♯Cнαpтer 44 ~ Trυѕт Aɴd Dιѕтrυѕт.
Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!
Einen Monat Pause (wie angekündigt) und mein Zimmer ist noch immer nicht fertig - trotzdem konnte ich es nicht übers Herz bringen, Euch noch länger warten zu lassen, und hab mich trotz des ganzen Chaos an meinen Computer gesetzt, und an diesem Kapitel gearbeitet.
Es ist ziemlich wichtig für den weiteren Handlungsverlauf - einige bekannte (oder eher unbekannte) Personen handeln hier vielleicht nicht ganz so, wie sie es bisher immer taten - mehr will ich allerdings an dieser Stelle nicht verraten.
Danke an jeden, der mich seit dem letzten Update unterstützt hat - BlackGirlNumber1, Melina_1000, TheDarkTemptation, AnnixEspinosax, camrenfenty, July112, Nakita_Herondale, LovePudel1, Chrissitinchen, lschokooo und fictionalworlds.
Ich wünsche Euch einen schönen Restdienstag - ich mache mich derweil mal auf den Weg ins Kino - und natürlich: Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3
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♯Cнαpтer 44 ~ Trυѕт Aɴd Dιѕтrυѕт.
❝every move you make, every step you take, i'm watching you.❞
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DIE Albträume kehrten nicht wieder zurück. Alles war in Ordnung - mehr als nur in Ordnung, um ehrlich zu sein. Mein Körper war auf etwas gebettet worden, das sich anfühlte, wie flauschige Wolken, mein Gesicht wurde von Satinstoff umschmeichelt, und Gott sei Dank, hatte ich während der frühen Morgenstunden doch noch etwas Schlaf finden können.
Alles war perfekt.
Wärme legte sich nach und nach über mein Gesicht, hüllte schon bald meinen ganzen Körper in eine Flut aus Sonnenlicht.
Ich gähnte.
Musste wohl schon spät sein.
Wann würde eigentlich -
Plötzlich wurde meine linke Seite von etwas furchtbar Schwerem getroffen - etwas, das versuchte, mir die Luft aus den Lungen zu pressen.
Ich röchelte.
Ein lautes Schnarchen drang an mein Ohr, und widerspenstige Haarsträhnen landeten auf meinem Gesicht.
Ich stöhnte, warf mich zur Seite, blinzelte ... und wurde vom Anblick einer verschlafenen Glimmer begrüßt, die sich mitten in ihre Kissen geschmissen hatte, und nun selig vor sich hin schnarchte.
Seufzend vergrub ich den Kopf in den Händen, rieb den Schlafsand aus meinen Augen, und spähte aus dem Fenster.
Die Sonne tauchte soeben die gegenüberliegenden Hochhäuser in silberweißes Licht.
Schillernde Reflexe und Spiegelungen tanzten vor meinen Augen auf und ab.
Erneut entschlüpfte mir ein leises Gähnen.
Glimmer summte leise, die Haare ein einziges Durcheinander.
Das Zimmer roch mittlerweile komplett nach ihrer Pfirsichcreme. Als ich meinen Zopf plus Klamotten anschnupperte, bemerkte ich, dass ich ebenfalls danach duftete. Perfekt.
Gerade wollte ich aufstehen, und mich nach einer Uhr umsehen - immerhin stand das Einzeltraining heute an; ein äußerst wichtiges Ereignis, bei dem man keinesfalls zu spät kommen wollte - als ein polterndes Schnarchen mich fast vom Bett aufspringen ließ.
Cato, dachte ich seufzend, wollte mich aufrappeln, um meinen Mittributen zu wecken, rutschte im Bett zurück - und krachte fluchend auf den (zum Glück) dick gepolsterten Teppich.
Ein paar Flusen ausspuckend, und äußerst motivierende Schimpfwörter murmelnd, richtete ich mich auf, und überprüfte meine Verletzungen.
Zum Glück nichts allzu Dramatisches - nur mein rechtes Knie schmerzte leicht, als ich durchs Zimmer schlich, noch immer auf der Suche nach einer Uhrzeit.
Dabei wäre ich fast über Marvel gestolpert, der in der Nacht von der Couch gerollt war, sich in seiner Tagesdecke verfangen hatte, und nun auf den Teppich sabberte.
Angewidert verzog ich das Gesicht und flüchtete aus seiner Nähe, zurück zu Glimmer, die sich kein Stück gerührt hatte.
Die Suche nach einem Wecker hatte ich inzwischen aufgegeben; dem Stand der Sonne zufolge musste es jedoch schon recht spät sein.
»Glimmer«, flüsterte ich leise, und rüttelte an ihrer Schulter. »Glimmer, wach auf.«
Ein unverständliches Murmeln, ein leises Seufzen, dann -
Flatternd hoben sich ihre Augenlider. Grüne Smaragde, gesprenkelt mit goldenen Akzenten, sahen verschlafen zu mir hinauf.
»Wie spät ist es?«
»Ich hab absolut keine Ahnung«, erwiderte ich, und setzte mich auf die Bettkante. »Du hast nicht mal eine Wanduhr, geschweige denn einen Wecker. Wie schaffst du es pünktlich zum Training?«
»Cashmere weckt mich Viertel nach neun. Bei uns ist keiner vorher auf.«
»Dann sollten Cato und ich wohl besser von hier verschwinden; sie könnte jederzeit hier reinplatzen«, gab ich zu Bedenken.
