distant horizons 2 radiant hope - pj ried
Triggerwarnung: Tod
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2,5 von 5 Sternen – Ein leider enttäuschendes Ende
Letztes Jahr hab ich den ersten Teil der Distant Horizons Dilogie von PJ Ried gelesen und mich auch da schon sehr über das Worldbuilding – oder eher über das fehlende Worldbuilding – aufgeregt. Mit dem zweiten Teil hatte ich Hoffnung, dass ein paar der übriggebliebenen Fragen geklärt würden und das wurden sie auch. Dafür wurden aber auch ungefähr doppelt so viele Frage offen gelassen oder neu dazu gebracht.
Radiant Hope von PJ Ried ist der zweite und letzte Teil der Piraten-Romantasy-Dystopie Reihe aus dem Impress-Verlag. Ein Recap, für diejenigen, die es nicht mehr wissen: Am Ende des ersten Teils hat Alizea, genannt Al, ihre Mutter wiedergefunden, die sich auf einer Müllinsel versteckt hat, dann hat ihr Loverboy Kian sie verraten und den Reaktor einer Apokalypsenmaschine gestohlen und nach Ark gebracht, der großen Kuppelstadt. Ark ist dann explodiert und Als Mutter gestorben, weil ein random Side Character plötzlich der Villain war. Alizea gibt sich selbst die Schuld an allem.
Der zweite Teil macht da weiter, wo der erste aufhört. Wir erfahren ein bisschen mehr von Evangeline, dem Bösewicht und warum sie die Maschine anschalten und beherrschen will, aber auch das ergibt nicht viel mehr Sinn als zuvor. Alizea suhlt sich seit Monaten im Selbstmitleid und heult noch immer jedes Mal, wenn sie mit ihrer toten Mutter über Funk redet, aber hatte wenigstens den Anstand, Kian dabei auch zu hassen, der Schuld am Tod ihrer Mutter trug. Jedenfalls beginnt der zweite Teil damit, dass Alizea und Ari, ihre second in command, mit Nima, einer weiteren Gefangenen die im Rollstuhl sitzt, einen Plan schmieden, um aus der Gefangenschaft zu fliehen. Das klappt auch überraschend gut und sie können sogar Als ganze Crew retten! Ich wäre bestimmt glücklich darüber, wenn irgendeiner dieser Charakter mehr als nur ein Name wäre.
Nima schließt sich ihnen nur an, mit dem Versprechen, dass Al ihr helfen wird, ihren gefangengenommenen Bruder zu finden, ansonsten wird sie sie nämlich sofort fallenlassen und nichts mehr mit ihnen machen. Das hätte man bestimmt gut für tension nutzen können, wenn die Autorin nicht vergessen hätte, dass Nima einen Bruder hat, den sie eigentlich sucht. Der kommt nämlich nicht vor und wird auch nicht ein einziges weiteres Mal nach der Flucht erwähnt. Nima ist einfach Teil der Crew und absolut badass dabei.
Ein paar der Fragen aus dem ersten Band wurden immerhin geklärt. Anscheinend gab es auf der gesamten wasserüberfluteten Welt wirklich nur zwei Städte, Ark und die Piratenstadt, und es gab tatsächlich auch größeres Leben im Wasser! Es gibt sogar eine Szene, in der ein Megalodon das Schiff angreift, was ganz cool war. Leider waren das auch so ziemlich die einzigen Fragen, die beantwortet wurden. Mit dem Untergang Arks gibt es nur eine einzige Stadt auf der gesamten Welt und diese wird von Piraten bewohnt und im gesamten Ozean, gibt es wohl nur einen großen bösen Fisch. Das wars.
Einmal mehr ist das fehlende Wordlbuilding ein Teil dessen, wieso ich diese Geschichte einfach nicht ernst nehmen kann. Das alles wirkt wie der grobe erste Plotentwurf, bevor man sich wirklich hinsetzt und an der Welt arbeitet. Hier wurde nur leider nie an der Welt gearbeitet. Es gibt keine signifikanten Ereignisse in der Vergangenheit bis auf die Pest, die wohl gewütet hat. Das wars. Es gibt einfach nichts, was diese neue Welt irgendwie interessant macht, außer Bergspitzen die aus dem Wasser gucken. Wieder einmal wurde darauf gehofft, dass man sich als Leser keine Fragen stellt, sondern einfach nur mit dem losen Thema von Piraten vibet.
Die Piraten haben natürlich wieder lustiges Familienessen, Banter und Schaumbäder und Karamellkaffee, denn wie sonst würde mir klar werden, dass das Piraten sind?
