♯Cнαpтer 38 ~ Teαrѕ, Cнrιѕтмαѕ αɴd Uɴιcorɴ Cαĸe.

Mᴇʀʀʏ Cʜʀɪsᴛᴍᴀs, ᴍᴇɪɴᴇ Lɪᴇʙᴇɴ <3

Tja, was soll ich noch weiter sagen, außer: Frohe Weihnachten!

Ich wünsche Euch von ganzem Herzen ein wunderschönes Weihnachtsfest; dass all Eure Wünsche in Erfüllung gehen, Ihr ganz viele Geschenke bekommt, viel Spaß habt, Plätzchen esst, und eine besinnliche Zeit mit Euren Lieben verbringt.

Das gilt dann natürlich auch für die kommenden Feiertage.

Zwei Updates wird es dieses Jahr voraussichtlich noch geben - einmal an Silvester, und einmal, um den Geburtstag meiner Mutter zu feiern - die ich über alles liebe ♥

Danke an jeden, der mich seit der letzten Aktualisierung unterstützt hat - amelia7890, JoanaJawia, TheDarkTemptation, Chrissitinchen, Melina_1000, BlackGirlNumber1, WoolyRainbow (Danke für alles <3), AnnixEspinosax und SinemPeace. Ihr seid die Besten ♥

Und auch an all meine anderen Leser - Danke für alles.

Ich liebe Euch ♥

Dieses Kapitel ist jedem von Euch gewidmet.

So - dann werde ich jetzt mal ein paar Märchen schauen, um die Zeit bis zur Bescherung zu überbrücken. Später gibt's dann Geschenke, Familienzeit, Kakao, Weihnachtsmusik, Plätzchen und Kartoffelsalat.

Und nun wünsche ich Euch ganz herzlich: Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ υɴd eιɴ ғroнeѕ Weιнɴαcнтѕғeѕт! Eυre Zoey <3

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♯Cнαpтer 38 ~ Teαrѕ, Cнrιѕтмαѕ αɴd Uɴιcorɴ Cαĸe.

it's friends, true friends, who show their love in times of trouble as well as in times of happiness.

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SONGS featured in this chapter: christmas medley by two steps from hell

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GLIMMER

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DAS blonde Haar in einem pinkfarbenen Handtuch zum Turban gewickelt, in einem schneeweißen Bademantel und barfuß, tapste Glimmer in den Wohnbereich ihrer Etage.

Diese Dusche hatte sie wirklich dringend nötig gehabt.

Jetzt fühlte sie sich erfrischt. Keine Tränen mehr, keine hartnäckigen Mascarareste, und selbst der dumpfe Schmerz in ihrem Herzen, der durch Marvels Verrat entstanden war, tat etwas weniger weh.

Jetzt noch ein kaltes Getränk (am besten etwas Alkoholisches) und ein paar der aufgebahrten Snacks, um ihren klagenden Magen zu beruhigen, und sie hatte aus diesem Abend das Beste gemacht, was sie hätte machen können.

Im Wohnzimmer war es stockdunkel. Normalerweise begrüßte einen das gedämpftes Licht, das aus der strahlenförmigen Lampe an der Decke drang, und das Zimmer mit dem eleganten, futuristischen Mobiliar, dem goldenen, flauschigen Teppich und der cremefarbenen Tapete mit den hellblauen Akzenten perfekt in Szene setzte.

Jetzt jedoch, brannten bloß die kleinen Teelichter in ihren bauchigen Kristallgläsern, die überall auf den Tischen verteilt waren.

Zum Glück kannte Glimmer diesen Raum recht gut, sodass sie keine Schwierigkeiten hatte, den Couchbereich aus beigefarbenen Chaiselongues zu erreichen.

Im schwachen Schein des Teelichts, welches sich auf dem gläsernen Couchtisch direkt vor ihr befand, erspähte sie eine Flasche eisgekühlten Sekts und eine Platte mit Weintrauben und Käsestückchen.

