꒷⏝꒷꒦꒷Das Geheimnis der Kirschblüten꒷꒦꒷⏝꒷
„Wofür stehen die Kirschblüten?"
Überrascht hebe ich den Blick, als ich die Frage eindeutig Jin zuordne, der mich aus entsetzten Augen ansieht. Es ist das erste Mal, dass er von meiner Vergangenheit erfährt, denn ich habe nie das Bedürfnis gehabt, Jin irgendetwas über mich zu erzählen. Er weiß, dass ich Arzt bin – nicht offiziell - und dass ich oft unterwegs bin. Zum anderen weiß er auch, dass ich ihn nicht attraktiv finde und er somit nur ab und zu mal zum Druckabbau missbraucht wurde. Im Grunde weiß Jin kaum, wie ich komplett nackt aussehe, weil er nie in die Verlegenheit gekommen ist, meinen Körper genauer zu erkunden. Trotzdem kennt er die Kirschblüten, die Namjoon mir auf meinen Wunsch hin tätowiert hat. Genauso wie den Phönix, der sich aus den Dornen befreit und die Narbe der Nierenoperation kaschiert. Es ist das erste Tattoo, welches mir Namjoon gestochen hat, weil es für mich die wichtigste Bedeutung hat. An diesem Tag bin ich zwei Mal knapp dem Tod entkommen und ich habe für mich eine Entscheidung getroffen, die mein Leben grundlegend geändert hat, weswegen ich mich für den Feuervogel entschieden habe, der aus seinem Gefängnis ausbricht. Kurz darauf folgten die ersten großen Kirschblüten und das ‚smile' in meinem Nacken.
„Unterschiedlich, aber im Groben und Ganzen für wichtige Schicksalsbegegnungen und Ereignissen, die mich geprägt haben. Die zwei Großen auf meiner Schulter stehen zum Beispiel für Yoongi und Namjoon. Die kleine Verwelkte auf meinem Fußgelenk für die Ablehnung meiner Mutter. Die anderen Kleinen stehen für einige unserer Tripps und eine große für Jungkook. Sie erzählen für mich meine Geschichte und erinnern mich daran was ich gewonnen, aber auch verloren habe", erkläre ich und streiche mir bei der Erwähnung der einzelnen Tattoos über die Stellen.
„Und die Tattoos hinter den Ohren?"
„Für meine zwei Persönlichkeiten." Der Klang meiner Stimme wird düsterer, als ich es beabsichtigt habe.
„Das Monster, welches alles Licht, alles Gute in sich verschlingt, ohne Rücksicht auf Verluste, repräsentiert sehr anschaulich ein schwarzes Loch und die Sonne – nun ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass ich eigentlich ein fröhlicher Mensch bin, der das Leben durchaus genießt."
„Du bist Heute in Geberlaune, oder?", fragt Yoongi, der sich zu uns umgedreht hat und uns abwechselnd mustert.
„Ich habe ihm die Erlösung versprochen, nach der er sich bereits vier lange Jahre sehnt. Da darf er auch ein paar Fragen stellen, die ich ihm gerne beantworte."
„Warum ich?", fragt Seokjin und sofort ruckt mein Kopf zu diesem.
„Ja genau! War es wirklich Zufall, dass wir ihn bei einem Waldspaziergang aufgegabelt haben?"
Ich wende den Blick ab, sehe zu Jungkook, der immer noch aussieht, als würde er den erholsamsten Schlaf seines Lebens haben.
„Nein. Es war kein Zufall. Ich habe uns bewusst daher gelotst, weil ich genau wusste, dass er da sein würde. Ich habe den Gedanken nicht ertragen, dass Jungkook so von dir geschwärmt hat. Er hat noch Tage danach immer wieder davon erzählt und ich habe geglaubt, wahnsinnig zu werden, wenn ich dich nicht aus seinem Kopf bekomme. Ich habe dich mit den wenigen Informationen, die ich hatte, ausfindig gemacht und es so aussehen lassen, als wärst du zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Dass Namjoon dich nicht mehr hergeben wollte, habe ich allerdings nicht geplant, hat mir aber durchaus in die Karten gespielt, weil du so niemals wieder in Jungkooks Leben zurückkehren würdest – zumindest habe ich das geglaubt."
„Du wusstest also, wer der Junge ist, als du die Bilder von ihm gesehen hast, die Namjoon zugeschickt bekommen hat?", fragt Yoongi auf einmal und steht ruckartig auf, um auf Jin zuzugehen und ihn unsanft am Kinn zu packen. Er sieht ihn an und Jin erwidert den Blick.
