X
Mariannas Genesung ging schnell voran, am nächsten Tag war sie zwei Stunden auf, am übernächsten vier, und nach einer Woche musste Caius sie suchen lassen. Bis ihm einfiel, dass sie vielleicht inkognito unterwegs war. Schnell rief er die Soldaten zurück, sagte, er hätte sich geirrt und verkleidete sich ebenfalls. Lucius hatte fast alle Geheimwege aufgespürt, nur den, den die Königin benutzte, um in die Stadt zu gelangen, kannte er nicht. So schlich Caius sich aus der Küche raus und kletterte über die Mauer im Kräutergarten. Auf der anderen Seite war ein Baum, über den er hinabsteigen konnte. Der große Römer entdeckte seine Ehefrau zwischen alten Waschweibern am Fluß, sie half ihnen. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Entschuldigt bitte die Störung, meine Damen." begrüßte er die Gruppe und Marianna fuhr zusammen. „Ich bin fremd hier und suche das Stadttor."
Sie schaute ihn mit großen Augen an. Wie hatte er sie nur gefunden? Die alten Damen, die alle taub und halbblind waren, reagierten nicht. Eine stieß Caius unsanft beiseite, um an einen Korb zu kommen. Marianna kicherte.
„Ihr müsst dem Weg dort folgen, dann kommt ihr in die Stadt." lächelte sie und wrang ein Betttuch aus.
„Oh, ich bin berühmt dafür, mich zu verlaufen, könnt ihr mich vielleicht begleiten?" lächelte er sie an.
Nun horchte eine der Frauen auf. Marianna wurde rot.
„Das...geht nicht. Ihr seid ein Unbekannter und..." stammelte sie.
Ihr Herz raste. Sie mochte dieses Spiel!
„Ich weiß. Glaubt mir, ich bin harmlos. Vielleicht möchte uns jemand eskortieren?" grinste er.
Eine der Frauen, die ihn seit einer Minute neugierig angestarrt hatte, guckte schnell wieder auf ihre Hände und brummte etwas Unverständliches.
„Nun ja, wenn wir auf der Hauptstraße bleiben, kann mir eigentlich nichts passieren. Der neue König legt sehr viel Wert auf Sicherheit." lächelte Marianna nun.
Eine der Frauen schüttelte missbilligen den Kopf. Erst recht, als Marianna tatsächlich mit dem „Unbekannten" los marschierte.
„Manche Mädchen müssen sich nicht wundern, wenn sie geschändet in irgendeinem Graben zurück gelassen werden." brummte sie.
Die anderen nickten. Das hatten sie verstanden! Nun, Marianna wollte ja geschändet werden. Nur von diesem Mann, verstand sich!
„Du weißt, dass dir eine erhebliche Strafe blüht, nicht?" brummte Caius. „Sag mir wenigstens Bescheid, wenn du verschwindest."
„Tut mir leid. Es war... spontan. Ich wollte nur kurz den Geheimgang überprüfen und bin bei den Frauen hängen geblieben. Sie mögen dich, Liebster." lächelte Marianna.
Er seufzte.
„Ich habe Angst um dich gehabt, Püppchen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du fort wärst."
Sie blieb stehen und schaute ihn an. Er zog sie hinter einen Knick und küsste sie stürmisch, sodass ihr die Luft weg blieb. Im nächsten Moment wurden sie von einer Patrouille entdeckt.
„Brauchen sie Hilfe, Fräulein?" fragte der Soldat.
Er runzelte die Stirn. Es war jemand aus Mariannas Trupp, der andere stammte aus Caius' Armee. Der Römer hatte sich verdächtig abgewandt, damit man ihn nicht erkannte.
„Äh...ich..." stammelte Marianna und nun rannte Caius los.