Das Wasser lief ihr im Mund zusammen.

Gerade wollte sie sich eine der Trauben auf der Zunge zergehen lassen, da bemerkte sie einen Schatten, nicht weit von ihr entfernt.

Die Weintraube verharrte in der Luft.

Glimmer kniff misstrauisch die Augen zusammen.

Wer ...?

»Hi.«

Eine krächzende Stimme in der Dunkelheit.

Der Schatten bewegte sich, doch Glimmer zuckte nicht zurück. Sie hatte an der Stimme erkannt, mit wem sie es zu tun hatte, und sie würde einen Teufel tun, jetzt abzuhauen.

Nicht schon wieder.

Glimmers Gesicht verhärtete sich, ihre Züge wurden von Frost überzogen, als sie Marvels Blick begegnete. Seine Augen waren in der Dunkelheit nicht zu erkennen - ihre dagegen loderten hell auf, brannten wie smaragdgrünes Feuer.

So saßen sie da, schwiegen einander an.

Nach einer Weile steckte Glimmer sich die Weintraube in den Mund, doch sie schmeckte nicht viel. Der Appetit war ihr vergangen. Jetzt aß sie, um die Leere in ihrem Magen zu füllen.

»Ich hab dir was mitgebracht. Vielleicht ...«

Marvel brach ab.

Ein Scharren, dann wurde ein Teller zu ihr rübergeschoben.

Glimmer runzelte die Stirn.

Das Teelicht kam nicht gegen die drohende Dunkelheit an, und doch sah sie das Stück Kuchen, das sich auf dem weißen Porzellanteller befand.

Blaue, rote, grüne, gelbe und pinke Teigschichten, dazwischen Vanillecreme und Johannisbeergelee ...

Es war ihr Lieblingskuchen.

Unicorn Cake.

Zuhause in Distrikt eins gab es den nur zu ganz besonderen Feiertagen und nur in einem ganz bestimmten Lokal.

Sie liebte diesen Kuchen.

Und Marvel wusste das.

Immerhin waren sie zusammen gewesen an diesem Abend, dem Weihnachtsabend, an dem sie den Kuchen zum ersten Mal gegessen hatten.

SCHNEE.

Dicke, weiße Schneeflocken, die vom düsteren Himmel rieselten, und auf den gläsernen Gehsteigen von Distrikt eins zum Liegen kamen.

Glimmer hatte in ihrem Leben noch nie so viel Schnee gesehen - dabei war Distrikt eins bekannt für seine lang andauernden, kalten Winter. Viele Touristen - wichtige Distriktangehörige, die eine Ausreiseerlaubnis erhalten hatten, und natürlich auch zahlreiche Kapitolbewohner - kamen um die Weihnachtszeit in die Luxusstadt, um sich auf den neusten Skipisten zu beweisen, oder um einen netten Winterurlaub in den Hochebenen zu verbringen.

Distrikt zwei war wegen seiner schönen Berge natürlich noch beliebter, aber der Winter dort war meist unbeständig, kurz, und der schöne weiße Schnee verwandelte sich durch die unberechenbaren Lawinenausbrüche nur allzu schnell in Matsch.

Distrikt eins dagegen machte seinem Namen wie immer alle Ehre - das vollkommen verschneite Stadtzentrum war trotz des Wintereinbruchs überaus gepflegt.

Gläserne Laternen verströmten eisblaues Licht, weiße Konfettischnipsel machten dem fallenden Schnee Konkurrenz, die Schaufenster schmückten Weihnachtsmotive, und eine losgelöste, entspannte Atmosphäre lag in der Luft - äußerst untypisch für Distrikt eins, wo alles streng nach Plan verlief, es auf Kleinigkeiten ankam, und die Menschen selten ein echtes Lächeln auf den Lippen trugen.

Je dunkler es wurde, desto mehr schien der Weihnachtsschmuck in den Schaufenstern zu leuchten - rot, golden, pinkfarben, silbern, kaltweiß und frostig blau.

