3 - Tag 02 der neuen Zeitrechnung

Laurie

Mein Bus trifft heute etwas verspätet ein. Chu hat schon mehrmals auf die Uhr geschaut, doch ich nehme das weit lockerer. Was ich nicht ändern kann, in meinem Leben, das bereitet mir auch keinen Kummer. Schon beim Ausrollen des Busses bemerken wir die aussergewöhnlich vielen Schüler, welche sich noch auf dem Schulgelände befinden; eigentlich müssten die schon alle drinnen sein.

Zwischen den Rucksäcken und Schultaschen kann ich ein regelmässiges Zucken aus roten und blauen Lichtern wahrnehmen. Polizei? Tatsächlich steht der Wagen des Sheriffs auf dem Schulgelände. Zwei uniformierte Personen halten die Kids noch draussen, die Eingangstüren oberhalb der Treppe sind geschlossen. Unser Bus hält des Tumultes wegen etwas weiter hinten, der Fahrer lässt uns aussteigen. Interessanterweise war es diesmal ziemlich ruhig im Bus, alle klebten an den Scheiben auf der linken Seite, dass man Angst kriegen konnte, der Bus würde umfallen.

"Was ist denn da los?", will Chu wissen.

"Peter fehlt!", informiert uns eine Schülerin der Dreizehnten.

"Peter?" Ich kenne halt noch niemanden, ausser Chu und Kevin ... und einige der Unwichtigen.

"Peter ... der Bauer. Peter Wilkinson aus der Elften."

"Luzie, das ist so ein unscheinbarer Typ, ein Bär von einem Jungen, ein Farmer halt. Sympathisch, aber eher unauffällig. Kurzes, braunes Haar, trägt immer karierte Hemden und Jeans. Eigentlich ein ganz süsser Kerl."

Der muss wohl tatsächlich wie ein Schatten mitten in der bunten Welt sein, denn ich kriege kein Bild auf meinen inneren Schirm. "Ach so; ich kenne ihn trotzdem nicht, sorry."

***

Im Büro 66 sitzt ein älterer Herr in verwaschenen und verstaubten Latzhosen zerknittert auf einem Stuhl. Ihm gegenüber hat die perfekt gestylte und aufgebrezelte Miss Franklin Haltung angenommen. Sie betrachtet ihren Besucher mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu.

"Mister Wilkinson; Ihr Sohn ist nicht auf unserem Schulhof verschwunden. Was bitte macht die Polizei auf meinem Areal?"

Der Mann schluchzt, zieht Rotz hoch. "Peter kam gestern nach dem Unterricht nicht nachhause. Er hätte noch das Feld hinter der Strasse pflügen sollen. Dort wollen wir Korn ansäen, wissen Sie."

"Mit Verlaub, Mister Wilkinson, aber ich denke, das ist Sache der Polizei und hat wenig mit der Schule zu tun." Michelle fixiert den Besucher mit ihren dunklen Augen, die von Braun langsam in Richtung Violett wechseln, aber der Farmer sieht das nicht.

"Sie sind doch die Chefin hier, oder etwa nicht?" Erst jetzt schaut er sie direkt an.

"Ja, das bin ich. Aber ..."

"Dann finden Sie verdammt noch einmal meinen Sohn. Er ist nach Ihrem Unterricht hier nicht wieder aufgetaucht. Sie sollen etwas tun, für Ihr Geld. Der Scheriff wird Ihnen dabei helfen. Verstehen Sie das? Mein Sohn ist verschwunden - und er ist sehr zuverlässig! Er ist ein guter Junge!"

Der Sheriff betritt den Raum. "Miss Franklin? – Wir haben alles abgesucht. Peter ist nicht hier. Wir müssen die Kids reinlassen."

"Danke, Sheriff. Bitte begleiten Sie Mister Wilkinson zu sich auf das Revier und erklären Sie ihm das weitere Vorgehen."

"Natürlich, Miss Franklin. - Komm schon, Ben, wir klären das bei mir drüben. Dein Peter wird schon wieder auftauchen. Der kann sich nicht in Luft auflösen. Komm mit mir, hier ist er nicht."

