Kirsche und Kokosnuss

“Woher kennst du mich?”, fragte Miriam und der Junge lachte leise. “Ein bisschen kränkt es mich, dass die einzige Person, die an mich dachte und mich immer motivierte weiter zu machen, sich nicht an mich erinnert.” Miriam dachte einen Moment scharf nach, bevor es ihr, wie schuppen von den Augen fiel. “Lucas?” Erneut schwappten die Erinnerungen in ihren Kopf. Von damals, dem kleinen zierlichen Klassenkameraden, der gesundheitlich stark zu kämpfen hatte. Miriam erinnerte sich wieder daran wie andere ihn deswegen gemieden hatten, doch sie nicht. Ihr war das eigentlich immer egal gewesen. Sie hatte immer nur gehofft er würde nicht aufgeben und ihm deswegen, zumindest in der Grundschule, Briefe geschrieben,wenn er wieder im Krankenhaus war.

“Ja genau. Du weißt es vielleicht nicht, aber ich wohne in dem Mehrfamilienhaus deinem Zimmer gegenüber. Durch deine Anwesenheit hast du mir immer wieder gezeigt, was ich haben kann, wenn ich nicht aufgebe. Es mag gruselig klingen, aber viel mehr als aus dem Fenster zu schauen konnte ich häufig nicht.” Ja, ein bisschen gruselte es Miriam zu wissen, dass er sie scheinbar beobachtet hatte und sie spürte wie ihre Wangen heiß wurden. Nicht zu selten hatte sie sich auch in ihrem Zimmer umgezogen.

Der Junge schien zu wissen was sie dachte, denn er fuhr sofort weiter. “Ich habe nie mehr sehen können als deinen Schreibtisch und dich wenn du an der Fensterbank warst, aber das hat mir häufig gereicht dir dann die Bonbons zu schicken.” Amüsiert lächelte Lucas, dann fügte er hinzu: “Mein Vater hat zwar nie gewusst warum, aber er hat mir immer den Wunsch erfüllt sie dort hinzulegen, wenn ich nicht konnte.“

“Warum Bonbons?”, fragte Miriam und stellte die Schneekugel vorsichtig auf den Tisch. “Warum ich?” Lucas lächelte und stand auf. “Mein Vater stellt die Bonbons in seiner Firma her und ich kam auf die Idee sie dir zu schenken, damit wenigstens einer von uns beiden Glücklich ist. Du bist die wohl fantastischste Person die ich kenne, Miriam. Seit damals, als du mir das Salbeibuch geschenkt hast mit den Worten, dass ich immer an mich glauben soll. Und es ist nicht das einzige mal, dass du mich verteidigt hast. Du, Miriam, bist meine Kraft, du bist mein Antrieb der es mir möglich gemacht hat hier vor dir zu stehen.”

Lucas lief um den Tisch herum. Er stand nun direkt vor ihr. Miriam hatte keine Bedenken. Schon vor langer Zeit hatte sie vertrauen zu ihrem Bonbongeber gefasst. Sie spürte die Aufregung. Lucas, von dem ihr immer mehr Kindheitserinnerungen in den Kopf schossen, hatte ihr die Bonbons gegeben. Erst als sein Arm etwas zur  Seite schwenkte fiel Miriams Blick auf den Rollstuhl, der unangetastet noch hinterm Tisch stand. Stimmt, genau, nachdem Lucas an diesen gefesselt worden war, hatte er die Schule wechseln müssen. “Ich?” Miriam konnte es noch immer nicht glauben. Sie war so ein Theaterkind. Sie hatte viel zu häufig wegen irgendwelchem Schrott geweint und trotzdem sollte sie ihm stärke gegeben haben? Sie? Die, die immer irgendwo ein MIMIMI fand?

Sie war ein Antrieb gewesen? Für Lucas? “Ja, du. Du hast es möglich gemacht, dass ich hier vor dir stehe und in Zukunft ein fast ganz normales Leben haben werde. Bzw meine Gefühle zu dir haben es möglich gemacht.” Lucas wirkte beschämt, als er es beichtete. Seine Augen suchten einen Moment einen Punkt hinter Miriam, bevor er ihr doch wieder in die Augen schaute. “Ich würde dir gerne sagen, was ich fühle, aber ich glaube man sollte klein anfangen, nicht? Also...” Kurz stockte er. Eine Röte schlich sich in seine Wangen, bevor er fragte: “Gehst du mit mir auf ein Date?”

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