♯Cнαpтer O8 ~ New Allιeѕ Aɴd New Eɴeмιeѕ.

Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!

Zuerst einmal: Entschuldigt, dass Ihr schon wieder so lange auf ein Update warten musstet! Ehrlich, für dieses Kapitel hab ich gefühlte zwei Jahre gebraucht ... Nicht, weil ich keine Lust zum Schreiben hatte, sondern einfach, weil mir die Zeit dafür gefehlt hat. Das mein PC andauernd abgestürzt ist, und ich deswegen vieles wieder neu schreiben musste, hat mich auch nicht sonderlich motiviert. Aber, gut - Hier ist dann also Kapitel Nummer Acht für Euch. Wie immer hoffe ich natürlich, dass Ihr auch dieses Kapitel mögen werdet und es Euch gefällt. Danke an alle, die mich die letzten drei Monate lang unterstützt, und mich nicht aufgegeben haben:

Lini26, TomHbner, xXCloveLoverXx, BlackGirlNumber1, TamaraRamieres, jess_ca08, LoVe_-99, GiacomoTuchacek, storyteller_95, beimmortal, IsabellaMina, zoeythevamp, snowbellexx, Rushi-chan, becauseIamspecial und Let_Love_Happen.

Ihr seid der Grund, warum ich an mich selbst glaube, und nicht aufgebe! Danke! So, und jetzt wünsche ich Euch ganz herzlich:

Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3

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♯Cнαpтer O8 ~ New Allιeѕ Aɴd New Eɴeмιeѕ.

The trust of the innocent is the liar's most useful tool.

Mein neues Zimmer war riesig. Und mit riesig meine ich ... Gigantisch. Atemberaubend. Es war alles in allem bestimmt zehnmal größer, als das, was ich bisher in Distrikt zwei bewohnt hatte. Ich musste zuerst tatsächlich ein paar Mal blinzeln, als ich die braune Tür aufstieß, in den Raum hineintrat, und mich dann vorsichtig darin umsah.

Weit links von mir befand sich eine Doppeltür aus geriffeltem Glas, die wahrscheinlich in ein angrenzendes Badezimmer führte.

Rechts von mir war eine etwas kleinere, doch trotzdem beachtliche Balkontür mit kunstvollen Verzierungen direkt in die dicke Zugwand eingelassen worden. So weit ich das beurteilen konnte, führte sie wohl auf eine kleine Terrasse, welche am ganzen Zug parallel entlanglief. Ich war ein bisschen verblüfft, um es mal untertrieben auszudrücken. Eine Terrasse ... auf einem fahrenden Zug? Wie war das denn bitte möglich? Aber naja, angesichts der Tatsache, dass viele Tribute in diesen Zug zum ersten und letzten Mal ins Kapitol fuhren, erschien mir dieser Luxus doch durchaus angemessen, auch wenn ich mich hüten würde, diese Terrasse zu betreten.

Wir fuhren sicher mehr als zweihundert Stundenkilometer, und obwohl man es kaum spürte, hatte ich wirklich keine große Lust auf diese Weise über Bord zu gehen - Wortspiel beabsichtigt. Dann begutachtete ich prüfend den Rest meines neuen Zimmers. Das große, ganz in blau gehaltene Bett war so unglaublich weich, dass ich mich am liebsten nur noch unter der schweren Decke verkriechen, und schlafen wollte. Aber das ging nicht ... Oder?

Mein Magen knurrte hörbar. Natürlich hatte ich mal wieder kein Frühstück gehabt - bedachte man das kleine Glas Orangensaft, von dem ich nur einmal genippt hatte, bevor es auf den Fliesen gelandet war. Etwas ratlos überlegte ich, was ich jetzt tun sollte. Enobaria hatte mir zwar geraten, mich auszuruhen, doch ich wusste, wenn ich einmal einschlief, dann würde ich so schnell auch nicht wieder aufwachen. Außerdem hatte ich Hunger.

Vielleicht sollte ich mich einfach auf die Suche nach einem Speisewaggon machen und sehen, dass ich etwas in den Magen bekam.

Es brachte schließlich niemandem etwas, wenn ich weiterhin hungerte.

Ich war jetzt auf dem Weg ins Kapitol, verdammt nochmal. Hungern war sowas von out. Langsam erhob ich mich vom Bett, und lief auf die Tür zu, nicht ohne noch einen sehnsüchtigen Blick zurückzuwerfen.

Dann kehrte ich meinem schönen Zimmer den Rücken zu.

Der Speisewaggon war zum Glück schnell gefunden.

Beeindruckt ließ ich meinen Blick über die enzianblaue Tapete gleiten, die kunstvoll mit silbernen Schmetterlingen und dunkelblauen Blumen verziert worden war. Weiße Sessel reihten sich um etwas kleinere Tische aus Kirschholz, auf denen sich Modemagazine stapelten. Weiter hinten konnte ich eine reich gefüllte Bar mit hohen Barhockern erkennen.

Doch all die Pracht des Zimmers verblasste fast im Gegenzug zu den vielen Köstlichkeiten, die ich überall erblickte. Denn im ganzen Raum verteilt standen kleine Tabletts mit Muffins, Cupcakes und Kuchen verschiedener Geschmacksrichtungen und Farben herum. Außerdem sah ich unzählige Gläser mit vielfarbigen Flüssigkeiten, die bestimmt Alkohol enthielten.

Davon ließ ich jedoch besser die Finger, da ich keine große Lust verspürte, mich jetzt vollkommen abzufüllen, und mich dann vor meinen Mentoren zum Affen zu machen. Also begnügte ich mich damit, mir drei kleine Blaubeermuffins zu schnappen, und mich dann in einen weichen Sessel fallen zu lassen. Hin und wieder langte ich neben mich, und stibitzte mir ein Stück Nussschokolade von einem Tablett. Ich war gerade bei meinem dritten und letzten Blaubeermuffin angekommen, als ich spürte, wie jemand den Speisesaal betrat. Alarmiert blickte ich auf und erfasste sogleich die Lage.

Enobaria und Brutus, gefolgt von mehreren Neuankömmlingen, marschierten schnellen Schrittes in den Raum hinein und suchten sich dann einen Platz unweit von mir entfernt. Und obwohl ich mich mit den Personen, die sich jetzt ganz plötzlich um mich versammelt hatten, nie auch nur ein vertrautes Wort gewechselt hatte, so kannte ich sie doch alle.

Die Erste, die ich erblickte, war Lyme Rubin.

Rotbraune Haare, stechende grüne Augen, und elfenhafte Gesichtszüge, welche in einem bemerkenswerten Kontrast zu ihrer beeindruckenden Schnelligkeit und ihrem herausragenden Kampfgeschick standen.

Cassia Frye.

Braune, sorgfältig gestylte Locken, und dunkle Augen, in welchen ich Scharfsinnigkeit, gepaart mit kaum verholener Arroganz erahnte.

Wie immer schmückte ein perfekt aufeinander abgestimmtes Outfit, bestehend aus weißer Bluse, schwarzer Hose und ebenfalls dunklem Blazer samt High Heels ihren zierlichen Körper. Dunkler, dicker Eyeliner, glitzernder Lidschatten und hellrosa Lippenstift verschönerten ihr ohnehin schon perfektes Gesicht. Anders als Lyme, war Cassia schon immer diejenige gewesen, die eher auf Eleganz und Hinterlist, als auf Stärke und Kampfgeschick gesetzt hatte. Was nicht heißen sollte, dass sie im Kampf unbegabt war, nein. Aber sie war wohl eher als die hervorragende Schauspielerin bekannt, und nicht als die furchtlose Kriegerin.

