Songfiction: Der Fluch des Klügeren

Maduk ft. Voicians - The End

We keep trying to survive

Ein Konvoi aus Motorschlitten und dicken Pelzmänteln bahnt sich seinen Weg über das Ewige Eis. Überall nichts als das lebensabweisende Weiß, das gefrorene Wasser, auf dem sie sich bewegen. Nichts wächst hier, kein einziger Farbtupfer in der trostlosen und doch wunderschön kargen Landschaft, die aus einer einzigen riesigen Fläche besteht.

Everything around us dies

Wenn ihnen der Treibstoff ausgehen sollte, werden sie erfrieren, das wissen sie. Wenn sich ihre mitgebrachten Vorräte dem Ende zuneigen, werden sie verhungern, das wissen sie. Wenn sie die Orientierung verlieren, verirren sie sich und sterben, das wissen sie. Auf dieser endlos weißen Fläche aus Schnee und Eis wird niemals jemand ihre Leichen finden. Vielleicht, wenn in ein paar Jahrzehnten die Pole abgeschmolzen sind, dann treiben ihre toten Körper an den Trümmern einstiger großer Städte vorbei, die sich das Meer zurückerobert hat. Unter ihnen, am Grund, untergegangene Zivilisationen, die die selbst noch kannten. Alles zerstört.

When the day turns into night

Solche Gedanken haben sie - abends, am Lagerfeuer - vor dem Schlafengehen. Wie es wäre, wenn ihre Mission scheitern würde. Was aus der Welt, wie sie sie kannten werden würde. Was wäre, wenn sie am nächsten Tag nicht mehr weiterlaufen würden. Natürlich verlieren sie kein Wort darüber an die anderen, aber ihnen allen spuken dieselben Szenarien durch den Kopf.

We keep folding, we keep folding, we keep folding our hands

Nach den Geschichten beten sie. Mal gemeinsam, Hand in Hand, mal schon im Thermoschlafsack eingekuschelt. Sie beten für den Erfolg der Mission, für ihr eigenes Überleben, für das Wohlergehen ihrer Frauen und Kinder, sollten sie nicht wiederzurückkehren.

This is the end

Und jeden Morgen wachen sie wieder auf, packen alles wieder zusammen, verschnüren es auf ihren Motorschlitten und fahren weiter. Immer noch nichts anderes als blendendes Weiß. All die Tiere, die es hier gibt, zeigen sich nicht. So als wüssten sie, was es für sie zur Folge hätte. Dass es für sie enden würde.

What we feared is what we find

Immer weiter fährt der Konvoi, von oben nur ein winziger, kaum zu erkennender Punkt in der ewig gleichen Landschaft, immer weiter. Sie ersehnen sich das Ende ihrer Reise, um wieder nach Hause zurückkehren zu können. Gleichzeitig fürchten sie sich vor dem Ziel und was sie vielleicht nicht finden werden. So vergehen die Tage. Mal beschleunigen sie ihr Tempo, nur um im nächsten Moment, von Zweifeln und Ängsten geplagt, wieder langsamer zu werden und so alles noch länger hinauszuzögern.

When the moment has arrived

Sie wussten nicht was sie finden würden, doch in dem Moment, in dem sie ihr Ziel erreichen, wissen sie, dass ihre nervenaufreibende Reise endlich ein Ende hat. So wie es vorhergesagt wurde, haben nur 14 von 27 Männern überlebt.

We keep folding, we keep folding, we keep folding our hands

An ihrem Ziel beten alle. Für die Seelen ihrer verstorbenen Kameraden, die im Ewigen Eis verbleiben. Für ihre sichere Rückreise. Für ihre Ankunft zu Hause bei ihren Liebsten.

This is the end

Also machen sie sich auf den Weg, erneut durchqueren sie die ewig gleiche Landschaft, in dem Glauben an ihr Gelingen. Ihre Nahrungsvorräte neigen sich zu Ende und ihre Motorschlitten mussten sie schon vor drei Tagen zurücklassen. Drei weitere sind tot. In eine Gletscherspalte gefallen, als sie gegen die Sonne gelaufen sind und von dem Schnee geblendet wurden. Vier müde, trübe Augenpaare suchen den Horizont nach einem Anzeichen von Zivilisation ab. Nach einer Woche sind ihre Konserven restlos aufgebraucht und wenn sie vorher noch guten Mutes waren, so wissen sie jetzt, dass sie sterben werden und die Menschheit mit ihnen. Sie konnten sie nicht davor bewahren. Konnten nichts an ihrem Schicksal ändern.

And we are waiting

Sie warten. Sie warten in ihre dicken Schlafsäcke gehüllt auf den Tod.

There's nothing changing

Ewig gleiche Tage liegen sie auf dem Ewigen Eis, starren auf die nicht untergehende Sonne und warten auf ihre Erlösung.

