ꕤ Kapitel 16 ꕤ

𝓐𝓾𝓯 𝓜𝓮𝓼𝓼𝓮𝓻𝓼- 𝓾𝓷𝓭 𝓓𝓪𝓬𝓱𝓮𝓼𝓼𝓬𝓱𝓷𝓮𝓲𝓭𝓮
𝓔𝓲𝓷𝓪𝓻
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𝓡𝓪𝓼𝓮𝓷𝓭𝓮 Wut erfasste Einar und er trat wie wild mit seinen Krallen um sich, woraufhin der Soldat ihn schreiend losließ. Er wollte sich auf den Lord stürzen, doch dann sah er, dass einer der Soldaten Jerelyn geschnappt hatte. Er hielt sie fest und hatte eine Hand am Hals, bereit ihn jeder Zeit umzudrehen. Der Kater hielt inne.

Er würde es sich nie verzeihen, wenn Jerelyn seinetwegen sterben würde.

Er trottete zu George hinüber und ließ sich brav an seiner Seite nieder.
Lord Wincanton klopfte sich die Hände an seinem Mantel ab.
„Das wäre erledigt. Gibt es irgendwelche freiwilligen Probanden?"
Niemand meldete sich.

„Schade, dann müssen wohl alle meine Versuchstiere sein. Außer du mit der Krähe und du mit den schwarzen Haaren. Alle anderen, herkommen", kommandierte er in herrischem Ton.
Zum Teil zitternd kamen seine Männer auf ihn zu. Alle knieten mit geöffnetem Mund nieder.
Der Hausherr kippte ihnen einen kleinen Schluck in den Rachen und befahl ihnen aufzustehen.

Der Reihe nach durchstach er sie mit seinem Dolch und sie klappten zusammen. Der letzte von ihnen schrie laut auf und fasste sich an den Kopf, bevor ein gezielter Stoß sein Leben beendete.
Das triumphierende Lächeln in seinem Gesicht wich einer wütenden Fratze, als keiner der Männer sich wieder lebendig erhob.
Zornig stieß er einen Leichnam vom Dach, den man dumpf auf den Boden klatschen hörte.

Der Lord schaute zu ihnen hinüber und Einar gefror das Blut in den Adern.
Das Lächeln war in sein Gesicht zurückgekehrt, doch es war gezeichnet von Wahnsinn und Hohn.
„George, mein Lieber, sieht so aus, als hättest nun auch du die Ehre, ein Teil dieses weltverändernden Projektes zu werden."

Einar konnte George ansehen, wie geehrt er sich fühlte. Er war kreideweiß und zitterte am ganzen Körper. Die Wache schubste ihn vorwärts, auf Lord Wincanton zu.

„Richte Anne schöne Grüße von mir aus, wenn du sie siehst. Sag ihr, dass sie unserem Projekt eine große Hilfe gewesen ist"
Die Art, wie der Lord redete, widerte Einar an. Man spürte, dass er seine Machtposition voll und ganz genoss und ausnutzte.
Der Lord zwang George in die Knie und positionierte ihn direkt am Dachrand. Er holte mit dem Dolch aus, aber hielt mitten in der Bewegung inne.

𝓦𝓪𝓼 𝓰𝓮𝓱𝓽 𝓭𝓮𝓷𝓷 𝓿𝓸𝓻?

Die Hand mit dem Dolch in der Hand begann zu zittern und schließlich fiel dieser klackend zu Boden.
„Herr, ist alles in Ordnung?" Der Soldat, der George festgehalten hatte, eilte an die Seite des Lords und erstarrte ebenfalls.

𝓦𝓪𝓼 𝓼𝓮𝓱𝓮𝓷 𝓼𝓲𝓮, 𝓭𝓪𝓼 𝓲𝓬𝓱 𝓷𝓲𝓬𝓱𝓽 𝓼𝓮𝓱𝓮?

Einar und die Wache mit Jerelyn in der Hand hatten denselben Einfall, denn sie eilten zeitgleich zum Dachrand, wo der Mann aufschrie und die Krähe losließ.

Cassias toter Körper wurde an unsichtbaren Seilen in die Höhe gezogen, wobei ihre Augen noch geschlossen waren.
„Unmöglich"
George nutzte, wenn auch zitternd, die Ablenkung und schnappte sich den Dolch. Mit diesem in der Hand ging er — Cassia fest im Blick — langsam rückwärts, bis er hinter dem Lord stand.