Der Duft von frisch gebackenem Kuchen, gebrannten Mandeln, Plätzchen, herzhaftem Weihnachtsbraten, und heißem Fruchtpunsch zog durch die Gassen.

Besonders heute, am Weihnachtstag, gaben sich die Verkäufer Mühe, ihre Waren möglichst enthusiastisch anzupreisen und kunstvoll zu präsentieren.

Jede noch so kleine Gasse war weihnachtlich geschmückt.

Vom Marktplatz her erklang Weihnachtsmusik - tröstlich, wunderschön und sehnsuchtsvoll.

Sicher steht der Chor wieder vor dem Springbrunnen (um diese Jahreszeit wurde das Wasser des Brunnens immer in wunderschöne Frostfiguren verwandelt) und singt aus den alten Liederbüchern vor, dachte Glimmer (das Weihnachtssingen kannte sie sonst nur aus dem Fernsehen), als sie händchenhaltend mit Marvel durch die Straßen schlenderte.

Es war eiskalt und sie hatte ihre Handschuhe vergessen.

Doch auch das konnte ihre gute Laune nicht trüben.

Froh, die Akademie verlassen zu haben - wenigstens für einen einzigen Tag - und überglücklich, den Weihnachtsabend nicht mit ihrer drogenabhängigen Schwester und ihrem spielsüchtigen Vater verbringen zu müssen (beide hatten ihr versichert, sie müsste sich nicht die Mühe machen, nach Hause zu kommen; ihre Schwester verbrachte den Weihnachtsabend mit ihren Freunden, und ihr Vater wollte sein Glück in einem abgelegenen Kasino versuchen) hüpfte Glimmer an Marvels Arm von Stand zu Stand.

Hier gab es so viel zu entdecken, und doch schien kaum genug Zeit zu bleiben, alles anzusehen.

Nicht, dass Glimmer sich davon hätte einschüchtern lassen.

Sie betrachtete jeden Stand als sei er eine Offenbarung, und tanzte vor Freude, als ein älterer Herr - als Weihnachtsmann verkleidet - ihre Schönheit lobte, und ihr einen Lebkuchen in die gefrorenen Finger drückte.

Marvel lächelte nachsichtig.

Er wusste, es war Glimmers erstes Weihnachten, das sie ohne ihre Familie verbrachte. Er wusste außerdem, dass sie noch nie auf einem Weihnachtsmarkt gewesen war. Und da Distrikt eins nun mal Distrikt eins war, hatte man das ganze Stadtzentrum kurzerhand in einen riesigen, kilometerlangen Weihnachtsmarkt verwandelt - da war Glimmers Begeisterung kaum überraschend.

»Soll ich dir eine Zuckerwatte kaufen? Ich hab noch ein paar Linux übrig«, schlug Marvel vor und rasselte grinsend mit seinem Geldbeutel.

Was Glimmer nicht wusste - und was er ihr auch nicht erzählte - war, dass er extra für diesen Tag sein ganzes Erspartes zusammengekratzt hatte.

Er wollte seiner besten Freundin das schöne Weihnachtsfest ermöglichen, welches sie sich immer erträumt hatte - und von dem sie ihm schon so oft erzählt hatte, dass er den Text inzwischen auswendig kannte.

Weihnachtsmarkt, Zuckerwatte, Kuchen, Weihnachtslieder, Schnee.

Glimmers Ansprüche waren durchaus zu erfüllen, und er würde sein Bestes geben, ihren Vorstellungen gerecht zu werden.

Glimmer strahlte.

»Gern. Ich hab noch nie Zuckerwatte gegessen. Oh, und könntest du versuchen, so einen Bären für mich zu gewinnen? Das wäre soo cool«, schwärmte sie, als sie gerade an einem Stand vorbeigingen, wo man mit einem Gewehr auf Zielscheiben schoss, und als Belohnung einen furchtbar flauschigen Teddy gewinnen konnte.

Marvel nickte gutmütig.

