| 64. FIRE AND BLOOD

[ ACT TWO: STRANGE LANDS ]
[ CHAPTER SIXTY FOUR: FIRE AND BLOOD ]

HEAD IN THE DUST, FEET IN THE FIRE.

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ES STELLTE SICH HERAUS, DASS WIR ES NICHT BIS ZUM LAGER ZURÜCKSCHAFFTEN SPRICH, DASS WIR UNS KOMPLETT VERIRRT HATTEN.

Und da standen wir nun - ohne Vorräte, ohne Schlafsäcke, mitten in einem unbekannten Terrain.

»So viel zu der super Idee, unsere Rucksäcke zu verstecken«, spottete Marvel, als wir irgendwann ratlos auf einer Lichtung Halt machten - jedoch leider nicht unserer Lichtung.

»Verdammt«, murmelte ich, und begann, erst einmal unsere Umgebung in Augenschein zu nehmen, während Marvel es stattdessen vorzog, munter weiter gegen Peeta zu schießen.

»Daran bist auch nur du Schuld -«

»Ach ja? Wer ist denn vorne weg gelaufen?«, war Peetas ungewohnt forsche Antwort - Wahrscheinlich war er es leid, von uns allen immer als Blitzableiter missbraucht zu werden.

Marvel verzog daraufhin wütend das Gesicht.

»Ach, jetzt gibst du mir die Schuld dafür? Glaubst du, ich kenn' den Wald wie meine Westentasche, oder was?«

»Wir sollten uns an den Flussläufen orientieren, vielleicht schaffen wir es dadurch zurück zum -«, warf Glimmer ein, als Cato plötzlich einen Nervenzusammenbruch bekam, und anfing, wütend umherzustapfen.

»Ich glaub's nicht! Unsere Vorräte, unsere Schlafsäcke, alles weg! Ich könnte -«

»Jemanden umbringen? Na, dann hoffen wir doch mal, uns läuft gleich noch ein anderer Tribut über den Weg, sonst waren's nur noch vier«, witzelte ich beherzt, doch das brachte Cato auch nicht zum Lachen.

»Das ist nicht witzig, Clove, ohne unsere Vorräte überleben wir doch keine drei Tage!«, herrschte mich Marvel unwirsch an.

Spöttisch zog ich die  Augenbrauen zusammen.

»Also, was dich angeht, wäre ich mir schon bei zwei Tagen nicht sicher, so viel steht fest«, konterte ich wütend, langsam ziemlich genervt von all den Streitereien, und nicht länger in Stimmung, den Optimisten zu spielen.

»Wie wäre es, wenn wir zum Füllhorn zurücklaufen? Danach könnten wir den Weg vom Vortag nehmen, um unsere Lichtung wiederzufinden«, schlug Glimmer pragmatisch vor, doch Cato lachte bloß.

»Tolle Idee, aber hat du vielleicht irgendeine Ahnung, wie wir das Füllhorn wiederfinden sollen?«

Bei diesen Worten biss Glimmer sich auf die Unterlippe, und schüttelte den Kopf.

»Tja, dacht ich's mir. Dann sind wir wohl erledigt.«

Mutlos ließ Cato sich auf den Waldboden fallen. Nach kurzem Zögern, tat Marvel es ihm gleich.

»Und das war's? Wir sollen einfach hier rumsitzen? Das kann doch nicht euer Ernst sein!«, rief ich aus.

Marvel runzelte die Stirn.

»Und was sollen wir deiner Meinung nach tun, Clove? Wir sind die ganze Nacht gelaufen. Wir haben keine Ahnung, wo wir sind - wie wir das Füllhorn, unser Lager, überhaupt irgendetwas wiederfinden sollen. Wir haben kaum noch Wasser und keinerlei Vorräte. Glimmers Knöchel sieht aus, als hätte man ihn mit einem Hammer bearbeitet, und sie hat wahrscheinlich unglaubliche Schmerzen, auch wenn sie uns zuliebe keinen Mucks von sich geben hat. Ist es da so falsch, sich ein bisschen ausruhen zu wollen?«

»Ihr ruht euch aber nicht aus«, warf Peeta ein, bevor mich das schlechte Gewissen einholen konnte. »Ihr gebt auf.«

Sofort sprang Cato wieder auf die Füße, das Gesicht wütend verzerrt, als er Peeta am Kragen packte, und gegen einen nahestehenden Baum schubste.

»Ach, glaubst du, Loverboy? Wollen mal sehen, wie schnell du aufgibst, wenn ich -«

»Das reicht! Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir zurück zum Lager finden, als uns gegenseitig aufzustacheln!«, rief Glimmer erschöpft aus, und ließ sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einen umgefallenen Baumstamm sinken.

Ich wagte einen Blick auf ihre Verletzung, kaum, dass sie ihren Stiefel ausgezogen, und den Stoff ihres Hosenbeins hochkrempelt hatte - und sog sogleich zischend die Luft ein.

Marvel hatte Recht gehabt - Glimmer musste unglaubliche Schmerzen haben, denn die Haut ihres Knöchels war stark geschwollen, und hatte zudem eine alarmierend purpurrote Färbung angenommen.

»Cato, hör auf. Sie hat Recht, wir dürfen uns nicht gegenseitig provozieren«, mahnte ich, als ich sah, dass Cato Peeta noch immer gegen den Baum gedrückt hielt, eine Hand an seiner Kehle, und offenbar in einer für ihn typischen Wutspirale gefangen, wo er nur noch Rot sah.

Peetas Gesicht begann bereits blau anzulaufen, und seine Beine zuckten verzweifelt.