Die Wachen folgten ihm auf der Stelle. Doch Caius war in den Lumpen schneller als die Männer in ihren glänzenden Rüstungen. Auch Marianna ging zur Brücke zurück und krabbelte in den Geheimgang. Durch die Brei- Diät hatte sie abgenommen, fühlte sich aber trotzdem noch schwerfällig, weil ihr die regelmäßigen Spaziergänge fehlten. Überhaupt, fehlten ihr die Hunde und im neuen Schlafzimmer fühlte sie sich nicht wohl. Ja, Luigi fehlte ihr auch. Ihr ehemaliges Schlafzimmer hatte Lucius bezogen, der eine Mausefalle aufgestellt hatte. So schön es auch war, jede Nacht in den Armen ihres geliebten Ehemannes einzuschlafen, vermisste sie trotzdem ihr altes Leben. Selbst Gloster. Sie hielt inne und ließ den Tränen freien Lauf. Eine Ratte krabbelte an ihr vorbei. Marianna schluchzte auf und kroch ihr hinterher. Irgendwann verschwand das Tier in einer engeren Abzweigung, durch die Marianna nicht passte. Und als sie schließlich beim Gitter, das in den Keller des Schlosses führte, ankam, hörte sie Schritte. Sie kroch zurück und versteckte sich. Es waren Lucius und Lothar. Ihr Diener weinte.
„Warum musst ausgerechnet du gehen? Der König hat genug Leute..." schluchzte er.
„Caius vertraut darauf, dass ich Thomas sicher herbringe. Liebster...ohne eingebildet zu klingen, aber es gibt tatsächlich niemanden, der mich in dieser Sache vertreten könnte, außer dem König selbst. Es sind doch nur ein paar Tage, hm? Bitte, weine nicht, das macht mich schwach..." hauchte Lucius und Marianna hörte, dass auch seine Stimme weg gekippt war.
Er schluchzte leise. Die Königin wußte, dass es nicht nur um ein paar Tage ging, sondern um die Gefahr, die diese Reise mit sich bringen würde. Man sagte, Juliusburg hätte aufgerüstet. Matthias, der ehemalige und jetzt wieder ernannte König, hatte die Entschuldigung von Caius- und jetzt auch ihre, denn sie war seine Königin-nicht angenommen. Er hatte Caius' Präfekten hängen lassen und die Soldaten aus seiner Armee hatten tatenlos zusehen müssen, da Caius angeordnet hatte, dass sie unverzüglich aus Juliusburg abziehen sollten. Und Matthias war nicht alleine...die vier anderen Königreiche, die nun wieder autonom waren, hatten sicherlich Rebellen aus Engelheim versteckt. Nun hörte Marianna leise Schmatzgeräusche und seufzte. Jemand stöhnte. Sie hörte Lucius raunen:
„Ich bin verrückt nach dir, Liebster...oh, nicht so fest...das machst du jetzt mit Absicht, oder?"
Sie wollte das nicht hören. Überlegte, ob sie zurück kriechen sollte und noch eine Runde in der Stadt drehen sollte, als plötzlich schnelle Schritte die Liebenden aufschreckte.
„Oh, bitte...Habt ihr kein Schlafzimmer?" hörte Marianna ihren Gatten schimpfen.
„Du weißt genau, dass wir uns am Tag nicht erwischen lassen dürfen. Dann müsstest du mich ins Gefängnis werfen, Bruder." knurrte Lucius.
Caius seufzte.
„Euch beide. Und das wäre furchtbar. Habt ihr Marianna gesehen?"
„Nein. Ist deine freche Königin mal wieder entwischt?" kicherte Lucius.
„Ich hatte sie schon, doch meine eigenen Soldaten haben mich von ihr weg gejagt!" lachte Caius. „Immerhin weiß ich, dass sie ihre Arbeit gut machen und die Frauen am Tage vor Landstreichern sicher sind. Nur ist mir das Täubchen wieder verloren gegangen...sie hört einfach nicht."
„Du musst strenger mit ihr sein, du bist der Kerl, Caius!" alberte Lucius und Marianna ballte die Fäuste.
Geht doch endlich, dachte sie. Sie hatte Hunger und Durst, ihre Narbe tat weh und zusätzlich hatte sie unterwegs ihre Blutungen bekommen. Was auch dazu beitrug, dass sie ständig weinen musste.
„Ich denke nicht daran." brummte Caius. „Meine Frau ist genauso, wie sie sein soll. Und sie ist deine Königin, also pass auf, was du sagst."
Marianna's Herz ging auf vor Liebe für ihren Ehemann und wieder schossen Tränen in ihre Augen. Plötzlich konnte sie ein lautes Schluchzen nicht unterdrücken. Schritte kamen näher und sie hielt die Luft an. Das Gitter klirrte laut, als es auf die Erde fiel. Ja, es war genauso präpariert, wie das auf der anderen Seite. Sie hörte jemanden durch den Eingang kriechen, doch jede Flucht wäre vergebens gewesen, also kroch sie vorwärts und schon war sie Nase an Nase mit Caius. Sie seufzte.
