27)Emmas Sicht: (Lesenacht)

Wir sind endlich da! Vor uns erstreckt sich Florida. Wir sind genau an der Stelle aufgetaucht, an der Ella zuletzt gesehen worden ist. Doch wie schon zu erwarten, gibt es von ihr nicht die geringste Spur. Leider. Andererseits hätte es mich sehr gewundert, wenn nach fast einer Woche noch erkennbare Spuren vorhanden gewesen wären.

Zusammen mit Galen schaue ich mir die Gegend genauer an. Der Strand ist warm und weich unter meinen Füßen. Der Himmel über uns erstrahlt in einem warmen Gletscherblau. Und die Wolken werden vom Wind träge hin und her gewiegt. 

Aber zum Himmel noch mal, dass hilft uns alles nicht Ella wiederzufinden! Denn schließlich steht da oben nicht, wohin sie gegangen ist. Sie könnte mittlerweile schon sonst wo sein. Und wir wissen einfach nicht wo. Es ist wahrlich zum Haare raufen. Als Galen und ich aufgebrochen sind, hat Chloe uns gebeten, mitkommen zu dürfen. Doch wir haben beide klipp und klar verneint, denn wir wussten nicht, was die Reise uns bringen würde.

Vor allem aber wollten wir sie nicht in Gefahr bringen und dadurch das Risiko eingehen, auch noch sie zu verlieren. Ich glaube das würde mir endgültig den Boden unter den Füßen wegreißen. Genauso wie Galen. 

Sie zu verlieren... Ich schüttle den Kopf. An unseren Abschied will ich mich nicht erinnern. Er war ehrlich gesagt brutal. Chloe hat uns deutlich gesagt, was sie davon hält, dass sie weder mit uns kommen , den Palast nicht verlassen und auch nicht mit suchen darf.

Erst hat sie uns auf Knien angefleht, das hat sie wirklich noch nie getan, was zeigt, wie wichtig es ihr ist, doch als wir auf ihr flehentliches Bitten nicht eingingen, was weder mir noch Galen leicht fiel, denn wir haben vollstes Verständnis für ihre Gefühle, hat sie uns ihre riesigen Schmerz, Frust und auch ihre Sehnsucht bzw. ihre Wut ins Gesicht geschleudert. 

Mir brach es das Herz, als ich sie so sah. Denn das war nicht sie. Im Gegensatz zu mir und Ella ist Chloe eher wie Galen. Ruhig und ausgeglichen. Natürlich kann sie auch sehr temperamentvoll sein, das lässt sich nicht vermeiden, wenn man in unsere Familie hineingeboren wird, aber meist hat sie sich doch sehr unter Kontrolle.

Und sie ist auf jeden Fall nicht so ein Temperaments Bündel, wie Ella es zu sein vermag. Aber seitdem ihre Schwester wie vom Erdboden verschluckt ist, auch wenn wir es uns ungern eingestehen, haben wir sie leicht vernachlässigt und die Sicherheitsvorschriften für sie erhöht haben, ist sie kaum wiederzuerkennen. 

Sie hat sich mit Alea geprügelt, was ich durchaus nach vollziehen kann, denn ich hätte wahrscheinlich nicht anders gehandelt, hätte jemand so abfällig über einer meiner Liebsten gesprochen, jedoch hätte sie diese Auseinandersetzung früher mit Worten geregelt .

Hätte sie weinen können, so hätte sie wohl den ganzen Raum, mit ihnen füllen können. Doch so begnügte sie sich damit, zwei Vasen zu zerdeppern, meine Bücher umzuwerfen und auf dem Boden zu verteilen und uns mit lodernden , hasserfüllten Augen anzusehen. 

Aus ihren Augen sprach der reinste Schmerz und die pure Enttäuschung darüber, wie wenig wir ihr zutrauen. Doch das war es nicht. Und eigentlich wusste sie das auch. Doch indem Moment... In dem Moment hatte ich Angst sie zu verlieren.