Glimmer nickte müde und drehte sich auf die andere Bettseite.
»Mach das. Wir sehen uns beim Training. Vergiss nicht ... du wolltest mir Messerwerfen beibringen.«
Beibringen war in diesem Fall wahrscheinlich nicht nicht ganz korrekt; ich war mir sicher, auch in Distrikt eins erlernte man die Kunst des Messerwerfens auf der Akademie - dennoch hatten Glimmer und ich uns darauf geeinigt, einander unsere wichtigsten Techniken beim Bogenschießen und Messerwurf anzuvertrauen, einfach, um auf alles, wirklich alles vorbereitet zu sein, und unsere Fähigkeiten noch ein wenig zu perfektionieren.
Glimmer, die eine Trefferquote von 96 Prozent hatte, und von den Trainern bereits für ihre vielfältigen Techniken gelobt worden war, schien meine beste Chance, mich auf einem Gebiet, in dem ich mich bisher eher mäßig bis schlecht angestellt hatte, zu verbessern.
Ein Rascheln erregte meine Aufmerksamkeit.
Cato hatte sich soeben, munter weiterschnarchend, auf der Couch herumgewälzt.
Ich seufzte.
Auch Glimmer schien es mit dem Aufstehen nicht so ernst zu meinen; ihre Augen hatten sich bereits wieder geschlossen, und sie summte leise, während sie ihre Kissen mit den Armen umschlang.
Ich stöhnte genervt und rüttelte an ihrem Arm, den sie mir sogleich murrend entzog.
»Glimmer, wach auf.«
»Bin auf«, nuschelte sie müde.
»Na, dann schlaf bloß nicht wieder ein«, grummelte ich leise, und steuerte auf die Tür zu.
»Sicher nicht«, hörte ich ihr verschlafenes Seufzen, bevor die Tür geräuschlos in ihre Verankerung rastete, und als Fenster aus geriffeltem Glas in der Wand zurückblieb.
Im Flur war es inzwischen angenehm warm, doch ich verweilte nicht lang, sondern sprintete - voller Panik, erwischt zu werden - den gewundenen Gang entlang. Vage hörte ich noch eine Tür aufgehen, ein gemurmelter Fluch, doch da war ich schon in den Fahrstuhl gesprungen, und hatte meine Hand auf die »zwei« gelegt.
Ein kurzer Blick zum oberen Display zeigte mir, dass es inzwischen sieben nach neun war.
Ich fluchte in Gedanken, und feuerte den Fahrstuhl an, aus seinem gemächlichen Tempo auszubrechen, und nach oben zu rasen.
Leider hörte er nicht auf mich.
Dann, endlich - die Türen gingen auf, und ich eilte hinaus.
Dank des, durch die vielen Glasscheiben, die die Wände der Eingangshalle bedeckten, und sich bis zur obersten Etage zogen, fallenden Sonnenlichts, sah unser Flur nun aus wie in Gold getaucht.
Laut der Temperaturanzeige des Fahrstuhls stand Panem ein äußerst heißer Tag bevor - bis zu dreiunddreißig Grad herrschten auf den Straßen des Kapitols, und ich war fast schon froh, dass man uns nicht aus dem Trainingscenter ließ. Außerdem war es nicht der erste Sommertag dieses Jahres - die altbekannte Hitzeperiode zog jedes Jahr von Anfang Juni bis Ende Oktober über das Land. Demnach hatte ich bereits zwei volle Sommermonate hinter mir - Dank des frischen Winds waren diese jedoch einigermaßen erträglich gewesen.
Aber ja, Panems Wetter schien seit der Zerstörung der restlichen Welt unberechenbar; die Feuerstürme, von denen manche Distrikte im Sommer heimgesucht wurden, sowie der Säureregen, der immer mal wieder über das Land hereinbrach, waren nur zwei grauenhafte Beispiele, die jedes Jahr mehrere Menschen in den Tod riss.
Ich hatte eben das große Wohnzimmer passiert, als ich mich in der Kordel meines Morgenmantels verhedderte - irgendwann während meines schnellen Laufes musste sie sich wohl aus dem Knoten gelöst haben - und über den Saum stolperte.
Mit dem Gesicht voran stürzte ich auf die karamellfarbenen Bodenfliesen zu - als mich plötzlich jemand an der Schulter packte und schmerzhaft nach oben riss.
»Shit!«, fluchte ich, als ein stechender Schmerz durch meine linke Schulter jagte.
Ein missbilligendes Zungenschnalzen.
»Wie wäre es stattdessen mit einem einfachen ›Dankeschön‹? Nur mir hast du es schließlich zu verdanken, dass du die nächsten Wochen nicht mit einem ruinierten Gesicht zubringen musst.«
Ich sah auf, meine Schulter mit einer Hand umklammernd.
Brutus.
Allerdings nicht der gutmütige, stets zu Scherzen aufgelegte Brutus, den ich bisher kannte. Nein, statt Schalk erkannte ich nun schäumende Wut in seinen goldbraunen Augen - und sein Mund kräuselte sich zu einem äußerst heimtückischen, kleinen Lächeln.
Ich wich zurück, bis mein Körper an die Wand hinter mir stieß.
