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Ein lauter Schrei durchdrang den Wald. "Verdammt!", ertönte eine Stimme. "Was ist denn los?"
"Dieser Hurensohn! Er hat die Verbindung getrennt und meinen Schatten zerstört!", schrie die kleine Rothaarige. Der Prinz sah sie ungläubig an. "Was meinst du damit? Kannst du sie nicht mehr orten?"
"Nein, kann ich nicht! Und das müsste ich auch nicht, wenn du besser auf das Buch auf gepasst hättet und nicht so viel Dreck und Blut auf der Karte hinterlassen hättet!"
"Wie redest du dummes Gör denn bitte mit mir? Ich bin der Sohn des Königs, zukünftiger Erbe von den Südlanden bis in das Wurzeltal! Mein Land umfasst mehr, als du dir jemals träumen lassen könntest! Meine Macht und mein Reichtum, das alles kannst du dir gar nicht vorstellen!"
"Du redest von Macht, Bursche? Haben dir meine Künste nicht schon genug Angst gemacht? Hast du dir nicht schon längst in die Hose geschissen? Du willst mir etwas von Macht erzählen, hast aber selber keine Ahnung davon, zu was ich im Stande bin. Du wärst schon längst tot, wenn ich es so gewollt hätte, also versuch mir nichts von Macht zu erzählen. Du hast keine Ahnung von Macht und das wirst du auch niemals haben!" Er wollte etwas darauf erwiedern, aber er wusste zu gut, was dann passieren könnte, und seinen Kopf durch einen Schatten verlieren, das wollte er ganz bestimmt nicht. Sie stand von ihrer sitzenden Haltung auf, die sie eingenommen hatte, um sich mit dem Schatten in Verbindung zu bringen, den sie auf Runa angesetzt hatte. Sie sah den Prinzen böse an und lief an ihm vorbei, stieß ihn dabei aber noch mit ganzer Kraft mit ihrer Schulter an. Sie war sauer, das war klar. Aber ihren Schatten hatte noch niemand zerstört und das machte sie nur noch wütender. "Dieser Bastard! Ich werde ihn umbringen und wenn es das Letzte ist, was ich tun werde!", zischte sie. Ein dunkler Schatten erhob sich über sie. Ihre Wut sammelte sich darinne. Es ließ die Wolken am Himmel wie Sonnenschein wirken. Ein schrecklicher Anblick war das. Die Augen des Mädchens waren glänzend schwarz. Dem Prinzen wurde bei diesem Anblick unwohl. Er wollte am liebsten weg, trat schon einen Schritt zurück und erhob seinen Kopf, um der anwachsenden, in die Luft sich sammelnde Kreatur anzuschauen. Es formte sich ein Gesicht. Augen kamen zum Vorschein, wenn man es denn als Augen bezeichnen konnte. Es sah den Prinzen direkt an. Ihm schauderte es. So etwas hat er noch nie gesehen. Nicht einmal die anderen Schattengestalten des Mädchens, waren so Angsteinflössend, wie das. Denn es gab einen großen Unterschied zwischen ihnen und diesem Ding: das hier sah Menschlich aus. So menschlich, wie es eben ging. Aber eben auch nicht. Das machte es so schrecklich. Es formte sich und Beine entstanden. Es stellte sich auf den Boden, zwischen das Mädchen und den Prinzen. Es sah den Prinzen immer noch an und dann fing es an zu grinsen. Es grinste ihn an, aber nicht auf die freundliche Art. Es sah eher so aus, als würde es ihn umbringen wollen. Dann fing das Mädchen zu sprechen an und die Kreatur drehte sich abrupt um: "Mein liebes Kind, komm her zu mir. Fange mir, stelle mir, töte mir. Machst was ich zu sagen habe. Machst was ich dir aufzutragen habe. Fange mir, stelle mir, töte mir diesen Jungen." Sie fasste der Kreatur an den Kopf und die Augen von beiden leuchteten rot-schwarz auf. Ihre Köpfe waren nach unten geneigt. Sobald sie ihre Hand wegnahm, schossen der Kreatur Federn aus seinem Arm. Die Arme formten sich dabei zu Flügeln. Man konnte es gar nicht richtig sehen, da es so schnell ging und die Kreatur im nächsten Augenblick auch schon nach oben schoss. Der Prinz sah schockiert hinterher und fiel dabei auf den Boden. Er stützte