Samstag, 09.08.1879 (1)
Annabeth' Petroleumleuchte war die einzige Lichtquelle, doch auch, wenn sie die Umgebung nur spärlich erhellte, reichte sie aus, um mir zu zeigen, was die junge Hamilton all die Monate lang vor uns verborgen hatte. Während eine Hand die Lampe hielt, hielt die andere einen runden Bauch, der unmissverständlich von einer fortgeschrittenen Schwangerschaft zeugte.
In der uns von allen Seiten umfassenden Dunkelheit, die lediglich vom gedimmten, ölgespeisten Licht durchbrochen wurde, erschien mir diese Erkenntnis zunächst absolut unwirklich. Annabeth stand dort vor mir, mitten in der Nacht, obwohl sie eigentlich in London sein sollte und noch dazu war sie schwanger.
Mit vor Überrumpelung geöffnetem Mund starrte ich sie an, abwartend, was sie als nächstes tun würde, denn ich war nicht dazu in der Lage mich auch nur ein Stück weit zu rühren.
„Evelyn, du musst mir helfen", wiederholte Annabeth ihre Bitte mit brüchiger Stimme.
Noch immer wusste ich nicht, was zu tun war.
„Bitte." Noch eindringlicher. Schmerzerfüllt, sodass mir fast schon wehtat, es mit anzuhören. „Es kommt viel zu früh. Ich weiß nicht, was ich tun soll."
Das hier war kein Nachtmahr, der mich heimsuchte. Es war Wirklichkeit.
Mit einem Mal war ich hellwach. Die Dumpfheit, die mich in den letzten paar Stunden der Schlaflosigkeit nach und nach ereilt hatte, fiel von mir ab, meine sich immer und immer wieder im Kreis drehenden Gedanken rückten in den Hintergrund und ließen mich mit einem klaren Blick auf die sich vor meinen Augen abspielende Situation zurück.
„Komm herein", murmelte ich und es hörte sich nicht nur so an, als kämen diese Worte aus einem fremden Mund, sondern es fühlte sich auch so.
Ich trat zurück, ließ Annabeth durch die offene Tür treten und schloss sie hinter ihr.
„Es kommt zu früh", wimmerte Anna, nicht direkt an mich gerichtet, sondern eher zu sich selbst, als könne sie nur so begreifen, was es bedeutete – oder es womöglich abwenden.
Annabeth trug eine weite Jacke, eindeutig Umstandsmode, wenn auch welche, die schon einige Jahre alt zu sein schien. Darunter schaute ein Nachthemd hervor, ähnlich dem, das ich gerade am Leib hatte, schlicht und weiß und absolut ungeeignet, um es außerhalb des Schlafzimmers zu tragen.
Wie ein Geist stand sie vor mir. Ein Geist, der kurz davor war, ein Kind zu gebären.
„Ich gehe deine Mutter holen", sagte ich schließlich, weil es mir am vernünftigsten erschien, um ihr die Hilfe zu gewähren, nach der sie verlangt hatte.
Wieso ausgerechnet war sie zu mir gekommen?
Annabeth schüttelte vehement den Kopf, so als stecke sie all ihre Kraft in diese Geste. „Nein, sie darf hiervon nichts erfahren. Bitte."
Was tat ich hier nur? Was würde ich tun?
Fragen stürzten über mich ein, deren Antwort ich händeringend suchte, doch es war nicht die passende Zeit, um sie zu stellen. Wie kam Annabeth hierher? Wie war es ihr gelungen, ihre Schwangerschaft so lange zu verbergen und weswegen hatte sie es überhaupt getan?
„Annabeth...", begann ich, in der Hoffnung, mir würden sinnvolle Worte in den Sinn kommen, doch sie unterbrach mich ohnehin.
„Niemand darf davon erfahren, hörst du? Sie werden es mir wegnehmen. Deswegen konnte ich es niemandem sagen, nicht einmal Theo. Und jetzt kommt es und es ist noch viel zu früh. Evelyn, ich weiß nicht, was ich tun soll."