Die beiden Männer verlassen den Raum, der Farmer blickt immer wieder zur Schulleiterin. Der Sheriff schliesst die Türe. Michelle dreht sich gegen die Wand und schmeisst dabei ihr Wasserglas auf den Fussboden. Die Glassplitter und Wassertropfen verstreuen sich hinter dem Pult, zwischen dem Fenster bis zum Aktenregal. "Scheisse, verflucht noch einmal!"

***

"Ihr dürft jetzt alle wieder rein! Bitte geht in eure Klassenzimmer! Sofort, bitte!" Die Stimme des Hausmeisters lässt keinen Raum für Interpretation. Man muss tun, was er sagt. Er ist mindestens zwei Meter gross und wiegt mehr als ein Pick-Up-Truck voller Strohballen. Aber er ist ein süsser Bär mit einem weichen Kern - doch das wissen nur die Freaks; also ich ... und vielleicht noch Kevin ... und Chu. Wir erfahren, dass man den Bauersjungen mit einer Vermisstmeldung sucht.

Die Schüler stürmen das Schulgebäude und wir damit auch gleich das Klassenzimmer von Miss Wolff. Sie trägt heute langweiliges Grau. Das passt so gar nicht zu ihr. Sie wirkt auch ungeschminkt; bloss ihr Duft, der ist noch da.

"Miss Wolff? Alles in Ordnung mit Ihnen?" - Oh Mann, habe ich das tatsächlich gefragt? Wie peinlich ist das denn?

Sie hat wieder ihren Röntgenblick drauf und ich fühle mich wie in dem Traum, wo man nackt über die First Avenue geht und alle Menschen sich umdrehen. "Ja, Luzie. Und bei dir?"

Das war keine Frage. Das war eine Drohung. Sie kennt meinen Decknamen. Sie kennt meine Gedanken. Sie kennt mich! Und... hat sie nicht blaue Augen? Die wirken gelb. Mein Platz ist heute ganz hinten; aber das ist in Geschichte nie ein Problem, weil die Jungs ja alle vorne sitzen wollen.

Es scheint, als sei Miss Wolff heute nicht ganz bei der Sache. Sie unterrichtet gut, extrem spannend, aber heute hüpft sie in den Jahrhunderten umher wie ein junger Hund im Neuschnee. Irgendwann, es war so zwischen König Richard I und den Freimaurern, wirft jemand eine Frage in den Raum.

"Miss Wolff, ... darf ich eine Frage stellen?", klingt eine Mädchenstimme durch die Stille. Alle gucken mich an. Offenbar war das schon wieder ich.

"Ja, bitte. – Was möchtest du wissen, Laurie Jones?" Langsam dreht sie ihren Kopf zu mir. Ich sehe deutlich die gelben Augen, die mich fixieren. Mir wird kalt.

Der Gong gibt das Ende der Unterrichtszeit an. Ohne sich zu rühren, jedoch wieder mit blauen Augen, gibt Miss Wolff die Hausaufgaben durch, wobei sie weiterhin mich fixiert. Danach blinzelt sie mit einem Auge, dreht sich um und packt ihre Sachen ein.

Draussen setzen Chu und ich uns wie gewohnt unter die Fichte. "Was war das eben? Woher kennt Miss Wolff deinen Decknamen? Warum spricht sie dich mit Du an? - Und was zum Teufel trägt sie heute?"

"Ich habe keine Ahnung, Chu." Vollkommen entnervt und verwirrt lasse ich mich auf die Bank fallen. Im Augenwinkel sehe ich einen Typen mit einem Verkehrspylon als Haarschmuck auf uns zu schweben.

"Wer bist denn du? Mach einen Abflug, Junge." Chu kann Fremden gegenüber manchmal unfreundlich sein.

"Nein, warte, Chu ... das ist Kevin, mein Freund. Kevin, das ist Chu - meine Freundin. Lernt euch kennen und werdet Freunde - oder so."

"Hi, Chu. Was ist denn mit der los? Was war das eben in Geschichte? Ich hatte Angst, die Wolff killt sie!"

"Wegen einer einfachen Frage! - Freut mich, Kevin. Sorry - ich wollte nicht unhöflich sein."

"Kein Ding. Menschen sind so." Er lächelt sie an.

