57)Mailas Sicht:

Seit zwei Tagen bin ich jetzt wieder hier in der Pension. Zumindest Körperlich. Doch seelisch bin ich an einem ganz anderen Ort. Bei Henry. Noch immer habe ich das Gefühl, als würde ich innerlich verbluten, als ob mein Herz am Liebsten aufhören würde zu schmerzen. 

Jedes Mal wenn ich auch nur an ihn denke wird mein Herz entweder schwer oder es fängt an Purzelbäume zu schlagen. So als ob es sich nicht entscheiden könnte, was es wolle... Und als ob das nicht schon alles schlimm genug wäre, bin ich momentan scheinbar mit Tollpatschigkeit gesegnet. 

Oder verflucht. Wie man es nimmt. Meiner Ansicht ist es eher letzteres. Erst gestern ist mir mein Lachs vom Teller gefallen. Als hätte das noch nicht gereicht, ist mir auch mein Kaffee aus der Hand gerutscht und hat sich über den ganzen Boden und über meinen armen Lachs verteilt. 

Aus einem mir unerfindlichen Grund habe ich daraufhin so lautstark angefangen zu weinen, dass Ella mich auf mein Zimmer zurück gebracht hat. Später hat sie mir dann berichtet, dass sie mein Chaos beseitigen durfte. Natürlich auf den Wunsch meiner Oma. Nicht, dass sie es nicht auch so gemacht hätte. 

 Noch immer habe ich mich Ella nicht anvertraut. Dabei ist mir gerade das, doch so wichtig gewesen. Ich weiß auch nicht, wieso ich es nicht einfach tue. So schwer kann das doch wirklich nicht sein. Ella ist es natürlich nicht entgangen, dass es mir nicht gut geht. Sie hat mich deswegen bereits mehrmals versucht darauf an zu sprechen, doch letztendlich bin ich ihr immer wieder ausgewichen oder vor ihr geflüchtet. 

 Aber anstatt mir deswegen böse zu sein, hat sie mich nur in den Arm genommen und gesagt, ich könnte mit ihr sprechen, sobald ich bereit dazu wäre. Ihre Umarmung hat mir in dem Momentmehr geholfen, als es irgendwelche Worte getan hätten. Um mich von meinen trüben Gedanken ab zu lenken, hat mich Ella heute gefragt, ob wir nicht zu Quelle gehen wollen. 

Eigentlich wollte ich nein sagen, denn mein Plan ist es gewesen mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren und so viel Eis in mich reinzustopfen bis ich kotze, doch sie hat andere Pläne gehabt. Und da sie sowieso mit ihrem Training für heute fertig gewesen ist, habe ich kein Gegenargument mehr gehabt. 

Obwohl ihr Training wirkliche Fortschritte macht. Mittlerweile ist Ella viel entspannter und kann sich besserkonzentrieren. ,,Kommst du jetzt endlich Maila?" ,,Ja!" Ich wende mich vom Fenster ab und unterbreche somit meine herrliche Aussicht. Und so machen wir uns auf den Weg zur Quelle. 

Eine halbe Stunde später erreichen wir diese und sofort lässt sich Ella in das warme Nass gleiten. ,,Oh, Maila. Das tut so gut. Komm rein und entspanne deine verspannten Muskeln." Ihren Mund verlässt ein wohliges Seufzen. 

,,Nein. Ich glaube ich lasse mich hier draußen lieber noch ein wenig von der Sonne wärmen." Ella zieht kritisch die Augen zusammen. ,,Du meinst wohl er brutzeln. Sicher? Ich glaube nicht, dass das so gemütlich ist. Der Boden ist hier nicht gerade weich und du bist sowieso schon so verspannt.

Das Gras ist mehr als spärlich und die Sonne tut auch deiner Haut nicht all zu gut. Zudem hast du auch keine Sonnencreme dabei. Willst du wirklich einen Sonnenbrand riskieren?" ,,Na gut. Na gut. Ich komme ja schon." 

Damit lasse ich mich in die beruhigende Atmosphäre des Wassersgleiten. Es ist einfach nur herrlich. Sie hat wirklich Recht gehabt. Und wie auf Knopfdruck, als ob ein Schalter in mir umgelegt worden wäre, fließen Tränen über mein Gesicht. Ich werfe mich in Ellas Arme und kann mich gar nicht mehr beruhigen. In mir tobt ein Wirbelsturm an Gefühlen.

,,Bist du jetzt bereit, darüber zu reden?" Ich nicke stumm. Im Moment traue ich nämlich meiner eigenen Stimme nicht. ,,Was ist denn genau passiert?" Mein Blick gleitet durch die Quelle und bleibt bei meiner Flosse hängen. Noch immer bewundere ich Ella dafür, dass sie damit so offensichtlich keine Probleme hat. 

Obwohl sie unter Syrena aufgewachsen ist, stelle ich es mir sehr kompliziert vor. Aber ich schweife von Thema ab. ,,Eigentlich nicht viel..." Sie schaut mich stirnrunzelnd an. ,,Also Maila. Das kannst du deinem Nachbarn erzählen oder meinetwegen auch deinem Hausfisch, aber mir nicht. Das kaufe ich dir nicht ab. 