»Danke.«
Meine Stimme war brüchig, kaum mehr als ein Flüstern, das vom Wind verschluckt wurde.
Den Kopf hielt ich gesenkt, da es mir vorkam, als würde Brutus jede Sekunde ausrasten.
Doch er blieb ganz ruhig.
Statt der erwarteten Strafpredigt bekam ich nun spöttische Verachtung.
»Oh, da ist die junge Dame auch endlich aufgetaucht. Kann ich den anderen dann sagen, sie sollen aufhören, nach euch zu suchen? Die arme Emelia ist schon drei Mal ausgeflippt; ich bin mir sicher sie wird begeistert sein, dass du endlich hier bist.«
Begeistert. Wohl eher außer sich vor Freude.
Brutus lächelte noch immer.
Es sah unschön aus; zu grausam, zu verächtlich.
»Ach, wo ist Cato, nebenbei gefragt?«
Ich schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall würde ich Cato an Brutus ausliefern.
»Ich - ich, ähm, weiß es nicht.«
Ein Schnauben.
»Natürlich.«
»Wirklich.«
Brutus lachte, schüttelte nun ebenfalls den Kopf, und machte dann ein paar Schritte in meine Richtung.
Am liebsten hätte ich mich in der Wand verkrümelt; sein seltsames Verhalten ließ Panik in mir aufsteigen. Wenige Zentimeter vor mir kam er plötzlich zum Stehen. Hob die Hand.
Ich krümmte mich instinktiv zusammen, in Erwartung, gleich eine saftige Ohrfeige zu erhalten, die die Schläge meines Vater wie ein Kopftätscheln aussehen ließ. Denn Brutus war einer der Sieger, er war außerordentlich stark, und er schien wirklich sehr sauer auf mich zu sein. Ich gab mich nicht der Illusion hin, dass er nur meine Haare richten wollte.
Ich lag falsch.
Tatsächlich schlug er mich nicht.
Stattdessen - was fast noch schlimmer war - hob er mein Kinn, sodass ich ihm in die Augen sehen musste - auch wenn ich am liebsten davongezischt wäre.
Unter seinem Blick kam ich mir noch unbedeutender vor, als ich mich ohnehin schon fühlte.
Und während die anderen offenbar alle nach mir und Cato gesucht hatten, schien Brutus die verbliebene Zeit für ein Styling genutzt zu haben - im Gegensatz zu meinen liederlichen Haaren und den knappen Schlafklamotten, trug er einen dreiteiligen, cremefarbenen Anzug, und seine Haare schimmerten wie frisch gewaschen.
»Du solltest aufpassen, mit wem du es dir verscherzt, Mädchen. Wen du belügst. Nicht nur diese dämliche Turtelei mit deinem Distriktpartner; nein, jetzt lässt du uns alle auch noch schlecht dastehen, weil ihr euch des Nachts hinausschleicht. Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass es verboten sein könnte, sein Zimmer während der Nachtruhe zu verlassen? Dass jeder von uns dafür hätte leiden können, hätte es jemand herausgefunden? Hättest du das gewollt, hm? Deine Mentoren und alle, die für dich und Cato verantwortlich sind - ausgepeitscht, gefoltert, vielleicht sogar hingerichtet? Was, wenn Emelia so dumm gewesen wäre, und euer Verschwinden gemeldet hätte - wie sie es eigentlich vorhatte, bevor Cassia sie zurückhielt? Sie dachte, ihr hättet versucht wegzulaufen. Wir alle haben das gedacht, als wir eure Betten leer vorgefunden haben.«
Er machte eine kleine, äußerst wirkungsvolle Pause, in denen die Schuldgefühle an mir nagten.
»Nächstes Mal denkst du besser über deine Handlungen nach. Nächstes Mal denkst du an die Konsequenzen. Wirst du das tun, ja?«
Ich nickte hastig.
»Oder soll ich vielleicht dafür sorgen, dass du diese Warnung auf keinen Fall vergisst?«
»Ich - nein«, stammelte ich, verzweifelt darum bemüht, die Tränen zurückzuhalten, die mir die Kehle hochstiegen. Selten hatte ich mich so erniedrigt gefühlt. Wie ein dummes, kleines Kind.
Vielleicht war ich das ja auch.
Ein Kind.
Zu dumm, um die Gefahren zu bemerken, und zu klein, um Verantwortung übernehmen zu können.
»Gut.«
Brutus' Stimme war gefährlich leise, als er endlich mein Kinn losließ. Eine Warnung, mich nicht noch einmal danebenzubenehmen.
Ich stolperte zurück, krachte gegen die Wand, und spürte, wie die erste Träne meine Wange hinablief. Ich war mir sicher, dass er es sah. Aber er sagte nichts.
In diesen Moment kam Cato um die Ecke geschlittert - nur in seinen Schlafsocken.
Ich traute mich nicht ihn anzusehen, aus Angst, dass sich dann Brutus' schlechte Laune auf ihn übertragen könnte. Aber ich brauchte auch gar nicht aufzusehen. Ein Blick auf meine zusammengekrümmte Gestalt, die Tränen die mir übers Gesicht liefen - und Cato wusste, dass etwas nicht stimmte.
