necare: verlockung - juliane maibach
Triggerwarnung: Erwähnung von Tod, Blut, Gewalt, grafische Verletzungen, Frauenfeindlichkeit, Heteronormativität
____
2,5 von 5 Sternen – Ein Haufen an Klischees
Gott, ich hätte es besser wissen müssen, oder? Zumindest hätte ich besser wissen müssen, dass eine Magische Academy Geschichte aus dem fernen Jahre 2013 nicht mehr als eine anfänglich billige Kopie von Harry Potter sein könnte, aber gut. Dass ich ziemlich dumm bin, haben wir ja alle schon festgestellt. Nachdem ich von der letzten Magische Academy Geschichte sehr enttäuscht war (Ravenhall Academy, ich verlange Geld, dass ich das ertragen musste), habe ich mich in meiner Kindle App auf die Suche nach etwas ähnlichem begeben, um vielleicht auch etwas besseres zu finden. Der erste Band einer sechsteiligen Academy Story war mit prime kostenlos, also hab ich es mir nach dem Lesen des Klappentextes heruntergeladen. Der Klappentext hätte mich schon warnen sollen, doch ich habe alle Red Flags ignoriert, wie ich es sonst so tue, wenn ich einen Mann kennlerne.
Aber egal. Necare: Verlockung von Juliane Maibach ist der erste Band der Necare-Reihe, eine Geschichte, die ich so nicht nur einhundert Mal bereits auf Wattpad gelesen habe, sondern auch sonst so geschrieben ist, als wäre es eine Ansammlung aus allen Klischees, die die Autorin nur finden konnte. Aber worum geht es denn in diesem Meisterwerk?
Gabriela ist ein ganz normales Mädchen. Aber nicht normal normal! Sie ist natürlich ganz anders als andere Mädchen! Sie interessiert sich nicht für Make-Up oder Shoppen oder Jungs. Sie liest lieber ein Buch. Oder ... keine Ahnung, mehr Persönlichkeit hat sie nicht. Jedenfalls wird Gabriela eröffnet, dass sie eigentlich eine Halbhexe ist und einen Platz an der Elite-Zauberschule Roldenburg bekommen hat. Als sie an der Schule ankommt, merkt sie erst Recht, dass sie natürlich ganz special ist, denn sie hat als einzige Schülerin noch keine Magie erweckt und damit auch noch nicht ihren echten Namen bekommen. Noch dazu verliebt sie sich beinahe sofort in den Schulschwarm, so ein Schönling mit perfektem Körper und Model-Gesicht, der so ziemlich die Ausstrahlung eines nassen Schwamms hat. Das einzig positive, was ich der Zusammenfassung hinzufügen kann, ist dass der männliche Hauptcharakter ausnahmsweise mal einfach nett ist. Kein arroganter Arsch, der sich für was besseres hält und voll der Badboy mit traumatischer Vergangenheit ist. Ne, unser Schönling ist einfach nett und höflich und findet die Aufmerksamkeit eigentlich gar nicht so geil.
Sein Name ist übrigens Night.
Night.
NIGHT.
Er ist allerdings nicht der einzige, der einen lächerlichen Namen hat, denn warum auch immer, aber an dieser offensichtlich deutschen Zauberschule tragen alle Schüler englische Namen, die irgendwie zu ihrer Persönlichkeit passen sollen?? So wie Gabrielas Zimmergenossinnen Shadow und Thunder, die bitchige Bitch Stella mit ihren Freundinnen Cat und Ice oder Nights Freunde Sky und Saphir. Ich meine, okay??? Ich vermute mal, so wird immerhin niemand aufgrund seines Namens gemobbt, denn alle haben hier die dümmsten Namen überhaupt. Dass die einen Namen bekommen, der irgendwie zu ihrer Persönlichkeit passt, ist ja noch ne ganz nette Idee, aber dass diese Namen dann alle die feuchten Träume eines jeden Wattpad-Autors aus 2012 sind, das hätte nun echt nicht sein müssen. Und warum sind die Namen englisch? Wenn all diese Gören doch offensichtlich deutsch sind? Warum heißen die nicht einfach Nacht und Himmel und Schatten? Achso? Weils dumm klingt? Na, wer hätte das denn vorahnen können...
