zwölf

V E L V E T


Weiterhin kopfschüttelnd, wanderte mein Blick immer wieder zwischen seinen Augen und der Stelle an seinem Bauch hin und her.

„Wer...?", setzte ich an, um eine der vielen Fragen zu stellen, die in meinem Kopf umher tobten, unterbrach mich jedoch selbst direkt mit der nächsten Frage.

„Wieso?" Entsetzt blieb mein Blick letztendlich an dem Grün seiner Augen hängen, welches nur so vor Schmerz triefte.

Doch von der einen auf die anderen Sekunde war nichts mehr davon zu sehen, stattdessen wirkten sie wieder ausdruckslos, so wie ich sie schon oft gesehen hatte.

„Ach, ich soll dir alles erzählen, aber du hältst vehement dicht? Das hättest du wohl gerne." Sein linker Mundwinkel zuckte verräterisch.

Das nannte ich mal Stimmungsschwankungen.

Mürrisch presste ich meine Lippen zusammen, woraufhin ich den Blickkontakt wieder unterbrach und zur Seite guckte.

Irgendwo hatte er ja Recht. Schließlich konnte ich von ihm nicht verlangen, mir seine Probleme zu verraten, während ich selber schwieg.

„Du wirst mir nichts davon erzählen, oder?"

Die Situation war mir mehr als unangenehm gerade. Wir standen uns so nahe, was hieß, dass der Augenkontakt eigentlich unvermeidbar war, doch ich schaffte es einfach nicht in seine Augen zu schauen, während ich leicht mit den Kopf schüttelte.

Resigniert stieß er einmal die Luft aus.

„Dann nicht. Kann ich dich jetzt aber wenigstens loslassen, ohne, dass du direkt wieder auf mich einprügelst?"

Stumm nickte ich nur, weswegen er vorsichtig mein zweites Handgelenk ebenfalls noch losließ. Beide meiner Arme ließ ich schlaff neben meinen Körper fallen.

Im inneren meines Kopfes wütete ein Kampf.

Meine Neugier, zu erfahren, wer und was Levon passiert war, war unglaublich stark, allerdings verbot mir meine andere Seite, dem Drang ihn mit Fragen zu bombardieren, nachzugehen.

Um seine Geheimnisse zu erfahren, würde ich meine am liebsten ebenfalls mit ihm teilen, doch die ganze Wahrheit zu erzählen, war schlichtweg unmöglich.

Nur einen Teil zu erzählen, würde ihn bestimmt neugierig machen.

Und lügen? Davon hielt ich nichts.

Andererseits wollte ich ihn nicht enttäuschen, aus welchem Grund auch immer.

Als ich plötzlich eine Hand an meinem Hals spüren konnte, zuckte ich zusammen und fuhr erschrocken zu Levon herum.

Dessen kritischer Blick lag ebenfalls auf meinem Hals, während er mit schräg gelegtem Kopf, unfassbar zaghaft und beinahe liebevoll, mit seinem Daumen über meine Haut strich.

Entsetzt über seine zarte Berührung riss ich meine Augen auf.

Aus einen mir nicht bekannten Grund war dieser Moment unglaublich intim, als würden wir ohne Worte kommunizieren, die Schmerzen, die wir beide erfahren mussten, stumm miteinander teilten.

Überrumpelt von meinem Gefühlen, hielt ich die Luft an, um bei der brennenden Berührung seiner Finger auf meiner Haut, nicht wohlig zu seufzen.

Als dann auch noch seine Augen auf meine trafen, musste ich schlucken. Allerdings sah ich anhand seines Kehlkopfs und der Bewegung seiner Kiefermuskeln, dass auch Levon der gewisse Spannung unterlag.

Ich verstand nicht, wie oder was er mit meinem Körper machte, doch ich wollte mehr davon.

Viel mehr.

Auf ein Mal zog er seine Hand blitzschnell zurück, als hätte er sich an meiner Haut verbrannt.

Die Wärme, die sich an der Stelle ausgebreitet hatte, verschwand augenblicklich. Stattdessen machte sich eine unangenehme Kälte breit, die ich vorher gar nicht so wahr genommen hatte.

