Dienstag, 03.12.1878

Ich wachte auf und wusste sofort, dass es noch nicht morgen war. Der Traum, in dem ich mich befunden hatte, hatte einfach viel zu früh geendet.

Ich suchte gar nicht erst nach einer Uhr, sondern stand einfach auf, um in der Küche nach etwas Milch zu schauen. Ich wusste nicht, ob ich das durfte, aber es scherte mich nicht.

Schlaftrunken machte ich mich auf dem Weg durch das große Haus, das vollkommen im Dunklen lag. Ich hatte mir eine kleine Kerze angemacht. Das erschien mir als beste Möglichkeit, unauffällig für Licht zu sorgen und gleichzeitig wärmte es meine Hände.

Ich stand auf einer der Stufe in der Mitte der untersten Treppe, als ich sie sah. Annabeth hatte ihre Haare immer noch zu dem Kranz geflochten. Sie trug einen violetten Morgenmantel über ihrem Nachtgewand.

Vor ihr stand ein junger Mann. Er lächelte Anna verträumt an, aber sie würdigte ihn kaum eines kleinen Blickes.

Ich versteckte schnell die Kerze, so dass ich möglichst unentdeckt blieb, aber ich trotzdem noch das Schauspiel verfolgen konnte, dass sich in der Eingangshalle darbot.

Man konnte genau erkennen, dass Annabeth' Interesse an dem Mann sehr gering war oder zumindest anderer Natur als das seine, aber er war anscheinend blind vor Liebe oder was auch immer er für sie empfand.

„Hast du gedacht ich komme nicht?", hörte ich ihn sagen. Es wirkte so, als habe er die Absicht zu Flüstern und schaffte es nicht richtig.

Anna ließ sich daran nicht stören.

„Natürlich nicht", schnappte ich auf. „.... bist .... gut."

Mehr verstand ich leider nicht, denn die junge Lady Hamilton nahm es anscheinend sehr ernst, nicht entdeckt zu werden.

„Du weißt, was ich von dir will, oder?", sagte er wieder in seinem Flüstern.

Ich sah Annabeth eine Bewegung mit dem Kopf machen, die ich als ein Nicken deutete.

Langsam näherte er sich ihr. Mehr und mehr. Sie wich nicht vor ihm zurück.

Er streckte vorsichtig seine Hände aus und umfasste ihre Taille.

Jetzt zuckte ich kurz zusammen, denn ich hatte keine Ahnung, was als nächstes geschehen würde. Würde Annabeth ihn von sich weisen oder nicht und vor allem wie?

Sie veränderte kein bisschen ihre Haltung. Sie stand da wie eine Salzsäule, währenddessen er nun noch ein Stück näher an sie herantrat, sodass sich ihre Körper berührten.

Er hatte große, starke Hände aber er ging behutsam mit ihr um, als wäre sie zerbrechlich wie Porzellan oder Glas. Ihre Köpfe näherten sich immer mehr.

Der erste Kuss ging von ihm aus. Er beugte sich vor und küsste sie auf die Lippen für einen kurzen Moment. Dann schmolz Annas Fassade dahin. Sie verließ die Pose voller Körperspannung, ließ locker und legte ihre Arme um seinen Hals.

Im Schatten konnte ich ausmachen wie er lächelte, aber das war nur für einen kurzen Moment, denn jetzt war es an Annabeth Hamilton, ihn zu küssen und dieser zweite Kuss war wesentlich länger und mehr als nur oberflächlich.

Ihre Körper wurde beinahe eins im Halbdunkeln und ich begann an meiner Menschenkenntnis zu zweifeln, denn ich hätte nicht gedacht, dass Annabeth so etwas tun würde. Sie wirkte nicht wie jemand, der einen Mann heimlich zu sich einlud, um mit ihm ihre Spielchen zu spielen und ich glaubte nicht, dass sie sich gut genug kannten, um eine ernsthafte, feste Beziehung zu führen. Vor allem er sah nicht so aus, so vorsichtig, wie er sich ihr genähert hatte.

So küssten sie sich noch eine ganze Weile und ich traute mich nicht, wieder fortzugehen. So sah ich ihnen zu wie sie sich fast ununterbrochen küssten bis sie sich nach einer ganzen Weile wieder voneinander lösten, obwohl ihm das zumindest nicht zu gefallen schien.

