EINS.

Das kühle Wasser leckte an Yeonjuns Körper und biss sich in die dunkle Kleidung, versuchend den Jungen runterzuziehen. In seinem Kopf wirbelte ein schwarzer Sturm an Gedanken, die sich ineinander knoteten und es unmöglich erscheinen ließen, einen normalen Atemzug nehmen zu können. Das Gefühl spitzte sich zu und Yeonjun hatte Angst, sein Kopf würde jede Sekunde explodieren - also flüchtete er in den See, der das Gedankenfeuer binnen Sekunden löschen konnte.

Freiheit umarmte ihn.

Neidisch klebten Beomgyus Iriden an Yeonjun und er wünschte, er wäre an der Stelle seines Freundes. In seiner Brust tobte der Wunsch, die gleiche Fähigkeit zu erhalten, wie Yeonjun sie schon aus Kindestagen hatte. Wut formte sich in Beomgyus Inneren und er lud es auf die Erinnerungen an seine Eltern, die keine Zeit in der Vergangenheit finden wollten, ihm das Schwimmen beizubringen.

Mittlerweile schämte sich der junge Mann viel zu sehr, als dass er jemand drum fragen würde, Versäumtes nach zu ziehen, sodass das Puzzle rund um Beomgyu irgendwann einen vollständigen Zustand genießen konnte.

»Schwimm nicht zu weit raus, Blaubarschbube!«, hallte Beomgyus Stimme über den See und drang durch zu Yeonjun, der grinsend den Kopf anhob und seine Augen zu schlitzen verengte, um unter der Sonne die Figur des Jüngeren ausmachen zu können, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte und seine Hände als Stütze ausnutze.

»Ich dreh nur eine kleine Runde nach Japan!«, antwortete er letztlich und unterdrückte sich ein Lachen, ehe er die Luft anhielt und plötzlich abtauchte. Das Wasser war klar und sauber, es brannte nur ein kleines bisschen in den Augen; aber der unangenehme Schmerz lohnte sich für den schönen Ausblick, der sich Yeonjun bot. Die Welt, die sich unter dem Wasserspiegel versteckte, hatte etwas magisches und einlullendes, sodass Yeonjuns Herz sich nicht vor dem Regen schützen konnte, der den Wunsch in ihm goss, es als sein neues Zuhause anzunehmen.

Ebenso hatte der See etwas melancholisches, denn sein Herz war leer. Nur ein paar Schnecken waren beim intensiven Tauchen auszumachen. Zu bestimmten Jahreszeiten besetzen auch wenige Frösche den See, aber zum größten Teil wurde das Gewässer mit Einsamkeit umarmt. Vielleicht hatten die beiden Jungs deshalb so oft den Drang, sich in dieser Gegend niederzulassen, um das klaffende Loch der Leere auszufüllen.

Als Yeonjun einmal von seiner Entdeckung berichtet hatte, war Beomgyus einziger Kommentar, die Lebewesen seien bestimmt allesamt gestorben, als Yeonjun das erste Mal den See betreten hatte. Hinterher schob er seinen Gestank als Grund, weshalb Beomgyu ein ausgerupftes Grasbüschel an den Kopf geschmissen bekam und die sich Liebenden in schallendes Gelächter ausgebrochen waren.

Das Necken würde nie ein Ende finden, sondern sich auf der Spirale weitertreten, die sich um sie schloss.

Ausgeschlossen sein. So fühlte es sich für Beomgyu an. Als würde ihn das blaue Blumenmeer verschlingen und von Yeonjun trennen, da er es nicht schaffte, den See soweit zu betreten, als dass er nach der Hand des Älteren greifen könnte. So sehr sie auch verbunden waren, blieb dort immer diese Distanz zwischen den zwei Seelen, die vom gemeinsamen Zuhause in zwei eigene absplitterten - ins Land und ins Gewässer.

Dabei erschuf die Sehnsucht nach einem neuen Zuhause ein klaffendes Loch in Beomgyus Brust, denn er fühlte sich dem Wasser hingezogen. Obwohl er nicht vertraut mit den Wellen war wie Yeonjun, der es selbst wagte, die Augen zu schließen - denn er wusste, das Wasser würde ihn tragen, das Wasser würde ihn beschützen. Beomgyu hin dessen hatte die Angst in sich geformt zu ertrinken.

Wasser bedeutete Tod und Leben; denn das Leben lag in den Armen des Todes und beiden wogen langsam hin und her, waren so sehr ineinander geschlungen, dass man nicht das eine ohne das andere haben konnte. Der Tod jagte dem Leben nach und das Leben versteckte sich lachend, bis der Tod über das Leben herfiel und sie in einen tiefen Kuss der Zerstörung und Erneuerung verschmolzen.

So sehr er sich vor dem See fürchtete, so groß war auch die Sehnsucht mit den Glasperlen zu verschmelzen; und Beomgyu fragte sich, wie er dem See erklären sollte, dass er an Land allmählich ertrank.

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