„Mein letztes Geheimnis...dahin."
„Und das ist gut so. Du wirst von nun an nicht mehr heimlich verschwinden...oh, mein Herz...warum weinst du?" raunte er erschrocken und zog sie in dem engen Gang fest in seine Arme.
Und das führte wie immer dazu, das Marianna noch mehr weinen musste. Der große Römer tröstete sie eine Weile und dann schluchzte Marianna:
„Ich wünschte, alles wäre wie früher! Mir fehlen die Hunde. Die Kekse. Der Pudding. Und Gloster. Ja, er fehlt mir so sehr, ist es nicht verrückt, Caius?"
Er hatte aufgehört, sie zu streicheln und schaute sie ernst an.
„Nein, ist es nicht. Vater fehlt mir auch manchmal, obwohl er mich fast getötet hätte. Möchtest du, dass ich nach Wildhain zurück gehe?"
„Ach, das habe ich doch gar nicht gesagt, du weißt, dass ich dich liebe und ohne dich nicht mehr sein könnte. Und es würde auch nichts daran ändern, das Gloster mich verraten hat. Und meine Babies tot sind. Und ich mich nicht mal richtig trösten kann!"
Caius hob ihr Kinn und raunte:
„Umgekehrt ist es genauso. Aber ich kann dich doch trösten!"
„Shhhh!" machte Marianna und deutete auf das Fenster.
„Lucius?" rief Caius, doch es kam keine Antwort.
Er lächelte Marianna an.
„Aber lass uns zuerst raus hier, es stinkt."
Er ließ sie los und hüpfte durch den Schacht.
„Du kannst mich gerade nicht trösten, das ist ja das Dilemma." brummte Marianna und hangelte sich hinter her.
Caius wollte sie heben, doch sie wand sich und knurrte:
„Lass mich, ich kann das alleine."
"Sei froh, das ich so genügsam mit dir bin." zischte Caius. „Warum kann ich dich nicht trösten?"
Marianna kam hart auf den Betonboden auf und verzog das Gesicht vor Schmerz. Caius seufzte:
„Selber schuld, Dickkopf. Ach...ich verstehe. Ich dachte schon, es läge an der ganzen Sache, aber du hast die Frauenkrankheit, oder?"
Marianna bejahte murrend. Sie folgte ihrem Mann missmutig die vielen Treppenstufen hinauf.
„Zum Glück, dann wirst du ja bald wieder die Alte sein. Aber warum meinst du, könnte ich dich in diesem Zustand nicht trösten?" fragte er und blieb stehen.
Sie guckte mit großen Augen zu ihm auf.
„Ich bin unrein."
„Das ist Unfug. Es ist vielleicht nicht gerade appetitlich und viele Männer mögen es nicht, aber ich...heiße nicht umsonst Blutkönig." grinste er.
Marianna wurde heiß.
„Du würdest...mit mir...?"
„Natürlich. Wenn du es möchtest, heißt das. Und ich müsste vorher noch einmal kurz Lucius verabschieden. Aber dann hätte ich Zeit für dich, meine biestige Königin."
Marianna seufzte.
„Es tut mir leid. Ich wollte nicht grob sein, nicht zu dir..." wieder weinte sie. „Ich bin so wütend. Und so traurig. Warum bin ich nur eine Frau geworden?"
„Oh, ich bin ganz glücklich darüber." schmunzelte Caius.
Er zog sie sanft an sich. Küsste ihre Stirn.
„Ich weiß nicht, ob ich dich lieben könnte, wenn du einen Penis hättest. Aber...ohne dich wäre es furchtbar, also würde ich mich wohl für dich bücken." kicherte er.
„Du willst mich auf den Arm nehmen. Und ich will gar kein Mann sein, ich will...hm. Das du mich jetzt tröstest." seufzte sie. „Obwohl du das, was ich am meisten liebe, nicht tun kannst..."
Er lächelte sie an.
„Am meisten liebe? Heisst das, du könntest auf meine harte, große Männlichkeit verzichten?"