Dafür kenne ich dich zugut. Erstens würdest du niemals deinen Lachs fallen lassen, denn wir beide wissen, wie gern du ihn magst, -meiner Meinung nach vergötterst du ihn regelrecht- und des Weiteren bist du sonst eine reine Frohnatur. Zweitens liegst du weinend in meinen Armen und zerquetschst mich halb, was aber okay ist. 

Drittens hast du in den letzten Tagen kaum ein Wort gesprochen, obwohl die Wörter sonst nur so aus deinem Mund hervor purzeln. Und aus den ebenzusammengetragenen Punkten lässt sich schließen, dass du momentan nicht du selbst bist. Willst du wirklich immer noch behaupten, dass alles in Ordnung ist?" 

,,Henry." Es ist nur ein Wort und dennoch sehe ich das Ella es sofort versteht. Sogleich drückt sie mich enger an sich. Zusammen lassen wir uns, uns noch tiefer ins Wasser gleiten, so dass wir nun gänzlich von diesem umspült werden. Ella scheint eine Frage auf der Zunge zu liegen, doch scheinbar traut sie sich nicht, diese zu stellen. ,,Frag ruhig." 

Ich seufze und weine noch immer, doch meine Tränen mischen sich mit dem Element um uns herum. Meinem Element. Und dennoch, beruhigt es den Strudel in meinem Inneren kein Stück. ,,Weißt du... weißt du jetzt wer dieses Mädchen ist, von dem Henry schon seit einiger Zeit so schwä...- ähm ich meine redet?" ,,Na jedenfalls nicht von mir." Sie reißt erstaunt die Augen auf. ,,Und... und was macht dich da so sicher?"


,,Ella, bitte lass es einfach. Ich kann das nicht mehr hören. Mein Herzfühlt sich sowieso schon so an, als ob tausend Nadeln gleichzeitig, auf es einstechen würden und mein Hals bekommt gefühlt zu wenig Luft. Ich will mir einfach keine Hoffnungen machen, wo vermutlich keine sein werden. 

Also bitte, mach es nicht noch schlimmer. Mein Herz macht sich nämlich dadurch jetzt noch größere Hoffnungen, obwohl ich wirklich versuche, keine aufkommen zu lassen. Denn ich weiß nicht ob ich den Aufprall auf den Boden der Tatsachen so gutvertragen könnte. Außerdem würden wir nie wirklich zusammenpassen und zudem bin ich sowieso nicht gut genug für ihn." 

Klatsch. Ella hat mir eiskalt eine Backpfeife verpasst! Wütend stemmt sie die Hände in ihre Hüfte und schaut mich strafend an. ,,Sag so etwas nie wieder! Erstens bist du gut genug für ihn und zweitens hat er dich nicht verdient, sollte er das wirklich so sehen! Drittens ist er ein Idiot und dazu noch blind, wenn er nicht merkt, dass du wie eine Irre in ihn verliebt bist! 

Gut, auch wenn ihr euch nur ab und an schreibt. Aber das tut hier nichts zu Sache. Also hör verdammt nochmal auf, so einen Schrott von dir zu geben!" Irgendwie ist es wie ein Dejávu. Denn ich habe Henry, bis auf den letzten Teil, genau das Gleiche gesagt. 

Und Ella hat recht, aber dennoch.... ,,Bevor du mir jetzt an den Kopf wirfst, dass es nicht okay war, dich zu schlagen, das stimmt, aber ich wollte dir damit verdeutlichen, dass nicht so einen Scheiß reden sollst!" Sie nickt bestätigend und schaut mich wildentschlossen an. 

Ja, vielleicht kenne ich sie noch nicht lange, doch diese Zeit hat gereicht, um mir zu zeigen, dass ich mich stets auf sie verlassen kann und sie immer für mich da sein wird. Sie weiß es vielleicht nicht, aber sie ist ein wundervoller Mensch und ich denke es täte ihr gut, wenn ihr das mal jemand sagen würde. 

,,Danke." Fragend sieht sie mich an. ,,Ähm... irgendwie habe ich jetzt so gar nicht mit dieser Situation gerechnet. Eigentlich habe ich eher erwartet, dass du entweder schweigst oder mich anschreist." ,, In jeder anderen Situation würde ich das auch tun. Glaub mir. Aber hierhätte ich einfach keinen Grund dazu gehabt." 

Ihr Gesichtsausdruck wird noch verwirrter. ,,Und wofür hast du dich dann bei mir bedankt?" ,,Dafür das du mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hast. Ich habe eingesehen, dass ich, wenn ich etwas von Henry will, um ihn kämpfen muss. Mit anderen Worten: Ich werde ihm sagen, dass ich ihn sehr mag und wirklich gerne mehr Zeit mit ihm verbringen möchte. 

Was er dann daraus macht, ist seine Sache. Denn letztendlich kann ich dann nichts mehr daran ändern. Vielleicht geht es mir danach so richtig mies. Oder aber es läuft gut und ich bin meinen Liebeskummer los. Ich will mir nicht mein ganzes Leben vorwerfen müssen, dass ich es nicht wenigstens probiert habe. 

Und sollte alles ganz schrecklich laufen, bist du da um mich aufzufangen. Deswegendanke ich dir. Danke, dass du für mich da bist und zu mir hältst." ,,Immer, Maila." 

HEY! 😊

Und schon sind wir beim zweiten Teil der Lesenacht angekommen! 😁

Und wie hat euch dieses Kapitel gefallen?🤨

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