Verloren stand sie immer noch in der Mitte meines Zimmers, eine schwach leuchtende Petroleumlampe in der Hand und es kam mir vor, als würde sie von Sekunde zu Sekunde an Gesichtsfarbe verlieren, sodass die Mischung aus Angst und Manie, welche ihre Züge zeichnete, noch intensiver in den Vordergrund trat. Ich fürchtete, sie könnte jeden Augenblick zusammenbrechen.
Ich selbst fand mich gefangen zwischen dem Drang, jemand anderen zu holen, der Annabeth helfen konnte und dem Erfüllen ihrer Bitte, genau dies nicht zu tun, wieder. Wie zur Salzsäule erstarrt verharrte ich neben der verschlossenen Tür.
Die Zeit war wie eingefroren, als wir beide dastanden, uns nicht rührten und darauf warteten, dass etwas kam und uns aus dem einer Trance ähnlichen Zustand riss, in welchem wir beide verweilten, während wir einander betrachteten, darauf angewiesen, dass die andere bestimmte, was als nächstes zu tun war.
Bevor jedoch eine von uns die nötige Entscheidungskraft aufbringen konnte, sah ich auf einmal wie Annabeth ihr Gesicht verzerrte, so als schüttle sie ein heftiger Schmerz. Eine Wehe.
Es dauerte nur einen Augenblick, da war ich zu ihr geeilt, und griff ihren Arm, um sie zu stützen, sollten ihre Beine unter ihr nachgeben. Als ich sie jedoch dazu bringen wollte, sich hinzusetzen, protestierte sie.
„Ich kann mich jetzt nicht setzen."
„Unsinn", widersprach ich.
„Wenn ich mich jetzt hinsetze, weiß ich nicht, ob ich mich dazu überwinden oder überhaupt die Kraft aufwenden kann, wieder aufzustehen und dann war alles umsonst."
„Hörst du dir gerade selbst zu?" Ich gab die Bemühungen sie zum Stuhl zu geleiten auf und wollte stattdessen Richtung Tür gehen. „Ich werde jetzt jemanden holen."
Annabeth jedoch umfasste mein Handgelenk, bevor ich mich von ihr entfernen konnte. Sie beabsichtigte, die Finger in mein Fleisch zu graben, doch stattdessen spürte ich ihre Berührung als wäre es die einer Toten. Obwohl ich mich so ihrem Griff mit Leichtigkeit hätte entziehen können, tat ich es nicht, denn ich merkte, dass sie so viel Kraft dafür aufwandte, wie sie entbehren konnte.
„Tu mir das nicht an."
Ich schüttelte den Kopf. „Es kann dir keinen Schaden zufügen, wenn ich jemanden hole, der dir im Gegensatz zu mir helfen kann."
„Sie werden mir nicht nur das Kind nehmen..." Tränen traten in Annas Augen. „Wie könnte ich zulassen, dass sie Theo etwas antun?"
„Wieso bist du dann überhaupt hier?", wagte ich die Frage zu stellen, die mir schon auf den Lippen brannte, seit Annabeth in mein Zimmer gestolpert war.
Nicht bloß, dass sie schwanger war und das Kind sich gerade seinen Weg in die Welt suchte. Nein, sie wollte es weiterhin vor allen verbergen, obwohl sie sich direkt und ohne ersichtlichen Grund in die Höhle der Löwen begeben hatte.
„Ich konnte nicht mehr allein dortbleiben."
Ich hatte mit keiner nachvollziehbaren Antwort gerechnet, doch der Widerspruch, der mit Annabeth' Worten einherging, ließ mich dennoch stutzig werden und weiter an der Güte ihrer geistigen Verfassung zweifeln. Jedoch wagte ich nicht darüber zu urteilen, ob es die Monate in Abschottung waren oder die momentane körperliche Belastung, die mehr dazu beitrugen.
Auch wenn sie sich merklich zusammenriss, konnte sie nicht verbergen, dass die Schmerzen der Wehe immer noch durch ihren Körper rasten.
Eine Antwort auf das verzweifelte Flehen Annabeth' hin fand sich allerdings schnell. Es wunderte mich ohnehin, dass sie zuerst mich aufgesucht hatte und nicht die Person, die in ihrer Welt über allem anderen zu stehen schien.