»Brutus? Was hast du getan? Wieso weint sie?«
An Catos Tonfall erkannte ich, dass er bereits auf hundertachtzig war. Ich hätte ihm gern gesagt, dass es egal war; dass es mir gut ging, dass er sich nicht vor mich zu stellen brauchte, wie er es in eben jener Sekunde tat - doch das wäre gelogen.
Brutus, sich keiner Schuld bewusst, warf Cato einen überheblichen Blick zu.
»Fass dir an deine eigene Nase, Cato. Ihr taucht hier zu spät auf, nicht ich. Ihr werft ein schlechtes Licht auf uns, auf mich. Ihr. Cato und Clove, Clove und Cato - Ich wollte diese Gleichung ursprünglich ein wenig aufrütteln, weißt du noch? Hättest du dich ein bisschen mehr um Glimmer gekümmert, und sie damit von dir ferngehalten, wäre vieles einfacher.«
»Du wirst dich nicht einmischen, in - Meine Beziehung zu Clove geht niemanden etwas an«, blockte Cato wütend ab.
»Und ob! Es geht jeden da draußen etwas an, wenn ihr so weitermacht wie bisher! Bist du wirklich so dämlich? Glaubst du, sie lassen euch einfach in Ruhe dieses kleine Spielchen weiterspielen? So läuft das nicht! Das hier ist nicht - nicht irgendein Märchenland, in dem euch ein Happy End bevorsteht! Das versuche ich dir andauernd mitzuteilen, aber wie man ja sieht, bist du ein liebeskranker Idiot, dem jegliche Ratschläge am Arsch vorbeigehen! Sie ist da ein bisschen klüger, was es noch schlimmer macht. Denn du bist vielleicht zu einfältig, um es mitzukriegen; sie dagegen weiß ganz genau, was hier gespielt wird, und verdrängt es, um sich nicht damit befassen zu müssen.«
Schwer atmend beendete Brutus seine Strafpredigt.
»Was - was weiß sie - was - Clove?«, fragte Cato jetzt, und sah mich verwirrt an.
Ich zuckte mit den Achseln. Ich hatte absolut keine Ahnung, wovon unser Mentor da sprach.
Er hatte auch keine Gelegenheit, es uns zu erklären, da in diesem Moment Enobaria und Raina auftauchten.
Ein Blick auf Brutus' überhebliche Miene, Catos puterrotes Gesicht, und meine tränennassen Augen, und sie wussten, dass hier soeben etwas Schlimmes vorgefallen war.
»Was ist denn mit euch los?«, fragte Enobaria, ihre Stimme nur mühsam unter Kontrolle haltend, die Hände vor dem apfelroten Etuikleid verschränkt. »Clove, Süße, hast du etwa geweint?«
Ich schüttelte hastig den Kopf, ein schwacher Versuch, sie anzuschwindeln. Aber ich wollte einfach nicht noch mehr Ärger bekommen. Ich hatte keine Ahnung, wann ich mich von meiner üblichen Arroganz und dem unvermeidbaren Sarkasmus verabschiedet hatte, und zu diesem zitternden, schluchzenden Etwas geworden war. Mich so zu sehen, zuzulassen, dass andere mich so sahen, machte mich krank.
»Ich habe ihnen nur erklärt, welch schlechtes Licht sie auf uns alle werfen, weil sie sich hinausschlichen, und es dann nicht mal für nötig hielten, hier pünktlich aufzukreuzen«, rechtfertigte sich Brutus gelangweilt, und sah Enobaria unschuldig an.
»Mach keinen Wirbel draus, Longorion, ist ja nichts passiert«, sprang uns unerwarteterweise Raina zur Seite.
»Wäre es aber, hätte Cassia Emelia nicht ins Gewissen geredet«, tönte unser Mentor, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und den Gang hinuntereilte.
Die beiden Frauen sahen ihm nachdenklich hinterher, und wiesen uns dann an, auf unsere jeweiligen Zimmer zu gehen, zu duschen, und uns anzuziehen.
»Wir sehen uns in zwanzig Minuten im Speisesaal«, sagte Enobaria, bevor sie mit Raina in Richtung Wohnzimmer ging.
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NACH einer eher hektischen, aber nichtsdestotrotz erfrischenden Dusche, hastete ich ins Zimmer zurück, und schlüpfte in meine Trainingsklamotten.
Ein nachlässiger Zopf musste reichen; fürs Schminken hatte ich heute einfach keinen Nerv.
Ein Blick auf die Wanduhr zeigte, dass ich noch gut acht Minuten hatte, bis ich im Speisesaal erscheinen sollte. Darauf bedacht, ja nicht zu früh dort aufzukreuzen - und somit schon wieder eine Regel zu brechen - setzte ich mich aufs Bett, überkreuzte die Beine, und rutschte nervös hin und her.
Innerhalb von Sekunden spürte ich, wie meine Handflächen feucht wurden. Just in diesem Moment beschloss mein Magen, ein paar Saltos zu machen, und ich stöhnte.
Nicht kotzen, befahl ich mir in Gedanken, und presste die Lippen fest zusammen.
Die Minuten verstrichen quälend langsam - erst eine, dann zwei - und ich merkte erst, dass ich auf meinen Fingernägeln herumgekaut hatte, als die Nagelhaut um meinen Ringfinger herum einriss, und ich den kupfernen Geschmack von Blut auf meinem Lippen registrierte.
