Boy meets evil part 2

noch 4 Monate

Es war schon wieder zwei Monate her, als ich das letzte Mal Hope gesehen hatte. Diese Nacht war wirklich unvergesslich gewesen. Bei dem Gedanken fiel mein Blick auf das Tattoo auf meiner Hand und ich musste unweigerlich lächeln. Wir hatten in den letzten Wochen viel miteinander geschrieben, auch telefoniert, wobei ich ihm natürlich davon erzählt hatte, dass mir Betty liegengeblieben war, als ich zurück zum Jahrmarkt gefahren war. Die holprige Straße zu den Black Hills und wieder zurück, war nicht so gut für das Getriebe gewesen und die Motorhaube war auch ordentlich von dem Fick auf dieser in Mitleidenschaft gezogen worden. Hope hatte einfach einen zu fetten Arsch.

Ich lachte bei dem Gedanken, während ich gerade die neue Motorhaube auspackte. Hope hatte mir eine neue zukommen lassen, da es ja irgendwie seine Schuld gewesen war und er Betty ebenso abgöttisch liebte. Da war er eben auch sehr gewillt, die Gute ein bisschen aufzupolieren, wenn es nötig war. Irgendwie war das ja wirklich niedlich. Die alte Motorhaube hatte ich schon abmontiert und beiseitegestellt. Ich würde versuchen sie wieder hinzubekommen, so dass ich eine in Reserve hatte, falls ich dann doch noch einmal eine neue brauchen würde. Nicht, dass Hope jetzt öfter auf die Idee kam, darauf Sex haben zu wollen.

Ich schüttelte leicht den Kopf und bat meine Cousine mit anzupacken. Sie half mir das gute Stück an die richtige Position zu hieven, wo ich sie dann montieren konnte. Als alles fest war, nickte ich ihr zu und sie bastelte wieder an ihren eigenen Sachen herum. Ich wischte mir über die schweißnasse Stirn und ließ die Haube herunter. Zufrieden betrachtete ich meine Arbeit und zog die Schutzfolie ab, die den Lack hatte schützen sollen, aber jetzt nicht mehr notwendig war.

„Oh hast du 'Betty' Probesitzen lassen?", fragte meine Cousine bei einem Blick auf die rot funkelnde Motorhaube, wobei ich selbst einfach nur auf den Abdruck des Hinterns und der Hände starren konnte. Das war doch nicht sein Ernst? Fassungslos sah ich auf den schwarzen Lack und ließ meine Finger darüber gleiten. Er hatte es tatsächlich gemacht. Es war sogar lackiert und somit müsste ich es überlackieren, wenn ich es nicht haben wollte. Als ich die kleine Sonne sah, die unter der Arschbacke zu sehen war, musste ich leicht schmunzelnd den Kopf schütteln. Er hatte gewusst, dass ich es nicht übers Herz bringen würde es wieder zu ändern und er hatte es sich einfach nicht nehmen lassen, sich auf der guten Betty zu verewigen. So ein liebenswerter Idiot.

„Sag nicht, du hast wirklich deine Freundin auf der Haube gebumst." Ich lachte, fasste mir verlegen an den Hinterkopf und grinste peinlich berührt. Mir schoss dabei die Hitze ins Gesicht und irgendwie war es jetzt im Nachhinein ja doch irgendwie unangenehm. Trotzdem gab ich es zu und nickte leicht.

„Boah, Respekt Cousin und danke. Ich hab gerade 1000 Dollar gewonnen." Sie jubelte, drehte sich einmal im Kreis und klatsche mehrmals in die Hände und ich wurde noch roter, während mir sicher vor Schock die Augen aus dem Kopf fielen. Das war doch nicht ihr Ernst? Wer zum Teufel wettete denn mit ihr um so etwas und dann auch noch um so viel Geld? Ich versteckte mein Gesicht hinter meinen Händen und wagte es kaum noch sie anzusehen, doch als mein Onkel auf sich aufmerksam machte, drehte ich mich notgedrungen zu ihm um. Ich sah ihn an, wobei mir der Atem stockte, da er nicht allein war. Mein Blick glitt langsam über den Mann, der neben ihm stand, bevor ich schnell wieder wegsah. Na hoffentlich hatten die beiden das jetzt nicht mitbekommen – Peinlich.