Das kleine Häufchen Elend auf der Bank gegenüber - das bin ich. "Hey, Freunde, ... könnt ihr euch mal bitte um mich kümmern? Mir wird ..."

Auf dem Rücken liegend, fliege ich über die Wälder. Dann und wann streife ich mit einem Arm oder mit meinem Hintern die Spitze einer Fichte, was ordentlich piekst. Unter mir tummeln sich Rehe. Langsam, immer noch schwebend, drehe ich mich um, gehe tiefer, will die Rehe genauer sehen. Auf einmal schiesst von links ein riesiger Wolf heran und reisst eines der Rehe in Stücke. Blut spritzt nach allen Seiten, meine Hände sind rot. Der Wolf dreht seine blutige Schnauze in meine Richtung, auf der linken Seite baumelt ein blonder Zopf herunter, auf der rechten ein Stück Fleisch und er blinzelt mir mit einem Auge zu.

"Laurie? ... Komm schon ... Was ist mit dir?" Das ist nicht die Stimme des Wolfes; es klingt nach Chu, ... aber aus der Ferne, langsam näherkommend. "Laurie? - Kevin, hilf mir bitte mal."

Starke Hände heben mich hoch. Langsam öffne ich die Augen und das Bild des Wolfes verschmilzt mit dem Gesicht eines hübschen Jungen mit roten Haaren. Kevin.

"Hi, Gruftie! Bist du wieder unter uns?" Er lächelt mich an.

"Scheisse, Luzie! Du hast uns einen Riesenschrecken eingejagt! Dämlicher Freak! Tu das nie wieder!" Chu stampft auf den Rasen.

"Ja, ich liebe dich auch, Chu! Danke, dass ihr hier seid. Wie lange war ich weg?" Mein Schädel dröhnt, als sein ein verdammter Peterbilt drüber gedonnert.

"Eine Minute, höchstens. Umgefallen wie ein Sack Kartoffeln." Kevin grinst noch immer. Er hat ein süsses Lächeln.

"Ich denke, du kannst mich nun wieder hinsetzen. Danke, Kevin." Mein Versuch, ein neutrales Gesicht aufzusetzen, muss kläglich scheitern, denn Chu rollt mit den Augen.

"Willst du etwas Wasser", sie hält mir eine Flasche hin, aus der ich dankbar trinke.

"Leute, ich habe in meiner Ohnmacht von der Wolff geträumt. Ich weiss nun, was sie ist. Ich bin sicher, der Bauersjunge, den sie suchen, ist tot. Habt ihr ihre gelben Augen auch gesehen?"

"Gelbe Augen? Nein." Kevin schüttelt den Kopf.

"Ja, habe ich. Und hör nicht auf ihn. Seit wann kennen Jungs die Augenfarbe einer Frau? Sie kennen bloss die Körbchengrösse ..." Chu grinst, Kevin schlägt sie und ich lache.

"Wisst ihr was? Wir sind Freaks - wir alle drei! Schön, dass ich euch kenne."

"Okay! Das erzählen wir aber nicht im Internet. Mann, Luzie! Du hast einen Ruf zu verlieren, mach also bitte nicht auf Kuschelrock."

"Sagt die Sportlerin, die Science-Fiction liest!"

"Könnten wir bitte wieder auf Miss Wolff zurückkommen? Mädchen! Was also denkt ihr, dass sie ist?"

"Ein Werwolf!", schiesst es Chu und mir gleichzeitig aus dem Mund, und wir beide halten unsere Hände, Handfläche gegen oben gekehrt, vom Körper weg und wippen mit dem Kopf. Kevin schaut zwischen uns hin und her.

Dann beginnt er zu lachen. "Ernsthaft? Werwolf? Ihr wisst schon, dass es die bloss auf Netflix und bei Wattpad gibt, oder?"

Auf diese Provokation lohnt es sich gar nicht, einzugehen, Chu rollt dennoch mit den Augen. Ich lache. "Kevin, du bist doch gut im Internet und mit den Computern, oder?"

"Ja. Computer haben keine Geheimnisse - nicht vor mir. Was willst du wissen?"