sich mit seinen Händen und sah mit offenem Mund der Kreatur hinterher. Das Mädchen sah auch hinterher. Ihre Haare und ihre Kleidung flogen noch etwas umher, so wir ein paar Blätter, die von der Kreatur beim Losfliegen umher geschleudert wurden. Sie sah wieder nach unten, zu dem auf dem von Erde, Nadeln, Stöckchen und anderen Dingen verdreckten Boden sitzenden Prinzen. Er sah immer noch schockiert nach oben. Er hatte die ganze Zeit nicht ein mal geblinselt. Er sah der Kreatur nach, die jetzt nur noch ein kleiner scgwarzer Punkt war, und dann komplett verschwand. "Bist schön auf'n Arsch gefallen.", sagte sie belustigt zu ihm. Er drehte seinen Kopf vom Himmel weg und sah zu ihr. "Mach die Lucke zu, bevor noch irgendein Krabbelvieh rein geht." Er schloss seinen Mund. Dann realisierte er alles langsam. Seine Augen wurden schmaler und sein Gesicht fester, bis Wut in seinem Gesicht zu erkennen war. "Du ... Du ... Was ...", begann er spuckend, aber er wusste nicht, was er sagen sollte. "Was denn? Hat es dir die Sprache verschlagen?" Sie lachte und wollte gerade weggehen. Ihr Rücken war schon dem Prinzen zugewandt, als er aufsprang und sie am Handgelenk fasste. Er drehte sie zu ihm um und sah ihr fest in die dunklen Augen. Er wollte sie anschreien, sie verletzen, schlagen, irgendetwas, aber dann ... Irgendetwas blitzte in ihren Augen auf, war es Wut? Oder doch eher Furcht? Er konnte es nicht genau sagen, aber es löste irgendetwas in ihm aus. Sein Griff um ihr Handgelenk wurde lockerer. Kleine rote Fasern traten in ihren Augen zum Vorschein. Es sah erschreckend und schön zugleich aus. Sein Herz schlug langsam schneller und sein Atem stockte ihm zwischendurch. Keiner von ihnen sagte etwas. Was war das? Was machte sie mit ihm? Sie sahen sich tief in die Augen. Er wollte wegsehen, aber irgendwas hinderte ihn daran. Plötzlich wollte er ihr ganz nah sein. Was war das nur? Was zur Hölle war das nur? Es machte ihn fast wahnsinnig. Sie fasste sich wieder. Der Moment wurde unterbrochen; ihre Stimme kam ihm so lieblich, aber auch so bedrohlich ihn seine Ohren: "Was ist? Willst du mir irgendwas sagen? Ich glaube wohl eher nicht, denn du bringst ja schon wieder nix raus. Wenn du weißt, was du wolltest, dann kannst du ja wieder zu mir kommen." Sie zog sich vorsichtig los und ließ ihn da stehen. Er sah ihr nur so erstarrt hinterher, wie er es bei der Kreatur getan hatte. Was hat sie nur mit ihm gemacht? Er realisierte alles langsam, aber er verstand es nicht. Was war da gerade passiert? Was sollte das werden? Diese verdammte Hexe! Er würde sie töten! Aber vorher würde er sie vergewaltigen und dann würde er jeden seiner Männer ran lassen. Selbst die Hunden würde er ran lassen, bis sie um Gnade schreien würde und er würde ganze Zeit dabei sein und zu gucken. Es erfreute ihn, daran zu denken, aber dann fand er den Gedanken schrecklich. Bei jedem würde er es so machen wollen, nur nicht bei ihr. Er wollte sie für sich haben. Ganz für sich alleine. Er würde jeden töten, der es auch nur wagte sie falsch an zu sehen. Aber warum nur? So hatte er bei noch niemandem empfunden. Er wollte sie nicht vergewaltigen, er wollte, dass sie ihn auch wollte. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Weil er sie schwach gesehen hatte? Lag es daran? Dieses Weib war alles, aber sicher nicht schwach! Aber da kam sie ihm schwach vor ... Er wusste nicht mehr weiter. Als was sollte er das nur sehen, empfinden? Hatte sie solch eine Macht über ihn? Nein! Niemand hatte solch eine Macht über ihn! Niemand! Und erst recht kein Weib! Das würde er nicht zu lassen! Er musste etwas dagegen unternehmen, ganz dringend. Und das würde er jetzt auch tun.
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