„Justin! Ich würde dir gerne Nathan vorstellen. Er fängt ab heute bei uns an und ich möchte, dass du ihm alles zeigst und erklärst", forderte mein Onkel, was dafür sorgte, dass ich wieder zu den beiden sah und den Neuankömmling erneut musterte. Sein Haar war metallic lila und er hatte einen Undercut. Es sah cool und lässig aus. Er hatte einen Lippenpiercing und Ohrringe an jedem Ohr. Nicht so viele wie ich selbst, aber zumindest einen auf jeder Seite und einen Helix am rechten Ohr, der aber definitiv noch ziemlich frisch gestochen war. Er trug ein lockeres kurzärmliges Hemd, wobei er die oberen Knöpfe offengelassen hatte, ein löchrige Jeans und schwarze Boots. An seinen Handgelenken trug er einige Armbänder und eine Uhr, die alles andere als billig aussah – bestimmt ein Erbstück. Seine Finger waren mit ein paar Ringen geschmückt und ich konnte auch einige Tattoos ausmachen. Er sah echt cool aus, punkmäßig, aber ansonsten sprach er mich gar nicht an. Erstens war er zu alt und zweitens hatte ich eh nur Augen für meinen Arzt. Da konnte der Kerl noch so heiß aussehen. Es war mir egal. Nichts und niemand reichte an Hope heran.

„Hi. Ich bin Justin, aber du kannst mich ruhig Jungkook nennen", lächelte ich, da ich natürlich bemerkt hatte, dass er ebenfalls Koreaner war, auch wenn er einen amerikanischen Namen trug. Ich wusste nicht, ob er ebenfalls einen koreanischen Namen hatte, denn er verriet es mir nicht.

„Hey. Ich bin Nathan und ich belasse es lieber bei Justin", erwiderte er und reichte mir die Hand. Kurz überprüfte ich ob meine sauber war, bevor ich sie annahm und leicht schüttelte. Ich lächelte und wollte meine Hand wieder wegnehmen, doch er hielt sie fest, drehte sie und besah sich das kleine Tattoo, welches zwischen meinem Daumen und Zeigefinger thronte. Irgendwie behagte es mir überhaupt nicht, dass er mich so festhielt und das Tattoo regelrecht anstarrte, als wäre es eine ansteckende Krankheit.

„Hübsches Tattoo. Hat es eine Bedeutung?", fragte Nathan mich, so dass ich überrascht die Augenbrauen zusammenzog. Im nächsten Moment wurde ich leicht rot, entzog ihm meine Hand und sah selbst kurz auf das Tattoo, bevor ich wieder zu ihm hochblickte und lächelnd nickte.

„Es bedeutet Hoffnung und erinnert mich jeden Tag daran aufzustehen und zu lächeln", erklärte ich ihm, führte meine Hand kurz zu meinen Lippen und gab dem Kunstwerk einen kleinen Kuss. So fühlte ich mich Hope nahe und es half mir die Zeit ohne ihn zu überstehen. Ich wusste sonst würde das mit uns in die Brüche gehen und das wollte ich um jeden Preis verhindern. Es war ja schon riskant genug gewesen ein Foto mit Hope zu machen, während er geschlafen hatte, weil er nicht wollte, dass ich Bilder von ihm oder sogar uns machte. Ich hatte einfach nicht widerstehen können, als wir wieder am Motel angekommen waren und er so unfassbar niedlich ausgesehen hatte, während er an dem Fenster gelehnt geschlafen hatte. Hope war wohl ziemlich erschöpft gewesen nach dem ganzen Sex und dem langen Tag. Verübelt hatte ich es ihm nicht, wie könnte ich auch, bei dem Anblick, den er mir stattdessen geboten hatte. Ich lächelte verträumt.