Urplötzlich begegnete Cassia meinem Blick und ich wusste, wir hatten sofort eines gemeinsam: Sie konnte mich von der ersten Sekunde an schon nicht ausstehen. Ich zuckte innerlich nur mit den Schultern und fasste als Nächstes die beiden Geschwister Raina und Leticia Wilson ins Auge.

Beide hatten lange schwarze Haare, die sie zu eng anliegenden Zöpfen geflochten hatten, und trugen schmucklose schwarze Kleider.

Auseinanderzuhalten waren sie nur dadurch, dass Leticia viel kleiner war als ihre ältere Schwester, und mich eindeutig nicht so grimmig aus dunklen Augen ansah. Als Letztes musterte ich Helios Navario, der zusammen mit Brutus an der reich gefüllten Bar stand und angeregt mit jenem plauderte. Offenbar war die Farbe Schwarz bei den Mentoren gerade total angesagt - Wie alle anderen trug nämlich auch Helios ein schwarzes Hemd und eine dunkle Hose. Anders als seine Begleiter jedoch schien er mich kaum eines Blickes zu würdigen, sondern war ganz in sein Gespräch mit Brutus vertieft.

Ich hatte gehört, Helios war das komplette letzte Jahr in Begleitung von Raina und Cassia nach Distrikt vier gereist - da hatten er und Brutus sich sicher viel zu erzählen. Da ich so vertieft in die Musterung der Neuankömmlinge war, hatte ich gar nicht gemerkt, dass Enobaria sich inzwischen mir gegenüber gesetzt hatte, und mich nun aus ihren blaugrauen Augen eigentümlich ansah. »Also ... Du hast wohl ein Problem damit, meine Anweisungen zu befolgen, nicht wahr? Eigentlich hatte ich dir doch gesagt, du sollst dich hinlegen und dich ausruhen.« Ich wand mich unbehaglich, doch in Enobarias Augen konnte ich eigentlich nur Belustigung erkennen, also entspannte ich mich kaum merklich und zuckte mit den Schultern.

Brutus dagegen, der jetzt in Begleitung von Helios langsam auf uns zuschlenderte, warf mir einen warnenden Blick zu und grummelte eine nicht gerade freundliche Bemerkung in meine Richtung.

Ich widerstand dem Drang, ihm die Zunge herauszustecken und schenkte ihm meinerseits ein überlegenes Lächeln.

Nach einigen Minuten räusperte sich Cassia, wobei sie ihre lockigen Haare nach hinten warf, um unser aller Aufmerksamkeit zu erlangen. »Nun ... Du bist anders, als ich den weiblichen Tributen dieses Jahr erwartet hätte.«

Helios lachte leise. »Ja. Ganz anders.«

Ich runzelte die Stirn.

Raina dagegen wählte keine so netten Worte.

»Anders als erwartet? Ich bitte euch, sie ist doch komplett untauglich! Zu klein, zu dünn - Ich erliege der Vermutung, dass selbst ein Windstoß sie umblasen könnte - und ... viel zu schwach. Seht euch nur mal ihre Statur an! Sie kann ja kaum ein Schwert halten, geschweige denn so viel Kraft aufbringen, einen Speer zu schleudern.« Sie schnaubte verächtlich.

Ich dagegen war seltsamerweise total gelassen.

»Hallo, ich bin anwesend! Redet mit mir, Leute, ich bitte euch!«, meinte ich und grinste. Helios tat es mir gleich, was ihn mir gleich viel sympathischer machte. »Nun, irgendwie muss sie es ja geschafft haben, die Akademie zu überleben. Nur die Besten schaffen es überhaupt erst dorthin«, meinte er und warf mir ein kurzes Lächeln zu. Cassia nickte zustimmend.

»Enobaria erzählte mir außerdem, sie sei eine hervorragende Messerwerferin«, ergänzte sie und ich lächelte sie überrascht an.

Der Blick, mit dem sie mich kurz darauf bedachte, war jedoch eiskalt und kein bisschen freundlich. Es schien sogar beinahe so, als hätte sie mir nur ein Kompliment gemacht, um Helios zu gefallen, welcher sie jedoch kaum beachtete, was wiederum Raina sehr zu freuen schien, die Cassia schon die ganze Zeit über verächtlich beäugte. Ich zog die Augenbrauen hoch.

Mann, was ging denn da ab?

Raina zuckte nun unbeteiligt mit den Achseln.

»Wenn ihr meint. Vielleicht habt ihr recht, und in ihr steckt wider Erwarten ja doch eine Kämpferin - oder zumindest mehr, als man auf dem ersten Blick sieht. Wenn nicht ... Und wenn ich Recht habe ... Dann wissen wir ja, wie es für sie ausgehen wird.« Ich schluckte schwer. Na toll. Als ob ich das noch nicht wüsste. Wenn ich versagte, dann starb ich. Ganz einfach.

Lyme, die die ganze Zeit über geschwiegen hatte, setzte sich nun neben Enobaria und schnappte sich eine alte Modezeitschrift aus dem Kapitol. Ich ahnte jedoch, dass sie bloß damit beschäftigt sein wollte, irgendetwas zu tun, da sie weder Mode, noch Styling sonderlich zu interessieren schien. Die Zeitung wäre wahrscheinlich eher etwas für Cassia gewesen.

»Wo ist eigentlich Cato?«, fragte ich nach ein paar schweigsamen Minuten. Enobaria schenkte mir einen wissenden Blick, woraufhin ich eine gelangweilte Miene aufzusetzen versuchte - was mir nicht gelang.

»Er kommt sicher gleich. Zweifellos wird auch er meinen Rat, sich auszuruhen, nicht befolgen ... Nun ja. Nach dem Abendessen werden wir uns dann die Ernten der restlichen Distrikte ansehen und besprechen, vor wem ihr euch besser in Acht nehmen solltet. Vor allem die Tribute aus den Distrikten eins und vier werden dabei eine große Rolle spielen, da sie eventuell eure Verbündeten sein könnten.« Ich nickte wenig begeistert.

Ich wollte keine Verbündeten. Ich wollte mich lieber ganz auf mich selbst verlassen können. Sicher, ich konnte die Vorteile nicht verleugnen, die ein Bündnis einbrachte - genug Vorräte, gegenseitige Rückendeckung, mehr Schlaf, da die anderen für einen Wache hielten - doch man durfte auch die bedeutende Tatsache nicht außer Acht lassen, dass die anderen Tribute immer nur darauf aus waren, einen von hinten abzustechen. Doch das sagte ich nicht laut, weil ich wusste, dass es mir nichts bringen würde.

»Eigentlich müsstet ihr mit den Tributen aus eins und vier doch schon mal Bekanntschaft geschlossen haben, oder? Wir veranstalten doch jedes Jahr diese Wettkämpfe zwischen den Akademien«, meldete sich Helios nun zu Wort und ich nickte überrascht. »Ja, das stimmt. Aber natürlich hab ich mir nicht sofort alle Gesichter eingeprägt ... Aber ja, ein paar würde ich vielleicht wiedererkennen.« Die Wettkämpfe zwischen den Trainingsakademien von Distrikt eins, zwei, und vier waren jedes Jahr ein großes Spektakel.