Okay, weiter im Text. Miss Hauptcharakter ist ein flaches Stück Brot. Sie ist so ein Produkt ihrer Zeit, dass ich mich fast schon frage, ob die Autorin nicht einfach ein Genie ist und damit eigentlich social commentary betreiben wollte. Gabriela ist nicht wie andere Mädchen, sie ist hilflos und lässt sich von allen mobben, sie verliebt sich unsterblich in den ersten Typen, den sie trifft, sie muss mindestens zwölf Mal von ihm gerettet werden, wird ungefähr eintausend Mal ohnmächtig und hat auch sonst so ziemlich nichts in diesem Buch zu tun. Ich meine, das erste Kapitel ist literally sie, wie sie ganz normal auf ihre menschliche Schule geht und gemobbt wird und mit ihrer besten Freundin abhängt, mit der sie nicht mehr so doll ist und das müssen wir lesen, weil?? Ich schwöre, das erste Kapitel kann einfach zur Hälfte rausgestrichen werden und wir verlieren nichts. Weder ihre Mobber noch ihre beste Freundin kommen nach ihrer Ankunft in der Magieschule noch mal vor, also warum muss ich lese, wie sie mit Sarah am Pool abhängt und Sarah einfach wie alle anderen Mädchen ist??? Warum muss ich lesen, dass Sarah gerne Make-Up trägt und einen JUNGEN ANGUCKT DIESE HURE!!!!
Nein, aber mal ganz ehrlich. Es ist leider sehr frauenverachtend. Nicht nur, dass so ziemlich 90% der weiblichen Charaktere die übelsten Bitches sind, die entweder Gabriela nach dem Leben trachten, sich schminken und damit natürlich Dienerinnen des Teufels sind und selbstverständlich die absolut schlimmste Art Mensch sind, weil sie sich in ihrem Körper wohl fühlen, kurze Röcke tragen und mit Jungs flirten, hat auch einfach nicht ein einziger dieser Charakter einen Charakter. Sie sind eine Karikatur von Frauen. Frauen können nämlich nur nach Jungs schmachten und andere Frauen niedermachen oder so gar nicht wie andere sein und gerne lesen und braune Haare haben. Denn das sind so ungefähr die Charaktereigenschaften von Gabriela. Sie liest und sie hat braune Haare, alle anderen Mädchen haben schwarze, blonde und rote Haare und wenn sie nicht gerade als Gabrielas Zimmergenossinnen geschrieben, dann sind sie Schlampen, Huren und gottlose Dirnen, die sich an ein Stück Fleisch reiben, weil sie es wagen, an Sex zu denken. Wie können sie nur.
Warum müssen die Frauen in dieser Geschichte schrecklich und widerlich sein, aber die männlichen Charaktere bekommen wenigstens einen Versuch an Unterschieden zugeteilt? Warum hat selbst Nights bester Freund, der eigentlich nur der Klassenclown ist, mehr Charakter und Nuancen, als jeder andere weibliche Charakter? Warum muss jeder weibliche Charakter Night hinterherschwärmen und Gabriela direkt zusammenschlagen, verhexen, vergiften oder bedrohen, nur weil sie in seine Richtung geguckt hat? Ich meine, klar, 2013 war eine andere Zeit, aber wow. Ich meine Wow. Wie ist das durch das Lektorat gekommen und niemand hat da mal was zu gesagt?
Aber hey, höre ich euch sagen. Es ist doch unfair, ein Buch nur nach den stereotypischen Charakteren zu verurteilen, worum geht es denn in der Story? Was ist mit der Welt, der Schule, der Handlung?
Tja. Nicht unbedingt besser, würde ich mal sagen.
An Worldbuilding wurde so ziemlich gar keine Zeit verschwendet. Es liest sich teilweise so, als wäre es mal eine Harry Potter Fanfiction gewesen, denn nicht nur die Schulfächer sind im Grunde gleich wie bei Hogwarts, auch die Schule und die Umgebung sind schlecht abgepaust worden. Die Welt ist kaum ergründet. Es gibt insgesamt drei Welten, die langweilige Menschenwelt, die Hexenwelt, die anscheinend sehr groß und interessant ist und die Hölle – äh, ich meine Incendium, die Dämonenwelt. Da brennt alles und Dämonen laufen Amok. Nuancen. Können wir.
Die Hexenwelt soll sich zwar von der Menschenwelt extrem unterscheiden, allerdings kommt davon nicht viel rüber. Ich meine, der Zaubertränke – sorry, der Trankkundeunterricht ist wie Chemie, mit Bunsenbrennern und Reagenzgläsern, es gibt sogar Physik und einen Kräuterkundeabklatsch, bei dem sie aber nie lustige magische Pflanzen behandeln, sondern nur so komische Pflanzen, die auch bei uns existieren könnten, allerdings eine Eigenschaft haben, die sie absondert. Noch dazu ist der Geschichtsunterricht einfach 1 zu 1 aus Harry Potter übernommen worden, nur dass der Lehrer noch am Leben ist. Es gibt sogar einen sadistischen Lehrer, der seine Schüler gerne quält, ganz wie unser lieber Snape.