"Chu hat mir erzählt, der alte Schulleiter sei brutal ermordet worden. Kannst du mehr darüber herausfinden? Könntest du auch herausfinden, ob es hier noch andere ähnliche Fälle gab?"

"Du meinst die Sache vor ein paar Jahren! Das war heavy. Damals nannte man die Bozeman High "Blutschule". Zeitungen und sogar das Fernsehen haben darüber berichtet. Ja, da sollte sich noch Material finden lassen. Wozu?"

Ich erzähle meinen Freunden von meinen Beobachtungen über Miss Wolff und Miss Franklin. Sie hören mir interessiert zu. Gegen Ende der Mittagzeit beschliessen wir, der Sache auf den Grund gehen zu wollen.

"Bei uns zuhause steht noch so ein alter Camping-Anhänger auf dem Grundstück. Wir können den zu unserem Büro umfunktionieren. Unseren Eltern erklären wir, dass wir da an einem Forschungsprojekt für die Schule arbeiten - dann zieht mein Vater bestimmt eine Stromleitung zum Hänger und das WLAN sollte auch reichen. Was meint ihr dazu?"

Kevin und ich danken Chu für dieses tolle Angebot. Wir verabreden uns für den Abend, nach dem Unterricht, bei Chu zuhause; sie gibt uns die Adresse. Dann eilen Chu und ich zur Sportstunde, Kevin hat Informatik-Projekt.

Sport. Oh Gott! Schweiss und Atemnot - Sport könnte glatt als eine Grippe durchgehen. Unser Sportlehrer wäre dann so ein schmieriger Arzt aus einer billigen Fernsehsoap: Blondes Haar, hinten lang, oben kurz, Schnauzer, Muskeln wie der Marshmallow-Man oder Captain America, zu kurze Sporthose wie Magnum - fehlt bloss der Ferrari.

Der braungebrannte Möchtegernsportstar hetzt uns über das Feld und versucht uns die Regeln des Baseballs zu erklären. Auffallend oft nutzt er für seine Erklärungen, wie man einen Schläger halten und die Bewegung ausführen soll, die Blondine mit ihrem zu kurzen Sport-Top als Modell. Er hilft ihr bei der Stabführung, indem er ihre Bewegung mitgeht, wobei er hinter ihr steht und die Arme um sie herum auf den Schläger gelegt hat. Mir wird übel.

"Du siehst es also auch schon, oder?" Chu steht kopfschüttelnd neben mir.

Ich zeige mit der flachen Hand auf den Typen. "Wie bitte kann man das übersehen? Offensichtlicher geht es ja wohl kaum. Der Typ fährt voll auf sie ab."

Bei mir hat der Sportlehrer ab sofort aus zwei Gründen keine Sympathie: Er macht sich an die Schülerinnen mit den grossen Titten ran und er unterrichtet Sport. Zwei gute Gründe, den Kerl zu hassen.

Nach der Tortur stelle ich Chu zur Rede, denn ich habe ihren Blick sehr wohl gesehen, den sie für Coach Saunders, wie ihn alle nennen, übrig hatte. Das war eine Mischung aus Abscheu, Wut und Angst.

"Chu - erzähle mir alles."

Sie drückt sich darum herum und murmelt etwas von "lange her" und "nicht mehr wichtig". Das lasse ich ihr nicht durchgehen.

"Stopp! Ich will alles wissen. Den Kerl lasse ich auffliegen, sollte der etwas mit Schülerinnen am Laufen haben. Sag schon, was weisst du?"

"Ted Saunders macht sich an jedes Paar Brüste ran, das vor ihm steht. Keine von den betroffenen Mädchen hat bisher etwas dagegen unternommen. Sie haben alle Angst vor ihm. ... Wir  haben alle Angst vor ihm." Chu senkt den Kopf.

"Du auch?" Schockiert betrachte ich meine neue Freundin, die zusammenbricht, sich auf eine Bank krümelt und zu weinen beginnt. Die starke und angstfreie Frau, die lebenslustige Chu, die ich kenne, ist nirgends zu sehen, dafür eine verletzte, junge Frau, der Schlimmes widerfahren ist.

Ohne ein Wort zu sagen, setze ich mich neben sie, nehme sie in den Arm.