„Nicht direkt ... aber je länger ich darüber nachgedacht habe, desto klarer wurde es mir", antwortet er abgehakt, aber ehrlich. Was hat er schon zu verlieren? Nichts. Jin hält sogar Yoongis Blick stand, der sich regelrecht in den seinen bohrt. Yoongi ist sauer, was ich daran erkennen kann, dass er leicht zittert. Normalerweise sieht man ihm seine Gefühle nicht so stark an, aber das hier scheint eine sehr heikle Situation zu sein, weswegen ich mich geflissentlich raushalte und mich lieber Jungkook zuwende.
Sanft lasse ich meine Fingerspitzen über seine Wange tanzen, streiche mit der anderen Hand einige Locken aus seinem Gesicht und beuge mich zu seinen Lippen herunter, die ich vorsichtig mit meinen berühre. Sie sind weich und ein wenig trocken. Ich übe mehr Druck aus, doch der gewünschte Gegendruck bleibt aus, weswegen ich mich wieder löse, meine Stirn gegen seine sinken lasse und auf seine geschlossenen Lider starre. Er soll aufwachen. Mich ansehen ... mich küssen. Ich will, dass er mich küsst. Dass er eine Regung von sich gibt. Mich anfasst. Fuck! Fluchend wende ich mich von Jungkook ab, rutschte zum Bettrand und trete auf die beiden zu.
„Weck ihn auf. Sofort!", knurre ich Yoongi entgegen, doch dieser sieht mich nur ausdruckslos an, bevor er nur kurz den Kopf schüttelt.
„Das kann ich nicht. Nur Gott weiß, wann der Junge wieder aufwachen wird."
„Hör auf mit deinem verschissenen Gottgelaber. Du legst dir doch sowieso alles so zu Recht, wie es dir gerade passt!"
Yoongi zieht harsch die Luft in seine Lungen und starrt mich aus dunklen Augen an. Der Ausdruck ist beängstigend, aber ich weiß, dass er mir nichts tun wird. Das Blickduell gewinne ich, da Yoongi nach geschlagenen Minuten aufknurrt, sich unter meiner Präsenz wegduckt und das Zimmer fluchtartig verlässt.
Kurz sehe ich ihm hinterher, bevor ich zu Jin blicke, dessen Kopf leblos nach unten hängt. Das Blut tropft unaufhörlich auf den Boden und hinterlässt eine unangenehme Stille in meinem Kopf. Yoongi hat Jin die Kehle aufgeschlitzt, dafür brauche ich nicht einmal genauer hinsehen. Trotzdem greife ich in sein Haar und ziehe mit einem kräftigen Ruck an diesen. Ich sehe ihm in die Augen, die langsam all ihren Glanz verlieren. Es läuft ihm sogar eine Träne über die Wange. Vermutlich, weil er nicht damit gerechnet hat, dass es ausgerechnet Yoongi ist, der ihn von seinem Leid befreit. Ich lasse ihn wieder los und schenke ihm keine weitere Beachtung. Stattdessen klettere ich zurück zu Jungkook aufs Bett. Meine Finger streichen sanft über seine Wange, gleiten in sein Haar und meine Lippen senken sich auf die seinen. Erneut versuche ich eine Reaktion durch einen Kuss bei ihm auszulösen, doch auch dieses Mal bleibt diese aus. Ich seufze, rutsche beiseite und ziehe die Decke zurecht. Danach schmiege ich mich an ihn, beginne ihn liebevoll zu streicheln und erzähle ihm kleine Anekdoten von unseren Ausflügen.
Ich weiß nicht, wie lange ich rede, noch wie viel Zeit vergangen ist, doch als ich Schritte höre und ein besorgtes „Jungkook?", sehe ich auf und starre in Taehyungs Gesicht, der regelrecht aufs Bett gesprungen ist.
„Was zur Hölle tust du ihm an?", fragt er mich entsetzt, drückt mich mit voller Kraft zurück in die Laken und umschlingt mit seinen zitternden Händen meinen Hals. Ich sehe ihn ausdruckslos an und lasse ihn gewähren.
„Findest du das lustig, Yoongi?", presse ich hervor, versuche mir, aber nicht dabei anmerken zu lassen, dass Taehyung mir die Luft zum Atmen nimmt.