„Dann werde ich Theodore Bescheid geben."
„Nein!"
„Was soll ich dann tun?", fragte ich und bemerkte, wie mich nebst absoluter Ratlosigkeit eine gewisse Wut auf Annabeth überfiel. „Ist Theo nicht der, dem du am meisten vertraust und der noch dazu der Vater deines Kindes ist?"
Es fühlte sich merkwürdig an, von ihrem Kind zu sprechen. Die eindeutige Wölbung ihres Bauches zu sehen und darüber zu denken war eine Sache, doch wenn man etwas hörbar verlauten ließ, bekam es noch einen ganz anderen Klang. Anstatt einfach nur zu reagieren, begann ich jetzt, wirklich darüber zu grübeln, was es als nächstes zu tun galt. Eine Geburt war nichts, das man aufhalten konnte und ebenso wenig konnte man sie still und heimlich vonstattengehen lassen. Wie auch immer Annabeth sich vorgestellt hatte, das zustande zu bringen, es würde nicht funktionieren.
Doch obwohl die Vernunft in allen Punkten gegen sie sprach, beharrte sie weiterhin auf ihrer ursprünglichen Forderung. „Er darf es nicht erfahren."
„Annabeth, das ergibt keinen Sinn. Weswegen solltest du es ihm vorenthalten wollen?"
„Wie könnte ich ihm sagen, dass ich die Schuld daran trage, dass unser Kind sterben wird?" Ihre Stimme war kaum noch ein Flüstern. Wäre sie nicht das einzige Geräusch, das ich neben meinem eigenen Atem vernehmen konnte, ich hätte sie nicht gehört.
Doch wahrscheinlich wäre das ohnehin egal gewesen, denn auch, wenn ich die Worte verstand, die sie sprach, erkannte ich nicht, was genau sie mir damit sagen wollte.
„Welche Schuld trägst du? Wieso denkst du das?", fragte ich daher mit gesenkter Stimme.
„Es ist über zwei Monate zu früh." Tränen rannen über Annabeth' Gesicht. Sie unterdrückte ein Schluchzen. „Es kann nicht überleben, wenn es jetzt kommt. Es darf nicht kommen."
„Setz dich", wies ich sie ein weiteres Mal, doch obwohl sie wiederum den Kopf schüttelte, leistete sie meiner Forderung diesmal doch Folge. Ich atmete einmal tief durch, nahm ihr die Petroleumlampe aus der Hand und stellte diese neben uns auf die Kommode, denn ich fürchtete, sie könnte ihr herunterfallen. „Ich werde jetzt zu Theodore gehen."
Annabeth schüttelte den Kopf, doch diesmal blieb es bei diesem stummen Protest, sodass ich es mir zugestand, kurz innerlich aufzuatmen. Erleichtert, immerhin auf keinen großen Widerstand gestoßen zu sein, setzte ich meine Aussage in die Tat um. Es missfiel mir zwar einerseits, Anna allein zurückzulassen, wenn es auch nur für eine Minute war, andererseits schien eine riesige Last von mir abzufallen, als ich so leise wie möglich meine Zimmertür öffnete und durch einen schmalen Spalt hindurch in den Flur schlüpfte, wo die Nacht pechschwarz wartete.
Ich hielt einen Moment inne, wartete darauf, dass meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, stellte aber bald fest, dass es keine einzige Lichtquelle gab. Da Theodores Zimmer nicht weit von meinem eigenen entfernt lag und ich ebenso wenig sehen wie gesehen werden konnte, tastete ich mich an der Wand entlang, setzte einen blanken Fuß vor den anderen, fühlte Teppich und Tapete und gelangte so schließlich von Tür zu Tür, bis ich diejenige erreichte, zu der ich wollte.
Ohne vorher anzuklopfen, fanden meine Finger die eiserne Türklinke und drückten diese vorsichtig herunter. Glücklicherweise war der Raum nicht verschlossen und so trat ich von einem stockdusteren Bereich in den nächsten. Bloß ein leises Schnarchen Theodores, das von dort ertönte, wo ich das Bett wähnte, verriet mir, dass ich richtig war.