„Das klingt wirklich schön", sagte der Mann und ließ mich wieder zu ihm sehen. Unsere Blicke trafen sich einen Augenblick und ich vermochte nicht wirklich zu deuten, was ich in seinen Augen sah. Es funkelte etwas in ihnen, doch ich wusste nicht, was es zu bedeuten hatte. Vielleicht freute er sich auch einfach nur, hier sein zu dürfen. Ich lächelte, zuckte mit den Schultern und deutete dann auf Betty.

„Das ist Betty, mein größter Schatz. Gerade muss ich sie etwas pflegen, aber ich denke ich kann dich jetzt erst einmal herumführen und dir alles zeigen, nachdem ich mir ein frisches Shirt angezogen habe", erklärte ich ihm, während ich zu ihm sah. Für einen kurzen Moment glaubte ich Verachtung in seinem Blick erkennen zu können, was mich erneut eine Augenbraue heben ließ. Mochte er die Fordlady nicht, oder warum schaute er so?

„Ah – Oldtimer sind nicht so mein Ding. Trotzdem schönes Auto." Mehr sagte er dazu nicht, stattdessen folgte er mir, wobei ich mir ein frisches Shirt anzog, welches ich mir bereits hingelegt hatte, bevor ich begonnen hatte an Betty herumzuschrauben. Das Handtuch, welches ich benutzt hatte, legte ich mir um die Schultern, griff nach der Flasche Wasser, die ich in einem Zug leerte und wuschelte mir einmal durch mein Haar, welches kreuz und quer abstand. Erst dann wandte ich mich wieder an Nathan, dem ich nun deutete mir zu folgen.

Ich zeigte ihm den Jahrmarkt, der schon seit einigen Tagen wieder geöffnet hatte. Heute hatten wir Ruhetag, weswegen ich endlich die Zeit gefunden hatte an meinem Auto herumzuschrauben. Seit ca. zwei Wochen waren wir nun in Wheatland, Wyoming und würden hier wohl noch einige Wochen bleiben. Es war verdammt heiß hier, aber ich genoss es, dass hier bei Weitem nicht so viel los war, wie in den Städten an den Küsten der USA.

Ich erklärte ihm alles, erzählte ihm einige Anekdoten und zeigte ihm dann seinen Schlafplatz, wo er wohl die nächste Zeit seine Nächte verbringen würde sowie den Sanitärcontainer. Ich händigte ihm meinen Dienstplan aus, so dass er auch wusste für welche Arbeiten ich eingeplant war und er sich darauf einstellen konnte. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit ihm, um etwas über ihn zu erfahren und vor allem um herauszubekommen, was er denn vorher schon alles gemacht hatte, doch wirklich gesprächig war Nathan nicht. Er war eher kurz angebunden und erzählte ohne große Details. Wirklich schade.

~ noch 3 Monate und 1 Woche ~

Nur langsam verstrichen die Tage in denen ich nur wenig mit Hope schreiben konnte, aber das war nicht schlimm – zumindest behauptete dies der Arzt immer, der mir schon andeutete, dass er wohl demnächst wieder eine Zeitlang verschwinden würde. Irgendwie war ich froh darüber, dass er mich dieses Mal vorwarnte, aber leichter würde es diese Zeit wahrscheinlich auch nicht machen.

