Tränen der Verzweiflung

Jewa schloss die Augen, die junge Frau saß auf dem Boden und nahm stumm die kläglichen Reste des Essens zu sich. Ihre Versorgung war schon eine Katastrophe, doch bei den Deutschen musste man gar nicht anfangen, bei ihnen gab es wenigstens mehr als zwei Brote am Tag. Rauch verließ freudlos ihren Mund, 20 Dezember. In vier Tagen war Weihnachten, noch trostloser und trauriger als letztes Jahr. Die junge Frau schloss die Augen und drückte den wärmenden Tee an sich, so viele Tote. Erfroren in der Kälte, die auch ihr Herz erreicht hatte. Die Adjutanten Tochter war sich sicher, dass dieser verfluchte Krieg nie enden würde. Militärisch gesehen, wäre der Krieg in ein paar Monaten für die Wehrmacht verloren, doch durch Durchhalte Parolen und eiskalte Politik würde dieser verfluchte Krieg sich noch zwei Jahre strecken.

Neben ihr saß Juri, der leise vor sich hin schnarchte. Am liebsten würde sie schreien, alles was sich in ihr aufstaute herausbrüllen in die Nacht. Krähen die vereiste Leichen fraßen, auf beiden Seiten waren die meisten halbe Kinder. 20 jährige Offiziere! 16 Jährige Burschen an der Waffe, viele die sich unter der Front etwas anderes vorgestellt hatten. Langsam wurde die Lager besser, die Luftwaffe der Deutschen konnten die 6 Armee unter Paulus kaum mehr versorgen. Es gab versuche aus der Belagerung aus zu brechen, doch alle Gescheitert. Flugzeuge die auf beiden Seiten die Verletzten ausflogen. Es war schrecklich mit anzusehen, wie Menschen sich an die Maschinen klammerten um irgendwie dieser Hölle zu entkommen. Wie die Pilotin die Maschinen schwanken ließen, damit die ungebeten Mitreisenden nicht mit konnten. Es regnete Menschen!

Jewa schluckte leise und blickte den anderen an, die Lebenserwartungen hier waren niedrig und desto erstaunlicher war es das Juri und Jewa noch nicht den kalten Fingern des Todes zum Opfer gefallen waren. 170 bestätigte Todesschüsse, Jewa fühlte sich als habe sie etwas ganz furchtbares verbrochen. Den Wetten hatte sie lange abgeschworen, der Tod von unschuldigen Menschen war nichts worüber man wetten sollte! Die 25 jährige schloss die Augen, in ihnen bahnten sich Tränen an. Mann weinte nicht man hatte nicht zu weinen, dass zumindest war die Anordnung doch die Realität sah anders aus. Man sah Erwachsene Männer die weinten, weinten weil sie nicht mehr wussten was sie tun sollten. Der Überlebenswille war hoch, doch die Chancen darauf sehr niedrig. 700 000 Soldaten, die meisten Russen würden für diesen Größenwahn ihr Leben lassen müssen.

Die Meinungen über die Feinde waren mittlerweile sehr eindeutig. Während viele Russen sie zunächst als Befreier begrüßt hatten, war man nun der breiten Meinung das ein Leben unter Hitler schlimmer war als unter Stalin. Die junge Frau sah stumm den Boden an. Tränen der Verzweiflung liefen über ihre blassen Wangen, sie hielt das nicht mehr aus. Warum hatte sie sich auch freiwillig gemeldet? Immer musste sie stark sein, doch sie konnte nicht mehr. Es schien als würden die Mauern eines Staudammes brechen, der mit Verzweiflung alles zurück gehalten hatte. Ihr zierlicher Oberkörper bebte und die junge Frau schluchzte leise vor sich hin. Die meisten schliefen, doch sie konnte nicht. Immer wieder bebte ihr Oberkörper und sie musste schluchzen, dass alles war so schrecklich. Hatte es je so einen Krieg gegeben? Auch wenn nicht, Jewa hoffte das die nächsten Generationen dafür sorgen würden das es so etwas nie wieder gab.

Major Motrjk setzte sich gegenüber an das Feuer. Man hatte ein Pferd geschlachtet, es war durch Kugeln getötet worden und das Fleisch zu wertvoll um es den Krähen zu schenken. Die hatten im Gegensatz zu den Zivilisten und Soldaten in der Stadt genug zu essen. Die grünen Augen sahen die Scharfschützin an, auch wenn er es nicht zugeben wollte, jedes Mal wenn er jemanden von seiner Gruppe weinen sah, fühlte sich der 26 jährige als habe er versagt. "Frau Unteroffizierin, man weint im Krieg nicht. Das sollten sie eigentlich wissen als Tochter eines Generals." Seine Stimme war ruhig und er amtete tief ein und blickte in die Flammen.

"Ich weiß Herr Major." Die junge Frau wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und blickte dann stumm in die Flammen. Ihr Oberkörper bebte noch, doch sie wollte nicht mehr weinen. Der Blick der Adjutanten Tochter ging auf dem Offizier der ihr eine Flasche reichte. "Das hilft, glaub mir." Wenn seine Worte eben noch harsch und monoton waren, so waren sie jetzt beinahe fürsorglich und sanft. Stumm griff Jewa nach dem Flachmann. Der bittere Geruch von Alkohol schlug ihr entgegen und ihre kalten Lippen setzten an. Das warme Brennen, gab ihr zu mindestens das Gefühl noch lebendig zu sein. Im Gegensatz zu Essen verfügte man über so viel Wodka, dass man sich den Krieg schön trinken konnte.

"Danke." Jewas Stimme war ruhig und voller Bitterkeit, als sie ihre Zigarette entzündete. Durch den gespenstigsten Rauch der kleinen Flammen erblickte man den roten Stern, der darauf rankte. Es war das Feuerzeug welches ihr Andrej vor dem Krieg gegeben hatte, wo er gerade war? 10 Kilometer trennten sie, ohne dass sie es wussten. "Sie sollten schlafen gehen." Motrjks Stimme riss sie aus den Gedanken. Jewa spürte die Müdigkeit und drückte dann die Zigarette aus und schloss die Augen. Ihr Kopf lehnte an den Steinen der zerstörten Grundschule. Auf dem Boden lagen Tafeln, Bänke und Stifte. Das normale Leben, schien so furchtbar weit weg, wie ein schöner Traum.

"Der morgige Tag wird hart, genauso wie die anderen Tage." Die Stimme des rothaarigen war ein leises seufzen ehe auch er es sich auf dem harten Boden bequem machte um ein paar Stunden zu Ruhen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top