"Es war nach einer Schwimmlektion. Saunders hat gewartet, bis die anderen alle weg waren. Mich hat er dabehalten; er müsse mit mir über meine sportliche Karriere reden, hatte er gesagt. Zuerst versprach er mir eine Zukunft mit einem Stipendium am College, einer richtig guten Schule. Dann, als er meine Qualitäten aufzählte, folgten die ersten Berührungen. Am Arm, am Hals, an der Schulter. Seine Hände waren plötzlich überall, ich konnte mich nicht wehren, war starr vor Schock. Irgendwann habe ich geschrien, der Bademeister kam und ich konnte wegrennen. Abends wollte ich die Berührungen abwaschen, als bloss noch kaltes Wasser kam, fühlte ich mich besser."

"Hast du es deinen Eltern erzählt?" Ich wirke ruhig, obwohl ich innerlich hoffe, ein Blitz möge den Kerl treffen - oder Loupine, wenn sie Hunger hat.

"Nein. Sie waren damals auf einem Kongress in Billings. Am nächsten Tag hat er mir gedroht, er würde dafür sorgen, dass ich von der Schule fliege und er meine Zukunft zerstören könne, wenn ich jemandem etwas erzähle. Du bist die Einzige, die etwas weiss."

Im Umkleidegang nebenan sitzt Loupine, die sich nach ihrem Waldlauf duschen und frisch anziehen wollte. Sie hat das Gespräch mitgehört und merkt sich den Namen Ted Saunders genau. Loupine beschliesst, sich den 'Kollegen' einmal etwas näher anzusehen, achtet aber darauf, dass die Mädchen sie nicht sehen. "Sieh an, ich hätte nicht den Bauern fressen sollen, sondern den Sportlehrer", flüstert sie mehr zu sich selbst. Dass sie den Bauersjungen nicht richtig erwischt hat, weil er zu stark war, ärgert sie immer noch.

"Wir müssen etwas dagegen tun. Weisst du, wie viele Mädchen betroffen sind?"

"Viele. Aber der schmierige Typ weiss sich zu wehren. Nie geschieht etwas. - Lass uns gehen, bitte. Ich will weg hier." Chu packt ihre Sporttasche und eilt in Richtung Ausgang.

Beim Rausgehen habe ich kurz das Gefühl, Vanille zu riechen, achte dann aber darauf, mit Chu Schritt zu halten und beschliesse insgeheim, meinem Dad davon zu berichten. So ein Typ darf nicht mit Jugendlichen arbeiten - nie wieder!

Draussen dämmert es bereits. Die Busse sind schon weg, denn unser Gespräch hat uns aufgehalten. Chu und ich beschliessen, den Heimweg zu Fuss anzutreten.

Zuerst gehen wir schweigend nebeneinander her. Auf einmal höre ich ungleichmässige, schlurfende Schritte hinter uns. Als ich mich umdrehe, kann ich jedoch nichts erkennen, vielleicht war es auch bloss der Wind, oder ein streunender Hund.

"Wie ist Bozeman so? Kann man sich als Frau hier auch abends allein bewegen?"

"Ja, das ist normalerweise ein sehr sicheres Pflaster. Warum meinst du? Hast du Angst?"

"Ich habe das Gefühl, es folgt uns jemand. - Mir ist nicht wohl, ja. Lass uns schneller gehen."

Wir erhöhen unser Tempo, Chu lächelt, sagt aber nichts dazu. Hinter uns klingt es, als habe auch das Etwas sein Tempo erhöht. Einige hundert Meter weiter, dreht sich Chu kurz um. Sie wird augenblicklich bleich. "Luzie! Renne! Los!"

Chu packt mich am Arm, rennt los und zieht mich hinter sich her. Sie ist stark, ich stolpere beinah.

"Was ist denn los?", schreie ich und renne, so schnell ich kann. "Hast du einen Geist gesehen?"

"Schlimmer! Komm schon!"

"Der Wolf? Loupine?" Schon bin ich ausser Atem.

"Nein! Der verschollene Peter ist nicht tot, oder besser gesagt zumindest nicht ganz tot! Schau nicht zurück! Renne um dein Leben!"

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