Nathan gliederte sich gut ins Team ein und er war schon bald in der Lage Aufgaben allein zu erledigen, weswegen er sich auch immer mehr entfaltete und sein wahres Wesen zum Vorschein kam. Er war ziemlich verbissen alles richtig zu machen und streng mit sich und den anderen. Verspätungen schien er zu verabscheuen, jedenfalls hielt er mir immer eine Predigt, wenn ich mal wieder zu spät zu einem Treffpunkt kam – meistens war das Hopes Schuld, weil er mal wieder meinte mich einfach anrufen zu müssen, während ich unter der Dusche stand. Ja, dass ihm das gefiel war natürlich sowas von klar, ungünstig war es trotzdem. Jedenfalls, Nathan stellte sich als geborener Anführer heraus, der gerne mal zeigte wie es richtig ging und eben auch oft seinen Mund aufmachte, wenn ihm was nicht passte.

Des Weiteren schien er irgendwie Interesse an mir zu haben. Er warf mir immer so komische Blicke zu, vor allem wenn ich mit meinem Handy beschäftigt war. Vielleicht war er auch einfach nur genervt davon, dass ich so oft mit dem Teil herumhantierte, aber verbieten konnte er es mir in meinen Pausen nicht. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass er mir manchmal schöne Augen machte – es zumindest versuchte, doch anstatt damit Erfolg zu haben, erhöhte ich meine Flirtambitionen bei den Frauen, wenn der Jahrmarkt geöffnet war. Ich war nicht an ihm interessiert und das versuchte ich ihm somit klarzumachen, da es ihn scheinbar nicht wirklich zu interessieren schien, wenn ich es ihm direkt ins Gesicht sagte.

„Boah, Nathan geht mir echt richtig auf den Sack. Was würde ich nur dafür geben, wenn du herkommen könntest und ihm klarmachst, dass du der einzige Mann für mich bist", brummelte ich in mein Handy, während ich mich gegen die Rückwand des Wagens lehnte in dem ich heute arbeitete. Nathan war heute zum Glück weit von mir weg im Gruselkabinett tätig, wo er meiner Meinung nach auch hinpasste. Ich fand ihn manchmal wirklich unfassbar gruselig.

„Ach Kooks. Lass dich nicht unterkriegen. Du bist einfach zu sexy für diese Welt, weswegen dir auch die Männer zu Füßen liegen."

„Ich will aber nur, dass du mir zu Füßen liegst. Gott wie ich deine Lippen vermisse. Kannst du nicht einfach herkommen? Bitte Hope", flehte ich, wobei ich das Tattoo auf meiner Hand anstarrte. Die Sehnsucht nach ihm war so verdammt groß geworden, dass es weh tat. Ich wusste, dass ich Gefahr lief ihn zu vergraulen. Dass er womöglich Verdacht schöpfte, dass ich mittlerweile mehr für ihn empfand, als ich durfte. Es tat weh. Fest presste ich meine Lippen aufeinander und versuchte die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich war doch kein verliebtes Mädchen, welches direkt rumheulte, weil es seinen Schwarm ein paar Tage nicht sehen konnte. Gut, es waren bereits fast drei Monate vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten, doch Hope machte mir keine großen Hoffnungen.

„Tut mir leid Kleiner. Ich kann nicht. Ich bin zurzeit in New York und ich komme hier auch nicht so schnell weg. Ich würde echt unheimlich gern, wirklich, aber es geht leider nicht." Traurig verzog ich das Gesicht, gab nur einen verstehenden Laut von mir und versuchte das Thema auf was Erfreulicheres zu lenken. Wir redeten noch ein wenig, bevor er auflegte und mich somit wieder mit meinem Problem allein ließ.

~ noch 3 Monate ~

Einige Tage nach meinem Telefonat mit Hope, war ich auf der Suche nach Nathan. Es gab eine Planänderung und wir hatten ihn nicht finden können, als wir uns hatten besprechen wollen, also hatte man mich ihn suchen geschickt. Warum ausgerechnet mich? Das nervte mich tierisch, vor allem weil sich dieser Kerl so gut wie nichts von mir sagen ließ. Besser gesagt, er reagierte immer recht genervt, wenn ich ihm eine neue Aufgabe zuteilte, so wie ich es gleich ebenfalls tun musste. Ich seufzte schwer, sah mich suchend nach ihm um und als ich ihn erblickte, stockte ich kurz.