Doch nachdem ich einmal dieses angenehme Feuer spüren konnte, das bis in mein Herz vorgedrungen war und einen kleinen Teil davon erwärmen konnte, vermisste ich es auf der Stelle.

Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich fror, wenn ich alleine war.

„Naja, ich geh' dann mal. Man sieht sich." Mit langsamen Schritten rückwärts, entfernte er sich von mir, wobei er mich mit plötzlich gleichgültiger Miene musterte.

Ich konnte nichts daraus lesen, wusste nicht, was in ihm vorging.

Allerdings wusste ich, was in meinem Kopf vorging und was ich in diesem Moment brauchte.

Nämlich ihn.

„Noch nicht", krächzte ich, nicht in der Lage, das leichte Zittern meiner Stimme zu unterdrücken.

Levon war schon an der Haustür angekommen und wollte die Klinke herunter drücken, doch hielt in seiner Bewegung inne.

„Wie bitte?"

Aufgeregt räusperte ich mich einmal, bevor ich erneut ansetzte.

„Noch nicht", wiederholte ich dieses Mal lauter.

Verwirrt drehte der schwarzhaarige Junge sich zu mir um.

„Was ist noch nicht?" Mit zusammen gezogenen Augenbrauen beobachtete er mich.

„Ich werde, beziehungsweise kann, es dir noch nicht erzählen", begann ich zu erklären, während ich beim Sprechen immer schneller wurde, bis ich mich beinahe überschlug, „aber vielleicht bald, in näherer Zukunft, oder halt irgendwann. Ich meine, wir kennen uns doch kaum...und ach keine Ahnung."

Verzweifelt raufte ich mir meine Haare, während ich Levon's amüsierten Blick begegnete. Hatte ich das gerade wirklich gesagt?

„Hör' zu, in meinem Kopf herrscht gerade ein riesiges Chaos und ich bin auch nicht gut im über Probleme reden, aber...", plapperte ich weiter, „vielleicht hast du ja Lust noch zu bleiben und was zu unternehmen?"

Den letzten Teil fügte ich dann doch etwas leiser hinzu. Wieso zum Teufel war ich plötzlich so unsicher? Das war überhaupt nicht meine Art.

„Wie war das?", fragte Levon mit einem breiten Grinsen im Gesicht, während er wieder einen Schritt von der Tür auf mich zu machte.

„Gott, du bist so ein Arsch", stöhnte ich genervt auf.

„Wenn du wie ein normaler Mensch reden würdest, müsste ich nicht immer nochmal nachfragen", erwiderte er provokativ.

Beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust und verdrehte einmal die Augen.

Levon setzte seinen Weg weiterhin zu mir fort, dachte jedoch nicht daran, aufzuhören, mich zu ärgern.

„Wenn du willst, dass ich bleibe, solltest du aber auch ein bisschen netter zu mir sein und dich anstrengen."

Anstatt beleidigt über seine Worte zu sein, war ich nun empört, was ich durch in die Hüften gestemmten Händen ausdrückte. Dazu stand mein Mund noch ein Stückchen offen, was zu einhundert Prozent komplett bescheuert aussah.

Gerade wollte ich ansetzen, um mich zu verteidigen, da schnitt er mir jedoch direkt das Wort ab.

„Entspann' dich, Vel, war nur nen Spaß." Ich konnte genau sehen, wie er sich ein Lachen unterdrücken musste.

Ha. Ha. Man war der mal wieder lustig.

Als er vor mir angekommen war, strich er mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr, was mich kaum merklich zusammenzucken ließ.

Bei dieser süßen Geste bildete sich nun auch auf meinen Lippen ein Lächeln ab, sodass ich ihn wesentlich aufgeheiterte anguckte.

„Also", fuhr er fort, „was ist dir denn in den Sinn gekommen, was wir machen könnten?"

Oh, verdammt.

Darüber hätte ich mir vielleicht vorher einmal Gedanken machen sollen, bevor ich ihn dazu einlade, bei mir zu bleiben.

„Ähh", setzte ich an, in der Hoffnung, so lange Zeit zu schinden, bis mein Gehirn auf irgendeine super, mega, geile Idee gekommen war.