Denn ich spürte deutlich, dass ich ihr wehgetan hatte. Natürlich galt für Galen das Gleiche. Als er sich ihr nähern wollte, ist sie immer weiter zurückgewichen und dann nachdem sie uns einen hasserfüllten Blick zugeworfen hatte, durch die Tür verschwunden.

Ich wollte ihr nachstürzen, doch Galen schüttelte den Kopf und meinte, sie bräuchte Ruhe. Als ich ihn darauf erinnerte, und das tut mir noch heute Leid, dass er das bei Ella auch dachte, da seufzte er nur und ließ mich ihr nach hechten. Doch er hatte recht gehabt. Es war fürchterlich schief gegangen. 

Als ich Chloe auf einer Sandbank gefunden hatte und ihr versuchte zu erklären, wieso wir sie nicht mitnehmen könnten, war sie ausgetickt. Sie hatte mir Vorwürfe gemacht, wie nutzlos ich mich doch gefühlt hatte, als ich nicht hatte mithelfen können, und wie egoistisch es jetzt war, ihr das Gleiche anzutun!

Danach war sie nur so davon geprescht und ich hatte nicht die Kraft gehabt, ihr zu folgen. Stattdessen brach ich auf der Sandbank zusammen und weinte bis Galen mich wenig später fand.

Und wie immer verzieh er mir alles und war einfach für mich da. Ich verdiente ihn gar nicht! Er klärte mich darüber auf, dass Chloe auf direktem Wege nach Hause geschwommen wäre und sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert habe und jeden der ihr zu Nahe kommen würde, mit Algen bombardieren würde. 

Galen und ich waren daraufhin aufgebrochen und hatten ihr nur eine Notiz hinterlassen und Oceana gebeten ein Auge auf sie zu haben. Tja und dann waren wir verschwunden. Als wir gingen, ließ mich nur das Gefühl nicht los, einen Fehler begangen zu haben.

Na und nun waren wir hier und suchten Ella. ,,Hast du schon etwas gefunden, Galen?" Er kommt zu mir zurück gelaufen und schüttelt den Kopf. ,,Nichts! Überhaupt nichts Emma. Wir sollten uns in der Gegend umhören. Irgendwer muss sie doch gesehen haben! Anders kann es doch nicht sein..." Ich stimme ihm zu. Und so machen wir uns auf, auf der weiter andauernden Suche nach Ella.

Ellas Sicht:

,,Sag mal wie hältst du das eigentlich aus?" Sie stößt sich frustriert vom Tisch ab. ,,Glaub mir, lebe eine Zeit am Hof oder mach deine Hausaufgaben richtig, dann hast du irgendwann die nötige Geduld, stundenlang am Computer zu sitzen." Sie sieht mich verständnislos an. Erst verstehe ich nicht warum, doch dann fällt bei mir der Groschen.

,,Hausaufgaben sind Aufgaben, die du bekommst, wenn du in der Schule bist. Diese musst du dann zuhause erledigen. Und die Schule ist ein Ort wo man lernen kann. Ich würde die Schule so ein bisschen beschreiben, wie den Unterricht mit den Archiven." 

Ich kann förmlich sehen, wie Maila die Erleuchtung hat. ,,Aha, verstehe. Aber wieso bekommt man diese -Hausaufgaben- auf, wenn man schon in der Schule etwas lernt und weshalb muss man sie überhaupt machen?" 

Ich muss schmunzeln. ,,Ja, das habe ich mich auch schon oft gefragt. Angeblich soll, dass den Stoff festigen. Aber da ich das wegen meinem fotografischen Gedächtnisses nicht beurteilen kann, kann ich dir auch nicht sagen, ob es stimmt oder nicht. Meine Freundinninen Lilly und Feyre meinen immer es bringt etwas. Zugeben tun sie das allerdings auch nicht gern."

Mein Gesicht muss sich getrübt haben, denn Maila ergreift vorsichtig meine Hand. ,,Du vermisst sie, oder?" Ich weiß nicht, wie ich es ihr erklären soll, dass sie die einzigen Freunde an Land sind, die ich habe. Deswegen antworte ich: 

,,Ja, das tue ich. Obwohl ich sie im Stich gelassen bis jetzt nicht einmal an sie gedacht, geschweige denn ihnen für die Hausaufgaben gedankt habe. Was bin ich nur für eine Freundin Maila?" 