Sacht legte ich meinem Mittributen eine Hand auf den Arm, hoffte, dass er Peeta nicht noch erwürgte, und redete mit sanfter Stimme auf ihn ein. Kurz darauf senkte Cato die Arme.

Mit zitternden Knien, und sichtlich geschocktem Gesichtsausdruck, taumelte Peeta zu Boden.

»Und? Wie lautet der Plan?«, fragte Cato brüsk, und ließ sich neben Glimmer auf den Baumstamm sinken, dem nach Luft ringenden Peeta nun keinerlei Beachtung mehr schenkend.

Verstohlen rutschte Marvel an den Rand der Lichtung, als befürchtete er, gleich der Nächste zu sein, der unter Catos Wutausbrüchen zu leiden hatte, während Glimmers Blick zwischen mir und meinem Distriktpartner hin und her huschte - bevor sie sich räusperte, und wieder das Wort ergriff.

»Zuerst sollten wir zusammentragen, was wir noch an Vorräten haben. Dann sehen wir, ob etwas brauchbares dabei ist, und wie wir uns aufteilen, um die Route zum Lager wiederzufinden.«

Zwei Minuten später, hatten wir einen dürftigen Haufen in unserer Mitte zusammengetragen.

Vier silberne Aluminiumflaschen, die im Sonnenlicht funkelten - Ich war froh zu sehen, dass meine Verbündeten zumindest alle schlau genug gewesen waren, ihre Wasserflaschen mitzunehmen.

Dazu hatte Marvel noch drei Energieriegel und zwei Packungen Trockenfrüchte dabei, sowie zwei Ersatzspitzen für seinen Speer. Glimmer konnte eine längliche Dose Cashewkerne und eine Büchse Nüsse mit Rosinen beisteuern. Ich hatte währenddessen eine Packung Streichhölzer, mein Medizinset, und eine kleine Packung Müsli zum Haufen hinzugefügt.

Aus Mackenzies Minirucksack konnten wir außerdem noch eine Packung Käsebällchen, eine Tüte Schokoflocken, ein Set bunter Pflaster, und ein kleines Fläschchen Iod bergen.

Cato hatte ( abgehen von seiner Wasserflasche ) alles andere in seinem Rucksack gelassen, und auch Peeta stand mit leeren Händen da.

»Nun, das ist ...«

»Richtig scheiße?«, warf Cato mürrisch ein.

»Auch, ja. Aber es ist immerhin besser als nichts. Jetzt müssen wir nur noch entscheiden, wie wir uns aufteilen, um ...«

Ich stockte.

»Clove? Alles okay?«, fragte Cato sofort, und sprang vom Baumstamm hoch, sein Schwert in der Hand, sogleich auf jede Gefahr gefasst.

Ich schüttelte den Kopf.

»Hört doch.«

Ein sanftes, klingelndes Geräusch, seltsam vertraut - wie der Klang eines Windspiels, nur -

»Ein Sponsorengeschenk«, erkannte Marvel, und suchte aufgeregt den Himmel ab. »Seht doch, da!«

Zwischen den dicht beblätterten Baumkronen schwebte ein silberner Fallschirm, an dem eine schmale Box befestigt worden war. Rasch pflückte Cato den Fallschirm aus dem Geäst, als jener kurz über dem Boden in einer Astgabel hängen blieb.

Sekunden verstrichen, während er an dem Verschluss nestelte, dann -

Ein Klicken.

Ein Grinsen breitete sich auf Catos Gesicht aus, als die Box sich öffnete.

Triumphierend zog er ein längliches Stück Papier heraus, und legte es in unserer Mitte ab, auf einen von der Sonne gewärmten Stein. Aufgeregt scharrten wir uns darum - doch unsere Begeisterung verflog sehr bald, als wir ratlos auf das Geschenk hinunterstarrten, ohne eine Ahnung, um was es sich dabei handeln könnte.

»Das verstehe ich nicht. Sollte das nicht etwas sein, das euch - ich meine uns - irgendwie weiterhilft?«, fragte Peeta, und selbst Cato brummte zustimmend, während ich noch versuchte, das seltsame Geschenk genauer unter die Lupe zu nehmen.

Das pechschwarze Stück Papier schien aus festem, widerstandsfähigem Material zu bestehen - Es besaß eine reflektierende Oberfläche, die im Sonnenlicht glänzte, sodass man es wohl auch leicht in der Dunkelheit ausmachen könnte.

Genau in der Mitte befand sich ein hellblau schillernder Punkt, auf den Cato mit leicht ratlosem Gesichtsausdruck einen Finger legte, und leichten Druck auf die Oberfläche ausübte.

Ein Zischen ertönte, dann ein Sausen - das vertraute Surren eines geworfenen Messers, das durch die Luft segelte, kurz bevor es auf ein Ziel traf - und erstaunt sahen wir zu, wie sich das Papier vor unseren Augen entfaltete.

Das Erste, was ich sah, war Grün - eine immense Ansammlung an grüner Fläche auf weißem Hintergrund. Dann ein länglicher Pinselstrich in einem hübschen Blauton, der in einer kreisrunden, ebenfalls blauen Fläche auf der einen Seite, und einem abgeflachten, buchtartigen Areal auf der anderen Seite verlief.

Im Sonnenlicht schimmerte etwas.

Ich runzelte die Stirn, ließ meine Augen zu eben jener Stelle huschen, erkannte die spinnenartigen Vorrichtungen aus Metall, die sich am Rand des Papierstücks befanden, und ein wissendes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Doch keine Zauberei - das Ding war mit einer metallischen Apparatur ausgestattet, die dafür sorgte, dass das nutzlos wirkende Papier sich entfaltete, sobald man den hellblauen Punkt in der Mitte berührte.