Da ich mich nicht traute an sein Bett heranzutreten, einerseits aus Angst, es stünde womöglich etwas im Raum, dass mir den Weg versperren würde, andererseits, weil ich nicht wusste, wie er reagierte, wenn man ihn unsanft aus dem Schlaf holte, sagte ich im Flüsterton seinen Namen. Einmal. Zwei Mal. Drei Mal. Immer ein wenig lauter als zuvor.
„Theodore." Auch beim vierten Mal wachte er nicht auf, sondern schien sich lediglich herumzuwälzen. Er hörte mich also, ließ sich aber nicht wecken.
Es war nicht so, als würde ich direkt den ganzen Haushalt aus der Nachtruhe reißen, wenn ich ihn noch ein wenig lauter ansprechen, wenn nicht sogar rufen würde, doch das jämmerliche Bild von Annabeth, die meine Hilfe so unbedingt wollte, wie ich es noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte, ließ sich nicht aus meinen Gedanken vertreiben, bildete eine Barriere. Ich würde es mir nicht verzeihen können, wenn der Lord und die Lady ihr das Kind entreißen würden, obwohl es ihre törichte Entscheidung gewesen war hierherzukommen.
Ich ließ einige Sekunden verstreichen, bis ich erneut Theodores Namen sagte, etwas lauter als ursprünglich beabsichtigt, doch mit Erfolg, denn wie zuvor regte er sich. Es genügte seinen Namen ein weiteres Mal zu nennen, dann hörte ich ein Grummeln, das so klang, als wäre er endlich wach.
„Theodore, du musst aufwachen", wisperte ich.
Nach ein paar Augenblicken folgte die deutlich lautere Antwort. „Evelyn?"
„Sei leise", zischte ich, „und komm mit."
Ich wollte mich nicht damit aufhalten, ihm die Situation zu erklären. Er sollte bloß möglichst schnell mit mir kommen, damit er entscheiden konnte, was zu tun war.
Ein Licht flammte. Er hatte eine Kerze angezündet.
„Was in aller Welt ist los?", fragte er in dem Tonfall, den er immer wählte, wann immer er nicht gut auf mich zu sprechen war. Da es mir auf einmal die Sprache verschlagen hatte, denn ich wusste nicht, wie ich am besten beginnen sollte, fuhr Theodore einfach fort. „Na los, sag schon, was treibt dich hierher?"
„Anna ist hier."
Der Unglaube zeichnete sich augenblicklich auf seinem Gesicht ab und er schüttelte den Kopf. „Es ist mitten in der Nacht. Hat dich der Wahnsinn gepackt?"
Auf einmal kroch das Unbehagen in mir empor, das schon wesentlich früher hätte einsetzen müssen, jedoch einfach keine Zeit gehabt zu haben schien. Jetzt, da ich nicht nur nicht mehr gezwungen war zu handeln, sondern den weiteren Verlauf der Ereignisse vollkommen in Theodores Hände gelegt hatte, blieb genug Raum, sich vor dem zu fürchten, was folgen mochte.
Doch anstatt ihn erneut an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln zu lassen, machte ich einen Schritt auf sein Bett zu. „Ich will dir keine Lügengeschichte auftischen, aber wenn ich noch mehr sage, würdest du es mir noch weniger glauben als jetzt, also komm."
Theodore verengte die Augen, setzte sich aus seiner halbaufrechten Position ganz auf und schlug die Bettdecke zurück. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Dann stand er auf, nahm die Kerze mit sich und kam auf mich zu. Er hielt das flackernde Licht so hoch, dass er mein und ich seines besser erkennen konnte. Während ich mich darum bemühte Fassung zu wahren, beäugte er mich kritisch, so als suche er nach Anzeichen dafür, dass ich Krankheit oder Wahnsinn von mir Besitz ergriffen hätten.
„Ich bin ohnehin wach, was der einzige Grund dafür ist, dass ich jetzt mit dir kommen werde", erklärte Theo dem kleinen Kind, das ich anscheinend für ihn war. Er schien nicht ansatzweise in Betracht zu ziehen, dass Annabeth nach Hause gekommen war.
