnte sie seine emotionalen Wunden nachvollziehen, doch daran ließ sich nichts ändern.
"Weißt du wie wir diesen Glaskasten aufkriegen?", fragte sie drängend und blickte zurück zu der zerstörten Doppeltür. Von weitem konnte man Geräusche hören, Schreie, Schüsse. Nichts davon verhieß etwas Gutes. Noah drückte sich von der Wand und setzte sich breitbeinig auf sein Bett. Abschätzend blickte er sie an.
"Warum gehst du nicht einfach wieder. Ich hab besseres zu tun, als mich mit Todgeweihten zu unterhalten. Und nimm diese kleinen Monster mit." In diesem Moment wurde Giselle wütend. Was glaubte dieser Kerl wer er war?
"Jetzt hör mal zu, du Schrödingers Katze! Ich hab keine Zeit hier herumzustehen und mit dir zu streiten! Dort oben laufen überall Soldaten rum und nach den Geräuschen zu urteilen gibt es Ärger. Ich bin nur hier um Reina einen Gefallen zu tun. Ihr scheint es wichtig zu sein, dich zu befreien. Ich will hier nur mit meiner Tochter raus. Sonst nichts. Also beweg dich und sag mir wie ich dich hier rauskriegen kann oder verrotte in deinem Glaskasten!" Perplex starrte Noah sie an.
"Mama.", flüsterte Giselles Tochter und streckte ihr ihre Arme entgegen. Liebevoll hob Giselle das kleine Mädchen hoch und drückte sie an ihre Brust. Das Gefühl des Kindes an ihrem Herzen, beruhigte ihren Puls sofort. Noah beobachtete die Szene überraschend ruhig und vorsichtig stand er auf und trat erneut an die Glasscheibe. Seine blauen Augen bohrten sich in Giselles und sie wurde den Gedanken nicht los, etwas in ihm wach gerüttelt zu haben.
"Das ist deine Tochter.", murmelte er ehrfürchtig und legte seine Hand an die Scheibe. Giselle nickte.
"Das ist Esmeralda. Mein Kind." Noah starrte sie immer noch an, sein Gesicht traurig. Da war nichts mehr von dem überheblichen Kerl.
"Noah..", die Schreie wurden plötzlich lauter und die Angst kehrte zurück. Ein metallisches Schleifen wurde durch die Gänge hörbar und durch das Loch in der Stahltür konnte Giselle ein Mädchen sehen. Vielleicht fünfzehn, die Arme waren seltsam deformiert. Lange Klauenähnliche Arme anstatt echter Hände und Finger. Furchtsam drückte sie Esmeralda hinter sich und befahl den Kinder ebenfalls zurückzutreten.
"Das hört sich nicht gut an.", meinte Noah gelassener als es Giselle gerade war.
"Wie krieg ich deinen scheiß Käfig auf, Noah!?", herrschte sie ihn an ohne ihren Blick von der Kreatur am anderen Ende des Flures zu nehmen. Die langen Haare verdeckten große Teile ihres Gesichts, und der restliche Körper wirkte mager im Vergleich zu den großen Klauen.
"An der Wand hinter dir, gibt es einen Kontrollkasten. Ich bin mir nicht sicher welcher Knopf es ist, aber einer davon sollte den Käfig aufmachen." Giselle warf einen Blick hinter sich, sah den Kontrollkasten und drehte sich sofort wieder um. Die Kreatur war um einige Meter näher gerückt. Immer noch leicht wippend stand sie im Flur, jedoch deutlich näher. Giselles Herz begann zu rasen, schwitzend und leicht panisch rasten die Ideen durch ihren Kopf.
Sie würde es niemals rechtzeitig zu dem Kontrollkasten schaffen, vorher würde dieses Monster zu ihnen kommen und Blut fließen lassen. Den Blick nicht abwendend griff sie nach Salomes Schulter. Das kleine Mädchen sah sie ängstlich an.
"Salome, kannst du dasselbe mit dem Glaskasten machen, dass du auch mit der Tür gemacht hast?" Langsam drehte Salome ihren Blick auf das gläserne Gefängnis und drückte ihre Hand dagegen. Tatsächlich begann das Glas zu springen.
"Es scheint zu klappen.", rief sie aus. Erleichtert sah Giselle auf das gesprungene Glas, dessen Risse sich weiter ausbreiteten. Als sie den Kopf keine zwei Sekunden später wieder hob, stand das Monster erneut näher. Diesmal genau vor der zerstörten Stahltür. Mit grausigen schwarzen Augen sah sie durch das Loch in der Tür.
Aus ihrem Mund kam ein schrilles Lachen. Gänsehaut rauschte Giselles Augen empor und in diesem Moment wusste sie, dass die Kreatur nur mit ihnen spielte. Sie machte sich einen Spaß daraus, sie in Angst und Schrecken zu versetzten. Und sie würden Noah nicht rechtzeitig befreit haben um einen Kampf zu vermeiden.
"Kinder, geht weg von mir. In den Glaskasten los." Salome hatte das Loch bereits groß genug für Kinder gemacht. Unmöglich für Giselle oder Noah sich hindurch zu quetschen, aber für die Kinder kein Problem. Zögerlich schlüpften sie hindurch und Salome stoppte die Weitung des Loches auf Anweisung Giselles.