Begeisterung überkam mich, als ich darüber nachdachte, was das bedeuten könnte - war das Ding sensorgesteuert? Bedeutete das, dass es sich dem Fingerabdruck desjenigen anpasste, der es zuerst berührt hatte - dass nur Cato es öffnen konnte, und jeder andere Tribut, der es versuchte, niemals in der Lage sein würde -

»Was - was ist das?«, traute Peeta sich zu fragen, der das Stück Papier beäugte, als würde es jeden Moment zum Angriff übergehen, und trübte damit meine Begeisterung erheblich.

Verdammt. Es brachte uns ja leider gar nichts, wenn wir das Geschenk zwar als Einzige öffnen konnten, aber gleichzeitig auch zu blöd waren, um es zu entschlüsseln, oder?

Ich kniff die Augenbrauen zusammen, und versuchte zu analysieren, mit was ich es hier zu tun hatte, bis ...

»Das ist - das ist eine Karte«, antwortete ich - erst, als ich mir sicher war, damit auch richtig zu liegen.

Vorsichtig fuhren meine Finger über die Ansammlung aus sattem Grün - Bäume. Der Wald. Und der gewundene Pinselstrich - ein Fluss, der zum See führte. In der Mitte der Karte befand sich ein helleres Fleckchen Grün - etwas Silbernes war darauf platziert worden - die Lichtung mit dem Füllhorn. Dort, wo alles angefangen hatte, der Mittelpunkt der Hungerspiele.

Am unteren Ende der Karte befanden sich circa zwanzig Symbole, die ich auch auf der Zeichnung wiedererkennen konnte - etwas, das sich, wenn ich mich nicht täuschte, Legende nannte. Sie erklärte uns die Bedeutung der verschiedenen Farbkleckse - wie weit der Laubwald sich ausbreitete, wo der Nadelwald begann - wo sich Wildblumen und Früchte befanden, sich Flüsse und Höhlen verbargen -

»Eine Karte? Was ... was ist das?«, fragte Peeta verwirrt, und erntete verblüffte Blicke.

Auch wenn meine Kenntnisse in Erdkunde recht bescheiden waren, so hatte ich doch schon mal den Begriff »Karte« gehört - ja, wie man sah, schaffte ich es sogar, ein paar magere Anhaltspunkte zusammenzukramen, dem Unterricht der Akademie sei Dank.

»Eine Karte ist etwas, das sie früher oft benutzt haben, um Länder aufzuzeichnen, um die Welt - aber ja, Panem ist nur ein einziger Fleck inmitten eines riesigen Ozeans, vielleicht auch ein Grund, warum sie den Mist heute nicht mehr brauchen - Aber hast du nie die Karte der Distrikte gesehen - wie alles eingeteilt ist, wo jedes Distrikt liegt - in der Akademie hängt das Schaubild in fast jedem Gang aus«, sprudelte Marvel hervor, sichtlich stolz, sein Wissen weitergeben zu können.

Peeta räusperte sich, eine leichte Röte auf den Wangen.

»In Distrikt zwölf konzentrieren wir uns nur auf das aktuelle Geschehen, und blicken nicht zurück -«

»Aber arbeitet ihr nicht in den Minen? Woher wollt ihr wissen, wo ihr die Kohle herholen müsst, wenn ihr keine Karte der Minen habt?«, warf Cato ein, doch Peeta zuckte unbestimmt mit den Achseln.

»Weiß nicht, ich hab nie - nie in der Mine gearbeitet«, gab er, sich bei dem Thema sichtlich unwohl fühlend, zurück. Cato schnaubte spöttisch, woraufhin er einen herausfordernden Blick von Peeta einheimste.

»Hast du denn schon mal in einem Bergstollen gearbeitet?«

»Ähm ... nee?«, meinte Cato lachend. »Solche Arbeit verrichtet man erst, wenn man über achtzehn ist, und bis dahin nichts Besseres gefunden hat -«

»Ach was«, murmelte Peeta sarkastisch, da der Kern der Unterhaltung, wie so oft, auch dieses Mal an Cato vorbeigegangen war.

»Oh, und nicht, dass ich mich je darüber gesorgt hätte - wie du ja sicher weißt, habe ich mit Clove zusammen die Akademie besucht, wahrscheinlich hätte ich die Ausbildung zum Friedenswächter angefangen, sobald -«

»Leute, ihr versteht nicht! Das ist nicht irgendeine Karte«, rief Glimmer genervt.

»Ach ja? Kann sie uns denn irgendwie weiterhelfen?«, fragte Cato, sichtlich verstimmt, in seiner Prahlerei unterbrochen worden zu sein.

»Allerdings. Denn das - das ist eine Karte der Arena«, ergänzte ich, und sah zu, wie sich langsam aber sicher ein ungläubiges Strahlen auf Catos und Marvels Gesichtern ausbreitete.

Auch ich konnte es kaum fassen. Es war nicht mal ein Tag vergangen, und nur weil wir uns jetzt ein wenig verirrt hatten, schickten uns unsere Sponsoren sogleich eine unglaublich detaillierte Karte des kompletten Areals, in dem wir eingesperrt worden waren? Und die Spielmacher ließen das zu?

»Wisst ihr, was das bedeutet?«, fragte ich.