Sie nickte und er gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Sie stob davon, er hinterher, natürlich war er schneller und holte sie ein. Drückte sie an die Wand und küsste sie gierig. Dann löste er sich keuchend, legte ihre Hand auf seinen Schritt und raunte:
„Und damit muss ich jetzt auf den Hof und Lucius verabschieden."
„Der wird dir dabei vergehen..."
„Wieder einmal. Wie vorhin, als wir erwischt worden sind...Ich hätte dich so gerne geschändet, meine Schöne."
Sie stöhnte leise und schaute ihn sehnsüchtig an.
„Caius, wo bleibst du?" rief Lucius nun von oben.
Der große Mann küsste Marianna kurz und nahm dann zwei Stufen auf einmal.
Marianna folgte langsam und ging auf ihr Zimmer, um sich frisch zu machen, bis ihr einfiel, dass es ja nun Lucius' Zimmer war. Sie schaute nach der Mausefalle und sah, dass sie noch unberührt war. Also warf sie sie aus dem Fenster. Dann verließ sie das Zimmer wieder und suchte ihr neues Schlafgemach auf. Das Königspaar hatte gleich zwei, die miteinander verbunden waren. Caius meinte, falls Marianna mal vor ihm Ruhe haben wollte oder er erst in der Nacht heim käme, wäre es besser, aber sie konnte gar nicht mehr ohne ihn einschlafen. Sie ging auf den Balkon, um Lucius zu winken. Lothar war nicht im Hof und Marianna nahm sich vor, ihn später zu trösten. Lucius war ein guter Kämpfer, selbst wenn irgendjemand es wagen sollte, die zwanzigköpfige Eskorte anzugreifen, würde er heil zurück kommen, dessen war sie sich sicher. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, Caius' Kind hier zu haben, das Kind, das er mit einer anderen Frau gezeugt hatte, die er so geliebt hatte...wie sie. Marianna schloss die Augen. Nein, Caius hatte gesagt, dass er Amalie nicht geliebt hätte. Aber Thomas wäre ohne Liebe nicht entstanden! Sie hörte die Tür gehen und drehte sich um. Caius sah ernst aus.
„Marianna...hör zu. Ich...werde mein Kind selbst holen. Was bin ich für ein König, der sich versteckt? Ja, ich habe mich verändert, aber ich bin doch kein Feigling geworden!"
Die Angesprochene riss die Augen auf.
„Nein, bitte. Das hat nichts mit Feigheit zu tun, du wirst hier gebraucht, Caius! Ich bin noch nicht fit genug, um zu übernehmen und du hast mir auch noch nicht alles erklärt, was du verändert hast..." hauchte sie erschrocken.
„Es ist nicht viel. Und Canterbury hilft dir, er weiß über alles Bescheid. Lucius wird hier bleiben, er passt auf euch auf. Ich nehme Elmar und Podrick mit, ich muss gestehen, deine Jungs sind besser als meine. Podrick hat Elmar besiegt, hatte ich dir das schon erzählt?"
Marianna schaute ihren Ehemann wütend an.
„Es ist mir völlig gleich, welche Männer die Besseren sind, es geht mir um meinen Mann! Ich weiß, dass du ein brillanter Kämpfer bist, aber das wird dir nichts nützen, wenn du in einen Hinterhalt gerätst!"
„König Matthias ist nicht schlau genug. Du weißt, wie leicht ich Juliusburg überrennen konnte, es hat nicht mal einen halben Tag gedauert. Mir wird nichts passieren, Liebste. Ich muss nun gehen." raunte er und Marianna sprangen wieder die Tränen in die Augen.
„Ich flehe dich an, bleibe bei deinem ursprünglichen Plan!" weinte sie.
„Marianna..." hauchte Caius und zog sie fest an sich. „Ich bin Thomas' Vater. Ich werde ihn nicht alleine reisen lassen."
„Du hast gesagt, ich bedeute dir mehr." schluchzte die Königin.
„Das tust du, doch du bist hier in Sicherheit. Thomas ist es nicht. Es tut mir leid, mein Herz, aber ich muss dich jetzt verlassen. Umso schneller bin ich wieder da und kann mein Versprechen einlösen." blinzelte er.
Marianna nickte und riss sich von ihm los.
„Dann geh." knurrte sie und drehte sich demonstrativ um.