„Ich will, dass du deine eigene Medizin nimmst. Du hast uns mehr als nur einmal für deine Zwecke missbraucht und jetzt musst du sehen, wie du damit klarkommst. Ich helfe dir jedenfalls nicht."
So will er also spielen. Das kann er haben. Ich lasse los und höre mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke die Kontrabässe anschlagen, die sich bedrohlich in meinem Kopf breitmachen. Es gibt keine Zurückhaltung mehr.
Mit meiner Hand greife ich unter das Kissen und reiße ein Skalpell hervor, welches ich mit einer ruckartigen, aber einzigen Bewegung durch die Haut an seinem Hals ziehe. Das Blut spritzt mir ins Gesicht und auf den Oberkörper, während ein gurgelndes Geräusch von Taehyung zu hören ist, der sich sofort an die Kehle packt und von mir runterrutscht.
„Tae!", quietscht Jimin erschrocken. Zeitgleich setze ich mich auf, presche zum Bettrand und hebe die blutige Hand mit dem Skalpell.
„Willst du auch? Es ist sowieso alles zu spät. Dieses Spiel ist schon längst beendet und wird nie wieder das sein, was es mal war", knurre ich, sehe dabei zu, wie Jimin mich ignoriert und seinem Freund versucht zu helfen. Taehyung ist ganz weiß im Gesicht und ist auf den Boden auf die Knie gesunken. Das Blut sprudelt an seinen Händen vorbei und tropft den Beton voll. Er wird elendig verbluten. Der Schnitt ist nicht tief, weswegen er eine Chance hätte zu überleben, wenn ich ihn sofort nähen würde. Doch das werde ich nicht.
„Bitte hilf ihm. Ich flehe dich an." Es klingt so verzweifelt und Tränen überströmen sein Gesicht. Er kniet bei ihm, hält ihn und versucht, das Blut aufzuhalten, während ich sie nur beobachte. Ich sehe es nicht ein ihnen zu helfen und grinse stattdessen, als Jimin sich seinen Pullover über den Kopf zieht. Er wickelt ihn um Taehyungs Hals – mehrlagig, doch er saugt sich sofort mit dem Lebenssaft voll. Taehyung röchelt. Vielleicht habe ich doch tiefer geschnitten als gedacht. Er schwankt, seine Augenlider flackern und ein entsetzter Schrei verlässt Jimins Kehle, als Taehyung gänzlich zu Boden sinkt. Er zuckt in seinem eigenen Blut, streckt seine Hand nach irgendetwas aus, doch auch das hilft ihm nicht. Er nimmt seinen letzten rasselnden Atemzug und bleibt schließlich regungslos liegen.
„Was ist nur los mit dir? Du lässt ihn einfach verrecken? Ist dir alles andere so egal geworden?", fragt Yoongi, doch ich ignoriere ihn. Lieber beobachte ich, wie sich Jimin schluchzend auf seinen Freund wirft, an ihm rüttelt, ihn anfleht ihn nicht alleinzulassen. Es ist herzzerreißend, doch es lässt mich kalt. Hat Yoongi vielleicht recht und ich habe den Rest meiner Menschlichkeit endgültig verloren – selbst getötet?
Wie in Trance erhebe ich mich, verlasse das Zimmer und komme wenig später mit einem Allzweckmesser mit langer Klinge in der Hand zurück. Mein Kopf fühlt sich leer an und doch kann ich die Symphonie immer noch hören, wie sie langsam ausklingt.
„Hier", sage ich und halte Jimin das Messer entgegen, der mich irritiert ansieht. Seine Lippen beben, während seine glasigen Augen mich ängstlich ansehen. Sein Gesicht ist gerötet vom Heulen, wie vom ganzen Blut.
„Willst du, dass ... ich mich räche?", fragt er stockend, hickst am Ende und hebt die Hand. Er greift nach dem Messer, welches ich ihm mit dem Griff zuerst entgegenhalte, doch ich antworte nicht auf seine Frage. Stattdessen sehe ich zu Yoongi, der sich zu Jungkook aufs Bett gesellt hat. Er streichelt seine Wange und wickelt im nächsten Moment eine von seinen wunderschönen Locken um seinen Zeigefinger.