„Was ist denn los?", fragte er verwirrt.

„Komm", sagte Annabeth. Ich hörte ihre Worte klar und deutlich bis hier oben und es war diese Art der Stimme, die keinen Widerspruch duldete, aber fast zuckersüß klang.

Gehorsam folgte er ihr wie ein Schoßhündchen in die Bibliothek. Wahrscheinlich führten sie auf einem der Sofas fort, was sie vor meinen Augen begonnen hatten.

Ein paar Sekunden nachdem sie verschwunden waren, wollte ich mich unauffällig zurückziehen, aber ich konnte nicht. Mich interessierte, was Annabeth mit ihm machen würde, denn ich wusste, dass sie es kein bisschen mit ihm ernst meinte. Das passte nicht. Und außerdem gab es da ja noch Theodore.

Ich ging jede Stufe der Treppe mit äußerster Vorsicht hinab und zuckte bei jedem Schritt innerlich zusammen, aber ich blieb ruhig und schaffte es anscheinend unbemerkt bis nach unten und dann schließlich auch bis vor die geöffnete Tür.

Ich lugte zaghaft um die Ecke.

Sie waren tatsächlich auf einem der Sofas und küssten nun dort einander innig.

Er begann, ihren Morgenmantel zu öffnen und Annabeth schien nichts dagegen zu haben. Als er ihr von den Schultern rutschte zog sie ihn schließlich selber aus und warf ihn auf den Boden. Genau in meine Richtung.

Ich schreckte zurück und presste mich mit dem Rücken an die Wand. Erst nach mehreren Sekunden wagte ich es, wieder zu gucken.

Kaum einen Meter von mir entfernt lag Annabeth' Morgenmantel ausgebreitet auf dem Parkettboden, aber sie schien sich nicht mehr darum zu kümmern.

Ich stand mir zu, einmal durchzuatmen.

Ich sah, dass sich einige Strähnen aus dem goldblonden Haarkranz gelöst hatten und ihr ins schöne Gesicht fielen, das wahrlich ungerührt wirkte.

Auch seine Haare waren zerzaust und er geriet ins Schwitzen, warum auch immer.

Irgendwann vergrub er seinen Mund in ihrem Nacken. Einen kurzen Moment sah Annabeth zur Tür, aber sie entdeckte mich nicht, denn ich hatte mich rechtzeitig zurückgezogen.

Als ich wieder hinsah, war sie an seinem Nacken beschäftigt. Einen kurzen Moment lang verzog sich sein Gesicht, als ob er einen Schmerz empfand.

Sein Gesicht entspannte sich auch nicht wieder, was mich einen wenig beunruhigte. Annabeth küsste immer nur die gleiche Stelle und holte nicht auch nur einmal Luft. Sie war vollkommen auf das konzentriert, was sie tat.

Irgendwann begann ich, die Sekunden zu zählen, die sie sich nicht mehr von dieser einen Stelle löste und es wurden beunruhigend viele. Sein Gesicht wurde immer bleicher, seine Augen weiteten sich immer weiter und nun sah er wirklich aus, als hätte er große Schmerzen.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

Nach über zwei Minuten bemerkte ich auf einmal, wie Annabeth sich langsam von ihm löste. Seine Augenlider waren halb geschlossen und er wirkte irgendwie... leblos.

Dann hob sie ihren Kopf und sah genau zur Tür, genau zu der Stelle an der ich stand. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln und das, was mich beunruhigte war, dass sie blutverschmiert waren. Das Blut rann an ihrem Kinn hinab, aber sie wischte es unwirsch mit einer Hand ab bevor es irgendwo hin tropfte. In der anderen hielt sie ihren Liebhaber am Genick. Er war nach unten gesunken, seine Augenlider flatterten nur kurz. An seinem Hals hatte er eine schwer blutende Wunde.

Es dauerte, bis ich irgendetwas realisierte. Ich schrie laut auf und mein Körper befahl mir, den just aufkommenden Brechreiz zu unterdrücken und zu rennen.

Der erste Weg führte mich zur Eingangstür, aber sie war verschlossen und ich sah keinen Schlüssel. Genauso wenig Sinn hatte es, nach Fenstern zu sehen.