Er nickte Einar zu. Sollte der Lord auch nur irgendwelche Anstalten machen zu fliehen oder
sich wieder an Cassia zu vergreifen, würde George sein Bestes tun, ihn davon abzuhalten.

Cassias Leichnam flog über den Dachrand und an den Männern und Einar vorbei. Knochen knackten und einige Gelenke schoben sich zurück in ihre ursprüngliche Position.
Der Körper wankte noch unnormal steif.
Angeekelt und geschockt starrten die Männer die Leiche an, in die wieder Leben zu kommen schien.

Einar nutzte ihre Unaufmerksamkeit und schlich zu George hinüber. Jerelyn brachte Abstand zwischen sich und die Soldaten sowie den Lord.
Für einen möglichen Angriff waren sie vorbereitet.
Wie er das Schauspiel beobachtete, fiel bei Einar der Groschen.

𝓤𝓽𝓸𝓹𝓪...

Cassia hatte ihren Körper beinahe zurückgewonnen. Ihre Muskeln strafften sich und sie öffnete die Augen, in denen neben Verwirrung Wut loderte.

„Wie? Wie ist das möglich?"
Cassia legte den Kopf schief, woraufhin ihr Hals knackte. Sie wirkte noch etwas unsicher auf den Beinen.

𝓣𝔂𝓹𝓲𝓼𝓬𝓱 𝓐𝓷𝓯𝓪̈𝓷𝓰𝓮𝓻

„I-ich weiß es nicht", gestand sie und schaute an sich hinab.
Lord Wincanton ballte die Fäuste.
„Mir ist egal, wie oft ich dich töten muss, um an mein Ziel zu kommen. Ergreift sie"
„Nicht so eilig!"

George hatte vom Fürst Ziegel gelöst und holte mit ihnen aus.
„Das ist für Cassia"
Mit diesen Worten schleuderte er Ziegel für Ziegel auf die Wachen, die er an Armen, Beinen und auch am Kopf traf. Der eine, den der mutige Mann an der Schläfe getroffen hatte, klappte sofort in sich zusammen. Der Andere wankte benommen rückwärts, stolperte über einen der Toten und fiel schreiend vom Dach.

Lord Wincanton nahm grinsend einen Schluck von seinem Blutgemisch und für einen kurzen Moment färbten seine Augen sich rot.
„Die geballte Kraft der Hölle geg-" George hatten den Dolch gezielt in seine Brust geworfen.

„Glaubst du wirklich, ein Dolch könnte mich aufhalten?" Er lachte schallend, aber dieses Lachen verstarb, als schwarze Adern sich auf seinem Gesicht ausbreiteten.
„Was zum? Was hast du mit dem Messer gemacht?"

„Er hat nichts damit gemacht." Schwankend trat Einar vor, dessen Augen ebenfalls rot waren. „Aber ich."
„Der Fluch der schwarzen Katze", hauchte Jerelyn und landete neben ihm, als er zusammensank.

„Ein stolzes Erbe der Divinai-Dynastie" Einar spuckte Blut aus. „Für irgendetwas muss es doch gut sein, meine Abstammung."
„Aber Einar, bist du dir sicher, dass du es überleben wirst?" Jerelyn hüpfte ganz an seinen Kopf.
„Nein, das weiß ich nicht. Aber er wird definitiv nicht glimpflich davonkommen"
Abwertend deutete er auf den Lord, der sich krümmte.
„Das ließe sich allerdings beschleunigen."
„Was geht hier vor?", fluchte der Hausherr, doch er wurde ignoriert.

Cassia war inzwischen auch an Einars Seite und strich ihm über den Kopf. Er ließ es zu.
„Was meinst du? Was ist der Fluch der schwarzen Katze?"
„Ich habe meine Lebenskraft mit seiner verbunden. Für jede Fähigkeit, jedes Blut, das er verliert, wird mir Energie genommen. Das können zwei oder auch sechs Katzenleben
sein." Einar keuchte und rang nach Luft.