Unser Distrikt war seit jeher der Gastgeber dieser Wettkämpfe, welche eine volle Woche andauerten und wegen denen zahlreiche Kapitolbewohner bereits frühzeitig eine Reise nach Distrikt zwei buchten.

Denn nur unser Distrikt verfügte über eine ausgefeilte und pompöse Arena, ähnlich der im alten Rom, wo zu jener Zeit jeden Tag Gladiatorenkämpfe stattgefunden hatten. Ich war jetzt schon zwei Mal für die Wettkämpfe ausgewählt worden - sowohl letztes, als auch vorletztes Jahr. Sie fanden immer im Sommer statt, waren also bereits seit vier Monaten vorüber.

Wie immer, hatte Distrikt zwei auch dieses Jahr den Sieg in den Rubriken Speerwurf, Schwertkampf, Messerwurf und Nahkampf davongetragen - und das waren nur einige Beispiele. Nur im Bogenschießen war uns Distrikt eins seit jeher voraus, genauso wie Distrikt vier im Wettschwimmen. Das war jedoch von vornherein klar gewesen, da Distrikt vier alles in allem hauptsächlich eine Hafenstadt war - welche natürlich am Wasser lag.

»Hey, Leute«, unterbrach plötzlich Cato, welcher nun endlich den Raum betrat, meine Gedanken. Mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen begrüßte er Brutus und Helios, während er den anderen weiblichen Siegern frech zuzwinkerte. Nur Leticia erwiderte sein Lächeln.

Raina und Cassia waren offenbar viel zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig mit ihren Blicken zu erdolchen, während Lyme noch immer unbeteiligt in ihrem Modemagazin blätterte. Enobaria seufzte.

»Na ja, etwas Gutes hat es ja, dass ihr beide meine Anweisungen nicht befolgt habt: Wir können früher als geplant mit dem Abendessen anfangen.«

Ich grinste. Oh, ja Abendessen.

Das klang doch ganz verlockend, denn obwohl ich bereits drei Muffins verputzt hatte, so regte sich in mir doch der Wunsch nach Steak und Salat ...
Auch Cato freute sich augenscheinlich aufs Abendessen, denn sein Magen gab unmittelbar in dieser Sekunde ein lautes Knurren von sich.

Ich lachte laut, woraufhin mir Cassia einen genervten Blick zuwarf, den ich jedoch ignorierte. Bevor Enobaria das Zimmer verließ, drehte sie sich an der Türschwelle noch einmal zu uns um, und musterte Cato nachdenklich.

»Hast du eigentlich Emelia geweckt? Sie wollte sich doch nur kurz hinlegen und dann zu uns stoßen.« Cato murmelte etwas Unverständliches.

Ich grinste. Natürlich hatte er es vergessen.

Was mich nicht störte, übrigens.

Ich hatte keine Lust, mit Emelia über die katastrophale Ernte zu reden, und auf ihren gekünstelten Kapitolakzent konnte ich auch verzichten.

»Hab ich vergessen. Tut mir wirklich leid«, entschuldigte sich Cato und schenkte mir ein Lächeln. Ich grinste noch breiter.

Das tat ihm dann wahrscheinlich genauso leid wie mir ... Also gar nicht.

Enobaria seufzte, und gab uns dann den Wink, ihr ins angrenzende Esszimmer zu folgen. Während Lyme zurückblieb, und schweigend in ihrem Modemagazin blätterte, schlossen sich uns die anderen an, und folgten uns in den Nebenraum, wobei Cassia noch immer vollauf damit beschäftigt schien, Helios’ Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich verdrehte die Augen.

Im Esszimmer angekommen, staunte ich nicht schlecht.

Nicht nur, dass der ganze Raum in Gold und Rottönen gehalten war, auch die Holzvertäfelung, die vielen Kerzenleuchter an der Wand und die goldene, reich beladenene Tafel, trugen dazu bei, dass man sich an eine Szene aus einem Buch über die Burgen des Mittelalters erinnert fühlte.

Langstielige Weingläser standen neben eleganten Tellern, die mit goldenen Verzierungen geschmückt waren. Großzügig beladene Silberteller, auf denen allerlei Köstlichkeiten dampften, nahmen fast die ganze Tafel ein.

Zehn Holzstühle säumten den Tisch. Auf einem davon saß bereits Brutus, der sich anscheinend während des Gesprächs über die anderen Trainingsakademien aus dem Staub gemacht, und den Speisesaal gewechselt hatte, und steckte sich mit verzücktem Gesichtsausdruck ein blutig aussehendes Stück Steak in den Mund. Gleich darauf folgte ein Schluck Wein. Ich musste grinsen, als ich sah, wie er Sekunden später glücklich seinen Teller mit geschmorter Paprika, Bohnen und Kartoffeln belud. Anscheinend hatte er das Essen des Kapitols ziemlich vermisst.

Brutus, der meinen Blick jetzt offensichtlich bemerkte, sah überrascht auf.

»Was?«, schmatzte er verwirrt und lud noch mehr Gemüse auf seinen Teller.

Ich lachte nur kopfschüttelnd und nahm neben Cato Platz. Helios, der im Begriff war, sich zwischen Raina und Cassia niederzulassen, musste mein stummes Kopfschütteln bemerkt haben, denn er setzte sich nach kurzem Zögern neben Enobaria und Brutus, was Raina und Cassia die Gelegenheit gab, sich erneut wütend anzufunkeln. Ich verbiss mir ein Lachen.

Ein stummes rothaariges Mädchen goss uns Wein aus einer hübschen, gläsernen Karaffe in die langstieligen Gläser, welche direkt neben unseren Tellern standen. Das war also ein Avox. Interessant. Ich hatte davon gehört.

Menschen, denen man die Zunge herausgetrennt hatte.

Menschen, die die Gesetze des Kapitols gebrochen hatten.

»Also dann, Leute - Lasst es euch schmecken«, meinte Enobaria lächelnd und belud ihren Teller mit einer saftig aussehenden Boulette. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Während ich mich bemühte, mir von allem etwas aufzutun, lauschte ich den langsam aufkommenden Gesprächen.

Enobaria und Leticia plauderten angeregt über die neuste Mode im Kapitol - Ein Thema, was, Leticia eingebracht hatte - und diskutierten dabei über ihre Lieblingsdesigner. Auf der anderen Tischseite dagegen hatte Helios seine liebe Mühe, Cassias neugierige Fragen zu beantworten, die sich meist nur um das Kapitol oder die Akademie drehten, wo Helios als Trainer arbeitete.

Cassia war von allen Anwesenden hier die jüngste Siegerin, deshalb waren ihre Fragen eigentlich berechtigt, doch ich hatte so den Eindruck, als wolle sie damit nur Raina eins auswischen. Jene löffelte still und leise einen Fruchtjoghurt. Ich schenkte ihr ein Lächeln, doch sie ignorierte mich, woraufhin ich mich achselzuckend wieder über meinen Teller hermachte.

Als die rothaarige Avox wenig später mit dem Nachtisch hereinkam - einer großen, zitronengelben Sahnetorte und unzähligen Tabletts voller Muffins, Cremetörtchen und Desserts - hatte ich so meine Bedenken, dass ich überhaupt noch in mein Paradeoutfit passen würde. Aber das Essen war einfach viel zu gut, um es zu verschmähen, also tat ich mir von allem kräftig auf. Am Ende des Abends fühlte ich mich pappsatt und leicht benommen, was wahrscheinlich vor allem der viele Wein verursacht hatte. Verdammt.