»Na klar.«

»Wirklich? Ja, ja, ja!«, quietschte die Blondine und führte einen kleinen Freudentanz auf, bevor sie sich leicht verlegen räusperte. Wahrscheinlich hatte sie Angst, sich vor Marvel zum Affen gemacht zu haben. Der jedoch, fand ihre Freude allerhöchstens niedlich und kniff ihr in die kalte Nase.

»Na dann - erst Bärchen, oder erst Zuckerwatte?«

»Ich kann die Zuckerwatte auch essen, während du mir ein Bärchen kaufst«, schlug Glimmer grinsend vor.

Marvel verdrehte die Augen.

»Auch noch Ansprüche, Prinzessin? Na gut, von mir aus.«

Zwei Minuten später kämpfte die Blondine darum, einen Haufen rosaroten Flauschs, auch genannt Zuckerwatte, nicht an den aufkommenden Wind zu verlieren.

Und sich das klebrige Zeug nicht auf den grauen Grobstrickmantel, oder in die weich fallenden Locken zu schmieren, war auch recht erstrebenswert.

Als Marvel so weit sicher war, dass nichts dergleichen passieren würde, kaufte er ein paar Lose am Schießstand und richtete sein Scharfschützengewehr konzentriert auf die vor ihm aufgebauten Zielscheiben.

Da er seit letztem Semester als einer der besten Schützen der Akademie galt, war es für ihn ein Leichtes, Glimmer, kaum, dass er dem Budenbesitzer das Gewehr zurückgegeben hatte, nicht nur einen, sondern gleich drei flauschige Teddys in die Arme zu drücken.

Glimmer kuschelte sich sofort an den Schneeweißen mit den pinken Glitzeraugen; Marvel durfte den großen Braunen und den kleinen Azurblauen tragen.

»Ich hab - jetzt noch etwas Geld für einen Fruchtpunsch und ein Stück Kuchen«, sagte Marvel, der ein Stück weit hinter seiner Freundin herlief, gleichzeitig seinen kleinen Rucksack, die zwei Bären, und eine Einkaufstüte voller Weihnachtspullover, die sie beide am Vormittag erstanden hatten, auf seinen Armen balancierte.

»Super Idee«, freute sich Glimmer und pustete ein paar Schneeflocken aus ihren blonden Haaren. »Also dann, welches Café darf sich über unseren Besuch freuen?«

Die Auswahl lag bei etwa zwanzig.

Glimmer wollte jedes Einzelne auf Speisekarten überprüfen, bevor sie hineingingen.

Marvel stöhnte hörbar, als er davon erfuhr.

Am Ende machten sie bei Café Elf Halt - zum einem, weil der Schneefall nun immer heftiger wurde, zum anderen, weil Marvel ankündigte, zusammenzubrechen, wenn er noch einen Meter laufen müsste.

Im Innern des Cafés war es recht beengt, aber trotzdem gemütlich. Dick gepolsterte Stühle aus Kirschholz, mahagonifarbene Tische, cremeweiße Tapete und ein heller Holzfußboden. Weihnachtsschmuck glänzte hinter der Theke, und fröhliche Weihnachtsmusik ertönte aus einem kleinen Radio neben der Eingangstür.

Marvel und Glimmer entschieden sich für einen Tisch gleich neben dem Fenster, mit gutem Blick auf die Ladenstraße.

»Hübsch hier«, sagte Marvel, und hängte seinen dunkelblauen Kaschmirwollmantel über die Lehne seines Stuhls. Darunter trug er einen weinroten Pullover mit eingestrickten weißen Schneeflocken.

»Weißt du schon, was du nimmst?«, fragte er dann, mit Blick auf seine beste Freundin, die bereits die Speisekarte studierte.

Sie sah wie immer wunderschön aus, in ihren schwarzen Leggings, schwarzen Fellstiefeln, und dem weihnachtlich gemusterten schwarzen Wollpullover, der ihr bis knapp über den Po ging.

Glimmer zog einen Schmollmund.