»Scheiße«, fluchte ich, und langte nach dem Taschentuchspender.
Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn, je näher der Gang zum Frühstück, und somit auch das unvermeidbare Einzeltraining rückte. In meinem ganzen Leben war es mir noch nie so schlecht ergangen - weder bei der Aufnahmeprüfung der Akademie, noch bei den alljährlichen Jahresabschlusskämpfen.
Was würde passieren, wenn ich sie alle enttäuschte? Meine Mentoren, meine Verbündeten ... die wenigen Sponsoren, die wir vielleicht ergattert hatten ...
Das wäre grauenvoll.
Eine Katastrophe.
Ich würde sie blamieren; alle, die an mich geglaubt, auf mich gesetzt hatten ...
Mein Magen verkrampfte sich.
Was, wenn ich all den Erwartungen nicht gerecht wurde?
Natürlich hatte es über die Jahre hinweg auch Tribute gegeben, die beim Einzeltraining eine schlechte Punktzahl erhalten hatten, und trotzdem weit gekommen waren. Manche hatten die Spiele sogar gewonnen. Mehr und mehr wurde es inzwischen Trend, sich unterschätzen zu lassen, sich im Hintergrund zu halten, und erst am Ende sein wahres Ich zu zeigen.
Doch das durfte ich mir nicht leisten.
Ich konnte nicht.
Von mir erwartete man, gut zu sein.
Ich durfte nicht versagen.
Und ich darf Cato nicht enttäuschen, schoss es mir durch den Kopf. Er, der immer für mich da war, der mich bei allem unterstützt hatte; er, der es nicht verdient hatte, mit mir zur Witzfigur gemacht zu werden.
Ich werde nicht versagen.
Neuer Mut überkam mich, und ich erhob mich vom Bett - nur um mit einem dumpfen »Uff« auf dem Boden zu landen.
Was zum ...?
Wieso konnte ich plötzlich meine Beine nicht mehr bewegen?
Obwohl - Bewegen konnte ich sie schon, sie wollten mich nur irgendwie nicht halten.
Lag das an der Angst vor dem Einzeltraining? Weigerte sich mein Körper, mir zu gehorchen, weil ich unterbewusst noch immer leichte Panik verspürte - noch immer von Versagensängsten geplagt wurde?
So einen Scheiß hatte ich ja schon ewig nicht mehr gehört. Die blödsinnigen Gedanken rasch verwerfend, kam ich darauf, dass es wahrscheinlich eher am Schlafmangel lag - und an der bedauerlichen Tatsache, dass ich heute weder weder feste Nahrung, noch Flüssigkeit zu mir genommen hatte.
Okay, und vielleicht auch, weil ich Panik hatte.
Oh, und weil mich mein dämlicher Mentor vorhin fast zu Tode geängstigt hatte.
So viel Stress konnte mein zierlicher Körper wohl nicht ganz ohne Schwierigkeiten bewältigen.
Ein zweiter Versuch brachte dasselbe Ergebnis: Meine Beine waren komplett nutzlos geworden.
Frustriert fuhr ich mir durch die Haare, während über mir die Sekunden verrannen.
Scheiße, scheiße, scheiße ...
Ich schaff das nicht, erkannte ich mit Schrecken. Selbst wenn ich will ... Ich kann ja nicht mal aufstehen.
Was sollte ich also tun? Um Hilfe rufen? Würde mich überhaupt jemand hören?
Und - was würde wohl geschehen, wenn ich einfach hier liegen blieb?
Würden sie mich holen - die Friedenswächter?
Ich stöhnte. Das war so etwas, dass ich unter keinen Umständen erleben wollte.
Wieso ich?, klagte die von Selbstmitleid triefende Stimme in meinem Kopf. Wieso muss es immer ich sein?
Ach, halt die Klappe, fauchte ich in Gedanken, und bemühte mich um gleichmäßige Atemzüge.
Ich würde jetzt aufstehen. Etwas essen. Mit meinen Mentoren reden. Mich verdammt nochmal zusammenreißen.
»Okay«, flüsterte ich leise, die Augen geschlossen, ruhig atmend, und stellte mich probehalber auf die Fußballen. »Du schaffst das. Jetzt nur noch aufstehen-«
Plumps.
Es war hoffnungslos. Kaum hatte ich ein wenig Gewicht auf meine Füße verlagert, da kippte ich auch schon nach hinten weg.
Ich wünschte, ich wäre stärker. Stark genug, um gegen die erdrückende Angst und die nagende Verzweiflung anzukommen. Stark genug, um den Anforderungen gerecht zu werden. Stark genug, um aufzustehen.
Aber ich konnte nicht.
Ich war schwach.
̶I̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶w̶̶i̶̶l̶̶l̶̶ ̶̶n̶̶i̶̶c̶̶h̶̶t̶̶ ̶̶s̶̶c̶̶h̶̶w̶̶a̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶s̶̶e̶̶i̶̶n̶̶.̶̶ ̶̶
Ich -
»Steh auf.«
Mein Kopf fuhr hoch. Tränen versperrten meine Sicht.
Was ...? Woher kam diese Stimme? Bildete ich sie mir ein? Hatte ich nun auch noch Wahnvorstellungen? Oder ...