Doch leider wurde daraus nichts. In meinem Kopf befand sich einzig und alleine gähnende Leere.

Was machte man denn normalerweise, wenn man eine Person noch nicht wirklich kannte?

Please, send help!

Peinlich berührt, tippte ich mir mit meinem Zeigefinger am Kinn herum, während ich mit meinem Blick durch den Raum schweifte.

Levon stand vor mir, mit schräg gelegtem Kopf, und beobachtete mich kritisch.

Der dachte bestimmt, ich war komplett durch geknallt. Womit er ja auch nicht ganz falsch lag...

Da kam mir ein Geistesblitz.

„Weiß' nicht, aber was würdest du denn gerne machen wollen?", stellte ich die Gegenfrage, wofür ich mir am liebsten auf die Schulter geklopft hätte. Gut gemacht.

Etwas verstört zuckte Levon die Schultern.

„Naja, du lebst hier, also weißt du auch am besten, was wir machen könnten."

Och, nö.

Diese gesamte Situation gerade war so peinlich und unnötig, dass ich mir am liebsten mal wieder mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen hätte.

Ich sollte mich verdammt nochmal konzentrieren. Was machte ich denn normalerweise immer?

„Also, wir könnten paffen, was zu Essen bestellen oder netflixen?", schlug ich vor.

Endlich löste sich die komische Atmosphäre auf, als Levon seine Lippen zu einem Lächeln verzog und mit einem „klingt alles sehr gut" antwortete.

Bei seinem Lächeln machte mein Herz einen kleinen Sprung, aufgrund der Tatsache, dass ich ihn noch nie so ehrlich und freundlich hatte Lächeln sehen.

Und verdammt, das stand ihm unglaublich gut.

Nach einem kurzen Räuspern richtete ich mich erneut an ihn, während ich ihm deutete, mir zu folgen.

„Was möchtest du denn Essen?", fragte ich ihn, während wir durch das Haus liefen.

„Wie wäre es mit Pizza?", stellte er die Gegenfrage.

„Geht immer", erwiderte ich, „zuerst müsste ich aber noch aus meinen nassen Klamotten raus. Soll ich dir auch noch irgendwas mitbringen? Also 'nen Shirt oder so?"

„Ne, alles gut, danke. Ich war ja nicht lange draußen."

Mit einem Ruck öffnete ich die Tür zum Wohnzimmer und trat ein, sodass Levon mir folgen konnte.

„Du kannst hier warten, ich zieh' mich nur schnell um. Kannst ja schon gucken, was wir später auf Netflix schauen können", zeigte ich auf das Sofa und den Fernseher.

„Ich beeil' mich mit dem Umziehen, bis gleich."

Damit verschwand ich blitzschnell in mein Zimmer. Oben angekommen, kramte ich mir flott ein paar neue Anziehsachen heraus und verschwand im Bad, um die nassen Sachen aufzuhängen.

Zurück in meinem Zimmer lief ich zu meinem
Bett, wo ich mich summend daran machte, meine Hose anzuziehen.

Plötzlich flog meine Zimmertür auf und Levon, samt einem Telefon am Ohr, marschierte geradewegs herein.

Entsetzt hielt ich in meiner Bewegung inne und starrte ihn schockiert an.

Auch er schien sichtlich überrascht, denn auch er gefror, bei dem was er tat, und stand nun mit offenem Mund im Türrahmen.

Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinem viel zu wenig bedeckten Oberkörper, wo er kleben blieb.

Im Bruchteil einer Sekunde bildete sich ein süffisantes Grinsen auf seinen Lippen ab und seine Augen begannen, auf eine mir unbekannte Art und Weise zu glühen.

Sie brannten sich förmlich in meine Haut und entfachten ein Feuer in meinem Inneren.

Als er sich dann auch noch einmal mit der Zunge über die Lippen leckte, war es um mich geschehen. Mein gesamter Kopf war wie leergefegt.

Einzig und allein das Brennen seiner Augen auf meinem Körper zählte.

Ich war wie hypnotisiert.