»Dass wir 'ne Menge reicher Sponsoren haben?«, freute sich Marvel und reckte die Fäuste, nun wieder ganz der Alte. »Yippie!«

»Auch«, meinte ich. »Aber sie haben uns damit einen gewaltigen Vorteil verschafft. Während die anderen Tribute umherirren, nach Wasser und Nahrung suchen, wissen wir nun ganz genau, wo sich was befindet - und welche Gebiete man besser meiden sollte. Das ist - das ist fast schon zu gut, um wahr zu sein«, erklärte ich, und betrachtete die Karte für einen Moment mit der gleichen Vorsicht wie Peeta - als könnte uns dieses vermeintlich hilfreiche Geschenk jederzeit um die Ohren fliegen. Als wäre alles nur ein Trick.

»Ich glaube nicht, dass es eine Täuschung ist«, bemerkte Glimmer, die wohl mit denselben Gedanken zu kämpfen hatte, und sah auf. »Es ist sehr wahrscheinlich, dass wie eine hohe Summe an Sponsoren haben, wenn man sich nur mal unsere Wettquoten ansieht. Und jetzt, da wir zu viert sind - zu fünft«, verbesserte sie sich, nach einem kurzen Blick auf Peeta, der noch immer versuchte, die Karte zu lesen, »haben wir unsere ohnehin schon beträchtlichen Quoten und damit verbundenen Sponsoren zusammengelegt, sodass sie uns ohne Aufhebens dieses Gehenk ermöglichen konnten. Und, was die Spielmacher angeht«, meinte sie nüchtern, »nun, sie können unsere Umgebung jederzeit so verändern, wie sie es wollen - oder aber, uns Gefahren aussetzen, die nicht auf dieser Karte vermerkt sind. Ich denke nicht, dass sie glaubten, uns damit einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Es soll uns nur helfen, zum Lager zurückzufinden, damit wir überleben, und der ganze Spaß nicht schon vorbei ist, bevor er überhaupt angefangen hat«, beendete sie ihre Überlegungen, und ich nickte zustimmend. Das klang ziemlich plausibel.

Außerdem glaubte ich mich zu erinnern, dass es weitaus detailliertere Karten gab - Karten, auf denen man die Arealhöhe, die Koordinaten, und sämtliche Klimazonen ablesen konnte - doch unsere Karte wies keine solcher Markierungen auf - falls so etwas denn überhaupt noch existierte.

Und ja, die Spielmacher hatten uns verraten, wo wir Wasserquellen und Feldfrüchte finden konnten - aber nicht, ob das Wasser nicht absichtlich verseucht, oder die Früchte vergiftet waren. Sie hatten uns einen Vorteil verschafft, ja - aber er war nicht so übermächtig, wie ich zuerst angenommen hatte.

»Also, hat jemand von euch schon einen Weg zurück gefunden?«, fragte Cato in die Runde, und Glimmer nickte.

»Wir sind vor ein paar Stunden falsch abgebogen«, sie zeigte auf einen schmalen Pfad, der auf der Karte nach Osten führte - den wir wohl hätten einschlagen sollen, hätten wir ihn in der Dunkelheit denn überhaupt gefunden - doch stattdessen waren wir nach links, in südwestliche Richtung weitergelaufen. »Wir müssen jetzt hier entlang - es wäre Zeitverschwendung, zur Kreuzung zurückzulaufen - wir kommen schneller voran, wenn wir uns querfeldein durchschlagen. Wenn ich es richtig eingeschätzt habe, dann sollten wir in nicht mal zwei Stunden den Weg kreuzen, den wir gestern vom Füllhorn aus genommen haben, und der uns direkt zu unserem Lager führt.«

»Gute Arbeit«, lobte Cato und tätschelte Glimmer die Schulter. Es war schön zu sehen, dass Cato sich für jemanden erwärmen konnte, wenn er schon mit Peeta und Marvel andauernd im Clinch lag.

Insgesamt schien die Atmosphäre mit einem Mal deutlich weniger angespannt - die Aussicht, die kommenden Nächte nicht, wie allseits befürchtet, auf dem kalten Waldboden verbringen zu müssen, und der Gedanke, bald schon unsere Vorräte wiederzuhaben, schien uns alle in Hochstimmung zu versetzen.

»Also dann, lasst uns aufbrechen«, verkündete Cato energiegeladen, schnappte sich Marvels Ersatzspeer, und bog auf den Hauptpfad ein, Glimmer auf dem Fuß folgend, die Karte fest im Griff. Ich lief neben Peeta her, und Marvel bildete das Schlusslicht.

Gut eine halbe Stunde folgten wir dem Hauptweg, bis er in eine Richtung verlief, die, wie Glimmer bekundete, weiter nach Westen führen, und uns an den Rand der Arena bringen würde.

Also verließen wir den breit gefächerten Pfad, und marschierten stattdessen einen seichten Abhang hinunter, vorbei an Farnen und Sträuchern.

Ich war in etwa bei der Hälfte der Böschung angekommen, als ich das Fehlen von Schritten hinter mir bemerkte. Ich drehte mich um - und erblickte sogleich Marvel, der noch immer auf dem Hauptpfad stand, und furchtsam den Abhang hinunter sah, von dem aus wir zu ihm hinaufstarrten.

»Marvel? Ist alles in Ordnung?«

Marvel schüttelte den Kopf und nagte an seiner Unterlippe.

»Wisst ihr nicht, dieses alte Sprichwort ... dass - dass man immer auf dem Weg bleiben soll, sonst passiert was Schlimmes?«

»Echt jetzt?«, murrte Cato von der Spitze her, und verdrehte die Augen. »Wenn du willst, kannst du ja hierbleiben, aber ich hätte schon gern mein Frühstück und meinen Rucksack.«

Mit diesen Worten setzte er seinen Weg fort, und Marvel schlug betreten die Augen nieder, offenkundig beschämt, als er hastig den Abhang hinunterkletterte, und zu mir aufschloss. Peeta und Glimmer waren inzwischen vorgelaufen, sodass wir am Ende der Gruppe zurückblieben.