»Ich bin heute etwas experimentierfreudig. Was hältst du vom Unicorn Cake?«

Marvel stimmte bereitwillig zu, und bestellte noch einen Johannisbeerpunsch für sie beide.

Wenig später standen zwei dampfend heiße, kunterbunte Stücken Kuchen vor ihren Nasen.

»Der ist köstlich«, stellte Glimmer schwärmerisch fest, nachdem sie und Marvel sich jeweils einen Bissen in den Mund geschoben hatten.

»Mhhmh«, stimmte Marvel mit vollem Mund zu.

Über das Weihnachtsgesteck hinweg, grinsten sie sich an.

EINE Stunde später, liefen Glimmer und Marvel erneut Arm in Arm über den Weihnachtsmarkt, geradewegs auf den Marktplatz zu. In ihren Fingern hielten sie kleine Pappbecher mit Überresten des Fruchtpunschs. Ein seliges Lächeln lag auf ihren Gesichtern, als sie sich auf einer kleinen Bank, gegenüber des Springbrunnens und des traditionellen Lichterbaumes - ein Kunstbaum, dekoriert mit unzähligen Leuchten in kalkweißem Licht - niederließen.

Zwanzig Jungen und Mädchen, gekleidet in graublaue Uniformen aus fließendem Satin, standen auf der Treppe der Kirche.

Aneinandergekuschelt lauschten Marvel und Glimmer deren lieblichen Stimmen, sogen den weihnachtlichen Geruch von Glühwein und Mandeln in sich auf, und beobachteten das hypnotisierende Spiel der bunten Lichter überall.

»Frohe Weihnachten, Glimmer«, flüsterte Marvel.

»Frohe Weihnachten, Marvel«, gähnte die Blondine an seiner Schulter.

Sie lauschten dem Chor bis tief in die Nacht hinein, während die weißen Flocken auf ihre Köpfe rieselten, und die Weihnachtsbeleuchtung in der Dunkelheit strahlte.

Es war bei weitem Glimmers schönstes Weihnachten gewesen.

DIE Erinnerung grub sich tief in Glimmers Herz.

Weihnachten mit Marvel. Aber nicht nur Weihnachten mit Marvel, nein, auch Silvester mit Marvel, Ostern mit Marvel, ihre letzten fünf Geburtstage mit Marvel ...

Es lag an Marvel, dass diese Feiertage nun einen besonderen Platz in ihrem Herzen inne hatten.

Die Feste mit ihrer Familie schafften es jedenfalls nicht auf die Liste der glücklichsten Augenblicke ihres Lebens. Das schafften nur die Momente mit Marvel - alle möglichen Momente.

Auf dem Sofa zu sitzen, aneinander gekuschelt mit einer Tasse heißem Kakao (mit extra viel Schokolade und karamellisiertem Zucker); die Schneeballschlacht nach dem völlig verhauenen Test in Wirtschaftskunde; das Herbstprojekt, bei dem sie tagelang nach einem feuerroten Ahornblatt gesucht hatten; der Sommer, den sie im Haus von Marvels Onkel am Diamond Skies Sea verbracht hatten; Silvester, wo sie sich im Stadtzentrum schier die Nasen abgefroren hatten, nur um Zeugen des großen Feuerwerks zu werden; und schließlich ihre letzten fünf Geburtstage, nachdem Marvel das Backen als sein neues Hobby auserkoren hatte, und sie jedes Jahr mit einer neuen Tortenkreation überraschte.

Wie Bilder in einem Fotoalbum blitzten die Erinnerungen vor Glimmers innerem Auge auf.

Jeder einzelne Moment war ihr klar im Gedächtnis geblieben - trotz der Zeit, die vergangen war, konnte sie sich an alles erinnern. Sie bezweifelte, dass sie es je vergessen würde.

Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

Die Erinnerungen durchfluteten sie, vertrieben die Kälte aus ihrem Herzen, und verbannten den Frost von ihren Gesichtszügen.