Gerade, als Levon seine Hand von der Türklinke löste und einen Schritt auf mich zumachen wollte, durchbrach eine gedämpfte, aber trotzdem laute Männerstimme die Stille.

„HALLO? Sind sie noch dran?"

Geschockt fuhren wir beide zusammen und starrten das Telefon in Levon's Hand an.

Er schaffte es zuerst, seine Gedanken wieder zu ordnen.

„Äh, ja. Ja, ich bin noch dran."

Kaum durchschnitt seine Stimme die Luft, ratterte es ebenfalls in meinem Kopf und es schien, als würde auch mein Gehirn endlich wieder funktionieren.

Panisch griff ich nach dem Shirt auf meinem Bett und streifte es mir in Höchstgeschwindigkeit über.

Gott, was war das denn gerade gewesen?

Levon's Augen befanden sich immer noch vor meinem inneren Auge und wollten einfach nicht verschwinden. Dieser Ausdruck in seinen Augen, war das Verlangen gewesen?

„Ach so, ich wollte dich fragen, was du für ne Pizza willst. Ich dachte ich bestell' schonmal", wandte sich der Junge im Türrahmen an mich.

„Äh, ich nehm' eine Thunfischpizza", nuschelte ich, immer noch durcheinander.

„Dann noch eine Thunfischpizza, bitte. Zum Murray Boulevard 132....Ja, genau....alles klar, 30 Minuten. Bis dann."

Nachdem er aufgelegt hatte, schaute er mich wieder an.

„Ich warte unten im Wohnzimmer auf dich", sagte er, bevor er sich umdrehte, wieder aus der Tür verschwand und mich mit wirren Gedanken alleine ließ.

-

Zum Glück hatte sich die komische Atmosphäre schnell wieder gelegt, als ich unten angekommen war. Wir hatten sogar ziemlich entspannt reden können, wobei wir einfach die Situation in meinem Zimmer ignoriert hatten.

Nachdem wir einen Joint geraucht hatten, waren wir wieder ins Haus gegangen, woraufhin es auch direkt geklingelt hatte.

Genüßlich aßen wir unsere Pizzen, wobei Levon mir fast noch die Hälfte von meiner wegfraß, und schauten Netflix.

Er hatte irgendeinem komischen Horrorfilm herausgesucht, bei dem ich gefühlt alle dreißig Sekunden aufkreischte und mein Gesicht hinter den Händen verbarg.

Levon lachte mich meistens einfach nur aus.

Als der Film dann endlich vorbei war, ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen und atmete tief ein und wieder aus.

„Endlich ist der Scheiß vorbei, ich dachte ich sterbe noch an einem Herzinfarkt", stöhnte ich, während ich mir mal wieder die Hände vor das Gesicht schlug.

„Ach komm, so schlimm war der doch gar nicht."

Entsetzt schoss mein Kopf zu Levon herum, der mich nur dumm angrinste.

„Idiot", murmelte ich nur, konnte aber ein kleines Lächeln nicht unterdrücken.

„Was machen wir jetzt, beziehungsweise gucken wir jetzt?", fragte der Schwarzhaarige neben mir, bereits nach der Fernsehbedienung greifend.

Kurz überlegte ich, wobei mir eine ganz andere Idee kam.

„Naja, wir könnten noch einen Film schauen, nebenbei aber ein bisschen was trinken und dann noch in 'nen Club gehen - es ist ja schließlich Samstag", schlug ich vor.

„Können wir gerne machen", fing Levon an, „aber nur unter einer Bedingung."

Verwirrt erwiderte ich seinen plötzlich ernst gewordenen Blick.

„Nur Mischkonsum. Du schmeißt keine anderen Drogen. Kein Acid, kein Koks, kein Speed oder sonst etwas."

-

einen wunderschönen guten abend,

hoffe, sind noch einige wach, aber ist doch bisschen später geworden mit dem kapitel - sorry dafür.
diesmal aber ein hoffentlich nicht allzu schlimmer cut lol
weiß leider nicht, wann das nächste chapter kommen wird, müsst euch erstmal damit begnügen. sorräy again.

gute nacht, schlaft gut und träumt was süßes (am besten von lev oder val hehe mysteryisthekeey )
~S

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