»Keine Sorge, Marvel«, meinte ich beschwingt, darum bemüht, die Wolken aus seinem Gesicht zu verscheuchen. »Es wird uns schon nichts passieren.«

Na, hätte ich mal lieber auf Holz geklopft.

NACH GUT EINER STUNDE, BAT GLIMMER UM EINE PAUSE.

Erschöpft setzten wir uns auf den nadelbedeckten Waldboden und kramten unsere Trinkflaschen hervor, während Glimmer auf einem kleinen Stein Platz nahm, und erneut ihr Hosenbein aufkrempelte.

»Oh, verdammt.«

Ich hielt in der Absicht inne, ein paar Tannennadeln von meiner Sitzfläche zu wischen, und blickte auf - und was ich sah, ließ mich schwindeln, und sorgte dafür, dass sich mir der Magen umdrehte.

Denn die Haut um Glimmers Knöchel schien inzwischen nicht mehr bloß angeschwollen zu sein - nein, sie war ( zusätzlich zu den purpurroten Flecken ) nun auch noch voller wütender Striemen.

»Verfluchte Scheiße«, presste Glimmer hervor.

Ich bemerkte, dass ihre Hände, die immer noch den Stoff der Hose umfassten, zitterten.

( Verfluchte Scheiße, in der Tat. )

»Wohl - wohl zu viel - Belastung ...«, stammelte Marvel, offenbar in einer Art Schockstarre gefangen, denn seine Unterlippe bebte, seine Augen waren geweitet, und er schaute verloren zu seiner Distriktpartnerin hinauf.

»Ich schaue, ob ich in meinem Medizinset eine Salbe habe«, bot ich sofort an, und kramte in der Box herum, hoffte auf ein kühlendes Spray, auf eine schmerzlindernde Creme - doch vergeblich.

»Ich kann dir leider nur ein paar Schmerztabletten anbieten«, verkündete ich bedauernd, und reichte Glimmer die Packung hinüber, zusammen mit meiner Wasserflasche - da ich wusste, dass sie die letzten Tropfen ihres Trinkwasservorrats bereits vor dreißig Minuten zum Kühlen ihrer Stirn benutzt hatte.

Die Blondine nickte dankend, und spülte die Tabletten hinunter. Dann gab sie mir meine Flasche zurück - jedoch nicht, ohne sie vorher mehrmals zu schütteln.

Nichts. Kein Plätschern ... nichts.

»Sie ist - sie ist ... leer

Ich nickte. Tja, das hatte ich jetzt wohl davon, Peeta, der ja keine Flasche bei sich gehabt hatte, unterwegs immer wieder mein Wasser aufzudrängen. Zwar hatte er stets ablehnen wollen, doch anhand seines verschleierten Blicks und der zunehmend wächsernen Gesichtsfarbe, hatte ich geschlussfolgert, dass er wohl seit Beginn der Spiele weder Wasser noch Nahrung zu sich genommen hatte.

Und da ich es war, die darauf bestanden hatte, dass er sich uns anschloss, hatte ich mich auch für ihn verantwortlich gefühlt. Ich hatte nicht riskieren wollen, dass er plötzlich dehydrierte, plötzlich umkippte, einfach so - ich wusste, Cato hätte ihn sofort ...

Ich schluckte.

Nun musste ich den Rest des Weges eben ohne Wasser bestreiten. Kein Problem - auch wenn mein Mund sich anfühlte, als hätte ich soeben mehrere Eimer Sand geschluckt -

»Hier«, meinte Marvel zu meiner Überraschung, und bot mir seine Flasche an. »Ist das mindeste - ich weiß, du hast schon seit Stunden nichts mehr getrunken. Und es ... es tut mir leid, dass ich vorhin so fies war, ich - ehrlich, es tut mir leid«, stammelte er verlegen, und drückte mir unbeholfen noch ein paar getrocknete Cranberries in die Hand.

»Danke, Marvel«, erwiderte ich lächelnd. »Und keine Sorge - wir waren wohl alle etwas neben der Spur.«

»Da hast du wahrscheinlich Recht«, nickte er, und schenkte mir ein sorgloses Grinsen, das ich sogleich freudestrahlend erwiderte.

»Also, der Weg wird ab jetzt deutlich beschwerlicher«, tönte Cato, der soeben aus dem Wald hervorkam, die Karte der Arena lässig an seinem Gürtel befestigend, und trübte prompt die Stimmung. Kaum, dass Glimmer um eine Rast gebeten hatte, hatte Cato es sich zur Aufgabe gemacht, ein bisschen die Gegend auszukundschaften - offenkundig kam er mit keinen guten Neuigkeiten zu uns zurück.

»Gibt es denn wirklich keinen anderen Weg?«, fragte Marvel, dessen Blicke sorgenvoll auf Glimmer lasteten, die mit schmerzverzerrtem Gesicht ihren Knöchel zu belasten versuchte.

Wortlos schüttelte Cato den Kopf.

Entmutigt wandte Marvel sich seinem Vorrat an Trockenfrüchten zu, während ich vorschlug, mit dem Weiterlaufen zu warten, bis Glimmers Tablette zu wirken anfing.

Cato schien einverstanden - ächzend ließ er sich neben uns auf den Boden fallen, befreite die Karte von ihrer Halterung an seinem Gürtel, und breitete sie vor sich aus, studierte aufmerksam das Terrain.

Irgendwann huschte Peeta, der bis zu diesem Zeitpunkt kein einziges Wort von sich gegeben hatte, zu Marvel hinüber, und sie begannen, leise miteinander zu diskutieren.