Wieso hatte ich nur nicht bemerkt, wie die Avox mein Glas immer wieder nachgeschenkt hatte? Hoffentlich musste ich mich jetzt nicht übergeben ...

Als ich nach einer Kanne Wasser langte, und mich dabei über den ganzen Tisch beugen musste, bestätigte sich meine Vermutung, denn mein Magen hob sich plötzlich merklich. Verdammt. Ich schluckte schwer. Jupp.

Der Wein war definitiv zu viel gewesen. Und das nicht nur für mich.

Auch Brutus’ Glas war in der letzten halben Stunde immer wieder mit der roten Flüssigkeit gefüllt worden, doch anders als alle anderen, kam er mit den Nachwirkungen des Getränks offenbar nicht so gut zurecht, sondern versuchte nun, Enobarias Aufmerksamkeit zu gewinnen, indem er ihr andauernd Komplimente machte, welche im Laufe des Abend immer sexistischer wurden. Cato und Helios fanden das witzig, Raina verdrehte die Augen, und Cassia schien nur mit sich selbst beschäftigt zu sein. Enobaria dagegen, hatte so ihre liebe Mühe damit, Brutus in Schach zu halten.

Mir wurde langsam echt übel. Der Wein und das köstliche Essen schienen mir wieder hochzukommen, als Brutus plötzlich im Eifer des Gefechts sein Glas umstieß, und sein Kopf laut auf die Tischplatte knallte.

Enobaria versuchte halbherzig, ihn wieder aufzuwecken, gab es jedoch sehr schnell wieder auf. Cato dagegen versuchte, Brutus heimlich eine Ohrfeige zu verpassen, was Helios so ungemein witzig fand, dass er sogar so weit ging, Cato noch dabei zu ermutigen. Doch nach einem missbilligenden Blick von Enobaria unterließen die beiden es schließlich.

Ich dagegen unternahm gar nichts. War ja nicht mein Problem, wenn Brutus die Ernten der anderen Tribute verpasste. Das Einzige, um was ich mich jetzt kümmern musste, war, nicht zu kotzen. Also versuchte ich es mit einem großen Schluck Wasser und einer Melonenscheibe und tatsächlich - Mein rebellischer Magen schien sich langsam wieder zu beruhigen. Ich lächelte.

Nach wenigen Minuten stand Enobaria schließlich auf und schlenderte ins Nebenzimmer, welches in sanften Rottönen gehalten war. Nach kurzem Zögern folgten wir ihr, wobei Helios und Cato es nicht lassen konnten, die Sahnetorte samt dem mit Fruchtquark beladenen Tablett mitzunehmen.

Keiner hatte große Lust, Brutus aufzuwecken, also ließen wir ihn in einer Weinpfütze schnarchend liegen. Cato und ich setzten uns im Nebenzimmer auf die große Couch, Enobaria dagegen ließ sich in einen Sessel uns gegenüber fallen. Cassia setzte sich - natürlich - neben Helios, während Raina schweigend in einer Ecke Platz nahm.

Enobaria griff lustlos nach der Fernbedienung und richtete diese auf den großen Flachbildfernseher an der Wand uns gegenüber. Das Wappen von Panem wurde mit der Hymne zusammen lautstark eingeblendet.

Eine kurze Reportage über die Kriege und Katastrophen, die unser Land zerstört, und das Leben auf den anderen Kontinenten, ausschließlich Nordamerikas, vollständig ausgelöscht hatte, folgte.

Kurz bevor schließlich die Ernte von Distrikt eins gezeigt wurde, erschienen plötzlich Brutus, Emelia und als Letztes Leticia, welche sich sogleich zu ihrer Schwester gesellte. Erschöpft ließ Brutus sich neben Cato fallen, der daraufhin weiter zu mir rückte. Er befürchtete anscheinend, Brutus würde sich nun an ihn heranmachen, da es mit Enobaria ja nicht geklappt hatte.

Doch das war nicht der Fall. Brutus schien ausschließlich auf die Ernten konzentriert zu sein - oder auf das Glas Wodka in seiner Hand.

Schwer zu sagen.

Cato reichte mir jetzt einen Fruchtquark mit Blaubeergeschmack, welchen ich dankbar annahm. Vielleicht würde der Quark mir gegen meine noch immer andauernde, aber Dank des Wassers zum Glück unterdrückte Übelkeit helfen. Meinen Blick auf den Fernseher richtend, auf dem soeben Distrikt eins eingeblendet wurde, steckte ich mir einen Löffel voll in den Mund. Hmm. Der Quark war noch gefroren und die Blaubeeren waren eisgekühlt und taufrisch. Lecker. Das laute - und leicht hysterische - Lachen von Ceaser Flickermann, dem Moderator der Hungerspiele, was urplötzlich aus den Lautsprechern dröhnte, ließ mich beinahe von der Couch hochfahren. Zum Glück konnte ich mich gerade noch beherrschen, und so entfuhr mir nur ein leises Fiepen, was außer Cato keiner zu hören bekam.

Der lachte leise, woraufhin ich ihn wütend anfunkelte, bevor ich meinen Blick wieder nach vorn richtete. Caesar, dessen Haare und Lippen in diesem Jahr einen taubenblauen Farbton besaßen, hielt uns nun einen kleinen Vortrag darüber, was für eine Ehre es doch sei, als Tribut ausgewählt zu werden, und wie interessant die diesjährigen Teilnehmer doch waren.

Ich zog die Augenbrauen hoch.

Klar. Das sagte er zwar jedes Jahr, sodass man inzwischen stark an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln konnte, aber Schwamm drüber. Oh - und natürlich erwähnte er noch, wie toll diese Hungerspiele doch werden würden.

Jedes. Verdammte. Jahr. Dieselbe. Scheiße.

Ich gähnte. Plötzlich zwängte sich ein kleiner Man mit einer blonden Haartolle - die aussah, als hätte sie gerade jemand ausgekotzt [Oder was sollten die vielen Kringel, die mich an Gedärme erinnerten sonst darstellen?] neben Caesar und die beiden klatschen begeistert ab.

»Willkommen, willkommen, Claudius«, kreischte Caesar und gab dem anderen eine herzliche Umarmung. »Sicher sind die schwul«, rutschte es mir in diesem Moment heraus, und Helios und Cato lachten laut.

Selbst Raina musste sich ein kleines Grinsen verkneifen.

»Bist du auch so gespannt auf die diesjährigen Hungerspiele wie ich, Claudius?«, fragte Caesar soeben mit einem Augenzwinkern und sah Claudius Templesmith, dem Kommentator der Hungerspiele abwartend an.

Claudius gackerte irre.

»Aber, hallo!«, bestätigte er und grinste gemeinsam mit Ceaser in die Kamera. Cato kam aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.

»Mann, was für eine Freakshow«, prustete er und auch ich kicherte leise.

»Und auf geht’s!«, rief plötzlich Caesar mit mysteriöser Stimme, beinahe so, als wäre er plötzlich Moderator einer Geisterbahn und zwinkerte wie wild.

Zum Glück gab es jetzt einen schnellen Schnitt, denn die schrillen Stimmen der beiden Moderatoren aus dem Kapitol hatten mir bereits die schlimmsten Kopfschmerzen seit Langem beschert, und die grellen Farben ihrer Kostüme verursachten mir Augenkrebs. Ich senkte den Blick wieder auf meinen Fruchtquark und wartete ungeduldig auf die Ernten.

