Kapitel 25
Es vergingen Tage, Wochen und schließlich drei Monate.
Der Winter hatte auf die Insel Einzug gehalten, auch wenn Rina diesen kaum als solchen erkannte. Es war kühler, aber Schnee fiel nicht. Dafür regnete es ständig.
Das machte es ihr nicht gerade leicht, ihrem Alltag nachzugehen.
Für sich hatte sie entschieden die Übungen, die Deamon ihr beigebracht hatte, weiter zu machen und sie war mittlerweile richtig gut darin.
Auch hatte sie mittlerweile ein ganz anderes Körpergefühl. Sie fühlte sich wohl und das, obwohl die Schemen um sie herum viel öfter Gestalt annahmen, als sie es gewohnt war.
Von Angelica war seit Deamons Abreise nichts mehr zu sehen, dafür hatte sie Astaron kennengelernt.
Er hielt sich in einen der vielen, ziemlich verwilderten Innenhöfe auf und Rina besuchte ihn mittlerweile täglich, um dort ihre Übungen zu machen.
Ein Klopfen riss Rina aus ihren Gedanken und sie wandte den Blick von dem strömenden Regen ab, um zur Tür zu gehen.
Als sie diese öffnete, blickten ihr warme, grüne Augen entgegen. Das blonde Haar war locker hochgesteckt und das schlichte, beige Kleid umschmeichelte ihre Figur sanft. »Linnia«, sagte Rina erstaunt, die mit Iniris gerechnet hatte. Da sich das Dienstmädchen aber um alle Haremsdamen kümmerte, was es nicht mehr so seltsam, sie nur selten anzutreffen. Allerdings war es Frühstückszeit.
»Ich wollte dich fragen, ob du mit essen kommst«, sagte Linnis, die nach Rinas Händen griff und sie auffordernd ansah.
Rina zögerte einen Moment. Noch immer fühlte sie sich reichlich unwohl, wenn sie mit den anderen Frauen im Speisesaal aß, doch sie konnte sich nicht für immer verstecken. Außerdem war es nicht das erste Mal, dass Linnia sie darum bat.
Rina hatte ihre Räumlichkeiten bei einer ihrer Erkundungen entdeckt. Sie war mehr oder weniger hineingestolpert und dann hatte Linnia sie nicht wieder gehen gelassen.
Als Rina klar geworden war, dass diese vermutlich einsam war, hatte sie begonnen, sie immer wieder zu besuchen. Dadurch hatte sie von ihrem Unfall und den Problemen in ihren Beinen erfahren, doch diese schienen mittlerweile gut genug verheilt, dass sie wieder durch das Schloss streifen konnte.
»Ich zieh mir kurz etwas drüber«, erwiderte Rina mit einem Lächeln, woraufhin Linnea ihre Hände von ihr löste, aber eintrat. Fast so als würde sie damit sichergehen wollen, dass Rina es sich nicht anders überlegte.
»Machst du deine Übungen gestern gar nicht?«, wollte Linnea wissen, die sich auf dem Sofa an der Tür niederließ, während Rina nach hinten ging, um sich umzuziehen.
»Es regnet zu viel«, rief sie Linnea zu. Der Innenhof grenzte an ihre Zimmer und war daher gut einzusehen, weshalb Linnea die einzige Zuschauerin war, die sie hatte. Dadurch war Linnea auch diejenige, die von ihren Selbstgespräche oder Imaginären Freunden, wie Linnea sie bezeichnete, erfahren hatte. Sie hatte Rina dabei aber nie das Gefühl gegeben, deshalb seltsam oder anders zu sein. Im Gegenteil. Sie war sogar sehr interessiert.
Rina kam wieder zu strich das weiße Kleid glatt, das Ileana ihr vor einigen Tagen angefertigt hatte, weil kein anderes mehr passen wollte. Dabei hatte sie nicht wirklich zugenommen, doch ihre Brüste waren gewachsen und auch generell war sie ein Stück gewachsen, auch wenn sie selbst es gar nicht wahrnahm. Wären die Kleider nicht, hätte sie es nicht bemerkt. Allerdings war ich auch aufgefallen, dass sie ein ganz anderer Mensch geworden war. Das kleine, zerzauste Mädchen war Geschichte und wenn sie in den Spiegel sah, blickte ihr eine elegante Frau entgegen. Etwas, womit sie nie im Leben gerechnet hätte.
»Schön siehst du aus«, strahlte Linnea, sie ser Grund dafür war, dass Rina dieses Kleid besaß. Wenn es um Mode ging hatte sie einen interessanten Geschmack und werkelte gern mit Ileana. Beide verstanden sich prächtig und gegen sie hatte Rina keine Chance gehabt.
