Ausgebrannt


Ein Klick auf herunterfahren und das blaue Licht erlosch. Bis auf das flackernde Nachbild, das sich nach den vielen Stunden Bildschirmzeit in seine Hornhaut eingebrannt hatte, blieb nichts zurück.

Yoongi stierte auf sein Abbild in der dunkle Scheibe wie in einen Spiegel. Die matte Finsternis war ihm unerträglich vertraut: ein toxischer Kumpel, der seinen Arm um seine Schultern legte und ihm dabei den Hals abzudrücken drohte.   

Ein Seufzen entkam seinen Lippen; schwer und platt und träge. Yoongi blinzelte um die letzte Nachblende von seiner Netzhaut zu vertreiben. Doch dieses eklige Gefühl, das klebrig und schwer wie heißer Teer an ihm haftete, blieb.

Mühsam stand er auf und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Vor dem Fenster tanzten die kahlen Bäume im Wind - knarzende Skelette, die auf den Frühling warteten. Langsam setzte er sich in Bewegung. Die Dunkelheit vor dem Fenster war freundlicher, als die, die sich in seinem Ein-Zimmer-Apartement zusammenballte.

Bereits nach zwei Schritten stießen seine Schienbeine gegen das Bett, als wolle es sagen: Halt! Bis hierhin und nicht weiter! Neben dem Schreibtisch war das einzige Möbelstück, das er nutzte. Yoongi ließ sich der Länge nach darauf fallen und drückte das Gesicht in die Matratze.

Jetzt einfach liegenbleiben, dachte er.

Bis morgen, übermorgen oder die Woche danach. Für immer.

Das Erschreckende war, dass das möglich wäre. Niemand würde ihn suchen, niemand würde ihn finden. Keiner würde ihn vermissen.

Denn er tat ohnehin nichts anderes, als arbeiten oder schlafen.

Und das war das Problem. Sein Magen knurrte und gluckerte. In Yoongis Kopf kreisten noch die Tonfolgen, die er heute zusammengefügt hatte. Das tiefe Knurren passte sich rhythmisch mit ein. Das ist es! Vielleicht sollte ich ...! Yoongi sprang auf, doch es zog es ihm die Füße weg.

Yapsend stützte er sich auf dem Bett ab. Versuchte, sich zu erinnern, ob er heute etwas gegessen hatte. Cornflakes? Nein, die Milch war seit vorgestern alle.

Mühsam rappelte er sich hoch, schlappte in den Flur und griff nach seiner Jacke. Die Uhr zeigte zehn nach eins.

Ob es außer ihm noch andere Leute gab, die so gut wie nie einkauften und wenn, dann mitten in der Nacht? Wenn es mit dem Komponieren nicht so schleppend laufen würde, könnte er reich werden; bei den wenigen Ausgaben, die er tätigte. 

Er schlüpfte in seine Winterjacke ohne zu wissen, welcher Tag heute war. Irgendeiner im Februar.
Und es regnete in Strömen.

Yoongi folgte dem Gehweg nach rechts. Das Wasser schoss in Bächen über den Rinnstein und durchnässte seine Socken. Erst jetzt bemerkte er, dass er noch immer die Hausschlappen trug.

Mit heißen Ohren, sah er sich um.

Die Straße am Rande der Zehn-Millionen- Stadt lag einsam und verlassen.

Auch deshalb hätte Yoongi ihn beinah übersehen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top