Einen zweiten Löffel nehmend, richtete ich meine Augen dann wieder auf den Fernseher. Und was ich dort sah, ließ mich doch tatsächlich aufkeuchen. Zuerst glaubte ich tatsächlich zu träumen.

Ich hatte Distrikt eins schon oft in Zeitschriften oder kurzen Ausschnitten im Fernsehen gesehen, aber dieser Anblick nahm mir dann doch kurzzeitig den Atem: Ein Meer aus stark futuristisch aussehenden silbernen Wohnhäusern blickte mir entgegen. Die Sonne beschien fröhlich die Dächer und hier und da blitzte ein heller Lichtschein auf, wenn sie sich in den hohen Fenstern brach. Silberne, spitze Türmchen reihten sich vor meinen erstaunten Augen aneinander und wirkten in ihrer Gesamtheit wie die luxuriösen Märchenschlösser reicher, verwöhnter Prinzessinnen. Sorgfältig gestutzte Parkanlagen mit einer Vielzahl von bunten Blumenarrangements und Springbrunnen umlagerten die Häuser und säumten die vielen Straßen.

Wolkenkratzer, auf denen bekannte Firmenlogos für Luxusartikel prangten, ragten vereinzelt aus dem Meer aus schillerndem Glamour und prachtvoller Schönheit heraus. Des weiteren dominierten hier - anders als bei meinem eigenen Distrikt - vor allem silberne, schneeweiße und hell- bis dunkelblaue Farbtöne. Wie es sich für den Produzent von Luxusgütern gehörte, waren alle Wohnhäuser üppig mit Edelsteinen verziert, die bei uns in den Bergwerken von Distrikt zwei gewonnen und in Distrikt eins weiterverarbeitet und vermarktet wurden. Es gab pompöse Villen, und selbst die kleinsten Hauser schienen noch luxuriös - aber natürlich sah man im Fernsehen immer nur das, was man sehen sollte. Vielleicht gab es ja auch hier eine etwas ärmere Bevölkerung. Ich meine, das Haus, was ich bis heute mit meinem Vater bewohnt hatte, wurde auch noch nie im Fernsehen gezeigt.

Die erneut ertönenden Fanfaren Panems rissen mich aus meinen Gedanken und ich fuhr mir vorsichtig über die Augen. Gerade wurde der - ebenfalls ganz in Silber - gehaltene Ernteplatz von Distrikt eins gezeigt.

Wie unserer auch, war er natürlich riesig und unvorstellbar luxuriös.

Aber Moment mal - waren das tatsächlich Diamanten dort im Boden?

Das war mir bis jetzt ja noch nie aufgefallen ...

»Sie haben den Boden erneuert. Letztes Jahr waren jedenfalls noch nicht so viele Diamanten in die Fliesen eingefügt«, meinte Emelia in diesem Augenblick und nickte gewichtig. Wir alle sahen sie kurz an, dann wandten wir unsere Blicke wieder dem Fernseher zu. In diesem Moment betrat eine große dunkelhaarige Frau die pompöse Bühne. Die Ansprache, die sie nun unzweifelhaft halten würde, wurde ausgeblendet - es war ja auch langweilig, in jedem Distrikt dasselbe zu hören. Nein, es gab plötzlich einen kurzen Schnitt und man sah noch einmal die Person, die die Betreuerin von Distrikt eins sein musste - Einigermaßen hübsch mit milchkaffeefarbener Haut und schwarzem langem Haar samt Pony, welches allerdings ziemlich künstlich wirkte - und dann stand eben jene auch schon vor der Kugel mit den Mädchennamen und zog flugs einen weißen Zettel heraus.

»Glimmer Evangeline Lovelace!«, verkündete sie mit ruhiger Stimme, die um einiges weniger gekünstelt klang als Emelias - und wartete.

Sekunden später löste sich ein kurviges blondes Mädchen aus der Menge und betrat selbstsicher die große Bühne. Beinahe hätte man das Zittern ihrer Hände übersehen, da doch ihre Miene glatt und unbewegt blieb.

Ich lächelte schmal.

Tja, so oft wir den Leuten auch versicherten, es würde uns eine Ehre sein, in die Hungerspiele zu ziehen - Man machte sich nichtsdestotrotz Sorgen um sein eigenes Leben. Denn eben jener Moment, wenn jemand anders den eigenen Namen von einem Zettel abliest - Das könnte der Moment sein, an dem man sein Leben verwirkt hatte. Das soeben ausgewählte Mädchen jedoch, machte sich solche Gedanken offenbar nicht.

Stolz und siegesgewiss lächelte es in die Kamera. Das Ritual, den auserwählten Tributen zu Boden ringen, um selbst dessen Platz einnehmen zu können, gab es in diesem Distrikt offenbar nicht, denn niemand hielt die Blonde auf, sodass sie ungehindert die Bühne betreten konnte.

Richtig, besann ich mich, und mein Lächeln wurde eine Spur zynischer.

Im edlen Distrikt eins geht ja auch Schönheit und Eleganz vor Tapferkeit und Kampfgeschick. Meine hässlichen Gedanken wurden jäh unterbrochen, als die Betreuerin mit ruhiger Stimme fragte:

»Gibt es irgendwelche Freiwilligen?«

Schon schnellten etliche Hände in die Höhe.

Ein gequälter Ausdruck huschte kurzzeitig über das Gesicht des blonden Mädchens - Glimmer Lovelace, erinnerte ich mich streng; es war ja nicht besonders hilfreich, wenn ich jetzt schon ihren Namen vergaß - bevor sie mit melodischer Stimme verkündete:

»Nein. Ich möchte keine Freiwilligen. Ich werde selbst gehen.«

Die anderen Mädchen, welche sich anscheinend schon Chancen ausgerechnet hatten, zogen nun enttäuschte Gesichter. Ich war überrascht.

Normalerweise war jeder dankbar für einen Freiwilligen. Entweder wollte die Familie dieses Mädchens unbedingt, dass es in die Hungerspiele zog, oder aber Glimmer Lovelace war eine ganz ausgezeichnete Kämpferin.

Was ich allerdings nicht glaubte, so wie sie aussah.

Sie war schlank, ohne dünn zu wirken, und kurvig, ohne gleich befürchten zu müssen, man würde sie als dick beschimpfen.

Dank ihres komplett in weiß gehaltenen Outfits verglich ich sie in Gedanken unwillkürlich mit einem Engel. Nur das höhnische Lächeln, was sie für die vielen Kameras übrig hatte, wollte nicht so recht ins Bild passen.

Eine laue Brise zog über den Ernteplatz hinweg - und somit auch über die einhundert silbern angesprühten Bäume, die so sehr gestutzt waren, dass sie wirkten, wie kleine Weihnachtskugeln, die in zehn Zentimeter Abständen den großen Platz säumten. Das schlichte weiße Spitzenkleidchen, dass das blonde Mädchen trug, und welches ein unscheinbares Blumenmuster zierte, flatterte leicht im aufkommenden Wind. Ähnlich der Brise huschte erneut ein gequälter Ausdruck über das Gesicht des weiblichen Tributen und ich runzelte die Stirn. Was hatte die denn bitte für ein Problem?

Hätte sie nicht in die Spiele gewollt, hätte sie es doch einfach sagen können. Sicher hätten die anderen Mädchen ihren Platz mit sehr viel mehr Begeisterung eingenommen. Wieso aber hatte sie nichts gesagt?