Ich rannte die Treppe hinauf und noch eine, bis ich irgendwie in meinem Zimmer stand, die Tür hinter mir schloss und schnell den Schlüssel umdrehte.

Ich rettete mich ins Badezimmer, das zum Glück direkt an mein Zimmer angrenzte, wo ich mich schließlich auf den Marmorfliesen erbrach.

Ich sackte zusammen, machte mir nicht die Mühe meinen Mund mit Wasser auszuwaschen um den ekelhaften Geschmack zu vertreiben.

Wo war ich hier? In der Hölle? Würde ich so enden wie er?

Ich hatte nicht mal seinen Namen gekannt, als ich sah wie er grausam starb, wie Annabeth ihm sein Blut aussaugte und ich es erst bemerkte, als sie mich ansah, das tiefrote Blut aus ihrem Mundwinkel tropfend, ihre Augen groß und irgendwie... freudig erregt und zugleich wild und ungezähmt.

Was war sie überhaupt, dass sie das Blut eines Menschen nahm? Ein Dämon?

Als mir wieder schlecht wurde, diesmal von dem übel riechenden Erbrochenen rebellierte mein Magen, denn er gab nichts mehr her. Ich stütze mich mit einer Hand an den angenehm kühlen Fliesen ab und bewegte mich zum Waschbecken, um mir nun doch den Mund auszuspülen und etwas zu trinken. Ich musste mich irgendwie beruhigen. In diesem Raum war ich in Sicherheit. Für den ersten Moment.

Ich schaffte es irgendwie die Panik so weit in den Hintergrund zu schieben, dass ich mein Badezimmer verließ und mich auf einen Stuhl setzte, den Rücken so gerade wie möglich, die Schultern gestrafft, das Kinn leicht nach oben gereckt. Eine selbstbewusste Position.

Ich wusste keinen Ort, an den ich gehen konnte. Ich musste hierbleiben. Ich war mir sicher, dass ich hier nicht entkommen konnte. Jetzt, da ich ihr Geheimnis kannte, würden sie Wache halten und das die ganze Zeit. Und ich war mir sicher, dass Annabeth nicht die einzige war, die Blut trank.

James war so, ich war mir sicher und ihre Eltern waren auch Dämonen, die mein Leben nahmen, um selber ein gottloses Dasein zu fristen. Theodore musste auch zu ihnen gehören. Sonst wäre er nicht mehr hier. Bei den Angestellten war ich mir nicht sicher. Cornelia sah so ungesund aus und wenn ich mich recht erinnerte war ihr Hals immer entdeckt. Bestimmt war sie ihre Sklavin.

Bei Florence zögerte ich. Sie war so freundlich zu mir gewesen und zwar richtig freundlich. Sie hatte sich um mich bemüht und mir das Tagebuch gegeben? War es ein Hinweis? Hätte ich schneller und mehr lesen müssen, um die grausame Wahrheit zu erfahren?

Vielleicht war auch das der Schlüssel. Ich musste wieder lesen.

Der Schlüssel hing noch um meinen Hals und wartete darauf, benutzt zu werden.

Ich nahm die Kette ab und versuchte mit zitternden Händen den Schlüssel ins Schloss zu schieben. Als es mir schließlich gelang fehlte mir fast die Kraft ihn zu drehen.

Das Buch lag da, wie etwas Verbotenes.

Ich musste nun alles erfahren.

Ich nahm es heraus und schlug es an der Stelle auf, an der ich aufgehört hatte zu lesen, aber da stand nichts. Ich blätterte alle Seiten durch. Sie alle waren nicht beschriftet.

Ich konnte es nicht fassen. Ging das perfide Spiel noch weiter? Wollten sie mich zuerst innerlich zerreißen und dann erst meinen Körper töten, nachdem sie schon der Seele den Garaus gemacht hatten? Ich befand mich in einem Haus aus dem ich nicht entkommen konnte. Ich konnte noch nicht einmal mein Zimmer verlassen. Irgendwann musste ich etwas essen. Irgendwann musste ich die Sonne wiedersehen, die ich schon viel früher verloren hatte.

Oder vielleicht doch nicht?

Ich zog die Vorhänge zurück und sie erschienen mir auf einmal viel leichter als zuvor. Die Nacht war nicht ganz so schwarz, wie ich es erwartet hatte. Es musste also auf den Morgen zugehen.