Er lehnte lässig an der Motorhaube meiner geliebten Betty, streichelte dabei Hopes Hinternabdruck und hielt dabei eine Kippe zwischen den Fingern. Mit der anderen Hand hielt er sich sein Handy gegen sein Ohr. Scheinbar war er am Telefonieren, doch das interessierte mich nicht. Erstens hatte er nichts an meiner Betty zu suchen und zweitens erst recht nichts an Hopes Hintern!

Die Wut war in mir hochgeschossen, wie Lava in einem Vulkan, der plötzlich ausbrach und so marschierte ich auf ihn zu. Er bemerkte mich nicht, nahm unterdessen die Kippe zwischen die Lippen und zog an ihr. Die Glut leuchtete auf und dann fiel sie auf das wunderschöne Rot. Dieser Mistkerl. Ich sah, wie er die Asche wegwischte und dann seine Hand auf die lackierten Finger legte, nur um dann ein schnaufendes Geräusch von sich zu geben.

„...Kannst du das glauben? Er hat nen Arschabdruck auf die Motorhaube lackieren lassen – Ja!" Ein verächtliches Schnauben verließ seine Kehle und brachte mich zum Stehenbleiben. Ich blinzelte, spürte deutlich, wie mir die Hitze in die Wangen stieg und mein Herz schneller zu schlagen begann. Hatte er was bemerkt? Waren ihm die Handabdrücke zu groß für eine Frau? Panik stieg in mir auf. Es durfte keiner erfahren, dass ich einem Mann auf meinem Auto die Seele aus dem Leib gefickt hatte. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf, ballte meine Hand zur Faust und zwang mich zur Ruhe. Es war Blödsinn, dass er etwas gemerkt haben konnte. Er war einfach nur neidisch auf meine 'Freundin', weil er mich nicht haben konnte. Mit dem festen Glauben, dass er nichts durchschaut hatte, trat ich dann, mit dem Wunsch ihm einfach derbe in den Arsch zu treten, auf ihn zu.

„Neidisch?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete mit Genugtuung, wie er zusammenzuckte und dann hastig auflegte, die Kippe auf dem Boden austrat und mich recht ertappt anblickte. Oh, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich diese Worte gehört hatte.

„Sind die Gerüchte wahr? Dass du dein Mädchen ~ du weißt schon", druckste er herum, was mich schmunzeln ließ. Was war der Kerl denn jetzt so prüde? Ich legte den Kopf schief, vergaß die Wut in meinem Bauch, wie das komische Gefühl, welches sich bei den Worten in meiner Magengegend breitgemacht hatte und grinste dann dreckig.

„Klar ist es wahr. Ich hab sie so hart gebumst, dass ich eine neue Motorhaube brauchte und da ich es irgendwie cool fand, habe ich mir ein nettes Andenken drauf lackieren lassen. Die gute Betty wird ihrem Namen gerecht – findest du nicht?", fragte ich, während ich kurz mit der Faust auf die Motorhaube klopfte. Es war mir egal, ob Nathan wusste, dass Betty ihren Namen von dem Betty Boop Aufkleber hatte, der an ihrem schicken Hinterteil klebte, oder nicht. Mein Blick fiel bei der Berührung kurz auf den Handabdruck, wo man schwach das E.P.O.H. auf den Fingergliedern lesen konnte, nur das J fehlte. Ich wusste ganz genau, dass er mir damit eine Botschaft gesendet hatte, eine die mir Hoffnung geben sollte. Die mich stark sein lassen sollte. Hope mochte vielleicht etwas verrückt und eigensinnig sein, aber er hatte sein Herz definitiv am rechten Fleck.