Ich hatte wirklich Hoffnung, dass der zweite Teil zumindest mit dem Plot anziehen würde und in den ersten 25% ist das sogar passiert, doch dann war der Ausbruch aus dem Gefängnis leider vorbei und es ging wieder bergab. Für ein paar Kapitel ist Evangeline der große Bösewicht, die es auf Al abgesehen hat, aber irgendwann wird an die auch nicht mehr gedacht und dann – dann kommt plötzlich ein neuer Bösewicht.
SPOILER
Kians Vater, der im ersten Teil vielleicht für eine Seite vorkam und absolut keinen Charakter hat, ist aufeinmal evil und möchte bitte alle Piraten tot sehen, dankeschön. Dafür hat er sich mit den freien Mergern (zusammengeschweißten Schiffen, die quasi als kleine Dörfer dienen) zusammengeschlossen, hat sie als Arks neue Armee ausgebildet und überfällt die Piratenstadt. Um das zu verhindern – Al erfährt davon, weil Kian sich so selbstlos von seinem Vater abwendet und zu ihr kommt, obwohl er sie zuvor verraten hatte und leider kommen die beiden wieder zusammen – bittet Al Evangeline, dass sie mit ihrer Apokalypsenmaschine doch bitte für ein bisschen Ablenkung sorgen soll, während sie und ihre Crew an Statisten die Piraten vereinigen oder so.
In der Piratenstadt ist dann ihr Plan, die Armee zurückzuschlagen, dass sie *looks at smudged handwriting* ihnen Streiche spielen???
GIRL! Die Leute sind alle aus, um euch brutal umzubringen und das Beste, was dir einfällt, sind Stolperdrähte, Rauchbomben, abgestandene Fischsauce und Wasserbomben???? UND EIN BISSCHEN SEIFE, DAMIT DIE BÖSEN BÖSEN MARNESOLDATEN AUSRUTSCHEN????
Ob die Autorin nun will, dass ich das Buch ernst nehme oder nicht, wurde mir nicht ganz klar. An einigen Stellen wurde ganz klar, dass hier dutzende Leute sterben, explodieren oder ins offene Meer gezogen wurden, an anderen war es eher so, dass sie ihnen ein bisschen die Laune verdorben wird. In einem Moment feuert Ari Pfeile in die Menge und bringt damit Alkohol zum Explodieren, wodurch sicher einige Soldaten im Feuertod sterben, im nächsten beobachten wir Nima dabei, wie sie im Alleingang DUTZENDE Soldaten (ein Dutzend sind zwölf Menschen. Dutzende sind also mindestens vierundzwanzig.) fertig macht und dabei nicht mal ins Schwitzen kommt. Spielt Nima hier Hyrule Warriors nach, oder wieso kann die allein dutzende Soldaten besiegen? Wieso kommt niemand auf die Idee, einfach mal das Mädchen mit dem Killer-Rollstuhl aus dem Rollstuhl zu schubsen?
Die Gang schafft es dann aus der Piratenstadt zu fliehen, wobei zwar eine von ihnen offscreen draufgeht (was keinen emotionalen impact hat, denn A) habe wir absolut keine Verbindung zu diesem Charakter, weil ich nicht weiß, warum ich mich dafür interessieren soll und B) passiert der erste Tod seit Als Mutter, also einem benannten Charakter, der eigentlich wichtig für Al sein soll, offscreen. Hier schießt sich die Autorin selbst in den Fuß, weil wir nur Als Sicht haben und sie außerdem keine Zeit investiert, um wenigstens zwei oder drei Leute aus der Crew mehr zu entwickeln.), aber was kümmert mich das? Sie fliehen auf ein Schiff, auf dem zufällig Aclott, Kians Vater, gerade dabei ist, Evangeline hinzurichten, weil diese mit der Apokalypsenmaschine eine halbe Eiszeit herbeibeschworen hat. Ablenkung hat Al gesagt. Weltuntergang hat Evangeline verstanden. Kann ja passieren.
