ONCE IN A BLUE MOON

Hallo und herzlich willkommen zu »Blutrache – Walthers Aufstieg«!

Schön, dass ihr hierher gefunden habt. Bevor es mit dieser bissigen Geschichte losgeht, möchte ich noch ein paar Worte darüber verlieren.

Bei »Blutrache« handelt es sich um einen Ableger meines Romans »Once in a Blue Moon – Marias übernatürliche Tagebücher«. Er zeichnet den Weg des Antagonisten Walther nach. »Blutrache« liefert demnach spannende Hintergründe zu diesem Charakter und beantwortet auch ein paar Fragen. »Blutrache« kann aber als eigenständiges Werk gelesen werden, da die Handlungen zu diesem Zeitpunkt noch nichts miteinander zu tun haben.

Dennoch möchte ich euch an dieser Stelle eine kleine Leseprobe zu »Once in a Blue Moon« dalassen. Viel Spaß beim Lesen und Stöbern wünscht

Nathalie Rose Hawthorne


Auszug aus dem 2. Kapitel »BRAUCHEN SIE EIN TASCHENTUCH?« von "Once in a Blue Moon - Marias übernatürliche Tagebücher // (Band 1):


~ 18. Januar 2018 ~

LIEBES TAGEBUCH,

Als ich am diesem Morgen aufwachte, war es mal wieder Donnerstag. An Donnerstagen musste ich immer etwas früher aufstehen als sonst, wegen des allwöchentlichen Pressegesprächs im Rathaus. Diese Tage waren auch so schon schlimm genug, aber gerade heute hatte ich noch weniger Lust, das Haus zu verlassen. Es tobte nämlich dieser heftige Sturm übers Land, den die Meteorologen Friederike getauft haben. Ich hatte früher in der Grundschule eine Friederike in meiner Klasse. Ich konnte sie nicht ausstehen und sie mich nicht. Dieser Tag versprach also nichts Gutes zu bringen.

Aber es nutze nichts. Die Pflicht rief. Punkt 7:30 Uhr trat ich aus der Haustür und mutig dem Sturm entgegen.

Ich kam kaum voran und der Wind heulte sehr laut. Ich sah und hörte dadurch nur sehr eingeschränkt. Doch ich hatte es ja gleich geschafft. Es war der dritte und letzte Abschnitt des Alleenrings, einem parkähnlich angelegten Rundweg, der sich durch Eichenstedt zog und gleichzeitig mein Weg zur Arbeit darstellte. Bis zum Funkhaus lagen noch etwa 200 Meter vor mir. Doch dort sollte ich an diesem Morgen nicht mehr ankommen.

Alles, an was ich mich noch erinnern konnte, war, neben dem Sturmgeheul, ein weiteres lautes Geräusch gehört zu haben, welches immer näher kam. Ich wollte noch schauen, was es war, dann wurde bereits alles dunkel und ich wusste von nichts mehr.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich unter einer Menge Äste und Zweige begraben. Verschwommen nahm ich die Silhouette eines fremden Mannes wahr, der sich über mich beugte. Erst allmählich erkannte ich seinen besorgten Gesichtsausdruck.

»Was ist denn passiert?«, stammelte ich undeutlich und erkannte dann, dass der Mann eine blutende Wunde auf der Stirn hatte.

Er murmelte ebenfalls unverständliches Zeug, von wegen, es täte ihm leid und ob es mir gut ginge. Dabei hielt er eine Hand vor seine Platzwunde, um das heruntertropfende Blut damit auffangen zu können.

Blut.

Als ich langsam etwas mehr zur Besinnung kam, bemerkte ich, dass ich den Geschmack von Blut im Mund hatte. Bin ich auch verletzt?, fragte ich mich. Ich tastete mein Gesicht vorsichtig ab, konnte aber keine Wunde ausmachen. Dennoch war etwas Blut an meinem Kinn.

Sein Blut.

Ich selbst war unverletzt und fühlte mich auch so. Ich hatte keine Schmerzen, war nur etwas neben der Spur, obwohl genau neben mir ein dicker Ast lag, an dem ebenfalls Blut klebte. Eine ganze Menge Blut. Es konnte nicht von dem Mann stammen, seine Wunde war zu klein dafür. Gibt es noch mehr Verletzte? Liegt noch jemand unter diesem verdammten Baum, der nichts Besseres zu tun hatte, als umzukippen, wenn ich gerade daran vorbeigehe?