»Danke. Wir können gehen«, lächelte sie, was Linnea dazu veranlasste, sich bei Rina einzuhaken. Es war immer angenehm, sie an ihrer Seite zu haben, denn Rina fürchtete sich ein wenig vor den Blicken von Nanako. Sie war nicht gut auf Rina zu sprechen, doch diese verstand nicht wieso. Bis Deamon gegangen war, war sie ihr nie begegnet und auch danach hatte sie nichts getan, wofür sie ihre Abneigugn verdient hätte.
Aber Rina machte sich darüber auch nicht so viele Gedanken.
Gemeinsam schlenderten sie durch die Gänge, die wie immer recht leer waren.
Rina hatte erfahren, dass dieses Schloss getrennte Bereiche hatte. Dieser hier gehörte Deamon und weinen Frauen. Nur nach Aufforderung hatte man hier Zutritt. Die anderen lebten in der anderen Hälfte. Laut Linnea sollte es dort sehr geschäftig zugehen. Rina fiel es schwer, das zu glauben.
»Asatra meinte, sie wolle heute ihren Gulasch machen«, sagte Linnea, als sie die Tür zu einem Speisesaal öffnete.
Eigentlich hatte Rina erwartet, die anderen Frauen bereits vorzufinden, doch er war leer. Nicht einmal die schemenhafte Gestalt von Cirinna, die immer bei Nanako war, war zu sehen.
»Seltsam«, bemerkte Linnea, die dennoch auf den Tisch zu ging. »Aber auch gut. Dann essen wir allein.«
Rina wollte gerade schauen, was es heute gab, indem sie die Wärmeglocke hochhob, da erkannte sie im Augenwinkel einen Schemen, der recht schnell Gestalt annahm.
Es dauerte einen Augenblick, bevor Rina Angelica erkannte. Sie schenkte ihr ein Lächeln, das erwidert wurde. »Er ist wieder zuhause«, sagte sie, bevor sie sich wieder abwandte und durch eine Wand verschwand.
Rina brauchte keinen Moment, um zu verstehen, dann wandte sie sich an Linnea. »Deamon ist zurück.«
In Rina toben die Gefühle. Sie freute sich sehr, dass er wieder da war, auch wenn sie nicht genau wusste, warum. Sie hatte ihm vermisst, auch wenn sie noch nicht sonderlich viel Zeit miteinander verbracht hatten. Dennoch hatte sie immer wieder von dem Ausflug in den Wald geträumt. Das Gefühl, als Dramon sie biss, trieb ihr noch immer die Röte ins Gesicht. Ob es ihn gut ging?
»Er ist wieder da?«, schnappte Linnea aufgeregt, ohne zu hinterfragen, woher Rina das wusste.
»Du solltest gehen. Er freut sich bestimmt, dass es dir besser geht«, sagte Rina, die unsicher war, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Es fühlte sich falsch an, loszurennen wie ein verliebter Welpe. Dabei wollte sie das tun. Sie wollte sich überzeugen, dass es ihm gut ging.
Linnea griff Rinas Hände, wie sie es oft tat, als würde sie so ihre Nähe suchen. »Was ist mit dir?«, fragte sie besorgt und musterte Rina.
Diese lächelte. »Ich komme nach«, versprach sie, denn sie wollte sich auf gar keinen Fall vordrängen. Die anderen hatten einen viel älteren Anspruch. Sie waren seine Frauen. Rina fühlte sich noch immer wie ein Besucher, aber wenigstens nicht mehr wie ein Eindringling.
Linnea verzog den Mund und drückte ihre Hände. »Versprich, dass du dazu kommst«, sagte sie drängend und mit einem Blick, den Rina nur selten widerstehen konnte.
»Das werde ich, sobald jeder von euch Zeit hatte, ihn zu begrüßen.«
Nur widerwillig löste sich Linnea von Rina. »Wehe, du kommst nicht. Dann petze ich ihm, dass du eine Affäre hast«, warnte sie.
»Hab ich doch gar nicht«, erwiderte Rina entsetzt. Wie sollte sie hier such fremd gehen?
Linnea lachte leise. »Damit hast du zu gegeben, dass da was zwischen euch läuft«, neckte sie, lief aber bereits hinaus und ließ Rina zurück. Vermutlich, um keine Möglichkeit auf ein Gegenargument zu geben.
Rina blieb in den leeren Raum zurück, während ihr Herz unruhig flatterte.
Wie sollte sie ihm nur gegenübertreten?
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