Esmeralda protestierte, doch gegen Giselles bestimmte Worte konnte sie sich nicht wehren. Tief durchatmend nahm Giselle das Messer von ihrem Gürtel und stellte sich breitbeinig hin. Die Kreatur beugte sich durch das Loch und kam langsam wippend näher, das Maul zu einem furchtbaren Grinsen verzogen. "Viel Glück.", wisperte Noah und nickte ihr zu. Giselle warf einen letzten Blick auf ihre Tochter und wusste, sie würde in einem Kampf alles geben. Sie musste alles geben.
REINA
Noah! Sie hatten Noah gefunden. Reina war froh darüber und gleichzeitig floss pures Grauen durch ihre Adern. Sie hatte die Monster in der Einzelhaft befreit und damit die Hölle auf Erden losgelassen. Die mutierten Jugendlichen mordeten sich durch die Soldaten und die verbliebenen Wissenschaftler. Dunkelrotes Blut färbte die Wände der zuvor weißen Einrichtung. Überall lagen abgetrennte Körperteile, angebissen und zerstört. Doch zwischen all dem lagen keine Verletzten. Diese menschengemachten Monster hinterließen keine Überlebenden und in den meisten Fällen auch keine Überreste. Das Gallertartige Mädchen fraß sich durch die Leichen und einige der anderen Monster taten es ihr gleich. Da war ein Junge, der in langen, hübschen Schnörkeln Bilder an die Wände malte. Mit Blut aus einem abgetrennten Arm. Reina musste ihren Blick abwenden. Zumindest lebten ihre Freunde noch.
Giselle war in der unteren Ebene beinahe sicher. Brandon und Dreizehn waren immer noch in Coralines Zelle. Sie fragte sich, was er da drin wohl entdeckt hatte.
"Wie kommen wir hier raus, wenn diese Monster die Flure beherrschen?", fragte Clark unruhig und spielte mit seiner Pistole. Reina fuhr sich über die Haare und schüttelte leicht den Kopf. Es war nicht einfach, aber es musste einen Ausweg geben. Anders ging es nicht.
Nach allem was sie erlebt, überlebt und durchlebt hatte, konnte sie nicht in diesem Kontrollraum sterben. Sie konnte nicht sterben ohne wirklich gelebt zu haben. Verdiente sie nicht Frieden, die Möglichkeit zu heilen. Unbewusst kratzte sie sich über den Arm und merkte gar nicht wie ihre Nägel rote Striemen hinterließen. Dazwischen konnte man blaue Flecke in Form einer Hand sehen. Wieder drifteten ihre Gedanken zu Mr. Smith und zittrig atmend versuchte sie sich auf den Computer vor ihr zu konzentrieren.
"Es muss eine Möglichkeit geben die Monster unter Kontrolle zu bringen. Einrichtungen wie diese haben für genau solche Fälle normalerweise Notfallprotokole angelegt. Ich muss sie nur finden." Clark seufzte frustriert.
"Ich hasse es hier drin gefangen zu sein! Besonders wenn Wolf da draußen in Gefahr ist." Unruhig beugte er sich über die Monitore und beobachtete die Zellen in der Einzelhaft.
"Ist er doch dein Anführer?", fragte Reina schief lächelnd. Ihr Blick blieb auf den Computer geheftet.
"Es war nie anders. Ich war kein Fan von den Chefs in OneSheep. Keiner von ihnen hatte die nötige Überzeugungskraft, den Mut endlich etwas zu tun. Bis Wolf gekommen ist. Oder Brandon wie du ihn nennst." Interessiert sah sie ihn an. In Clarks Gesicht spiegelte sich mehr als der übliche Tatendrang, seine Augen glühten vor Bewunderung.
"Auch wenn Brandon manchmal zu sanft ist, Gnade walten lässt wo ich sie nie geben würde, muss ich doch sagen, dass ich stolz darauf bin mit ihm für unsere Werte zu kämpfen. Seit Bärenstein meinen Bruder ermordet hat, wünsche ich mir diesen Kampf und durch Brandon hab ich ihn endlich."
"Ich versteh dich, glaub mir. Und keine Sorge, Brandon hat durchaus harte Seiten. Er lässt sie nur nicht so oft raus." Schief lächelnd trat Clark näher, strich sanft über ihre Wange.
"Hast du auch harte Seiten?" Reina schluckte und sah in seine Augen, spürte seine Nähe, seine Wärme. Zittrig stand sie vor ihm, ließ ihn seine Hände auf ihre Hüften legen und sie näher zu sich ziehen. Sie wusste er wollte sie küssen. Und zwischen allem was gerade passierte, hörte sich ein Kuss nicht so schlecht an.
Vielleicht würde er ihr sogar helfen sich zu konzentrieren, sie schlussendlich von diesen furchtbaren Bildern befreien. Clark beugte sich über sie und strich zärtlich mit seinen Lippen über ihre. Ein Gefühl als würden tausend bleierne Schmetterlinge in ihrem Bauch herumfliegen schlug heftig über Reina zusammen. Konnte sie dies wirklich zulassen?
Anmerkung der Autorin: Puh merkt ihr euch noch alle Namen? Ich glaube ich sollte einen Namens-index machen. Ob mir alle noch einfallen? Macht euch die Sommerhitze auch so verwirrt?
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