»Ich sagte: Steh auf.«
Scharf. Scharf und erbarmungslos schnitten diese Worte durch die Panik und die Verzweiflung, die meinen Kopf vernebelten; schnitten geradewegs durch die Angst und den Schmerz; ließen die Tränen, die mir die Wangen hinunterliefen, trocknen, und überzogen meine Haut mit einer Schicht aus Eis.
Der Nebel verschwand.
Langsam klärte sich mein Blick.
Diese Stimme ... Eine Frau, wenn ich mich nicht täuschte. Irgendjemand, jemand Fremdes, der sich in meinem Zimmer aufhielt, nicht weit von mir entfernt -
Dann plötzlich sah ich sie.
Und schnappte überrascht nach Luft.
Nicht fremd.
Ich kannte dieses Gesicht. Ich kannte diese Augen. Stechend und kalt, aufgewühlt, ozeanblau. Blondes Haar, aufwendig aufgesteckt, umrahmte ein porzellanfarbenes, kantiges Gesicht mit hohen Wangenknochen. Aristokratisch. Lachsrosa Stoff umhüllte den schmalen Köper; wurde geschmückt von schwarzen Steinen und Mustern.
»Sie.«
Meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Wispern.
Scharfe Fingernägel, sorgfältig manikürt, drängten sich in mein Blickfeld.
»Nimm meine Hand.«
»Nein«, stieß ich hervor und wich zurück - bis mein Kopf gegen das Bettgestell knallte, und ich unter dem stechenden Schmerz zusammenzuckte. »Verdammt ...«
Ein Lächeln, wenngleich es nicht so grausam schien, wie ich erwartet hatte. Eher nachsichtig. Kaum amüsiert.
Trotzdem ...
Eine Hand dazu nutzend, meinen Hinterkopf abzutasten, klammerte ich mich mit der anderen an die Streben meines Bettgestells, zog die Knie an die Brust, und machte mich so klein wie möglich.
Ich wollte nicht, dass sie mich anfasste.
Sie gehörte zu ihm. Und er war der Feind.
Mein Feind, Glimmers Feind.
Seneca Crane.
Isobel, hatte er sie genannt.
»Stell dich nicht so an. Du kannst kaum stehen, geschweige denn laufen. Ich kann dir helfen.«
»Ich will - ihre Hilfe nicht«, zischte ich wütend, bevor ich erneut zusammenzuckte, als meine Finger gegen die Beule an meinem Hinterkopf stießen. »So eine - Au - Scheiße!«
»Dummes Kind. Du solltest wissen, wann du es dir leisten kannst, dir auf deine Fähigkeiten etwas einzubilden - und wann es klüger wäre, deinen Stolz hinunterzuschlucken, und gut gemeinte Hilfe anzunehmen«, sagte die unerwünschte Besucherin - diesmal mit einem deutlich belustigten Lächeln.
Ich hasste sie.
Ich hasste sie, genau wie ich Arcadia hasste.
Beide hatten genau drei Dinge gemeinsam: Sie hatten sich unerklärlicherweise in meinem Zimmer aufgehalten. Sie behandelten mich herablassend, beinahe so, als wüssten sie etwas, das ich ganz offensichtlich nicht wusste. Und beide hatten sie eine Verbindung zu Seneca Crane.
Kaum ein Zufall.
»Du wirst zu spät kommen«, meinte Isobel trällernd, einen nachdrücklichen Blick auf die Uhr werfend.
Noch drei Minuten.
Sie hatte Recht - und sie wusste es.
Und jetzt ...
Am Ende tat ich genau das, was sie mir mehr oder weniger »geraten« hatte: Ich schluckte meinen Stolz hinunter, ergriff die mir dargebotene Hand, und ließ mich von ihr zuerst auf die Füße ziehen, und dann auf die Bettdecke drücken.
Eine schmale Flasche, gefüllt mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, wurde mir in die Hand gedrückt.
»Trink das.«
Ich hob den Blick, den Mund spöttisch verzogen.
»Sicher nicht.«
Wer konnte mir versichern, dass sie mich nicht vergiften wollte?
Andererseits, was würde ihr das bringen? Wieso sollte sie mir erst helfen, und mich dann umbringen?
Glaubte sie, damit davonkommen zu können?
Das bezweifelte ich. Auf dem Gang gab es Kameras, genau wie in der Eingangshalle - und die waren so gut wie unübersehbar.
Isobel lachte glockenhell.
»Oh, ich hab nicht vor, dir etwas anzutun, Süße.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Ich denke schon.«
»Ich nicht.«
Schweigen. Dann -
»So stur«, seufzte die Blondine, und machte ein paar Schritte in meine Richtung.
Hastig wich ich zurück, und hätte dabei beinahe das kleine Fläschchen fallengelassen.
Sie hielt inne.
»Mache ich dir Angst, Kleine?«
Ich schüttelte den Kopf, und warf ihr einen arroganten Blick zu.