Ein warmes Gefühl durchströmte Glimmer, leuchtete hell auf wie eine frisch angezündete Kerze, vertrieb die Dunkelheit und die Wut, die ihren Geist befallen hatte.

Dieses Gefühl war so stark, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb; Tränen der Wehmut, der Sehnsucht, des Glücks.

Liebe, begriff Glimmer.

Das ist Liebe.

Sie sah auf.

Marvel starrte ihr aus der Dunkelheit entgegen.

Glimmer biss sich auf die Unterlippe.

Vielleicht ... vielleicht könnten sie ... vielleicht war das, was Marvel getan hatte, ja nicht so unverzeihlich, wie sie geglaubt hatte ... Immerhin war es unter Freunden üblich, dass man sich manchmal stritt, wenn der eine dem anderen die Meinung sagte ...

Das war aber mehr, als nur »die Meinung zu sagen«, keifte Glimmers Unterbewusstsein. Er hat dich verurteilt, dich gekränkt, dich verraten, dich verletzt ...

Ja, dachte Glimmer.

Er hat mich verletzt.

Ich bin nicht wütend.

Ich bin verletzt.

Aber will ich deswegen all diese Momente verleugnen? Das Glück verbannen, das diese Erinnerungen in mir ausgelöst haben?

Wenn Marvel sich entschuldigen würde ... ja, dann wäre sie vielleicht (wahrscheinlich) bereit, diesen Streit zu vergessen.

Aber wenn nicht ...

Der Gedanke, ihren besten Freund die verbleibenden Tage lang mit Ignoranz strafen zu müssen, zerriss ihr schlichtweg das Herz und sorgte beinahe dafür, dass sie sich entschuldigte.

»Ich - äh, ich musste den Koch anbetteln, den für dich zu backen. Willst du nicht ein Stück essen? Er ist sicher noch ganz warm«, durchbrach Marvels Stimme ihre Gedanken.

Es tat ihm leid.

Das wusste sie.

Und trotzdem ...

Sie schwieg. Kein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, und sie warf sich ihm auch nicht in die Arme, auch wenn jede Faser ihres Körpers genau das tun wollte.

Aber ... wenn er diese Worte, diese bösen Worte einmal gegen sie gerichtet hatte, wer sagte ihr dann, dass er es nicht wieder tun würde?

Marvel seufzte.

Es klang müde und traurig.

Der Ton sorgte dafür, dass Glimmers Augen brannten, und Tränen ihr die Kehle hochstiegen.

Das hier war so ein Kindergarten.

Sie wollte nicht mit Marvel streiten.

Lieber sollten sie ihre letzten Tage zusammen verbringen, versuchen, irgendwie glücklich zu sein, statt sich anzukeifen, anzuschweigen, und mit Verachtung zu strafen.

Aber die Worte, die Worte, die er zu ihr gesagt hatte, hallten in ihrem Gedächtnis wider, und hielten sie davon ab, seine Entschuldigung zu akzeptieren.

»Ich weiß, dass ich es versaut hab, Glimmer.«

Glimmer nickte.

»Hast du.«

Ihre Stimme klang kratzig und heiser.

»Und es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid. Ich hätte das nicht sagen dürfen.«

»Hättest du nicht«, stimmte sie ihm zu.

Marvel nickte.

»Aber - ich - ich hab mir nun mal Sorgen gemacht. Kannst du mir das verdenken? Nach Logan ...«

»Thor ist nicht Logan.«

Dessen war sie sich ganz sicher.

Marvel jedoch, schnalzte zweifelnd mit der Zunge.

»Thor Crane ist der Bruder des obersten Spielmachers. Er ist oberster Friedenswächter und arbeitet für das Kapitol - die Leute, die uns umbringen wollen. Der Kerl ist kein Heiliger; im Gegenteil, er hat 'ne Menge Dreck am Stecken. Und ich hab mir doch nur-«

»Woher weißt du das alles?«, unterbrach Glimmer ihn mit gerunzelter Stirn. Sie selbst hätte die meisten dieser Informationen nicht erhalten, hätte Thor sie ihr nicht selbst erzählt.