„Aber du kannst es beschleunigen, indem du ihn vom Dach stößt. Jerelyn wird dir ein Zeichen geben. Ich glaube an dich. Du schaff..."
Seine Augen schlossen sich für das erste Mal.
Nur einen Augenblick schlug er sie wieder auf.

„Ich heule gleich, so rührend ist das", kam es stoßweise von Lord Wincanton.
„Ruhe, du hast hier nichts mehr zu melden", donnerte Cassia, Tränen rannen ihr die Wangen hinab.
Einar kämpfte damit, seine Augen offen zu halten. Alles in ihm schrie ihn an, dass es eine absolut dumme Idee war, den Fluch zu wirken.

𝓦𝓮𝓷 𝓲𝓬𝓱 𝓼𝓬𝓱𝓸𝓷 𝓼𝓽𝓮𝓻𝓫𝓮, 𝓭𝓪𝓷𝓷 𝔀𝓮𝓷𝓲𝓰𝓼𝓽𝓮𝓷 𝓫𝓮𝓲 𝓶𝓮𝓲𝓷𝓮𝓷... 𝓕𝓻𝓮𝓾𝓷𝓭𝓮𝓷. 𝓥𝓲𝓮𝓵𝓵𝓮𝓲𝓬𝓱𝓽 𝓫𝓲𝓼 𝓫𝓪𝓵𝓭, 𝓞𝓹𝓱𝓮𝓵𝓲𝓪

Ein weiteres Leben verließ seinen Körper.
Eine große, weiße Drei leuchtete vor seinem inneren Auge auf.
Er stupste Jerelyn schwach mit einer Pfote an. Sie nickte und gab Cassia ein Zeichen.

Zitternd — ob vor Angst oder Wut konnte Einar nicht sagen — bewegte sich die Jugendliche auf den Lord zu, dessen Grinsen vom Schmerz verzerrt worden war.
„Ich möchte dir ein Angebot machen" Der Hausherr rang sich ein Lächeln ab. „Du darfst das hier trinken" Er deutete auf das noch halb leere Becherglas mit dem Blut. „Und ich verschaffe dir die nötigen Kontakte, um dir die Macht zu geben, die dir zusteht. Die Welt unterschätzt dich. Daraus solltest du einen Vorteil schlagen."

„Nein, tu es nicht" George war aufgestanden, bereit einzugreifen.
Aber die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lords galt Cassia. „Denk nur daran, wie viel Macht du hättest. Alle würden dich respektieren. Deine Nachbarn. Der Adel. Sogar der König. Niemand würde dich misshandeln und du könntest alle deine Träume erfüllen. Ich werde dich selbstverständlich unterstützen."

Er schob ihr das Becherglas zu.
„Stell es dir vor. Deine Gemälde im Louvre in Paris. Dein Name wird in einem Atemzug mit Künstlern wie Leonardo da Vinci und Rembrandt genannt. Ich habe Freunde in den hohen Kreisen Europas. Viele einflussreiche, potentielle Förderer."

Cassia streckte zögernd den Arm nach dem Gefäß aus. Sie schien tatsächlich an dem Gedanken Gefallen zu finden.
Kurz vor dem Becherglas hielt sie inne.
Schließlich ergriff sie das Gefäß mit festem Griff.
„Cassia, nicht" George eilte zu ihr.

Sie hob das Glas an ihre Lippen.
Sie kippte es.

𝓝𝓮𝓲𝓷, 𝓭𝓪𝓼 𝓭𝓪𝓻𝓯 𝓼𝓲𝓮 𝓷𝓲𝓬𝓱𝓽

Hilflos sah Einar zu Jerelyn hinüber, die ebenso geschockt war.
Irgendwie konnte Einar Cassia auch verstehen. Die Menschen in ihrer Kleinstadt hatten sie zum Teil wie Dreck behandelt und ausgegrenzt. Am Ende hatte diese eine fiese Frau sie sogar an die Vereinigung verraten und somit sie praktisch auf den Scheiterhaufen gestellt.

Ihre Familie liebte sie zwar über alles, aber hatte sie nie ihre Talente ausleben lassen und ihre Träume verfolgen. Cassia hatte ihnen auf einer ihrer Pausen zwischen Utopas Haus und Stratford das Herz ausgeschüttet.

Die Einzige, die sie wirklich so angenommen hatte, wie sie war, war ihre beste Freundin Ann gewesen. Diese war allerdings an der Seuche verstorben und dann hatte man ihr die Schuld dafür in die Schuhe geschoben.