Ich versuchte mir vorzustellen, was ich tun würde, wenn ich jetzt in diesem Moment erführe, dass meine Eltern vor der Tür stünden und ich bloß eine Treppe hinuntergehen müsste, um sie zu sehen. Es gelang mir nicht, denn es war unmöglich.
Nun nicht mehr von mir selbst angetrieben, sondern vielmehr von Theodore nach vorne gedrängt verließ ich sein Zimmer und wandte mich zu meinem, wo Annabeth hoffentlich immer noch so wohlbehalten wie nur möglich auf einem Stuhl saß. Sie war es, die wahnsinnig war. Sie wollte ein Kind alleine zur Welt bringen und das ohne Beistand mit Ausnahme von mir.
Ich ließ meinen Blick sorgsam durch den dunklen Flur wandern und horchte sicherheitshalber noch einmal auf, bevor ich behutsam in mein Zimmer trat.
„Er ist hier", sagte ich, doch da wurde ich auch schon zur Seite geschoben, denn in dem Moment, als Theodore Annabeth erblickte, war aller Zweifel vergessen.
Und als er ihr um den Hals fiel, ohne dass er ihren Zustand beachtete, brach sie in Tränen aus. „Theo, es tut mir so leid."
Diese Worte begleiteten ihr Schluchzen solange, bis Theo sie unterbrach, denn auch wenn die Wiedersehensfreude im ersten Moment dafür sorgte, dass das Offensichtliche ausgeblendet wurde, bemerkte er es doch früh genug. „Wieso hast du mir das verheimlicht?"
„Ich...", begann Annabeth, unterbrach sich jedoch selbst, indem sie erneut schluchzte. „Ich empfand es als... zu gefährlich. Sie hätten dir etwas angetan, wenn sie herausgefunden hätten und..."
„Hast du wenigstens getrunken?"
Es war offensichtlich, dass er nicht von Getränken sprach und angesichts Annabeth' ungesunder Gesichtsfarbe, die im spärlichen Licht nur noch unheilvoller wirkte, konnte ich ihm nicht verdenken, dass es ausgerechnet das war, was ihm zuerst einfiel.
„Gelegentlich von Mary", lautete Annas immer noch von Tränen begleitete Antwort.
„Das klingt nach zu wenig", erwiderte Theodore, während er schon den Ärmel seines Pyjamas nach oben schob. „Du hättest sterben können."
„Es war genug, sonst stünde ich nicht hier. Du..." Diesmal war es nicht das haltlose Schluchzen, welches langsam abgeklungen war, was sie unterbrach, sondern der Schmerz einer Wehe.
„Sie hätte die Schwangerschaft auch ohne Blut überleben können", warf ich das Bisschen Wissen ein, das ich durch Graces Tagebuch erworben hatte. „Jetzt muss das Kind auf die Welt kommen."
Auf Theodores Gesicht zeichnete sich Erkenntnis ab. Er musste wohl begriffen haben, dass die Geburt kurz bevorstand.
„Es kann nicht hier geschehen", entschied ich, nicht willens, darauf zu hoffen Theo oder Anna würden in diesem Moment eine sinnvolle Idee haben.
„Wir haben das leerstehende Quartier", folgte eine rasche Antwort Theodores. „Ich weiß, wo der Schlüssel hängt und wenn wir Glück haben, finden wir dort noch Decken oder was immer man sonst noch brauchen könnte."
Er fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare.
„Dann geht dorthin." Ich konnte die Erleichterung in meiner Stimme darüber, die schwangere Anna baldmöglichst nicht mehr in meinem Zimmer zu wissen, nicht verbergen.
Während Theodore nickte, gab Annabeth sich damit nicht zufrieden. „Du lässt mich nicht allein, oder?"
Eine kindliche Frage aus dem Mund einer jungen Frau, die selber kurz davorstand, Mutter zu werden. Es klang so absurd und doch konnte ich nicht ablehnen.
„Natürlich", meinte ich mit einem Lächeln, das nur jemand als echt deuten würde, der zwischen Delirium und schrecklichen Schmerzen schwankte.
„Danke, Evelyn."
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