»Es ist eher die Tatsache, dass Sie ungebeten in mein Zimmer eindringen, und mir Drogen verabreichen wollen, die mich stört.«
Ein undefinierbares Lächeln. »Oh, ich kann dir versichern, es sind Drogen in diesem Fläschchen - aber«, sagte sie mahnend, da sie offenbar ahnte, dass ich das Gläschen gerade an die nächste Wand schmettern wollte - »dabei handelt es sich eher um Mineralstoffe, Vitamine, Eiweiße - ein kleines Serum, damit deine Beine rasch wieder funktionstüchtig werden. Also wirklich, hat dir denn niemand gesagt, dass du regelmäßig essen und trinken sollest? Und Schlafen. Schlaf ist wichtig. Berücksichtigt man dann noch das Ausmaß an Stress, was auf euch zukommt - nun, man muss kein Genie sein, um sich auszumalen, dass du wohl mit ein paar Beschwerden zu kämpfen hast. Wie gut, dass dir jemand helfen kann.«
Ich knurrte. Oh, wie ich diese Arroganz, diese Selbstgefälligkeit hasste. Trotzdem konnte ich nicht verleugnen, dass es mir inzwischen reichlich unlogisch erschien, dass mir der Inhalt dieser Flasche tatsächlich schaden könnte. Demnach ...
»Ach, scheiß drauf«, murmelte ich, und stürzte den Inhalt des Fläschchens hinunter, in der Hoffnung, nicht die falsche Entscheidung getroffen zu haben.
Sogleich erfüllte der brennende Geschmack von Pfefferminz meinen Mund.
Eine Kälte zog sich durch meinen Körper, entlockte mir ein Frösteln, bevor sich das Eis in Feuer verwandelte, welches bis in meine Fingerspitzen zu strömen schien. So schnell, wie die zwei Empfindungen mich heimgesucht hatten, so schnell waren sie auch wieder verschwunden; hinterließen ein neues Gefühl von ... Frische.
Ich fühlte mich erfrischt.
Stärker.
Probehalber stellte ich mich auf meine Füße, die Hände am Bettpfosten festklammernd. Die Stütze war jedoch unnötig; es war, als wäre die plötzliche Bewegungsunfähigkeit einzig und allein meiner Fantasie entsprungen.
Erleichterung überkam mich, bevor ich meiner unerwarteten Rettung einen nachdenklichen Blick zuwarf.
»Wieso helfen Sie mir? Was haben Sie davon?«
Isobel lächelte nachsichtig.
»Ich bin nicht Ihr Feind, Miss Kentwell.«
Nun, vielleicht nicht ... aber ich bezweifelte dennoch, dass sie mir aus freien Stücken geholfen hatte.
»Danke, aber ich bestimme selbst, wer meine Feinde sind. Und da Ihr Kumpel Crane auf meiner schwarzen Liste steht, Sie nichts getan haben, um einem hilflosen, verängstigten Mädchen zu helfen - oder Seneca zu sagen, dass seine Taten eindeutig seine Befugnis überschreiten - setze ich Sie lieber gleich dazu. Kleine Vorsichtsmaßnahme.«
Schweigen.
»Oder irre ich mich? Ist es etwa erlaubt, dass der oberste Spielmacher seine Tribute anfassen darf, wie und wo immer er möchte? Ich glaube kaum.« Mein sarkastisches Lächeln sprach Bände. »Aber wenn doch, bitte ich vielmals um Entschuldigung-«
»Du benimmst dich wie ein kleines Kind. So unreif. So unwissend. Manchmal müssen Opfer gebracht werden.«
Diesmal war ich es, die schwieg.
Opfer bringen? Wofür?
Als ob ich hier nicht genug Opfer bringen würde ...
»Oh, und Sie können mich Astoria nennen. Astoria Cruz.«
Isobels strahlendes Lächeln war eindeutig aufgesetzt; es schrie förmlich nach »fake«.
Ich fragte mich, was dieser Stimmungsumschwung bringen sollte.
»Ich nenne sie nirgendwie«, meinte ich leise, meine Worte wohlüberlegt. »Sie haben hier nichts verloren. Sie gehen jetzt.«
»Was, du drohst mir? Hätte ich dir nicht geholfen, würdest du noch immer jammernd auf dem Boden herumkriechen.«
Ihre Stimme triefte vor Arroganz.
Ich zischte, und meine Hände ballten sich zu Fäusten.
Leider hatte sie Recht. Sie wusste es auch, so selbstgefällig wie sie da stand, die Arme sittsam an die Hüften gestützt, mich überlegen anschauend.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, fiel mir auf. »Wieso haben sie mir geholfen?«
»Ich habe ein paar Schulen bei jemandem, der ein vorübergehendes Interesse an Ihnen hegt. Da meine Schulden ziemlich hoch sind, könnte es vorkommen, dass wir zwei uns in nächster Zeit öfter sehen.«
Sie zwinkerte gutmütig, während ich die Augenbrauen zusammenzog.
Sie lügt.
Ich wusste nicht, wieso ich mir da so sicher war. Aber mein Instinkt glaubte, dass mehr dahinter stecken musste.
»Ich glaube Ihnen kein Wort.«
»Ihre Sache«, erwiderte Isobel gedehnt und begutachtete ihre perfekt gefeilten Fingernägel. Sie schien zu überlegen; ihr Mund verzog sich zu einer dünnen Linie, ihre Augen huschten zwischen dem Fußboden und ihren ineinander verkeilten Fingern hin und her, doch als ihr Blick erneut auf meinen traf, war ihre Miene undurchschaubar.
Sie schien einen Entschluss gefasst zu haben.