Cato wandte den Kopf, und ich hörte ihn etwas raunen, war jedoch zu beschäftigt damit, Glimmers Knöchel zu inspizieren, und mit ihr über einen schmerzlindernden Blätterumschlag zu fachsimpeln, als dass ich mitbekommen hätte, um was es sich dabei handelte.

Es waren in etwa zehn Minuten vergangen, als ich plötzlich ein Knacken hörte, und alarmiert den Kopf hob.

Automatisch tastete meine Hand nach Glimmers Bogen, und die Blätter, die ich bereits für einen Umschlag - den ich später mit zerstoßenen Heilkräutern hatte füllen wollen - gesammelt hatte, segelten zu Boden.

Nichts.

Zögernd löste ich meine Finger von der Waffe, stopfte mir die Blätter in die Hosentaschen - als plötzlich Peeta, der, wie Cato mir erläutert hatte, in Begleitung von Marvel das stille Örtchen hatte aufsuchen wollen, aus dem Wald hervorbrach. Und sein Gesichtsausdruck war um einiges panischer, als es die Situation erforderte, selbst, wenn er nicht seine Grundbedürfnisse hätte befriedigen können.

»Hey, alles klar?«, rief ich, doch Peeta schien außer Atem, unfähig, mir zu antworten, während Marvel wortlos an mir vorbei joggte, Glimmer am Arm packte, und versuchte, sie nach oben zu ziehen, sie zu stützen -

»Sag mal, redet mal einer mit mir? Was geht hier ab?«, erkundigte ich mich genervt, und erhob mich vom Waldboden, soeben die letzten Blätter in meiner Jackentasche verstauend.

»Wir dachten, wir hätten ein Feuer gesehen«, erklärte Peeta, und zog hastig seine Jacke zu.

»Feuer? Schon wieder? Ist etwa ein Lagerfeuer ausgebrochen, oder was?«, motzte Cato und sprang auf die Füße, Peeta sogleich drohende Blicke schenkend - wahrscheinlich um ihn mal wieder einzuschüchtern - doch Marvel riss ihn sogleich am Arm herum, und redete panisch auf ihn ein.

»Nein, nein, kein Lagerfeuer, ein großflächiges Feuer! Ein Waldbrand! Und er kommt direkt auf uns zu!«

»Du spinnst doch!«, entgegnete Cato, und entriss ihm seinen Arm. »Wir haben alles, was wir brauchen, um zum Lager zurückzufinden. Wieso sollten die Spielmacher genau jetzt ein Feuer legen? Haben die den Satz ›das Mädchen, das in Flammen steht‹ etwa zu wörtlich genommen, und wollen jetzt die ganze Arena in Brand setzen?«

»Ich weiß nicht, Mann, aber wir müssen wirklich -«

Während sie diskutierten, wandte ich mich an Peeta.

»Ist das wahr?«

Peeta nickte. Panik glänzte in seinen Augen, während er auf Cato und Marvel blickte, die munter miteinander zankten - auf Glimmer, die sich verzweifelt an Marvels Jacke festklammerte, während ihr Arm drohte, von seiner Schulter zu rutschen ...

»Es ist jetzt vielleicht noch ein Stückchen entfernt, aber es kommt näher, und das ungewöhnlich schnell. Wenn dir etwas an deinen Verbündeten liegt, dann schnapp sie dir besser, und dann nichts wie weg von hier«, erwiderte er gehetzt, und bückte sich, um die Utensilien meines Medizinsets, die noch immer verstreut auf dem Waldboden herumlagen, zusammenzukehren.

»Und du?«, fragte ich, während ich die Tabletten und das Fläschchen Jod zurück in meine Taschen stopfte.

»Ich komme mit euch. Hab wohl keine andere Wahl. Cato hat schon wieder einen ganz roten Kopf ... Es ist besser, wenn ich meine Abreise etwas verschiebe.«

»Ich sag euch, es ist wirklich wahr, Cato, bitte, ich - Moment ... hört ihr das?«, fragte Marvel, und ich spitzte die Ohren. Selbst Cato verstummte.

Da ... Da war etwas. Wie das Rauschen der Bäume, wenn ein Windzug die Blätter in Schwung versetzte, nur ... lauter und ... irgendwie bedrohlicher.

Das Rauschen wurde stärker, und die Äste um uns herum erzitterten - ein tosender Wind kam auf, ein sich anbahnender Sturm, der sich langsam heranschlich -

Ich zog die Nase kraus.

Irgendetwas roch komisch. Holzig, ja, aber zugleich auch chemisch, mit einer beißenden Unternote -

»Cato«, rief ich warnend - mit nicht mal einer Ahnung, vor was ich ihn denn eigentlich hatte warnen wollen - als hundert Meter vor uns einer der starken Laubbäume plötzlich erzitterte, und Sekunden später ächzend auf dem Boden aufprallte. Zwei weitere Bäume folgten.

Beißender Qualm verseuchte die Luft, bahnte sich ungehindert seinen Weg durch den Wald, und hinein, in unsere Lungen - und nun, da die Bäume nicht länger unser Blickfeld versperrten, sahen wir auch die gefährlich lodernde Feuerwand, die ungehindert Sommerbüsche und Eichen niederwalzte - und direkt auf uns zukam.

Mir stockte der Atem.

Zwar war das Feuer noch ein paar Meter entfernt, doch ich spürte bereits die Hitze, die mir ins Gesicht schlug, und drohte, meine Haut zu verbrennen.

Irgendwo neben mir, hörte ich Cato entgeistert fluchen.