Cassia hatte sich gänzlich verlassen und einsam gefühlt. Einar schämte sich, dass er sich dermaßen furchtbar benommen hatte und dadurch ihre Gefühle verletzt hatte. Auch er hatte lernen müssen, dass man hinter Arroganz nicht alles verbergen konnte.

Trotz all dem, was sie hatte erleiden müssen, hatte Cassia im Gegensatz zu ihm ihre Freundlichkeit bewahrt. Sie hatte sich um andere gekümmert und war für sie da, auch wenn es ihr selbst nicht gut ging.
Sie war ein so herzensguter Mensch, den die meisten Menschen gar nicht verdient hatten.
Den er nicht verdient hatte.
Dennoch hoffte er, dass sie sich nicht von den honigsüßen Worten des Lords überzeugen hatten lassen.

Cassia nahm das Gefäß gerade von ihren Lippen und Einar atmete erleichtert auf.
Sie ließ den Blick über das Dach schweifen. Sie blickte sie alle einzeln an.
Ihre grünen Augen voller Entschlossenheit.
Mit aller Kraft schmiss sie das Becherglas zu Boden und näherte sich dann dem Hausherrn, der sie enttäuscht anstarrte.
„So viele Möglichkeiten und du wirst sie weg."

„Ich will und werde nicht deine Sklavin sein. Ich habe mir zu lange von anderen sagen lassen, wer ich zu sein habe. Damit ist Schluss. Nur ich entscheide über mich und niemand sonst."
Sie legte ihm eine Hand auf die Brust.
„Na los, beende es", feuerte Lord Wincanton sie gehässig an.
Cassia zögerte und Einar wusste genau, was in ihrem Kopf vor sich ging.
Jemanden abgrundtief zu verabscheuen war das eine. Jemandem das Leben zu nehmen etwas komplett anderes.

„Lass mich das machen" George nahm sacht, aber bestimmt ihre Hand weg und fixierte den Hausherren.
„Das ist für meine Schwester"
Er stieß den Lord kraftvoll vom Dach, dessen irres Lachen erst von seinem Aufprall beendet wurde.
„Danke" Cassia umarmte ihn und er erwiderte ihre Umarmung.

Die Last, wenn man ein Leben beendet hatte, wog nicht auf Cassias Schultern.
Und auch die Last des Fluches lag nicht mehr auf seinen Schultern, denn er spürte, dass das Blutsband nachließ.

Dennoch fühlte er sich... schwach. Aber das war auch in Ordnung.
Denn keiner seiner... Freunde verurteilte ihn dafür.

Einar hievte sich auf die Pfoten, unterstützt von Jerelyn.
„Das war... sehr mutig von dir"
Cassia noch unsicher von ihrer unverhofften Wiederkehr kam, einen Arm um George, auf sie zu.

„Und jetzt?" Schweiß ran Georges Stirn hinab. Sein Arm zitterte ein wenig.
„Jegliche Kopie vernichten und seine Unterlagen an das Parlament weitergeben. Im Zweifelsfall das Gutshaus auf die Grundmauern niederbrennen?", schlug Jerelyn vor.
„Etwas essen?", bat Einar, dessen Magen wie zur Bestätigung knurrte.
Wie wäre es mit beidem?" Cassia lächelte.
„Abgesehen von dem Feuer", fügte George hinzu.

Sie kletterten durch das Fenster ins Gut, hinter dem langsam die Sonne aufging. So von den Strahlen erleuchtet hätte man vermuten können, dass das Haus in Flammen stand.
„Das könnte dein neues Zuhause werden, sobald wir dem ganzen Viccamale Spuk ein Ende gesetzt haben."

Einar hatte sich dazu abgerungen, Cassia zu beten, ihn ins Innere zu tragen, denn sein Körper fühlte sich zu schwer für seine Pfoten an. Er sehnte sich nach Schlaf, seinem weichen Kissen. Nach dem Kreischen der Möwen, dem Rauschen der Wellen.
Aber er wollte auch hierbleiben.
Hier bei Freunden, die für ihn da waren.
Hier bei Jerelyn, George und Cassia.
„Ja, vielleicht. Eine neue Heimat"

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