Sie wollte nicht so sein, doch sie konnte nicht anders. Die ganzen Gefühle zerrissen sie schier, und nun hatte Caius, anstatt ihr zu helfen, auch noch einen oben drauf gesetzt! Sie hörte die Tür zufallen und schrie ihre Wut und ihre Angst hinaus. Caius, der es hörte, blieb einen Augenblick stehen, doch er wußte, wenn er zurück ging, würde er weich werden. Und zu viel Zeit vergeuden. Er lief in den Hof, sattelte auf und deutete der kleinen Delegation, dass sie los reiten sollten. Caius wollte sich zum Balkon umdrehen, aber er gab dem Pferd die Sporen und preschte los. Er wußte, dass Marianna nicht dort stand. Er sah sie heulend und gekrümmt auf dem Schlafzimmerboden liegen. Spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. Deshalb ritt er so schnell, wie er nur konnte.
Nachdem sie eine Stunde geweint hatte, fühlte Marianna sich nicht besser, aber die Gedanken waren durch ihre Erschöpfung gedämpfter. Sie ging zu Canterbury und ließ sich von ihm aufklären. Er war erleichtert, als sie sagte, sie würde nun wieder übernehmen. Und so war sie Abends wenigstens ausreichend müde, um ohne Caius einschlafen zu können. Lothar schaute sie immer wieder fragend an, anscheinend hoffte er, dass sie mit ihm sprach, doch Marianna hatte keine Lust dazu. Ja, sie hatte ihn trösten wollen, doch nun hatte er seinen geliebten Lucius ja doch behalten können und sie war Strohwitwe! Ihre Rechnung ging auf, in der Nacht schlief sie tief und fest, stand dann früh auf und kümmerte sich um die Geschäfte. Nach drei Tagen war Caius immer noch nicht zurück. Auch nicht nach vier. Am fünften Tag wurde Marianna unruhig. Nun, Thomas brauchte sicherlich viele Pausen, er war ja noch ein Baby. Dann war eine Woche vergangen und Marianna schlief wieder schlechter. Lucius suchte sie auf und fragte, ob er die Erlaubnis bekäme, Caius entgegen zu reiten. Marianna gestattete es ihm, obwohl sie wußte, dass der nächsthöhere Offizier Podrick gewesen wäre, der nun mit Caius verschwunden war und falls Lucius ebenfalls etwas zustoßen würde, hätte sie keinen militärischen Oberbefehlshaber mehr. Nach weiteren vier Tagen kam Lucius zurück, an seiner Seite Thomas und seine Amme. Er berichtete Marianna, dass Caius nie in Wildhain angekommen wäre. Marianna schloß kurz die Augen und ließ sich in ihren Thron sinken. Die Amme schaute sie müde an und Marianna winkte Lothar.
„Zeig der Amme ihr Zimmer, Lothar. Kümmere dich um sie." sagte sie gefaßt und fragte sich, warum sie es konnte.
Lucius räusperte sich. Sie blickte ihn ernst an.
„Habt ihr noch etwas zu sagen, General?"
„Ja, das habe ich. Hoheit..." begann er zögerlich.
„Spuck's aus, verdammt noch mal!" zischte Marianna nun ungeduldig und Lucius musste sich arg zusammen reißen, sie nicht für den unangemessenen Ton zu schlagen.
„Es ist ein Brief an das Stadttor von Wildhain genagelt gewesen. Und...nun ja."
Er reichte Marianna das Pergament. Es kam aus Juliusburg. Caius wäre Matthias' Gefangener, stand dort, und er würde ihn töten, sollte Marianna nicht nachgeben, das Königreich ihm überlassen und mit ihrem Mann ins Exil gehen. Sie zischte. Schaute auf.
„Und was heißt euer: „Nun ja?"" fragte sie.
„Das...auch." hauchte Lucius und hielt ein Kästchen hoch. „Ihr müsst es euch nicht ansehen, es ist..."
„Gib her!" fauchte Marianna und wieder zuckte Lucius vor Wut zusammen.