( Dieses Feuer hatte keinen natürlichen Ursprung. Es war von den Spielmachern erschaffen worden - entweder um uns zu töten, oder um das Feld der Spieler ein bisschen auszudünnen. Anscheinend reichte es nicht, uns mittels einer Karte die Position unseres Lagers aufzuzeigen - sie wollten zusätzlich auch noch ein bisschen Action. )

»Lauft!«, rief Peeta in diesem Moment, und ich folgte seinem Beispiel, sprintete ihm hinterher - bis mir Glimmer und ihr verletzter Knöchel wieder einfiel. Ich wirbelte herum, sah zu meiner großen Erleichterung jedoch, dass sie bereits von Cato und Marvel mitgezogen wurde.

Panisch jagten wir durch den Wald.

Wo es vorher galt, die Schönheit der Natur zu bewundern, herrschten nun Rauch und Schatten - lodernde Flammen befackelten den Wald, und Aschewolken zogen herauf, vernebelten unser Blickfeld. 

Instinktiv orientierte ich mich an Peetas schwarzer Jacke, die ab und an vor mir auftauchte, während wir über massive Steine sprangen, umgestürzten Ästen auswichen, und immer wieder zwischen den Bäumen abtauchten.

( Es gibt kein Entkommen. )

Das Feuer war stets präsent.

Bäume stürzten neben uns zu Boden, wurden gewaltsam aus der Erde gerissen, und die Erschütterungen ließen uns taumeln, während das bedrohliche Rauschen des Feuers näher und näher rückte.

Irgendwann blieb meine Jacke an einem Dornenbusch hängen - und während ich noch verzweifelt an ihrem Saum zerrte, schnitt ich mir an den Dornen die Handflächen auf.

Über uns raschelte es - Vögel stoben in Scharen aus den Baumkronen, als sie bemerkten, dass ihr Zuhause in Flammen stand, Rehe und Hirsche preschten panisch an uns vorbei ...

Wir versuchten, ihnen zu folgen, da der logische Teil meines Gedächtnisses, der noch nicht von Panik und Furcht überschwemmt worden war, schlussfolgerte, dass sie, ihrem natürlichen Instinkt zufolge, in diesem Chaos wohl den besten Fluchtweg einschlagen würden - doch da waren die Wildtiere schon an uns vorbeigezogen, und zwischen den bedrohlich knackenden Ästen verschwunden.

Je schneller wir rannten, desto mehr brannten meine Oberschenkel. Auch der Qualm wurde dichter und dichter, bis ich kaum noch Luft bekam. Meine Brust stach schmerzhaft, während ich verzweifelt versuchte, einen Fuß vor den anderen zu setzen, bloß nicht umzukippen - doch das Atmen fiel mir zunehmend schwerer, und immer öfter wurde ich von heftigem Seitenstechen geplagt. Bald schon, drohte mich der Qualm vollends zu ersticken, und ich bemerkte, wie meine Sicht an den Rändern zu verschwimmen begann ...

»Peeta!«, rief ich mit letzter Kraft, da ich seine Jacke nirgendwo mehr erkennen konnte, und meines Wissens kurz vor dem Zusammenklappen war. »Wo ...«

»Ich bin hier!«, schrie Peeta, tauchte urplötzlich vor mir aus dem Rauch auf, zog mich an meinen Armen vorwärts. »Komm schon, Clove, wir müssen weiter, los!«

»Wo sind - wo sind die anderen?«, gelang es mir hervorzupressen, während ich versuchte, mit ihm Schritt zu halten.

»Keine Ahnung - vielleicht haben sie einen anderen Weg genommen - Komm schon, wir müssen weiter!«, brüllte er, und zog mich durch den Rauch, half mir über Baumstämme und Steine hinweg - bis wir plötzlich vor einer nackten Felswand zum Stehen kamen.

( Eine Sackgasse. )

Panisch schaute ich mich um.

Der Wald war ein einziges Flammenmeer - überall zischte und loderte es, und das Feuer kam näher und näher und näher, während Peeta und ich immer weiter zurückwichen - bis mein Rücken schließlich auf harten Fels traf, und wir uns panisch anstarrten.

( Das war's. Kein Einkommen - kein Weg, der am Feuer vorbeiführte ... )

Außer vielleicht ...

Ich wirbelte herum, versuchte, trotz meiner blutverschmierten Handflächen, einen Halt in der Felswand zu finden - eine Unregelmäßigkeit, einen Vorsprung, irgendwas. Peeta, der rasch begriff, was ich vorhatte, folgte meinem Beispiel - doch während ich wieder und wieder abrutschte, und meine Hände eine Blutspur nach der anderen auf dem nackten Fels hinterließen, gelang es ihm stattdessen, sich an ein paar Steinvorsprüngen festzuhalten.

»Clove, hierher, mach schon!«, rief er, und bedeutete mir, ihm nach oben zu folgen.

Doch ich konnte nicht.

Meine Gliedmaßen, durch den schnellen Sprint sowieso schon beeinträchtigt, wollten einfach keinen Halt auf den rutschigen Steinen finden - mehr und mehr verschwamm die Sicht vor meinen Augen, und meine Atemwege brannten, wegen des Qualms, der sich während des Laufens einen Weg in mein Bewusstsein gekämpft hatte.

»Clove!«

»Kann - kann nicht ...«, murmelte ich, bevor meine Füße endgültig den Halt verloren, und ich zu Boden strauchelte.

Bei dem Aufprall explodierten helle Sterne vor meinem Blickfeld - die Luft entwich meinen Lungen, und meine Augenlider flatterten.

Ein Ausdruck des Entsetzens zog über Peetas Gesicht, bevor er tief Luft holte, und ebenfalls wieder hinunter sprang.

