Und dann...dann kämpfst du
Die kalte, sterile Luft des Lagerhauses drückte gegen Johnnys Haut, als er vor dem Glas-Container stand, in der er sich befand.
Oder besser gesagt, der Körper, der für ihn geschaffen worden war.
Er starrte ihn an und versuchte, alles zu verarbeiten, was Alt ihm gesagt hatte.
Sein neuer Körper war perfekt - zu perfekt. Jedes Detail war nachgebildet, bis hin zur kleinsten Narbe, der kybernetische Arm genau so, wie er ihn in Erinnerung hatte, aber frisch, als hätte er noch nie einen Kampf gesehen. Es drehte sich ihm der Magen um.
"Er wartet hier schon seit Wochen", sagte Alt. "Sobald ich mir sicher war, dass du V suchen würdest, habe ich dafür gesorgt, dass die Vorbereitungen getroffen wurden."
Johnny atmete scharf aus und zwang seine Gedanken wieder auf das Wesentliche.
"Erzähl mir noch einmal alles", forderte er.
Alt gehorchte. "Sobald ich den Transfer eingeleitet habe, wird sich dein Engramm von Vs neuraler Struktur lösen. Der Code, den ich geschrieben habe, wird ihren Körper stabilisieren und die Abstoßungsreaktion unterdrücken, wenn sie wieder in den Körper eingeführt wird. Allerdings..."
Johnnys Finger zuckten. Er wusste, was kommen würde.
"Aber es wird nicht sofort sein", fuhr Alt fort. "Vs Bewusstsein ist schon zu lange getrennt. Ihr Körper wird sie nicht sofort akzeptieren. Es wird einige Zeit dauern - etwa eine Woche - bis zur vollständigen Integration."
Johnny trat einen Schritt zurück und rieb sich das Gesicht. "Und in dieser Zeit?"
"Es wird Konflikte geben", sagte Alt mit schwerer Stimme. "Ihr Geist und ihr Körper werden darum kämpfen, sich wieder zu verbinden. Es wird schmerzlich sein. Instabilität. Ihre autonomen Funktionen könnten jederzeit versagen. Ohne ständige Hilfe wird sie nicht überleben."
Ein scharfes, bitteres Lachen entwich Johnnys Lippen. "Also muss ich sie rund um die Uhr bewachen? Sie am Atmen halten, aufpassen, dass ihr Herz nicht einfach aufhört zu schlagen?"
"Ja", bestätigte Alt. "Wenn du sie wirklich retten willst, musst du während des gesamten Prozesses an ihrer Seite bleiben. Wenn sie allein gelassen wird, wird sie sterben."
Johnny schloss kurz seine Augen und atmete aus.
Das war nicht fair.
Er hatte bereits alles für diese Sache aufgegeben. Seinen Körper, seine gottverdammte Freiheit, und das alles für ein paar zwielichtige Typen, die eines Tages anklopfen würden, um zu kassieren.
Und jetzt musste er sie leiden sehen?
Musste er kämpfen, um sie am Leben zu erhalten, obwohl sie nicht einmal wusste, was mit ihr geschah?
Sein Magen drehte sich um.
Aber er hatte keine andere Wahl.
Er war schon so weit gekommen.
Es gab keine verdammte Möglichkeit, dass er jetzt aufhörte.
"Du sagtest, du würdest den Code installieren, bevor du sie transferierst", sagte Johnny, seine Stimme wurde leiser. "Bist du sicher, dass es funktionieren wird?"
"Es ist die bestmögliche Lösung", antwortete Alt. "Ohne ihn würde ihr Körper das Engram ablehnen und sie wäre für immer verloren."
Johnny nickte langsam. Er musste ihr in dieser Sache vertrauen. Es gefiel ihm nicht, aber er hatte keine andere Wahl.
"In Ordnung", sagte er schließlich. "Tu es."
Alts Gestalt flackerte, dann verfestigte sie sich wieder. "Ich werde jetzt mit dem Prozess beginnen. Leg dich in den Transferstuhl."
Johnny drehte sich zu dem Gerät neben dem Container um. Es sah aus wie ein Prototyp eines Braindance-Stuhls - Drähte, Kabel, ein glatter Metallkopf, der ihn wahrscheinlich braten würde, wenn etwas schief ging.
Er ließ sich darauf nieder und spürte, wie seine Nerven zu kribbeln begannen.
Er hatte keine Angst vorm Sterben. Hatte er noch nie.
Aber das hier?
Das hier war anders.
Es ging nicht darum, dass er starb.
Es war ihre Rückkehr.
Und das machte ihm mehr Angst als alles andere.
"Schließ deine Augen", befahl Alt.
Johnny gehorchte.
Dann setzte der Schmerz ein.
Es war, als würde er von innen heraus zerrissen.
Sein Bewusstsein löste sich auf, wurde aus dem Fleisch und den Knochen gerissen, die nicht zu ihm gehörten. Es brannte, brannte durch seine Nerven, sein eigenes Wesen zersplitterte, als Alt ihn gewaltsam aus Vs Körper entfernte.
Einen erschreckenden Moment lang spürte er nichts.
Kein Gewicht. Keinen Schmerz.
Nur Leere.
Dann setzte sich sein Verstand wieder in Gang.
Seine Brust hob sich. Seine Lunge brannte. Sein Herz pochte wie eine Kriegstrommel.
Und als er die Augen öffnete, war er er selbst.
Er war wieder da.
Johnny Silverhand, in seinem eigenen verdammten Körper.
Seine Finger zuckten. Sein kybernetischer Arm reagierte auf der Stelle. Jeder Muskel, jeder Nerv, alles funktionierte.
Es fühlte sich echt an.
Zu echt.
Er drehte seinen Kopf.
Vs Körper lag regungslos auf dem zweiten Transferstuhl, ihr Gesicht war blass, ihr Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr. Für diesen Moment lebte keine Seele in ihm.
Johnnys Atem stockte.
Sie war quasi tot, aber nicht mehr lange.
Er stolperte auf sie zu, noch benommen von dem ganzen Prozess.
Alts Stimme hallte um sie herum.
"Es beginnt gleich."
Johnny schluckte schwer, seine Kehle war trocken. "Und was dann?"
Alts Antwort war leise.
"Und dann kämpfst du um sie."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top