Allgemein gesehen ist Roldenburg einfach nur Hogwarts vom deutschen Wish bestellt. Alles an der Schule ist so unglaublich deutsch, dass es mich fast verwundert, dass da nie Weißwürste gegessen und bayrisch gesprochen wurde. Es gibt sogar das deutsche Punktesystem aus dem Abitur. Wo sind die Hexen bitte soviel anders als die Menschen, wenn sie doch alles von den Menschen abgeschrieben haben? Das Worldbuilding ist einfach nur langweilig und nichtvorhanden, was schade ist, denn die wenigen Sachen, bei denen sich tatsächlich Mühe gemacht wurde, wie beispielsweise die vielen Wesen oder die anderen Feiertage beziehungsweise Phänomene, die in der Hexenwelt vorkommen, waren stellenweise sogar richtig interessant. Ich hätte zum Beispiel gerne mehr darüber gewusst, wieso Halloween bei den Hexen als Schattenfest bezeichnet wird und so stark gefeiert wird, aber Weihnachten nicht-existent ist. Und was ist dieses Blutphänomen, von dem die Rede war? Das würde mich interessieren, ich will nicht lesen, wie Gabriela schon wieder von der Schulschlampe Stelle zusammengeschlagen wird, weil sie es wagt, in Night verliebt zu sein. So wie 99% der anderen Mädchen an dieser Schule.
Des Weiteren ist der Anfang wirklich wirklich träge. Es beginnt nicht nur langsam, sondern fast schon stehenbleibend, weil wir unbedingt erklärt bekommen müssen, was für ein normales Leben Gabriela hat, bevor sie erfährt, dass sie eine Hexe ist. Dann an der neuen Schule angekommen, ist leider alles andere auch sehr langweilig. Es dauert ungefähr 40-45%, bis die Geschichte sich nicht mehr wie eine Fanfiction anfühlt und endlich eigene Dinge einbringt, die dann aber auch nicht wirklich genutzt werden, denn der Grundplot der Geschichte ist es nur, dass Gabriela in Night verliebt ist und er sie auch mag, aber nichts tut, um das auch wirklich rüberzubringen und vielleicht mal dieses Hin und Her zu beenden.
Also, wieso hab ich dem Buch trotzdem 2,5 Sterne gegeben? Weil ich teilweise unterhalten war. Die Stellen, bei denen die Autorin mehr als nur Klischees und bitchige Catfights geschrieben hat, waren manchmal sogar spannend und es gab sogar Stellen, da hab ich gerne gelesen. Immerhin hab ich es nicht abgebrochen. Das ist auch was. Es gab zwar auch Stellen, die ich einfach übersprungen habe (das Billo-Quidditch zum Beispiel, da hatte ich keinen Nerv zu), aber die wurden zum Ende hin immer weniger. Einen richtigen Spannungsbogen gab es zwar trotzdem, aber ich war trotzdem für die meiste Zeit unterhalten.
Was ich an dem Buch gemocht habe: Die Brocken an interessantem Worldbuilding. Der Charakter von Thunder. Die Darstellung von Night. Die angefangene komplizierte Beziehung von Gabriela zu ihrem Vater. Die Wesen und Kreaturen und ein paar der Dämonen.
Was ich an dem Buch nicht gemocht habe: Die Darstellung von Frauen. Gabrielas Nutzlosigkeit und Hilflosigkeit und Unfähigkeit, in ihrer eigenen Geschichte so gut wie nur gerettet werden zu müssen. Die übermäßigen Klischees. Die Parallelen zu Harry Potter. Die krasse Deutsch-igkeit der Schule und der Welt, aber der übermäßige Gebrauch von englischen Wörtern als Namen sowie der Einbringung von sehr vielen Anime-Klischees. (White Day aus Japan importiert. Maid-Cafés. Jungs werden als Date versteigert, um Geld zu sammeln. Die einzigen nicht weißen Charaktere waren Japaner mit Namen wie Yuki und Sakura. Es ist offensichtlich, dass die Autorin Animes gut findet.) Die Action-Szenen. Die Dialoge.