„Sicher. Ich hätte nur irgendwie nicht gedacht, dass du echt so drauf bist. Du bist nicht einmal richtig erwachsen und scheinst schon mehr erlebt zu haben, als so manch anderer."

Ich zuckte mit den Schultern, lachte kurz und boxte ihm dann sachte gegen die Brust. Was für eine bescheuerte Aussage.

„Ist doch heutzutage einfach so...", brummte ich und fuhr mir durch mein Haar, welches mir nur wieder wild ins Gesicht fiel. Irgendwie wurde mir das jetzt unangenehm, weswegen ich lieber schnell das Thema wechselte und auf den Jahrmarkt deutete.

„Wir haben dich gesucht. Es gibt eine Planänderung. Du musst für Michael im Spiegelkabinett einspringen und wir müssen noch die Münzen aus der Reinigung holen. Also komm steig ein", sagte ich und zog meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche, mit dem ich kurz klimperte. Nathan verzog kurz das Gesicht, nickte dann aber missmutig und ließ sich neben mich auf die Bank sinken. Begeisterung sah anders aus und eigentlich hatte ich genauso wenig Lust, Zeit mit diesem Mann zu verbringen, auch wenn er ständig versuchte ein normales Gespräch mit mir zu führen. Irgendwann passierte es immer, dass er eine blöde Bemerkung fallenließ, die mich stutzig machte, oder die dafür sorgte, dass ich mich unwohl fühlte und das Gespräch beendete.

~ noch 2 Monate und 3 Wochen ~

Schließlich war der Tag gekommen, an dem der Abbau des Jahrmarktes begann und das Chaos seinen Lauf nahm. Ich sollte Nathan wieder unter meine Fittiche nehmen, da ich einfach überall helfen konnte und so bauschte sich die schlechte Stimmung zwischen uns immer weiter auf. Nathan schien es immer weniger zu mögen, wenn ich ihm irgendwelche Anweisungen gab, oder es wagte, ihn zu korrigieren. Es war nervenaufreibend, vor allem aber am letzten Tag. Wir hinkten dem Zeitplan hinterher und standen wohl alle ziemlich unter Druck.

„Nathan ich habe dir jetzt schon drei Mal gesagt, dass du es so machen musst!", entfuhr es mir ungehalten, während ich ihm vor dem Gesicht herumschnippte, damit er mir endlich seine Aufmerksamkeit schenkte. Ich zeigte ihm die richtige Technik, wie man schnell und einfach die Planen zusammenlegte, so dass man sie gut verstauen konnte, so dass sie nicht zu viel Platz wegnahmen. Wir hatten nun einmal nur ein begrenztes Volumen, welches wir befüllen konnten und das nutzten wir auch zu 100% aus. Wer also keine Geduld für Tetris hatte, sollte sich lieber zurückziehen. Nathan jedenfalls schien nicht besonders begeistert zu sein. Immer wieder schnaufte er, verzog das Gesicht und ich hörte ihn fluchen.

„Lass mich einfach machen", maulte er mich an und machte es schon wieder falsch, weswegen ich ihm den Stoff aus der Hand nahm und ihn wütend anfunkelte.

„Nein, du machst es falsch und das können wir uns jetzt nicht erlauben."

„Oh, der große Justin hat gesprochen." Oh ja wirklich sehr erwachsen. Ich verzog das Gesicht und verschränkte meine Arme missmutig vor der Brust.

„Mutierst du jetzt zu einem Kleinkind?", fragte ich ihn, wobei ich ein gefährliches Funkeln durch Nathans Augen huschen sah, als er seinen Blick hob und mich fixierte. Scheinbar hatte ich einen Nerv getroffen, denn der Ausdruck in seinem Gesicht wurde hart. Ich schluckte, hielt seinem Blick aber stand, auch wenn er mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.