Ich schüttelte den Kopf.

Es war nicht meine Aufgabe den Gefühlszustand der Tribute zu beurteilen. Das ging mich Erstens, nämlich gar nichts an und Zweitens, würde es mir bei den Spielen sowieso nicht viel weiterhelfen, da ich dort ja nicht als deren Psychologe sondern als deren Mörderin fungieren sollte.

Also wieder zurück zum eigentlichen Geschehen.

Soeben ging die Betreuerin von Distrikt eins zu der zweiten durchsichtigen Glaskugel hinüber, welche die Aufschrift »Jungen« zierte. Alle warteten gespannt, während die Frau einen Zettel herauszog und ihn langsam auffaltete. Doch entgegen meinem Willen war mein Blick erneut zu dem hübschen, bereits ausgewählten Mädchen mit dem weißen Kleid geschwirrt.

Die blonden Haare waren zu einer eleganten Bananenfrisur aufgesteckt worden. Einzelne gewellte Strähnen fielen scheinbar gewollt um das ebenmäßige, leicht rundliche Gesicht der jungen Frau.

Passend zu ihrem artigen Spitzenkleid trug sie weiße High Heels, die jedoch kein allzu aufwendiges Muster zierten. An ihren Ohren funkelten dagegen ein paar sehr hübsche und sehr teuer aussehende Perlenstecker.

Doch das, was mich am meisten an ihr faszinierte, waren ihre Augen. Mandelförmig, von dichten Wimpern begrenzt, und mit ganz wenig Lidschatten in Szene gesetzt, funkelten sie in einem Ton, der die Farbe von Smaragden besaß. Ich schauderte, als das junge Mädchen jene direkt in die Kamera richtete und mich förmlich damit durchbohrte.

Es war beinahe so, als wüsste sie, dass ich ihr in jenem Moment zusah.

Baah. Gruselig.

Weil ich so vollkommen auf das blonde Mädchen fixiert war, hatte ich gar nicht bemerkt, dass vor wenigen Sekunden offenbar ein zwölfjähriger Junge ausgewählt worden war, der nun verunsichert auf die Bühne tigerte. Sehr schnell wurde er jedoch durch einen Freiwilligen ersetzt - einem großen, ebenfalls blonden Siebzehnjährigen, mit dem Namen Marvel Chanterburry.

Ich verkniff mir ein Grinsen, als ich seine schluderige Körperhaltung bemerkte, mit der er auf die Bühne stürmte, als würde sein Leben davon abhängen, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Stand er erst einmal neben dem Mädchen, dessen Miene bemüht ausdruckslos war, konnte ich sehen, dass sich die zwei doch deutlicher voneinander unterschieden, als ich zuerst vermutet hatte. Denn obwohl sie beide blond waren, so war das Haar des Mädchens eine faszinierende Mischung aus flüssigem Sonnenlicht, vermischt mit der Farbe schillernder Goldadern, welche man nur tief in den Bergwerken Distrikt zwei’s zu sehen bekam, während die Haare des Jungen dagegen dunkler und beinahe schon aschblond wirkten.

Außerdem vermittelte er im Vergleich zu seiner eleganten Distriktpartnerin eher den Eindruck eines netten Teenagers. Auch die Kleidung, die er trug, beinhaltete nicht wirklich etwas Ausgefallenes oder Besonderes:

Ein blaues kurzärmeliges Hemd und eine enge weiße Hose, dazu normale schwarze Turnschuhe. Das überraschte mich dann doch, denn meist kamen selbst die Jungen des Luxusdistrikts in eleganten Anzügen und schillernden Jacketts zur Ernte. Nicht jedoch Marvel Chanterburry.

Der wirkte einfach, als wäre er gerade von der Feldarbeit nach Hause gekommen - was absurd schien, da ich mir fast sicher war, dass die Menschen aus Distrikt eins noch nie einen harten Arbeitstag erlebt hatten.

Sie standen meist nur an den Bändern ihrer riesigen Firmen und sahen zu, wie die Gesteine und Edelsteine, die unsere Bergwerke ihnen lieferten, von einer silbernen - in Distrikt eins eigens entwickelten Textur - versehen wurden. Nun bedeutete die Betreuerin den beiden Tributen, dass sie sich die Hand reichen sollten. Und genau da wurde ich plötzlich stutzig:

Denn der Blick, mit dem die beiden einander betrachteten - In seinen Augen lag tiefe Sympathie für die blonde Schönheitskönigin; in ihren dagegen vorherrschend Furcht und Bedauern, vermischt mit leichter Zuneigung - zeigte, dass sie sich kannten. Und ich spreche hier nicht nur von einer flüchtigen Bekanntschaft, sondern von echter, tief gehender Freundschaft.

Na klasse. Das konnte ja heiter werden.

Ich zog die Brauen hoch, während ich mich fragte, was die beiden wohl miteinander verband, und - noch viel wichtiger - Ob sie es letztendlich schaffen würden, sich gegenseitig zu töten.

Die Kameraeinstellung wechselte, zoomte nun auf die zwei Menschen, die inmitten eines lichtdurchfluteten Platzes standen, Hand in Hand, den Blick stark und entschlossen in die Menge gerichtet.

Sie waren schön anzusehen, sicher. Aber das war’s auch schon.

Denn sowohl die ultralangen Fingernägel des Mädchens, welche ganz im French Nails Look gehalten waren, als auch die gespielt überhebliche Miene, die beide zur Schau stellten, verdeutlichten die Tatsache, dass sie eigentlich noch Kinder waren. Zwei unschuldige, ahnungslose Jugendliche, die man soeben gewaltsam aus ihrem altbekannten Leben gerissen hatte.

Darüber hinaus sahen beide aus, als wären sie eher auf Schönheit, als auf Kampfgeschick konzentriert - Genau wie für Distrikt eins eben üblich. Für mich verkörperten sie somit die klassischen Merkmale des Luxusdistrikts.

Allen voran, natürlich Schönheit. Danach Eleganz. Und ... Überheblichkeit.

Langsam konnte man sehen, wie der Bildschirm des Fernsehers sich merklich verdunkelte. Ein schneller Schnitt und plötzlich konnte ich die hohen, mir so unendlich vertrauten Berge meines Heimatdistrikts erblicken.

Die Kameras schwenkten - für meinen Geschmack viel zu kurz - über die vielen Bergdörfer, Bergwerke und Steinbrüche, bishin zur belebten Stadtmitte und unserem im Sonnenlicht funkelnden Ernteplatz.

Wie bei der Ernte von Distrikt eins, die wir soeben gesehen hatten, wurde Emelias Ansprache komplett ausgeblendet, und man bekam gleich die Auswahl der Tribute zu sehen. Von meinem Platz aus beobachtete ich jene nun von einer ganz anderen Perspektive.

Es war ... irgendwie näher.

Als ob es sich realer anfühlte, wenn man nicht mitten im Geschehen war, sondern von außerhalb zusah - paradox, ich weiß.

Cato neben mir schluckte hörbar, und ich richtete meinen Blick wieder auf den Fernseher, um zu sehen, was ihn so beschäftigte.

Ich sah zu, wie Emelia soeben Bryce Olandils Namen vorlas und dieser sich auf den Weg zur Bühne machte. Ich sah zu, wie die anderen Jungen ihn vor Eifersucht fast tottrampelten. Ich sah zu, wie Bryce blutend das Weite suchen wollte, und sie selbst dann nicht von ihm abließen, sondern ihn grob und brutal zu Boden schubsten. Ich sah zu, wie sie sich in ihrem Eifer gegeneinander wandten. Wie Freund zu Feind wurde, und sie sich gegenseitig die Köpfe einschlugen, bis das Blut nur so spritzte.