»Nein ... was - was machst du denn? Musst dich ... in Sicherheit bringen ...«

»Du hast den Rauch eingeatmet, nicht wahr?«, begriff Peeta, und in seinen Augen erblickte ich nichts als blanke Panik. »Und deine Hände ...«

Er betrachtete meine blutverschmierten Handflächen, schloss dann schicksalsergeben die Augen. Sein ganzer Körper bebte.

»Peeta ... Lauf ... Bring dich in Sicherheit ... ich bin doch schon so gut wie tot«, presste ich hervor, und tastete nach seiner Hand, wollte ihm vermitteln, dass es okay war - dass ich es verstand - doch Peeta schüttelte stur den Kopf.

»Nein, Clove. Ich lass dich hier nicht sterben.«

Ich wollte protestieren, als er mir plötzlich einen Finger auf die Lippen presste, und mich eindringlich ansah. »Nein. Du musst mir jetzt zuhören. Okay?«

Ich nickte schwach.

Das Feuer hatte uns inzwischen eingekreist, doch es hielt sich auf Abstand.

( Noch. )

»Okay, pass auf - Die anderen - sie müssen sich inzwischen nach oben gerettet haben - dorthin, wo das Feuer nicht ist. Wenn ich diese Wand hinaufklettere, dann suche ich Cato, und wir -«

»Das ist doch nur eine Vermutung - du weißt nicht sicher, dass sie da oben sind! Und bis du wieder da bist - da bin ich doch längst gegrillt! Sag Cato ... sag ihm, dass es mir leid tut, okay? Ich - ich ... Bitte, sag ihm -«

»Das kannst du ihm selber sagen«, entgegnete Peeta brüsk, und kramte in seiner Jackentasche herum, suchte offenbar nach irgendetwas -

»Was hast du ...«

»Hier.«

Ein feuchtes Tuch wurde wie aus dem Nichts auf meine Stirn gepresst - und beinahe sofort, klarte sich auch meine Wahrnehmung.

»Halt dein Gesicht bedeckt, atme in das Tuch, und versuch bitte bei Bewusstsein zu bleiben. Und sieh nicht hoch, bis ich dich rufe, verstanden? Das Feuer scheint jetzt nicht mehr näher zu kommen, aber ... Wenn du noch mehr von dem Qualm einatmest ...«

Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.

»Okay. Hab's kapiert«, unterbrach ich ihn, und bemühte mich um flache Atemzüge - auch wenn meine Lunge bereits zu protestieren begann.

Ich ignorierte das Stechen meines Körpers, der verzweifelt nach mehr Sauerstoff verlangte, und atmete tapfer weiter in das Tuch hinein.

»Gut. Ich bin sofort wieder da«, versprach Peeta, und bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln.

Ich nickte rasch - fühlte mich klein und hilflos, während Peeta meinen tauben Körper zurück zur Felswand zog.

»Okay - nicht nach oben sehen, und einfach weiteratmen, ja? Ich weiß, du schaffst das«, ermunterte er mich, und drückte zuversichtlich meine Schultern.

Ich nickte erneut - und dann tat ich genau das, was Peeta mir befohlen hatte: Ich kroch noch dichter an die Felswand heran, presste meinen Rücken gegen den Stein, zog die Knie an, und senkte den Kopf, atmete in das Tuch, sah nicht mehr nach oben.

Ich hörte das Aufeinandertreffen von Schuhsohlen auf Fels ... Eine Reihe hektischer Atemzüge ... Steinchen, die über meinem Kopf hinunterbröselten - Dumpfe Schritte, direkt über mir. Dann, das Kreischen eines Vogels, und ... nichts.

( Stille. )

Ich schluckte schwer - schluckte die Furcht hinunter, die Zweifel - versuchte, den metallischen Geschmack von Blut und Angst zu verdrängen - Atmete weiterhin flach in das Tuch, drückte meinen zitternden Körper dichter an die Wand ... 

Und dann wartete ich.

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( author's note: )

Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!

so - das war, wie bereits versprochen, also das kapitel für den monat mai - ich hoffe sehr, es hat euch gefallen! das nächste kapitel kommt voraussichtlich im juli & beleuchtet die ereignisse aus catos perspektive! oh, und nur falls ihr euch wundert - das feuer, dem die karrieros hier entfliehen mussten, ist nicht derselbe waldbrand, der katniss später in atem hält - inzwischen befindet sie sich auch nicht mehr in unmittelbarer umgebung. im buch wurde ja bereits angedeutet, dass auch die anderen tribute von dem waldbrand nicht verschont blieben - darauf aufbauend, habe ich deswegen diese version der ereignisse verfasst, natürlich gibt es auch andere möglichkeiten. danke wie immer an jeden, der mich während des letzten monats unterstützt hat - tensbabygirl, louisaaa23, starryeyedturtle, worldsaway, rosexstory, ichbinverrueckt, moonsgurl, collideo, sajohiBlackGirlNumber1, Cathayia, SailingFan, Loveflauers01, Hannah22050, S_P_Q_R_16 und TheDarkTemptation. meine familie und ich werden heute wahrscheinlich grillen & dabei das schöne wetter genießen! ich wünsche euch nun noch einen wundervollen sonntag & einen tollen start in die neue woche! ich hab euch lieb!

➤ dieses kapitel möchte ich meiner lieben freundin worIdsaway widmen. danke für deine freundschaft & unterstützung! du bist ein so toller mensch, jemand, der einfach immer für mich da ist, mir stets mit einem lieben rat und aufmunternden worten zur seite steht - ( und deine stories sind einfach der wahnsinn ) - danke für alles! hab einen wunderschönen sonntag! ich hab dich lieb <3

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