Oh Gott. Die Dialoge. Die Dialoge waren so ziemlich das schlimmste an diesem ganzen Buch. Entweder sie waren absolut übertrieben oder so hölzern, das ich mich frage, ob die Autorin jemals mit anderen Menschen gesprochen hat? Ich meine, das sollen Teenager – junge Erwachsene sein, warum reden die alle so, als hätten sie gerade ein Job-Interview? Es ist teilweise einfach so hölzern und gestellt, dass ich nicht weiß, ob die Autorin echt so redet, oder einfach den Dialog nie selbst nachgesprochen hat, um zu erfahren, ob man das so sagen kann. Also es ist wirklich nicht gut. Nicht unterhaltsam, nur sehr selten witzig und selbst bei Szenen, in denen das Girl gemobbt wird, ist der Dialog nicht besser.
Das ist alles auch ein bisschen schade, denn die paar Szenen, in denen ein wenig Horror-Elemente eingeflossen sind, waren sogar einigermaßen tense und manchmal war die Action ganz gut geschrieben. Zwar hat die Prota sonst keine Gefühle oder Emotionen oder so (Am Ende des Buches tritt ein dicker Dämon auf ihren Arm und bricht ihr die Knochen und obwohl es aus der Ich-Perspektive geschrieben ist, bekommen wir keine Beschreibungen der Schmerzen sondern einen Satz, der mich fast schon aufregt. Er hatte meinen Knochen zertrümmert. OKAY?? WO SIND DEINE GEFÜHLE, MÄDCHEN???), aber sie beschreibt immerhin die meisten Sachen, die geschehen, recht klar, sodass man sich alles gut vorstellen kann. Nicht, dass alles davon gut ist, aber das sollten wir mittlerweile sowieso nicht mehr gewohnt sein.
Nun, abschließend muss ich auch noch sagen, dass wer auch immer hier Lektorat gemacht hat, bitte in den Knast gehen soll. Die Menge an Sätzen, die mit irgendwelchen Füllwörtern gestreckt sind und auch teilweise so anfangen, sind einfach ein Verbrechen. Ständig musste ich lesen, wie Sätze mit Nun, Jetzt, Dann, Danach oder so beginnen und es hat einfach nie Sinn ergeben. Und noch dazu war es so unfassbar hölzern. Nun beginnt der Unterricht aber doch. Jetzt sehe ich auch Night. Dann habe ich allerdings dies und jenes getan. Ab und zu kann man solche Sätze bringen, am besten in sehr actionreichen Szenen, aber doch nicht ständig, hundertmal in jedem Kapitel und dann so schlecht genutzt, dass ich mich frage, ob die Autorin vorher überhaupt mal einen Satz geschrieben hat, oder ob sie einfach random angefangen hat, dieses Buch zu tippen und es dann veröffentlich hat, ohne drüberzugehen.
Ich weiß noch nicht, ob ich den zweiten Teil lesen werde. An sich bin ich nicht abgeschreckt, der Story eine weitere Chance zu geben und zu hoffen, dass es im nächsten Teil besser wird, allerdings will ich auch gerne etwas lesen, bei dem ich nicht alle drei Seiten Screenshots machen muss, um die Absurdität mit meinen Freunden zu teilen. Ich habe bestimmt 35% von dem Buch gescreenshotted und mich drüber aufgeregt, weil es einfach schlecht, dumm oder schlichtweg frauenverachtend war.
Im nächsten Buch hoffe ich darauf, dass Miss Girl vielleicht mal ihre Magie benutzt, die sie das ganze erste Buch über nicht erweckt, außer zum Ende hin, sich aber auch nie wirklich darum kümmert?? Ich meine, die geht auf eine magische Hexenschule und weiß, dass ihre Kräfte erweckt werden müssen, aber tut bis ungefähr 70% einfach nichts, um die zu erwecken? Und als die erste Mal ihre Kräfte berührt, tut sie danach auch nichts mehr, um die zu nutzen? Lieber geht sie auf ein Kino-Date oder in den Karaoke-Club, als mal ihre Magie zu trainieren, zumal sie sonst von der Schule fliegt, wenn sie das nicht hinbekommt???? LIKE???? WARUM INTERESSIERT DIE SICH NICHT DAFÜR, DASS SIE ZAUBERKRÄFTE HAT??????
Okay, okay, okay. Genug geschrien. Ich bin jetzt abreagiert. Falls ich den zweiten Teil lese, hoffe ich auch wesentliche Besserung und weniger Frauenfeindlichkeit.
Man liest sich,
- Roiben.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top