Verkauf noch heute deine Seele
Alt führte Johnny zurück durch die fragmentierten Pfade des Cyberspace, jeder Schritt brachte ihn weiter weg von dem Grenzraum, in dem V gefangen blieb. Er konnte nicht aufhören, an sie zu denken - wie still sie war, wie leer sie aussah.
Es war nicht richtig. Das war nicht sie.
Sobald sie in die stabileren Bereiche des Cyberspace zurückkehrten, wandte sich Johnny an Alt, dessen Geduld am seidenen Faden hing.
"Du solltest lieber anfangen zu reden", forderte er. "Wenn du noch etwas in petto hast, ist es jetzt an der Zeit, es auszuspucken."
Alt betrachtete ihn mit ihrer üblichen ruhigen, distanzierten Miene. "Ich sagte, du sollst mir vertrauen. Du wirst dich gedulden müssen."
Johnny ballte die Fäuste. "Ich habe keine Geduld, Alt. Du hast mir gerade V gezeigt - du hast mir gezeigt, was von ihr übrig ist. Und jetzt sagst du mir, ich soll warten? Ich habe keine Zeit für diesen kryptischen Schwachsinn."
Alt legte ihren Kopf leicht schief. "Dann erlaube mir, dass ich mich klar ausdrücke."
Die Luft um sie herum veränderte sich erneut und flackerte mit neuen Datenströmen. Eine Projektion materialisierte sich vor Johnny - ein Bild von ihm.
Oder zumindest sah es aus wie er.
Das gleiche Gesicht. Derselbe Körperbau. Sogar der gleiche kybernetische Arm, bis ins kleinste Detail perfekt nachgebildet.
Johnny machte einen langsamen Schritt nach vorne und starrte es an.
"Was zum Teufel ist das?"
"Dein neuer Körper", sagte Alt schlicht.
Johnnys Puls beschleunigte sich. Er bemerkte nicht einmal, dass er eine Sekunde lang aufgehört hatte zu atmen.
"Was zum Teufel meinst du mit meinem neuen Körper?"
"Wie du sehr wohl weißt, lebst du in einem Körper, der nicht dein eigener ist", erklärte Alt. "Er gehört V. Um ihn zurückzugeben, brauchst du einen Ersatz."
Johnny atmete scharf aus und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Das ist mein Ersatz?"
"Ja. Er ist größtenteils Biologisch, nicht mehr kybernetisch verändert als so manch anderer in Night City. Echtes Blut, Knochen, sogar deine DNA. Gezüchtet um dir ein neues "Zuhause" zu bieten." Erklärte Alt sachlich.
Er stieß ein hohles Glucksen aus und schüttelte den Kopf. "Nein. Auf keinen Fall. Das... das ist Konzern-Scheiße, Alt. Das letzte Mal, als jemand so einen Körper gebaut hat, war es der verdammte Saburo Arasaka, der versucht hat, sich am Leben zu erhalten."
Alt blieb unbeeindruckt. "Willst du V retten oder nicht?"
Johnny erstarrte.
Sie sagte es nicht wie eine Drohung.
Sie sagte es wie eine Tatsache.
Denn genau das war es auch.
Es ging nicht mehr um ihn. Das war es schon lange nicht mehr.
V war gefangen.
Sie brauchte ihren Körper zurück.
Und das war der einzige Weg, es zu tun.
Trotzdem verdrehte sich etwas in seinem Magen. "Wer zum Teufel hat das gebaut?"
Alt zögerte. Nur eine Sekunde lang. Dann sagte sie: "Das darfst du nicht wissen. Noch nicht."
Johnnys Kiefer spannte sich an. "So funktioniert das hier nicht. Wenn ich diesen Körper annehme, muss ich wissen, an wen ich meine Seele verkaufe."
"So ist es nicht Johnny."
Johnny lachte bitter auf. "Bist du dir da sicher? Denn als ich das letzte Mal nachgesehen habe, haben Konzerner nicht einfach etwas verschenk. Sie verlangen immer eine Bezahlung."
Alt schwieg einen Moment, dann sagte sie: "Ja. Es wird einen Preis geben."
Natürlich, es gab immer einen Preis.
Johnny atmete scharf aus und starrte auf die Projektion des Körpers. Es war so verdammt surreal, als würde er einen Geist von sich selbst sehen.
Er hasste es.
Er hasste es, dass dies der einzige Weg war.
Aber V...
Sie war wichtiger als er.
Vielleicht hätte er sich früher, vor Jahrzehnten, dagegen gewehrt. Er wäre lieber gestorben, als irgendwelchen Puppenspielern, die sich in den Schatten verstecken, etwas zu verdanken.
Aber jetzt?
Jetzt hatte er jemanden zu retten.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
"Wo ist der Haken?"
Alts glühende Augen richteten sich auf ihn. "Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie dich kontaktieren. Du wirst tun, was sie verlangen."
Johnny knirschte mit den Zähnen. "Ich soll also nur darauf warten, dass sie abkassieren irgendwann?"
"Richtig."
Er atmete langsam aus.
Dies war ein Pakt mit dem Teufel.
Und er entschied sich dafür, ihn einzugehen.
"Gut", sagte Johnny. "Tu es. Transferier mich oder was auch immer."
Alt nickte. "Dann mach dich bereit. Denn wenn das einmal geschehen ist, gibt es kein Zurück mehr."
Er grinste bitter.
"Es gibt schon seit einer verdammt langen Zeit kein 'Zurück' mehr."
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