Marvel lächelte müde.

»Meine Eltern haben die Capitol Weekly seit sieben Jahren abonniert. Und auch hier liegt sie überall rum. Da ist es nicht schwer, zwischen dem Spielmacher und deinem Freund 'ne Verbindung herzustellen.«

Glimmer schluckte, während sie an ihrem Kleid herumnestelte.

»Er ist nicht mein Freund.«

»Aber du magst ihn, nicht wahr?«

Glimmer kaute auf ihrer Lippe herum. Mochte sie Thor? Ja, war die Antwort, die ihr beinahe sofort durch den Kopf schoss. Doch es wäre unklug, das vor Marvel zuzugeben. Sie kannte ja seine Meinung diesbezüglich.

»Ich weiß es nicht.« Sie schüttelte den Kopf, versuchte zu verdrängen, dass sie soeben ihren besten Freund angelogen hatte. »Trotzdem. Thor ist nicht Logan. Er würde -«

Mich niemals verletzen?

Das hatte sie gerade nicht ernsthaft gedacht, oder?

Er hatte sie doch bereits verletzt - gestern, beim Verhör. Sie konnte nur von Glück reden, dass sein Wunderheilmittel die Striemen an ihrem Handgelenk geheilt hatte, bevor Marvel oder ihre Mentoren davon Wind bekommen hatten.

Glimmer brach ab und sah unschlüssig zu Boden. Ihre nackten Füße spielten mit den Flusen des goldenen Teppichs. Noch immer glänzte der pinkfarbene Lack, den sie am Abend der Eröffnungsfeier getragen hatte, auf ihren Fußnägeln.

»Aber-«, setzte Marvel an, doch er wurde von seiner Distriktpartnerin unterbrochen, die entschlossen den Kopf schüttelte.

»Nein. Es spielt keine Rolle, ob ich Thor mag oder nicht. Fakt ist: Nur, weil er tut, was er tut, heißt das noch lange nicht, dass es ihm gefällt oder er ihre Ansichten teilt.«

Sie machte eine Pause, versuchte Thor zu verteidigen, ohne Marvel genau zu erzählen, wie nah sie sich tatsächlich gekommen waren - er wäre sicherlich nicht allzu begeistert von den Tränenausbrüchen, den Umarmungen, und den gemeinsamen Geständnissen bei Alkohol und Pommes - doch alles, was aus ihrem Mund purzelte war ein Satz, den sie schon gestern Abend zu dem Friedenswächter gesagt hatte: »Wir alle tun, was wir tun müssen, um zu überleben.«

Dagegen ließ sich schwer argumentieren.

Das begriff selbst Marvel, und er war nicht so dumm, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.

»Okay, hör zu: Ich hab dich gesehen, gestern Abend. Mit ihm. Ich wollte - ich hab mir Sorgen gemacht. Ich war hier, und du warst schon 'ne ganze Weile weg, und ich dachte - Aber gerade, als ich dich suchen gehen wollte, da sehe ich dich völlig besoffen den Flur lang torkeln. Ich war ... Na ja, ich war eben wütend. Und verwirrt. Und besorgt. Aber ja, vor allem war ich wütend. Ich dachte, du hättest dich einfach so an jemanden rangeschmissen, und ... Es tut mir leid. Ich wusste nur einfach nicht, was ich denken sollte. Ist ja auch nicht so, als hättest du mit Logan damals die beste Entscheidung getroffen«, rutschte es ihm heraus.

Glimmer hob träge eine Augenbraue, was Marvel dazu veranlasste, die Augen weit aufzureißen, und den Kopf einzuziehen.

Fast hätte sie gelacht.

Aber eben nur fast.

Denn im Grunde wusste Glimmer, dass er recht hatte.

Zumindest konnte sie sein Verhalten verstehen.

Was nicht bedeutete, dass sie es guthieß - aber sie konnte es zumindest verstehen.