Wie Tiere, dachte ich anwidert, zuckte jedoch mit keiner Wimper.

Denn so wurde es von mir erwartet.

Etwas anderes wäre nicht klug gewesen.

Ich beobachtete, wie Cato sich langsam aus der Menge löste, die wimmernden Jungen zu seinen Füßen spöttisch betrachtend.

Selbstischer und arrogant machte er sich nun auf den Weg zur Bühne. Von irgendwoher hörte man mein verzweifeltes »Nein!« und die Kameras zoomten hastig in die Menge, konnten mich jedoch unter den vielen Mädchen nicht ausmachen, wofür ich unendlich dankbar war. Ich sah zu, wie Cato und Emelia kurz plauderten und Cato stolz seinen Namen verkündete.

Mit Entsetzen beobachtete ich, wie Emelia nun langsam auf die andere Glaskugel mit der Aufschrift »Mädchen« zumarschierte und dort einen weißen unschuldigen Zettel herauszog. Und ich wusste ohne jedweden Zweifel, dass es mein eigener Name sein würde, welcher gleich ertönen würde. Doch nichtsdestotrotz war es ein gewaltiger Schock, ihn auch noch laut aus den vielen Lautsprechern zu hören zu bekommen.

»Und der weibliche Tribut für Distrikt zwei dieses Jahr ist Clove Eliseé Kentwell!« Die Kamera zoomte abwartend in die Menge, darauf wartend, dass ein Mädchen hervorspringen, und zur Bühne rennen würde.

Doch nichts geschah.

»Clove Kentwell! Wo bist du, Liebes? Nun komm schon herauf, Mädchen!«, rief Emelia harsch und ich errötete auf meinem Sitz. Gott, war das peinlich! Ich musste ja wirken wie ein Angsthase. Wie ein Feigling. Einfach nur undenkbar für jemanden aus Distrikt zwei. Ja ... Peinliche Situation.

Eine zierliche Gestalt in einem knielangen roten Kleid löste sich zögernd aus der Menge und trat schüchtern in den Mittelgang.
Einen Schritt vor den anderen machend, sich immer wieder suchend umsehend, ob nicht doch noch ein Schlag von hinten kam.

Doch nichts geschah.

Nein. Stattdessen machten alle den Weg für mich frei, sodass ich schließlich ungehindert die Bühne erreichte. Bevor ich jene erklomm, schaute ich noch einmal direkt in die Kamera. Von meinem Platz aus, konnte ich sehen, wie meine Gesichtszüge langsam versteinerten - wie der Schock langsam aber sicher absoluter Gleichgültigkeit wich, und sich die Schwäche in Stärke verwandelte. Alles schön und gut. Doch in meinen kleefarbenen Augen rangen unverkennbar Angst und Unglauben um die alleinige Herrschaft.

Toll. Innerlich verfluchte ich mich, dass die ganze Welt meine Gefühle so öffentlich zu sehen bekam. Schöner Mist. War ich durch Jahre des Spotts und der Ausgrenzung an der Akademie denn nicht begabter darin, Gefühle vorzutäuschen und eine gleichgültige Maske aufzusetzen, die auch meine Augen verdeckte, verdammt nochmal? Tja, offenbar nicht.

Schnitt.

»Gibt es irgendwelche Freiwilligen?«, fragte Emelia nun mit ihrer gekünstelten Stimme und sah die Menge auffordernd an.

Doch keiner meldete sich zu Wort. Keiner nahm meinen Platz ein.
Ich konnte sehen, wie Resignation meinen bettelnden Blick einnahm.
Emelia bedeutete Cato und mir nun, uns gegenseitig die Hand zu reichen.

Schnitt.

»Also dann, einen ganz herzlichen Applaus für die diesjährigen Tribute aus Distrikt zwei, Clove Eliseé Kentwell und Cato Daniel Chandler!«

Schnitt.

Cato und ich, Hand in Hand, zusammen in einem fürchterlichen Spiel.

Das Letzte, was ich von mir selbst sah, war mein angsterfüllter Blick. Dann wurde der Bildschirm erneut schwarz ... Und gab den Blick auf Distrikt drei frei. Ich atmete erleichtert auf, während ich all den forschenden Blicken meiner Mentoren auswich, welche mich förmlich zu durchbohren schienen.

Nach einigen Augenblicken, in denen argwöhnische Blicke ausgetauscht wurden, und diese immer wieder zwischen Cato und mir hin und her geschwankt waren, und Enobaria Cassia leise etwas zuflüsterte, wurde es ihnen offenbar klar, denn sie senkten betreten den Kopf.

Jedoch nicht alle.

Helios lächelte mich mitleidig an, während Cassia ihren Hohn kaum verhehlen konnte. Raina dagegen grübelte schweigend weiter in ihrer Ecke vor sich hin. Die nächsten Ernten zogen nur so an mir vorbei.

Nichts Auffälliges ereignete sich dort.

Nur die Ernte von Distrikt fünf prägte sich etwas detaillierter in mein Gedächtnis ein. Der weibliche Tribut dort fiel mir durch seine hübschen roten Haare und unheimlich blauen Augen auf. Gehetzt sah sich das Mädchen einige Male um, bevor es auf die Bühne zulief. Ich kniff die Augen zusammen. Da war etwas. Etwas Seltsames in diesen klaren Augen.

Etwas, was mich an eine längst vergangene Zeit meines Lebens erinnerte.

Schmerz ... und Trauer.

Schnitt.

Distrikt sechs bis zehn - Alles keine potenziellen Verbündeten oder Gegner.

Zumindest sahen sie aus, als wären sie leicht zu besiegen.

Schnitt.

Distrikt elf.

Ein kleines, gerade mal zwölfjähriges Mädchen mit samtbrauner Haut und klugen, dunklen Augen. Die Kleine tat mir beinahe leid - Andererseits war sie keine allzu ernst zu nehmende Gegnerin ... Glaubte ich jedenfalls.

Doch bei dem Gedanken, dieses unschuldige Kind zu töten, wurde mir noch schlechter, als es mir ohnehin schon war.

Und ich hoffte, das kleine Mädchen - Rue, wie jetzt verkündet wurde - würde bereits am Füllhorn sterben. Ein sehr gefährlich wirkender, beinahe riesenhafter Junge, ebenfalls aus Distrikt elf, der mich sicher leicht in seinen Armen zerquetschen, und mir mit nur einem Ruck das Genick brechen könnte, stellte den männlichen Tributen des Landwirtschaftsdistrikts dar.

Helios und Raina nickten anerkennend, sagten jedoch nichts.

Doch es war klar, dass wir wenigstens versuchen sollten, uns mit diesem Typen zu verbünden. Na klasse. Auch Cato zog ein missmutiges Gesicht.

»Den will ich aber nicht als Verbündeten«, motzte er und verschränkte trotzig die Arme. Raina lachte. »Ich wette, du bist nur eifersüchtig, da er ebenso stark und kräftig aussieht wie du«, grinste sie. Cato schnaubte.