The storm keeps going on

Ein Eissturm tobt um sie herum. Vielleicht werden sie erfrieren und nicht verhungern, wie sie dachten. Irgendwann fangen ihre Körper an, ihren Dienst zu versagen und vereisen einfach. Ummantelt mit einer durchsichtigen Schicht gefrorenen Wassers.

And we are waiting

Dann warten sie im Ewigen Eis. Ihre Seelen haben ihre still daliegenden Körper schon längst verlassen.

There's nothing changing

Für ewig gleiche Jahre liegen sie dort eingeschlossen. Ihre leblosen Augen sehen nichts mehr. Blicken nur in das undurchsichtige Eis um sie herum.

The storm keeps going on

Auf der Erde tobt ein Sturm, ein Krieg. Menschen vernichten sich gegenseitig. Ihr nichtsnutziger Hass stachelt sie an. Die Rache ist ihr treuer Begleiter und wohin sie auch gehen, hinterlassen sie eine Spur aus Leichen, seien es nun Tiere, Menschen oder Pflanzen, die ihnen zum Opfer fallen. Die Parasiten haben sich gegenseitig ausgelöscht und die Erde ist endlich in der Lage nochmal ganz von vorne anzufangen.

And we are waiting

Das Große Tauen setzt ein. Die Polarkappen schmelzen und das eingeschlossene Süßwasser vermischt sich mit dem salzigen Meer, die Tränen der Mutter, die ihren Kindern bei einem sinnlosen Töten zusehen musste. Auch die 27 Kameraden schwimmen in diesen Tränen von einem Ereignis, das sie nicht mehr miterleben mussten.

There's nothing changing

Unter ihnen, auf dem Grund, eingestürzte Gebäude und um sie herum verwesende Leichen. Untergegangene Zivilisationen, die sie selbst noch hätten benennen können.

The storm keeps going on

Ein neues Ökosystem bildet sich. Missgebildete Kreaturen, die fliegen wie Vögel, sitzen auf den Leichen und reißen sich um die besten Stücke. Fischähnliche, hässliche Wesen knabbern von unten an den toten Körpern und versuchen den brennenden UV-Strahlen der Sonne zu entgehen.

And we are waiting

Eine neue Evolution beginnt. Diesmal gibt es kaum Land, auf das sich Wasserwesen bewegen könnten. Und auch aus den Vögeln bilden sich neue Wesen aus. Vögel mit Kiemen und seltsamen hellen Membranen um den Körper, die sie vor den UV-Strahlen über der Wasseroberfläche schützen. Einige haben andere Stärken und die natürliche Selektion beginnt. Das Gesetz des Stärkeren tritt in Kraft. Nach ein paar Millionen Jahren ist die Evolution wieder soweit, dass es Wesen gibt, die sich für die 'Überlegene Rasse' halten.

There's nothing changing

Sie können nicht aus den Fehlern der Menschen lernen und entwickeln Gefühle wie Neid, Eifersucht, Hass, Rache.

The storm keeps going on

Sie führen Krieg gegen sich selbst und erreichen das was sie wollten; sie vernichten sich gegenseitig.

This is the end

Und wieder geht eine Ära zu Ende, auf genau die gleiche Art und Weise wie die zuvor. Ohne dass die eine Rasse von der anderen wusste, waren sie so gleich.

We keep trying to survive

Vielleicht ist es das Schicksal von zu schlauen Wesen, sich für etwas Besseres zu halten und sich gegenseitig abschlachten. Der Fluch des Klügeren, der sich so viele Gedanken macht und diese von Gefühlen wie Neid, Eifersucht, Hass, Rache beeinflussen lässt. Alles kann anders verwendet werden, als es eigentlich sollte.

Everything around us dies

Vielleicht ist das der Fluch der Erde. Alles Leben auf ihr zerstört sich selbst, bildet sich neu, zerstört sich selbst und bleibt in diesem Teufelskreis hängen.

When the day turns into night

Erst wenn die Sonne implodiert und alles mit sich ins Nichts reißt, ist alles wieder auf Anfang gesetzt und alles kann neu anfangen.

We keep folding, we keep folding, we keep folding our hands

Und vielleicht ist das kein Fluch, sondern ein Segen.

This is the end

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Das ist mein kleines Baby, das in einem Stück produziert wurde, während das Lied rauf und wieder runter in meinen Ohren gesummt ist, dass ich es jetzt nicht mehr hören kann, ohne an diese Songfiction zu denken. Der eigentliche Text ist kurz, aber manchmal bedarf es nicht vieler Worte.

Wie findet ihr das Lied? Passt meine Geschichte zu dem Lied? Nehmt die Fragen nicht ernst, so klinge ich einfach nur interessierter. Es ist mir eigentlich egal, was ihr davon denkt, ich mag es trotzdem. Bin ich jetzt arrogant?

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