Wie hielt Caius das nur aus? Anscheinend konnte Caius sie besänftigen, wie anders herum auch. Trotzdem war sie eine Frau und sollte demütig sein! Marianna verzog keine Miene, als sie den abgeschnittenen Finger ihres Mannes in dem Kästchen betrachtete. Sie nahm ihn sogar heraus und hielt ihn ins Licht. Er stank so stark nach Verwesung, dass Lucius schlecht wurde. Marianna erklärte:
„Er ist...ziemlich mitgenommen. Ich kann nicht genau sagen, ob er zu Caius gehört, vielleicht will man uns reinlegen."
„Aber wo soll Caius denn sonst sein, verdammt?" zischte Lucius.
Marianna blickte ihn ernst an.
„Das wirst du herausfinden. Du kennst seine Denkweise besser als alle anderen hier. Nein, ich werde nicht einlenken!"
Der Römer holte tief Luft und erwiderte:
„Mari...Eure Hoheit. Das ist Wahnsinn, Matthias wird ihn töten."
„Nun, deshalb wirst du zuerst in Juliusburg suchen. Caius hat mir erzählt, dass ihr damals unbemerkt hinein gekommen seid, um die Invasion zu beginnen. Nimm so viele Männer, wie du brauchst."
Lucius schaute sie ernst an.
„Nein." sagte er nur.
„Was nein?"
„Das ist nicht das, was wir tun werden."
„Wir? Ich entscheide, verdammt!" brüllte die üppige Frau nun und Lucius konnte sich nicht mehr bremsen.
Er schoß auf sie zu. Marianna wußte sich nicht anders zu helfen, als ihm ihre Faust entgegen zu recken und der Schlag machte Lucius noch wütender.
„Stop! Was ist mit dir?" rief Lothar nun, obwohl er sich nicht rühren durfte.
Lucius hatte Marianna ohrfeigen wollen, doch sie war zurück gewichen. Sie rief die Wachen vor der Tür, die nun auch völlig irritiert waren und nicht wußten, ob sie ihren eigenen General vor der Königin oder umgekehrt schützen sollten. Lucius hielt sich die blutende Nase und zischte:
„Wenn ihr meinen Rat haben wollt- tut, was Matthias sagt. Es wird Zeit, dass sich etwas verändert!"
„Was?" hauchte Marianna entsetzt und Lucius kam näher.
Die Wachen wollten eingreifen, doch Marianna winkte sie davon. Lucius raunte ihr ins Ohr:
„Ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass Matthias Caius hat, denn ich habe ihm selbst den Finger abgeschnitten. Ich habe es so satt, immer in Caius' Schatten zu stehen..."
„Das ist Hochverrat!" zischte Marianna und Lucius lachte.
„Wer will es beweisen? Ich würde doch niemals meinem besten Freund etwas antun!"
Lothar schaute entsetzt von einem zum anderen. Dann ging Lucius und der Diener starrte dem Mann nach, den er über alles liebte, wie er dachte, doch nun nicht wieder erkannt hatte. Marianna zitterte und Lothar ging zu ihr, nahm sie in seine Arme. Plötzlich riss sie sich los und stürmte hinaus, Lothar folgte ihr.
„Wo ist Thomas?" hauchte sie.
„Ich bringe euch zu ihm."
„Wir müssen ihn schützen. Wir...oh. Gott. Lothar." wisperte die sonst so gefasste Königin.
Das Baby kiekste fröhlich vor sich hin, als Marianna und Lothar das Zimmer betraten. Die Amme war mit Thomas auf dem Arm eingenickt. Marianna nahm ihr das Baby vorsichtig ab und als ihr Blick auf Thomas' kleines Gesichtchen fiel, begann sie, bitterlich zu weinen. Thomas hatte Caius' wunderschöne blaue Augen!
„Es tut mir so furchtbar leid, du kleines Wesen." schluchzte die Königin. „Kann man denn niemandem mehr vertrauen, hier an diesem Hofe?"
Sie wiegte das Baby, das nun auch leise greinte. Es spürte Mariannas Verzweiflung. Plötzlich legte Lothar eine Hand auf Marianna's Schulter.
„Auf Hochverrat steht der Tod, meine Königin." flüsterte er, obwohl die Amme fest schlief und laut schnarchte.
„Du hast Lucius gehört und er hat Recht. Niemand würde uns glauben, wenn wir ihn bezichtigen würden, gegen Caius intrigiert zu haben."
„Wir werden ihn auch nicht anklagen."
Lothar war herum gekommen und schaute Marianna aus seinen schönen Augen ernst an.
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