Jedenfalls passieren Dinge, Kians Vater springt der Maschine hinterher, die ins Wasser gefallen ist, wird dabei wie ein Chicken Nugget gebrutzelt und geht drauf. Noch ein Mitglied aus Als Crew geht drauf, dieses Mal ist es der Koch, der nicht kochen kann, was auch so ziemlich sein einziger Charakter ist und er bekommt eine Todesszene von ganzen zwei Absätzen, bevor er vergessen an der Seite liegt. Die Apokalypse wird abgewendet, Evangeline hatte offscreen einen Durchbruch und erkannt, dass es vielleicht nicht an ihr liegt, die Welt mit der Apokalypsenmaschine zu beherrschen (ACH ECHT????) und alles ist wieder Friede, Freude, Eierkuchen. Kians Wasserangst kam ein einziges Mal vor, Evangeline war die erste Hälfte des Buches aus, Al zu töten, hat das dann aber doch nicht mehr vor, Kians Vater, der nie auch nur mehr als einen Namen hatte, war plötzlich machtbesessen und zwei Statisten sind tot.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin massiv enttäuscht von diesem Ende. Nicht nur, weil es einfach verwirrend geschrieben ist und ich nicht weiß, ob ich es lustig finden soll oder nicht, sondern auch weil es einfach nicht damit übereinstimmt, was man mir im Klappentext versprochen hat. Evangeline war der Erzfeind. Wieso hat sie überhaupt den Bösewicht gespielt, wenn sie dann offscreen merkt, dass sie doch nicht böse ist? Das ist dumm. Das ist schlechtes, faules Storytelling. Die Konfrontation von Al und Evangeline im ersten Band, so unnötig und random sie auch war, war wenigstens cool und hatte Stakes, weil sie das Leben von Als Mutter bedroht hat. Hier war es einfach nur unnötig. Der erste Bösewicht hatte im Hintergrund eine Revelation und will gut sein und der nächste zwirbelt seinen Schnurrbart und stirbt dann ein Kapitel später.
Ich habe hier sehr stark den Verdacht, dass sich um eine eigentliche Story keine wirklichen Gedanken gemacht wurde, sondern nur eine romantische Piratengeschichte entstehen sollte. Was ja auch fein gewesen wäre. Aber das ganze als dystopische Umweltstory zu verkaufen, wenn die ganze Story vorne und hinten mehr Löcher als ein sinkendes Stück Käse hat, das ist mies. Mir wurde Piratendystopie versprochen, aber alles, was ich bekommen habe, waren 500 Seiten von Al und Kian, die sich vielleicht wollen aber nicht können aber doch einfach Sex auf der Reling haben und nebenbei wird ein bisschen Plot draufgeschmiert, der in 20 Seiten abgeschlossen wird. Der Romance-Aspekt dieser Story ist der Autorin offensichtlich wichtiger gewesen als alles andere und das finde ich schade, denn mit der Idee der überfluteten Welt und der Piraten und den schwimmenden Städten könnte man so viel mehr machen, aber leider hat sich niemand auch nur mal zehn Minuten hingesetzt. Es wurde einfach das mindeste der Hausaufgabe gemacht, damit man die vier minus noch bekommt.
Ich weiß nicht, ob ich ein weiteres Projekt der Autorin auch noch lesen möchte. Hier wurde einfach hinten und vorne zu viel geschlampt, zumal fehlt der Autorin noch das gewisse Extra, um Nebencharaktere auch so zu gestalten, dass ich mich als Leser für sie interessiere. Das ganze Buch dreht sich eigentlich nur um drei Charaktere und einen Statisten mit ein paar Extrazeilen (Ari, auch die hat neben Als Freundin sein und Kian Death Threats geben keinen Charakter) und es wird versucht, das ganze mit einem riesigen Pool (hehe) an Nebencharakteren zu füllen. Aber das klappt einfach nicht.
Wisst ihr. Wisst ihr, was traurig ist? Gegen Ende treffen Al und Gang auf einen Soldaten, der sich versteckt. Kian kennt den Typen aus seiner Marinezeit. Der Typ ist vergesslich und schludrig und eigentlich voll der Feigling, ist aber dank seines Vaters trotzdem ein hohes Tier geworden. Dieser Typ, der lediglich eine Seite Dialog bekommen hat, hatte mehr Charakter und Backstory, als die Bitch, die drei Seiten zuvor offscreen gestorben ist und von Anfang an dabei war.
Was soll mir das über die Fähigkeiten der Autorin verraten?
Leider ist Distant Horizons 2 Radiant Hope ein ziemlicher Flop für mich. Die 2,5 Sterne vergebe ich noch sehr generös, weil ich zumindest Nima (auch wenn ihre Backstory vergessen wurde) und Aris Hass auf Kian (cuz same girl) genossen habe. Und natürlich die flauschige Katze Pandora, die sowieso wichtiger als alle anderen ist.
Over.
Man liest sich,
Roiben
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