Ich stütze meinen Kopf auf meine Knie und seufze tief, während Maila, weiter meine Hand hält. Mein ganzer Körper scheint zu beben. ,,Ayda, Ella. Hey, alles okay. Du hast momentan viel um die Ohren. Und ich bin sicher sie wissen, was mit dir ist oder es hat ihnen jemand erzählt. Irgendwas wurde ihnen schon mitgeteilt. Da bin ich mir sicher. Und bitte mach dich nicht selbst runter. Du bist eine tolle Freundin! Das kann ich nur bestätigen. Du versuchst immer für alle da zu sein und steckst selbst oft zurück."

Da brechen bei mir sämtliche Dämme und meine Tränen scheinen ein Wettrennen zu veranstalten, wer schneller, am Ende meines Gesichts ist. ,,Dan.. Dank,.. Danke Maila. Aber woher willst du das so genau wissen? Du kennst mich doch noch gar nicht lange." 

,,Ach, jetzt hör aber auf! Anscheinend muss dir mal jemand richtig in den Hintern treten, Prinzessin." Ich will sie schon unterbrechen und ihr sagen, dass sie mich doch nicht so nennen soll und dass mir dieser Titel so was von egal ist, in diesem Moment zumindest, denn momentan fühle ich mich ihm nicht würdig, doch sie bedeutet mir zu schweigen.

,,Ich weiß, was du jetzt sagen willst, aber das kannst du dir sparen. Du wolltest sicherlich sagen, dass du doch alles hast was du brauchst und eine schreckliche Freundin bist. Aber genau das will ich nicht aus deinem Mund hören, Ellaria! Ja, okay, du hast mir etwas verschwiegen und dass das nicht in Ordnung war, weißt du, aber du hast dich entschuldigt und ich habe dir verziehen. 

Genauso wie du mir verziehen hast. Und deine Freunde werden schon eine Nachricht erhalten haben. Keine Sorge. Andernfalls kannst du ihnen ja eine Mail oder so was schicken. Und nun hör endlich auf, nicht an dich zu glauben! Und-" 

Ich bin gerührt von Mailas sanften Worten. Sie sind Balsam für meine verwirrte Seele. Sie flicken etwas in mir zusammen , von dem ich gar nicht geahnt habe, dass es überhaupt existiert.

,,Maila, ich-" ,,Wehe, du sagst jetzt, dass das nicht stimmt! Dann flippe ich mal so richtig aus. Du bist-" ,,Maila, aber-" ,,Also doch. Jetzt mach dich doch nicht so runter, ich habe dich gewarnt. Du lässt mir keine andere Wahl." 

Gerade will ich sie fragen, was sie mit dem Gesagten meint, da stürzt sie sich auch schon auf mich und kitzelt mich von oben bis unten durch. Entsetzt fange ich an zu schreien. ,,Maila, Maila, bit- bitte, la, lass mich. Ic" 

Doch weiter komme ich nicht, denn nun wandert ihre Hand zu meinen nackten Füßen. Meine privateste Zone. Und jene wo ich am ungeschützten bin. Es ist die Stelle die am privatesten ist, wenn es um kitzlige Angelegenheiten geht.

Ich versuche ihr meine Füße zu entziehen. Doch sie kitzelt mich unergründlich weiter, während ich mich immer heftiger hin und her werfe und kreische. Ich lache ungehemmt und laut. Auch wenn ich es eigentlich nicht will, so trete und schlage ich doch um mich. 

Ich würde mal sagen, dass nennt man natürlichen Instinkt. Dass ich sie dabei verfehle, ist ein wahres Wunder. ,,Ma, Mai, bitte, ich woll, wollte. Ih,uh, ahhhhhhh!" Langsam halte ich das nicht mehr aus. Mein Kreischen wird immer lauter.