»Sie müssen mir nicht glauben. Sie müssen mir nicht vertrauen. Und dennoch sollten Sie mir dankbar sein. Nicht nur wegen eben - auch dafür, dass ich dafür gesorgt habe, dass niemand sonst diesen kleinen Ausbruch an Selbstzweifel mitbekommen hat.«
»Was soll das heißen?«, fragte ich leise. Was meinte sie? Wäre es nicht vielleicht sogar besser gewesen, hätten Cato und Enobaria mir geholfen, statt dieser ...
»Oh, ich meine nicht Ihre Mentoren, und auch nicht Ihre Freunde - ich meine die anderen. Das Kapitol.«
Sie machte eine kleine Pause; schien meine Verwirrung und das ungute Gefühl, das sich in meiner Magengegend breit machte, förmlich zu genießen.
»Was ...?«
»Oh, Sie haben doch nicht wirklich geglaubt, die würden Sie unbeobachtet lassen? Albträume, Verschwörungstheorien ... Liebe und Freundschaft ... waren Sie tatsächlich so naiv? Zu denken, niemand würde sich dafür interessieren? Lasen Sie mich eins klarstellen: Sie werden immer beobachtet. Immer. Die Wände haben Ohren. Die Decken haben Kameras. Im Flur, auf dieser Etage, selbst in diesem Zimmer. Das Kapitol weiß bestens über Ihre Albträume und Vermutungen Bescheid - nun ja, nicht wirklich, da ich es verhindert habe, aber ich denke Sie wissen, was ich damit sagen will.«
»Nein ... Nein, Sie lügen.«
Sie musste lügen. Sie musste einfach. Ich konnte - nein, ich wollte die Tatsache nicht akzeptieren, dass man mir zuzüglich meines Lebens auch noch die letzten Tage mit Cato stehlen wollte.
Die bekommen mein verdammtes Leben, meine Vergangenheit, meine Zukunft, alles von mir, in weniger als vier Tagen. Wieso ...?
Sie sagt die Wahrheit, begriff ich, doch was meinem Mund entfloh, hätte nicht widersprüchlicher sein können.
»Sie - sie lügen.«
Ich wusste nicht, wen von beiden ich eher überzeugen wollte.
Isobel lachte, doch es klang bitter.
»Sie wissen, dass dem nicht so ist. Nein, meine Liebe. Ich lüge nicht.«
Hilflos hob ich den Blick.
Isobel starrte mich mitleidig an.
»Jetzt glauben Sie mir, was?«
Ich antwortete nicht, und sie seufzte.
»Dennoch - Ich sagte ja, ich würde Ihnen helfen. Ich habe das Video von heute Morgen durch das der letzten beiden Tage ersetzt. Was das Gespräch mit Ihren Freunden angeht ... Ihr Geheimnis ist bei mir vollkommen sicher. Auch diese Bänder habe ich verschwinden lassen. Für die Spielmacher sieht es aus, als hatten Sie das Zimmer nie verlassen. Und falls jemand fragt - ist das Ihre Geschichte: Ihr Freund hat bei Ihnen geschlafen. Sie hatten einen Albtraum. Sie haben ihn aufgeweckt. Er ging in sein Zimmer, Sie schliefen kurz darauf wieder ein. Kein Mentor hat Sie am Morgen belästigt, keine Flucht aus Miss Lovelace' Zimmer. Es war alles in Ordnung. Verstanden?«
Ich nickte schwach.
»Wieso? Wieso helfen Sie mir - uns?«
»Wie ich schon sagte - Ich tue einem guten Freund einen Gefallen.«
Diesmal konnte ich es fast glauben.
»Wer sind Sie?«
Isobel lächelte nachlässig.
»Eine Freundin.«
Ich schüttelte den Kopf. Nein. Nein, da steckte noch mehr dahinter ...
»Ich sollte gehen. Sie ebenfalls. Die Kameras zeichnen Sie auf, sobald Sie in den Flur treten. Von nun an müssen Sie ganz genau aufpassen, was Sie sagen - und zu wem. Wen Sie treffen, was Sie tun. Alles wird dokumentiert.« Sie machte eine Pause, nickte mir zu. »Seien Sie vorsichtig.«
»Isobel!«
Eben noch in Bewegung das Zimmer zu verlassen, drehte sie sich um, einen irritierten Ausdruck auf dem Gesicht. Ich hab sie Isobel genannt, fiel mir auf. Sie fragt sich, woher ich diesen Namen kenne.
»Ja?«
»Ich - Ich danke Ihnen.«
»Gern.«
Diesmal war ihr Lächeln echt.
»Viel Glück, Clove.«
Und mit diesen Worten war sie verschwunden, ließ mich allein zurück, allein mit tausend Fragen, für die ich jedoch keine Zeit hatte, denn ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich zwei Minuten zu spät im Speisesaal auftauchen würde.
»Scheiße«, fluchte ich, wischte meine verschwitzten Hände an der Trainingshose ab, und flitzte so schnell ich konnte zum Frühstück.
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Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Die Widmung dieses Kapitels geht diesmal an Nakita_Herondale. Danke für Deine Freundschaft und Deine Unterstützung. Ich bin so froh, dass Du wieder da bist! Hab Dich echt total vermisst. Ich hoffe, dass Dir dieses Kapitel gefällt.
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