Ich versuchte, das Fenster zu öffnen, aber es ging nicht. Sie mussten es mit einem Mechanismus versehen haben, den ich nicht kannte. Die Hoffnung, die ich gehegt hatte, war verflossen. Die Hoffnung war hoffnungslos gewesen, weil ich auf nichts Konkretes gehofft hatte.

Wenn es etwas zu gewinnen gab, würde ich nicht diejenige sein, die den Preis bekam. Ich würde verlieren oder vorher kampflos aufgeben. Es war vielleicht schlauer vorher aufzugeben und ab da war es beschlossene Sache, dass ich abwartete. Abwarten, wachsam sein, nicht aufgeben.

Ich legte mich in mein Bett, zog die Decke bis zum Hals und wartete.

Irgendwann musste Florence klopfen. Sie wollte, dass ich das Buch las und wenn sie es mir wieder einmal entwendet hatte so würde sie wiederkommen. Irgendwann früh am Morgen und wenn ich Glück hatte, wusste sie nichts von dem Vorfall in dieser Nacht, an diesem Tag.

Annabeth hatte ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern, aber war sie diejenige, die allein ein Spielchen mit mir trieb, die vielleicht als einzige wollte die ich davon erfuhr?

Noch viele andere Gedanken strömten durch meinen Kopf während ich wartete. Ich schlief nicht wieder ein, denn ich hatte Angst vor den Träumen, die auftauchen würden.

So achtete ich auf jedes Geräusch, wartete auf die Dämmerung.

Das Warten wurde zuerst langweilig und eintönig und später unerträglich, aber ich bewegte mich kein Stück, lediglich meinen Brustkorb, um zu atmen.

Als ich das erste Mal auf die Uhr sah war es sieben Uhr. Die Sonne ging bald auf. Es wurde heller und heller. Die Angst drang dennoch durch jeden meiner Knochen, lähmte meine Muskeln, versteinerte meine Gelenke. Ich wollte nach Hause. In mein richtiges Zuhause. Ich wollte zu meiner Familie.

Die war das erste Mal, dass ich hier wahrhaftes Heimweh verspürte. Ich begann langsam und ohne es wirklich zu wollen zu schluchzen. Meine Augen wurden feucht und es dauerte nicht lange da rann schon die erste Träne über meine Wange.

Sie floss in meinen Mundwinkel und gelangte auf meine Zunge, sodass ich den salzigen Geschmack wahrnahm. Dann kam die nächste, die übernächste und die danach.

Es ließ die Zeit fast wie im Flug vergehen. Es war schnell dämmrig draußen; hier würde der Tag Einzug halten und ich war müde, verkrampft und total verängstigt.

Ich begriff nun, was sie damit meinten, ich solle stark bleiben. Ich musste stark sein, um das alles zu verkraften. Ich versuchte ihren guten Rat als positives Omen und nicht als puren Sarkasmus zu nehmen. Sie konnten unmöglich alle so pervers sein.

Ich wurde durch ein leises Klopfen an meiner Tür aus meinen Gedanken gerissen. Ich zuckte zusammen und wagte es nicht, etwas zu sagen.

„Sind Sie in Ihrem Zimmer, Evelyn?", drang es durch die Tür. Leise und gedämpft.

Ich antwortete nicht.

„Evelyn, ich weiß, wie Sie hier entfliehen können."

Ich sagte immer noch nichts.

„Ich meine es ernst und ich habe nicht viel Zeit es Ihnen zu erklären."

Nein, ich konnte das nicht.

„Heute Nacht ist Ihre letzte Chance."

Ich musste sehen, ob ich sie nutzte.

„Auf Wiedersehen, Evelyn Whiting."

Ich rührte mich immer noch nicht von der Stelle und wartete.

Als es erneut klopfte zuckte ich nicht zusammen, denn ich hatte damit gerechnet.

„Miss Whiting, ich habe das Tagebuch dabei."

Sie wusste genau, was ich wollte. Sie hatte mich zu gut kennenlernt.

Diesmal erhob ich mich und ging vorsichtig zur Tür und legte ein Ohr daran.

„Gehören Sie zu ihnen, Florence?", fragte ich leise. „Seien Sie ehrlich."