Als Zeichen des Friedens sprang Glimmer über ihren Schatten (und über ihren verletzten Stolz) und griff nach der Kuchengabel.

Marvel schien diese Geste jedoch nicht als Friedensangebot anzusehen, denn er überschlug sich erneut mit seinen Entschuldigungen.

»Glimmer, ehrlich, es tut mir so leid, ich-«

»Keine Entschuldigungen mehr«, unterbrach Glimmer ihn, und steckte sich eine Gabel voll Kuchen in den Mund.

Hmm.

Köstlich.

So muss der Himmel schmecken, dachte sie, und gönnte sich eine weitere Gabel voll.

Dann sah sie ihren besten Freund an.

Auf dessen Gesicht lag immer noch eine gewisse Vorsicht, und sein Lächeln wirkte eher fragend, als begeistert.

Glimmer verdrehte die Augen und schob ihm den Teller, plus Kuchen, plus Gabel hin.

»Na los. Iss was. Ist wirklich lecker.«

Marvel gehorchte zögernd.

»Heißt das, du verzeihst mir?«

Glimmer nickte bloß und schnippte mit den Fingern.

Marvel gab ihr die Gabel und den Kuchenteller zurück.

»Wieso?«

Die Blondine seufzte und lehnte sich auf der Couch zurück.

»Ich hab heute eins begriffen: Wenn wir uns streiten, uns entzweien - wenn sie es schaffen, uns auseinanderzubringen, nachdem wir die letzten Jahre über aneinandergeklebt haben wie Pech und Schwefel, dann gewinnen sie schon wieder. Und ich werde einen Teufel tun, und sie gewinnen lassen. Nein. Du bist mein bester Freund. Selbst beste Freunde streiten mal. Ich könnte dich niemals hassen. Dafür liebe ich dich zu sehr. Hörst du das? Ich liebe dich. Egal, was kommt. Ich - ich hoffe nur, du denkst nicht, dass ich - ich meine - Ach, ich weiß auch nicht. Aber bitte - wir sollten aufhören, uns zu streiten. Ich hab dich doch lieb«, murmelte sie leise, und starrte in das kleine Teelicht, das vor ihr auf dem Tisch thronte.

Marvel schniefte leise.

»Ich weiß nicht, was ich - Ich - Du bist ... einfach nur perfekt. Ich - ich liebe dich, Glimmer«, stammelte er unbeholfen.

Glimmer lächelte - so breit, dass ihre Mundwinkel weh taten, doch das war es wert.

Die Wärme in ihrem Inneren breitete sich bis in ihre Fingerspitzen aus.

Eine Weile lang schwiegen sie.

Nur das Scharren des Tellers, als sie das immer kleiner werdende Stück Kuchen zwischen sich herschoben, war zu hören.

»Wir werden das nächste Weihnachten wohl nicht mehr erleben, was?«

Glimmer zuckte mit den Achseln.

»Wahrscheinlich nicht, nein.«

Obwohl - einer von uns vielleicht schon.

Diesen Gedanken verdrängte sie.

Ohne Marvel war Weihnachten nicht Weihnachten.

»Na dann - Merry Christmas, Angel Eyes«, flüsterte Marvel und verputzte breit grinsend sein letztes Stück Unicorn Cake.

Glimmer lachte und verdrehte die Augen.

Angel Eyes.

So nannte er sie seit ihrem dreizehnten Geburtstag. An diesem Tag hätten ihre Augen ganz besonders gefunkelt, behauptete er.

Kopfschüttelnd angelte Glimmer sich ein paar Kuchenkrümel, bevor sie neben ihren besten Freund plumpste, und sich in seine Arme kuschelte.

»Merry Christmas, du Idiot.«

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Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Die Widmung dieses Kapitels geht an jeden von Euch. Danke für Eure Unterstützung. Ich hoffe, dass Euch dieses Kapitel gefällt, und wünsche Euch: Frohe Weihnachten!

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