»Also bitte, als ob der Kerl sich auch nur annähernd mit mir messen könnte! Der hat wahrscheinlich sein ganzes Leben lang nichts anderes getan, als Feldarbeit zu erledigen, und Obst zu sammeln! Was, will er tun, wenn er erstmal in der Arena ist? Uns mit Früchtchen bewerfen und hoffen, dass die uns töten?« Cato lachte laut - Und niemand mit ihm. Ja ... Autsch.

Schnitt.

Distrikt zwölf.

Ein blondes, zierliches Kind - bestimmt ebenfalls erst zwölf Jahre alt - wurde ausgerufen und stolperte zögernd auf die Bühne zu. Bevor es jene jedoch erklomm, löste sich plötzlich schreiend ein etwa sechzehnjähriges Mädchen aus der Menge. Seine panische Stimme hallte laut über den heruntergekommenen Platz. In der Kamera konnte ich klar das rundliche Gesicht der jungen Frau erkennen. Verzweiflung zeichnete sich auf ihren Zügen ab, während sie das kleine Mädchen - ihre Schwester, wie mir plötzlich klar wurde - hinter sich schob, fast so, als wolle sie sie beschützen.

»Nein! Ich melde mich frewillig!«, rief sie und schüttelte die Friedenswächter ab, die bereits ihre Arme ergriffen hatten.

»Ich melde mich freiwillig als Tribut!«

Stille.

Das kleine Mädchen sah seine Schwester entsetzt an.

Sein Schreien war ohrenbetäubend.

Ein gutaussehender dunkelhaariger Junge kam auf die Kleine zu und zerrte sie von ihrer großen Schwester weg.

Ihr panisches Heulen brannte sich für immer in mein Gedächtnis ein.

Ich nickte leicht.

Für Tammy hätte ich ohne zu Zögern dasselbe getan. Die Dunkelhaarige musste dieses kleine Mädchen also wirklich über alles lieben.

Widerwillig empfand ich einen Anflug von Bewunderung und Respekt für das braunhaarige Mädchen, was sich jetzt als Katniss Everdeen vorstellte.

Die Betreuerin von Distrikt zwölf, eine schrille Persönlichkeit ganz in Pink, forderte die Menschen nun auf, für die erste Freiwillige, die Distrikt zwölf jemals hervorgebracht hatte, zu klatschen.

Doch keiner schlug die Hände aneinander und jubelte.

Stattdessen konnte ich nur ernste Gesichter in der Menge ausmachen.

Wie auf ein geheimes Signal hin, erhoben die Menschen plötzlich drei Finger, drückten jene an ihre Lippen, und reckten sie dann in die Höhe.

Katniss Everdeen blinzelte gerührt. Ratlos sahen Cato und ich uns an, bis Raina uns aufklärte. Offenbar war das ein Brauch der hinteren Distrikte.

Okay.

Haymitch Abernathy - der einzige Sieger aus Distrikt zwölf - sorgte für Aufmerksamkeit, indem er sich einen starken Sprung von seinem Hocker leistete, während er etwas Unverständliches brüllte.

Schnitt.

Ein blonder Junge mit dem Namen Peeta Mellark wurde kurz darauf ausgewählt, und betrat mit gequältem Gesicht die Bühne.

Er sah aus, als wolle er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Ich lachte, woraufhin Raina und Enobaria mir einen scharfen Blick zuwarfen.

Schnitt.

Peeta und Katniss reichten sich die Hände. Anhand ihrer Blicke konnte ich erkennen, dass auch sie sie einander kannten.

Schnitt.

Ceaser wünschte den Zuschauern noch eine Gute Nacht und blendete das Wappen von Panem ein. Die Hymne ertönte ein letztes Mal und die Sendung endete. Dann wurde der Fernseher endgültig schwarz.

Niemand sagte ein Wort.

Das waren sie also.

Meine Feinde. Meine Gegner.

Eventuell sogar meine Mörder.

Ich spürte, wie ich anfing, unkontrolliert zu zittern, als ich die volle Bedeutung dieses kleinen Gedankens begriff. Cato versuchte, meine Hand in seine zu nehmen, doch ich wich ihm aus. Raina dagegen warf mir einen stechenden Blick zu, den ich jedoch nicht ganz einordnen konnte.

Scheinbar von mir enttäuscht verließ sie kurz darauf in Begleitung ihrer Schwester das Zimmer, während Enobaria aufstand und mir fürsorglich eine kuschelige Decke über die Schultern legte - womit sie jedoch nur erreichte, dass der Stoff aufgrund meines Zitterns heftige Wellen schlug.

Das wiederum nervte Brutus so sehr, dass er sich zu Cato umdrehte, und diesem bedeutete, ihm in einen anderen Raum zu folgen, und mich mit Enobaria alleinzulassen. Cato folgte ihm ohne ein einziges Widerwort.

An der Tür angekommen, drehte er sich noch einmal zu mir um, und lächelte mich mitleidig an. Na klasse. Ich musste ja echt scheiße aussehen.

Helios und Cassia verließen Seite an Seite das Zimmer, wobei Letztere die Gelegenheit nutzte, um mir ein spöttisches Lächeln zuzuwerfen.

Dann fiel die Tür zu und vollkommene Dunkelheit umfing mich. Enobaria war die Einzige, die bei mir geblieben war. Ich spürte ihre warme Hand in meiner und ihr gleichmäßiges Atmen neben meinem Körper.

Es war mir schleierhaft, warum sie mich nicht auch verlassen hatte.

War ich denn nicht schwach?

War ich denn nicht so gut wie tot?

Ungehindert flossen Tränen über meine Wangen und Enobaria zog mich sanft an sich. Ich weinte mich an ihrer Schulter aus, und hörte ihre tröstenden Worte, die an meine Ohren drangen.

In gewisser Weise handelte sie wie meine Mutter es hätte tun sollen ...

Wenn sie nicht tot gewesen wäre.

Dieser Gedanke bescherte mir wieder neue Tränen und ich weinte, weinte, und weinte, während Enobaria mich in ihren Armen hielt.

Ich weinte, bis mir die Tränen ausgingen - Bis es nichts mehr gab, über das ich noch welche vergießen könnte. Als Enobaria mir schließlich sanft ein Taschentuch in die Hand drückte, da wusste ich:

Sie würde niemals ein Wort über das verlieren, was hier geschehen war.

Und noch etwas: Ihre Augen, die in der Dunkelheit schwach leuchteten, gaben mir unmissverständlich klar, dass ich ihr vertrauen konnte.
Und das weckte schließlich meine Hoffnung.
Denn auch wenn sie die Einzige sein sollte, der ich in diesem schrecklichen Spiel vertrauen konnte - so war ich dennoch nicht vollkommen allein.

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Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Tolles Lied, hab ich während des Schreibens mitunter ziemlich oft gehört ... Passt super zu diesem Kapitel.

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯2: Dieses Kapitel möchte ich meiner lieben Schwester TнєDαякTємρтαтιση widmen. Danke für alles, was Du bisher für mich getan hast. Du bist die beste Schwester auf der ganzen Welt. Dieses Kapitel gehört Dir allein - ich glaube, Du weißt warum [Aber ich gehe jetzt lieber nicht weiter ins Detail]. Hab Dich lieb, Mausi <3

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯3: Dieses Bild stellt Catos und Cloves Mentorin Eɴᴏʙᴀʀɪᴀ Eᴠᴀɴᴇsᴄᴇɴsᴇ dar, welche die Tribute auf die Arena vorbereiten soll, und durch Schauspielerin Aɴɢᴇʟɪɴᴀ Jᴏʟɪᴇ verkörpert wird.

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