Kurze Stille.

„Nein, ich gehöre nicht zu ihnen. Ich bin keine Hamilton."

„Wie kann ich sicher sein?"

„Sie müssen mir vertrauen."

„Das ist leichthin gesagt."

„Lassen Sie mich herein. Sie haben nichts zu verlieren."

Florence hatte Recht. Ich hatte tatsächlich alles verloren, wenn ich sie jetzt nicht einließ. Meine Hand ruhte eine Sekunden lang auf dem Schlüssel, bis ich ihn schließlich umdrehte.

Es kam mir so vor, als hörte ich ein erleichtertes Seufzen von draußen.

Ich öffnete die Tür vorsichtig und vor ihr stand wirklich Florence. Sie hatte ihre pechschwarzen Haare flüchtig zu einem Dutt geformt und trug einen Morgenmantel. Sie hielt wirklich das Tagebuch in den Händen. Sie sah angespannt und müde aus.

„Wir haben nicht viel Zeit", sagte sie.

„Ich weiß", antwortete ich, weil mir nichts anderes in den Sinn kam.

„Sie haben Angst", stellte Florence trocken fest. „Sie brauchen noch keine zu haben. Sie werden noch alles lernen, solange Sie mit ihnen reden. Alles lief außer Plan. Sie wollten Ihnen ihre Identität noch einige Zeit lang vorenthalten bis sie sich wirklich sicher waren. Annabeth hat einen Fehler gemacht, ob mit Absicht oder nicht, kann ich nicht sagen. Das bleibt wohl ihr Geheimnis."

Das alles sagte Florence während ich die Tür schloss und ihr einen Stuhl anbot, den sie aber ablehnte.

„Ich verstehe nichts", sagte ich. Die Tränen wären wiedergekommen, hätte ich noch welche gehabt, die es zu vergießen gäbe.

„Öffnen Sie allen die Tür außer Annabeth Hamilton, haben Sie mich verstanden, Miss Whiting?"

„Ja, aber warum ist Ihnen das so wichtig?"

Ich war mir sicher, dass wenn ich nicht so verängstigt wäre Florence die Augen verdreht hätte, aber sie tat es nicht, was mich umso perplexer machte.

„Tun Sie genau das, was ich Ihnen geraten habe"

Ich nickte nur. Es war wohl besser alles zu bejahen.

„Sie dürfen keinen Fehler begehen, Miss Whiting."

„Das ist mir bewusst. Aber Florence, wenn ich Ihnen noch eine Frage stellen dürfte. Gestern Nacht, diese Nacht, war so abartig, dass ich die... Nahrung nicht mehr. Es ist ... Badezimmer."

Mehr traute ich nicht zu sagen.

Florence hatte verstanden. Sie nickte und versuchte zu lächeln.

„Ich werde mich zu gegebener Zeit darum kümmern."

Dann ging sie unverwandt und ich verschloss die Tür wieder. Was ging hier vor sich? Ich wieder einmal noch verwirrter als vorher.

Das Tagebuch lag auf meiner Kommode. Ich würde es lesen, wenn es sich ergab. Nun musste ich mich um andere Dinge kümmern. Ums Überleben.

Ich würde den Dämonen entkommen. Irgendwie.

Als ich klein war, hatte ich nie an Gruselgeschichten geglaubt. Sie hatten mir manchmal eine Gänsehaut beschert, aber ich nahm sie nie ernst.

Nun befand ich mich in einer und der Boden wurde immer dünner und ich hatte noch nicht herausgefunden, wie man schwebte.

Ich stand vor einer großen Herausforderung. Ich musste lernen. Ich war mir sicher, dass ich große Schmerzen ertragen müsste, wenn ich blieb.

Ich stand vor einem Abgrund, ich wusste nicht, wie tief er war und ich hatte keine Ahnung, ob vielleicht die Kante wegbrechen würde, wenn ich mich auf sie stellte.

Ich musste wahrscheinlich jemandem vertrauen können, aber ich war mir nicht sicher, ob Florence diejenige war. Vielleicht war es auch James oder seine Mutter. Beim Lord glaubte ich eher weniger daran, schließlich war er das Familienoberhaupt.

Bei diesen Gedanken dämmerte ich langsam weg...



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