Der schwarze Rauch

Ich hielt dem Blonden die scharfe Bruchkante der Porzellanscherbe an den Hals. Er zitterte, vielleicht vor Angst, vielleicht vor Kälte.

Der Schwarzhaarige berührte den Oberkörper des Blonden.

Ich musste an den Zeitungsartikel von heute morgen denken, an das Mädchen mit den Zöpfen. Was, wenn der Typ im Mantel gleich mit den bloßen Händen in den Brustkorb des Blonden hineingriff und den unteren Rippenbogen herausbrach? Was sollte ich dann tun? Würde ich überhaupt die Chance bekommen, noch etwas zu tun?

Schluckend hakte ich nach, "Du wirst ihn aber nicht töten, oder?"

Kalt antwortete er, "Nein. Er ist den Ärger nicht wert."

Seine Finger begannen zu glühen. Beinahe erwartete ich, dass jeden Moment Lava aus seinen Fingerkuppen treten und an seinen schwarzen Ärmeln herabrinnen würde.  Gebannt starrte ich auf das grelle Leuchten, untergründig stieg starke Panik, vielleicht Schock in mir auf, betäubt von dem surrealen Anblick nahm ich ihn nur als ein kurzes Aufzucken wahr.
Der Schwarzhaarige spreizte seine Finger und drückte die feuerroten Fingerspitzen unter die Schlüsselbeine des Blonden.

Der Blonde schrie aus vollem Hals los. Schwarzer Qualm spie aus seinem Mund und hüllte uns ein. Viel mehr als in seine Lunge gepasst hätte.
Seltsamerweise kamen mir für dieses Schauspiel keine Worte in den Sinn, ich hoffte nur, dass der Schwarzhaarige nicht die Kleidung des Blonden in Brand stecken würde.
Die letzten Rauchkringel, welche der Blonde ausstieß, waren heller, wie Zigarettenrauch. Dann kam nur noch Luft aus seinem Mund. Kraftlos sackte er in sich zusammen, seine Arme hingen nach unten, sein Kinn fiel auf seine Brust. Doch sein Schrei brach nicht ab. Der Nebel stieg über unsere Köpfe und plötzlich kam das schrille Kreischen von oben. Es kam aus dem Qualm, welcher nun an der Stelle des Blonden weiterschrie. Nach einigen Momenten löste er sich auf und der schreckliche Ton verstummte.

Meine Hände waren schweißnass¡ ich streifte sie an meiner Hose ab, während ich den düsteren Himmel nach Überresten des Qualms absuchte. Er war vollkommen verschwunden, da war weit und breit nichts. Der Regen prasselte kalt auf mein Gesicht.

Unsicher versuchte der Blonde stehen zu bleiben, schwankte jedoch stark. Die Hand des Schwarzhaarigen hörte sofort auf, zu glühen.
"Sch sch." machte der im Mantel beruhigend und hielt den Blonden fest, damit er nicht stürzte.

"Wo bin ich?", erschrocken sah jener sich um. "Wiese.", murmelte er verwirrt, "Wie bin ich hier hergekommen?"

Der Schwarzhaarige suchte meinen Blick und formulierte nur mit den Lippen: Tu das weg.

Eilig ließ ich den Arm mit der Scherbe sinken. "Warum hat er keine Erinnerung?"

Der Blonde reckte sich der Stadt entgegen, er wankte über seinen Körpermittelpunkt und kippte. Der Schwarzhaarige stützte ihn unter dem Arm und sagte sanft "Sie sind in Sicherheit.", und dann zu mir, "Er war nicht hier."

Fasziniert starrte ich den Mann im Mantel an. Er lächelte und antwortete auf die Frage in meinen Augen, "Ein Dämon."

Ich hatte seine rot glühende Hand gesehen und den schwarzen Qualm aus dem Mund des blonden Typen. Etwas in mir glaubte ihm sofort, die anderen zwanzig Prozent knabberten an den Dingen, die ich selbst gesehen hatte.

Ungläubig platzte es aus mir heraus, "Ein Dämon? Dieser Rauch war ein Dämon?"

Der Schwarzhaarige lächelte und nickte leicht. "Richtig. Und irgendjemand bringt die Besessenen um."

Ich deutete auf meinen Brustkorb. "Irgendjemand - du meinst der Serienkiller spielt eigentlich Exorzist? "

"Er ermordet sie. Er versucht nicht, die Dämonen auszutreiben." Nicht so, wie er es gerade getan hatte.

Vorsichtig bewegten wir uns über die glitschige Wiese.
Also doch ein Killer - einer der es nur auf Besessene abgesehen hatte... Sie waren aus Rauch...
"Aber, kann er die Dämonen dadurch verletzen?"

"Nein. Er krümmt ihnen kein Haar."

"Wir haben es also mit einem Möchtegern-Exorzisten zu tun."

"Kann man so sagen."
Woran erkannte man eigentlich Jemanden, in dem ein Dämon steckte? Woher wusste der Mörder, wo er suchen musste? Immerhin stand sowas nicht im Internet, oder gab es dafür eine App? Konnte man Siri fragen, wo der nächste Besessene war und wurde über GPS zu ihm gelotst? Nope, ich glaube nicht.

Der Hang glitsche, der ExBesessene strauchelte und ich legte mir schnell seinen anderen Arm um die Schultern. Langsam stiegen wir den Hang hinab.
"Was machen wir jetzt?" Es war unglaublich düster.

"Du möchtest den Killer schnappen?"

Den Killer schnappen? Moment mal - bevor ich nachdenken konnte, stotterte ich schon drauflos "Ja, sicher." Hatte ich das gerade wirklich ausgesprochen?

Er grinste, "Ich habe doch gesagt, dass wir etwas gemeinsam haben."

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