„Wie bitte? Wie sprichst du eigentlich mit mir, du undankbare Rotznase?" Seine Stimme war eisig, dunkel und tief. Es gefiel mir ganz und gar nicht, genauso wenig wie die Spannung, die sich um uns herum aufgebaut hatte. Ich konnte es förmlich Knistern hören und das war definitiv nicht das gute, erotische. Ich schluckte erneut, befeuchtete mir die Lippen und atmete einmal tief durch die Nase ein.

„Ich denke es ist besser, wenn du jetzt gehst und den anderen beim Abbau der Grundplatten hilfst." Meine Stimme zitterte ein wenig, aber ich versuchte meinen Blick so starr wie möglich zu halten. Ich wusste nicht, ob ich wirklich erfolgreich war, doch Nathan erhob sich, sah mich noch einmal finster an und zog dann mit einem Knurren ab. Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie ich die Luft angehalten hatte, doch jetzt wo er weg war, konnte ich wieder aufatmen. Das war eine wirklich sehr merkwürdige Situation gewesen. Ich wusste zwar, dass Nathan meistens so seine Schwierigkeiten hatten Befehle und Anweisungen entgegenzunehmen, aber so krass war es noch nie gewesen.

Ich brauchte einen Moment, bevor ich wieder klar denken und meiner Arbeit weiter nachgehen konnte. Am Ende hatten wir es gerade so geschafft und fuhren nun Richtung Denver, Colorado. Ich freute mich auf die Stadt und auf die Menschen dort. Ich hoffte, dass meine Beziehung mit Nathan sich dort etwas bessern würde. Einfach weil es dort mehr zu erleben gab.

Es war mitten in der Nacht, als ich Betty auf einen Rastplatz fuhr und parkte, um dort die Nacht zu verbringen. Ich besorgte mir noch etwas zu essen und war froh, dass ich einfach mal etwas Zeit für mich allein hatte. Zwar wusste ich, dass auch noch andere von der Truppe hier rasten würden, doch das war mir in diesem Moment ziemlich egal. So lehnte ich mich mit dem Sandwich in der Hand an Betty und sah gedankenverloren in den sternenbedeckten Himmel. Wir waren noch ein gutes Stück von Denver entfernt, weswegen der Blick auf das Sternenzelt wirklich wunderschön war. Ich versank in dem Anblick, während ich mein Abendbrot aß. Es war wirklich sehr idyllisch, weswegen ich etwas melancholisch wurde. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und wählte einfach seine Nummer. Ich wollte mit ihm reden, seine Stimme, sein Lachen hören... Ich vermisste ihn unglaublich, aber vor allem wegen Nathan und dem heutigen Tag brauchte ich ihn einfach.

„Kooks..." Er hatte abgehoben und seine Stimme war leise, klang leicht gedämpft. Hoffentlich hatte ich ihn nicht geweckt, oder gestört.

„Störe ich?"

„Nein. Nein schon gut. Gib mir einen Moment", bat er und ich hörte es rascheln, bevor es still wurde. Ich seufzte leise, drehte mich um und ließ meine Finger über den lackierten Handabdruck gleiten. Hauptsächlich waren eigentlich nur seine Finger zu sehen, der Handballen fehlte fast komplett, nur der Ansatz am Daumen war zu sehen. Ich ließ meine Finger über die Haube zur anderen Seite gleiten und fuhr über die Buchstaben, die ich in der Dunkelheit nicht mehr sehen konnte, aber ich konnte sie spüren, weil sie sich leicht von dem anderen Lack abhoben. Es waren einfach dickere Stellen und da konnte ich nun auch das 'J' auf seinem Daumenglied spüren, welches ich nur nicht bemerkt hatte, weil es schwarz war.

„So jetzt." Ich ließ beinahe das Handy vor Schreck fallen, als er auf einmal aus dem Nichts wieder angefangen hatten zu sprechen und ließ mich deswegen einfach auf die Motorhaube sinken. Ein Laut der Erleichterung verließ meine Kehle, während ich Hope lachen hörte. Es tat unheimlich gut sein Lachen zu hören, selbst mein Herz machte einen aufgeregten Hüpfer.