Ich fasste mich nun langsam an den Hinterkopf, um nochmals zu überprüfen, ob es nicht doch mein Blut sein konnte. Dann erschrak ich zunächst fürchterlich, als ich an meinen Haaren eine ganze Menge frisches Blut vorfand. Aber da ist keine Wunde. Oder doch? Zunächst nahm ich an, dass ich durch den Schock keinen Schmerz fühlte, aber da war nichts, was hätte wehtun können. Mein Kopf war völlig heil. Von außen betrachtet jedenfalls. Welchen inneren Schaden ich davon getragen hatte, konnte ich nicht ahnen.

Ist es also nicht mein Blut? Ist hier doch noch eine weitere Person von dem Baum erschlagen worden? Ich begann mich umzusehen und wühlte mich durch die trockenen Äste und Zweige. Doch außer dem Mann, der nun ein zerbeultes Fahrrad unter dem Baum hervorzog, war niemand weiter zu sehen.

»W- wie geht es Ihnen? Ma- mein Handy ist zerbrochen, i- ich kann keine Hilfe rufen. Bla- bleiben Sie liegen.« Der Radfahrer taumelte leicht und blickte mit weit aufgerissenen Augen zwischen mir, dem Baum und seinem Fahrrad hin und her.

Er schien unter Schock zu stehen. Im Gegensatz zu mir. Ich fühlte mich seltsam gesund und war anscheinend unverletzt. Aber gleichzeitig fühlte ich mich alles andere als normal. Da war etwas, was ich mir nicht erklären konnte. Ich sollte daran denken, dem Mann zu helfen. Er war verwirrt und verletzt. Aber all meine Gedanken fingen an, sich um den Geschmack des Blutes zu drehen, welches aus Versehen aus der Platzwunde des Mannes in meinen Mund getropft war. Ich schmeckte das metallisch-salzige Aroma auf meiner Zunge und sah das Blut über das Gesicht des Fremden laufen. Es zog mich auf unerklärliche Weise an, als sei es ein Pralinenkasten. Ich konnte nicht mal mit Gewissheit sagen, ob ich diesen Blutgeschmack besonders lecker fand oder doch eklig, wie es hätte sein müssen. Ich war wie in Trance, hörte schon kaum noch zu, was der Typ alles erzählte. Ich konnte nur noch an sein Blut denken.

Als er sein kaputtes Fahrrad unbeholfen an den Wegesrand abgelegt hatte, kam er wieder auf mich zu geschwankt und stützte sich mit seiner blutverschmierten Hand auf meine linke Schulter ab, zog sie jedoch schnell wieder zurück und machte ein schuldbewusstes Gesicht.

»Oh, weh. Jetzt habe ich Sie noch mehr mit meinem Blut versaut, verzeihen Sie bitte. Brauchen Sie ein Taschentuch?«, stammelte er erneut vor sich hin und begann zitternd in seiner Jackentasche herumzukramen.

»Schon gut. Kein Problem«, antwortete ich ihm emotionslos und wie hypnotisiert.

Dann verspürte ich den seltsamen und für mich komplett widerlichen und unbegreiflichen Drang, das Blut erneut zu probieren. Dieser Gedanke verwirrte mich, ängstigte mich, aber der Geruch des roten Lebenssafts stieg mir unablässig in die Nase. Mit zitterndem Zeigefinger strich ich nun über die Blutflecken, die der Fremde auf meinem Mantel hinterlassen hatte, und betrachtete meine blutrot gefärbten Finger eine Weile. Dann gab ich dem unnatürlichen Verlangen schließlich nach, führte meine Finger zu meinem Mund und leckte sie ab.

Der Radfahrer bemerkte dies und schaute mich entgeistert an. Doch ich fühlte mich immer mehr wie im Rausch. Mein Herz schlug schneller und ich verspürte einen Hunger, den ich zuvor nicht gekannt hatte. Ich strich nun mit der ganzen Hand über meine linke Schulter und leckte auf diese Weise auch das restliche Blut ab. Ich kann gar nicht in Worte fassen, was ich in diesem Moment alles empfand. Auf eine Art ekelte es mich furchtbar an, was ich da tat, ich würgte, und dennoch erfüllte es mich mit einer nie da gewesenen Freude. Es war herrlich.

Ich wollte mehr.

Mehr Blut.

Das Blut dieses Mannes.

Langsam versuchte ich aufzustehen und kam auf den Fremden zu, der mich nun nicht mehr verwirrt, sondern zutiefst verängstigt und fassungslos anstarrte.

Er tat mir leid, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich war wie ferngesteuert, konnte nicht mehr klar denken.






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