,,Wolltest du irgendetwas sagen" ,,Ja-!" Sogleich lässt sie von mir ab: ,,Also überlege dir genau, was du jetzt von dir gibst. Es entscheidet über dein Schicksal." Dabei sieht sie mich so bedeutungsvoll an, dass man meinen könnte, mein Leben hinge wirklich davon ab. 

,,Eigentlich wollte ich einer gewissen Person nur sagen, dass sie recht hat, mit dem Gesagtem und das ich ihr dankbar bin. Aber ich wurde ja rüde unterbrochen, von jemandem, dessen Name ich hier jetzt nicht erwähne." 

Bei meinen Worten huscht ein Lächeln über ihr Antlitz. Und kurz darauf liegen wir beide auf meinem Bett und lachen uns schlapp, bis wir kaum noch Luft bekommen. Auf einmal fragt Maila:

,,Hast du Lust schwimmen zu gehen? Der Tag ist noch lang und naja, ich denke eine kleine Pause könnte uns beiden nicht schaden. Außerdem ist Oma heute außer Haus, weil sie wie sie es ausdrückt, ich zitiere >Wichtige Angelegenheiten zu klären hat.< . Also was sagst du?" 

Ich weiß Maila meint es nur gut, aber sie weiß doch, dass ich nicht in Wasser kann... Aber allein der Gedanke, dass ich mich in die kühlen, weichen Arme des Meeres werfen könnte, versetzt mich in freudige Erregung. Aber, nein, es geht einfach nicht. Aber dieses dunkle, verführerische blau... >Nein, halt Ella! Es reicht! Krieg dich wieder ein! Du weißt du darfst nicht und du weißt auch genau warum.<

Aber trotz allem ist der Gedanke nur allzu verführerisch. Zudem spüre ich immer noch jeden Morgen dieses Gefühl der Sehnsucht und kann mich stehts nur knapp daran hindern, diesem Drang nachzugeben. Einzig der Gedanke an meine Familie, die wegen mir leidet, hält mich davon ab. Und das ist auch gut so. Auch wenn sie nicht hier sind, sind sie trotzdem mein persönlicher Anker. Das war schon immer so und so soll es auch bleiben. 

,,Maila, du weißt doch, dass i-" ,,Nein, halt keine Widerrede. Ich habe alles schon einkalkuliert. Natürlich können wir nicht im Meer schwimmen gehen, dass versteht sich von selbst, aber wer hat gesagt, dass eine Quelle keine gute Idee wäre? Du kommst nicht mit dem Meer in Berührung, kannst aber trotzdem deiner Sehnsucht nachgehen. Du musst ja schon ganz krank vor innerer Sehnsucht sein. Aber wenn du nicht willst, ist das natürlich auch in Ordnung. Deine Entscheidung."

Sie zwinkert mir schelmisch zu. ,,Und es gibt wirklich keinen Eingang zum Meer von der Quelle aus? Du bist dir zu 100% sicher?" Ich mag meinen zweifelnden Unterton überhaupt nicht. Allein schon deswegen, weil ich es überhaupt wieder in Erwägung ziehe, schwimmen zu gehen. 

Dabei bin ich keinesfalls auf Maila sauer, sondern einzig auf mich selbst. Schande über mich. Ich sollte mich wahrlich schämen. Allein das ich diesen Gedanke zulasse... Und dennoch : ,,Na, okay. Dann sollten wir wohl los oder?" Und ehe ich mich versehe, stürmt Maila aus dem Zimmer und kommt zwei Minuten später mit einer kleinen Tasche wieder. Schon geht es los.

Und damit endet die Lesenacht! 🤔

Aber es wird vermutlich nicht die letzte sein, da dieses Buch noch sehr lange ist! 😊

Ich hoffe sie hat euch gefallen. Ihr könnt mir eure Meinung ja da lassen. 👍

So, die beiden gehen jetzt zu einer Quelle.... Aber was muss Mrs. Geen so dringendes erledigen?😱

Bleibt alle gesund und habt eine schöne Woche!😊

Gute Nacht!

Eure Weltenwandlerin 🌏

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