„Alles in Ordnung bei dir?", fragte er trotzdem recht besorgt nach, da er wohl gemerkt haben musste, dass ich irgendwie angespannt war. Wie auch immer er das machte, aber ich hatte oft das Gefühl, dass er einfach wusste, dass es mir nicht gut ging. Vielleicht waren wir doch seelenverwandt.

„Jetzt wieder... Es tut gut deine Stimme zu hören nach dem ganzen Stress. Nathan ist mir heute so richtig auf den Sack gegangen und als ich ihn zurechtgewiesen habe, ist er mir richtig blöd gekommen. Ich hatte das Gefühl, dass er mir am liebsten den Kopf abreißen wollen würde. Das war richtig gruselig... Ich weiß nicht wie ich das erklären soll, aber sein Blick, der war total starr, kalt und seine Augen waren mörderisch..." Ich zuckte mit den Schultern, löste mich langsam von der Motorhaube und stieg in mein Auto ein, denn so langsam wurde es etwas frisch. Ich ließ mich auf die Bank fallen, sank mit dem Rücken auf das Sitzpolster und sah an die Decke meines Autos.

„Seid ihr heute nicht abgereist?"

„Ja, sind wir, deswegen war es auch so stressig und wir konnten uns keine weitere Verzögerung erlauben."

„Okay. Hauptsache ist doch, dass ihr alles rechtzeitig geschafft habt. Vielleicht hatte Nathan einfach nur einen schlechten Tag, oder er hat sich einfach darüber geärgert, dass er es nicht hinbekommen hat."

„Wahrscheinlich hast du recht", hauchte ich in den Hörer, kaute etwas unsicher auf der Unterlippe herum und ließ meine Hand gelangweilt über meinen Oberkörper streichen. Ich realisierte nicht einmal wirklich, wie meine Hand unter mein Oberteil glitt und begann meinen nackten Bauch zu streicheln.

„Hope?"

„Hmm?"

„Mach mir schöne Gedanken. Das kannst du doch für mich tun, oder?", fragte ich leise. Hope kannte das von mir. Wenn ich melancholisch war, half es mir am besten, wenn er mich aufbaute und ich dabei begann mich zu streicheln, mich anzufassen. Ich brauchte diese Aufmunterung jetzt einfach, weil ich ganz genau wusste, dass es noch dauern würde, bis wir uns endlich wiedersehen würden.

„Natürlich kann ich das. Hast du es dir bequem gemacht? Was hast du an?" So viele Fragen. Ich gab einen zustimmenden Laut von mir, strich mir mein Shirt weiter nach oben und entschloss mich dazu, es einfach auszuziehen.

„Jetzt nur noch eine bequeme Stoffhose, meine Boxershorts, Socken und Schuhe."

„Zieh die Schuhe und die Socken aus, stell deine Beine auf und lass deine Finger über deinen wunderschönen, muskulösen Oberkörper tanzen", hauchte er mir zu und ich folgte seinen Worten. Ich ließ mich von ihnen leiten, schloss meine Augen langsam und ließ mich fallen, „Fahre ganz langsam über deine Bauchmuskeln nach oben. Spann sie leicht an... kannst du spüren, wie sie arbeiten. Atme langsam ein und wieder aus... halte deine Atmung ruhig und konzentriere dich nur auf meine Stimme... So ist es gut, Kooks. Noch ein bisschen weiter nach oben. Spürst du jetzt deine Rippen langsam unter deinen Fingern? Fahre jeden einzelnen Bogen nach... Versuche entspannt zu bleiben. Ich bin bei dir... kannst du meinen heißen Atem gegen dein Ohr schlagen spüren... meine Lippen berühren ganz leicht deinen Nacken... ~"

RUMMS

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