„Ich werde dir nicht den Gefallen tun und dich erlösen, du abartiger Psychopath!", schreit Jimin auf einmal und ich sehe, wie er das Messer mit beiden Händen fest umgriffen hält und sich selbst in die Brust rammt. Er trifft auf Anhieb sein Herz und sieht mit schockgeweiteten Augen zu mir. Die Tränen laufen weiter über seine Wangen und fallen auf seinen regungslosen Freund. Seine Lippen zittern, so wie seine Finger, die von dem Griff nach unten sinken. Jimin kniet neben Taehyung und starrt auf das Messer in seiner Brust, welches sich durch seine Atmung auf und ab bewegt. Es sieht grotesk aus, aber es hat auch etwas Ästhetisches. Ob er das wohl auch so empfindet? Vermutlich nicht.
„Warum ... sterbe ich ... nicht?", fragt er und entlockt mir ein Kichern.
„Zieh es raus und steche noch mal zu", schlage ich ihm vor und sofort greift Jimin nach dem Messer. Er zieht es heraus, stöhnt dabei schmerzerfüllt auf und sackt nach vorne. Als er sich vorsichtig wieder aufrichtet, kann ich sehen, wie das Blut sein T-Shirt rot färbt, und starre fasziniert auf die Stelle. Im Augenwinkel erkenne ich, wie er das Messer abermals anhebt, doch ihm scheint die Kraft zu fehlen, weswegen ich mich zu ihm knie. Ich lege meine Hand an seine Schulter, halte ihn und die andere umfasst die seinen. Behutsam helfe ich ihm, es sich erneut in die Brust zu rammen. Dieses Mal jedoch deutlich langsamer. Und als es bis zum Anschlag drinsteckt, drehe ich es ein wenig in der Wunde hin und her. Wir sehen uns dabei in die Augen und ich beobachtete, wie das Leben aus ihnen weicht. Sanft streiche ich ihm die Tränen von der Wange und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich von ihm löse und ihn ansehe. Das Bild ist wunderschön und ich genieße den Anblick. Warum haben wir nicht schon früher unsere Opfer umgebracht? Wieso haben wir sie laufen lassen?
„Weil es zu viel Aufmerksamkeit erweckt hätte", antwortet Yoongi auf meine gedanklich gesprochene Frage, da er mich wohl die ganze Zeit beobachtet hat. Ich sehe zu ihm, während ich mir etwas von Taehyungs Blut von den Fingern lecke. Er ist immer ruhig und gefasst. Nicht einmal hatte er mit der Wimper gezuckt, als die beiden ihre letzten Atemzüge gemacht haben. Es scheint ihm alles egal zu sein, genauso, wie es für mich kaum eine Bedeutung hat.
„Er wacht auf. Jedenfalls nimmt er wieder deutlich bewusster seine Umgebung wahr. Du solltest ihm noch mal etwas geben, damit du Zeit hast, dieses Chaos zu beseitigen", sagt Yoongi müde und deutet dabei in den Raum. Ich folge seiner Handbewegung, schüttle danach aber den Kopf und komme zu ihnen zurück aufs Bett. Ich ziehe mir mein blutverschmiertes Oberteil aus, so wie den Rest meiner Kleidung. Der Wunsch ihm nah sein zu wollen ist übermächtig und die ganze Situation hat mich erregt, weswegen ich über Jungkook gleite, seine Wange anfasse und sie zärtlich streichle.
„Kooks?", raune ich ihm zu, nippe an seinen Lippen und wiederhole seinen Namen so oft, bis ich spüre, wie er meinen Kuss leicht erwidert. Darauf habe ich gewartet. Das war mein Zeichen und ich halte mich nicht mehr zurück. Ich blende Yoongi komplett aus und nehme mir, was mir gehört. Ich verwöhne ihn, liebkose ihn und ficke ihn, bis er vor Lust schreit und in meiner Hand kommt. Bis ich mich in ihm ergossen habe – das erste Mal ohne Kondom. Ich bin in einem Rausch. In totaler Ekstase und ich liebe es. Ich will, dass unsere Zweisamkeit niemals endet, und doch weiß ich – irgendwo in meinem, von wirren Gedanken durchtriebenen, Kopf, dass Jungkook mir das hier niemals verzeihen wird. Dass es niemals mehr so sein wird, wie früher. Dass ich ihn in dem Augenblick verloren habe, wo der Faden zum Rest meiner Menschlichkeit gerissen ist. Namjoons Tod ist der Anfang vom Ende und ich werde nie wieder zurückkönnen, auch wenn ich mich krampfhaft an eine Hoffnung klammere, die überhaupt nicht mehr existiert.
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