19)Ellas Sicht:

Ich schlage die Augen auf und mein Blick gleitet zum Meer. Die Wellen sind längst nicht so stark, wie in Jersey, jedoch immer noch stark genug um sich am sandfarbenen Strand zu brechen.

Die Sonne bahnt sich langsam ihren Weg nach oben, wodurch das Meer fast lila zu sein scheint. Es sieht wundervoll aus.

Am Strand sind schon haufenweise Leute, die den Sonnenaufgang betrachten oder sich fürs Surfen bereit machen. 

Doch wie sooft in letzter Zeit gilt mein erster Gedanke meiner Familie. Ich bin nun schon seit 17 Tagen, sprich seit über zwei Wochen verschwunden. Was sie wohl gerade tun? Sollte ich ihnen eine anonyme Nachricht zukommenlassen, damit sie wissen, wie es mir geht?

Doch falls sie von dem Angriff wissen, könnten sie auch denken, dass ich ihnen schreiben musste. Also sollte ich es lieber lassen, denn ich will ihnen keine zusätzlichen Sorgen bereiten. 

Betrübt von meinen melancholischen Gedanken stehe ich auf und überlege, was ich von meinen noch verbliebenen Sachen zum Frühstück mit Maila anziehen könnte.

Am Ende entscheide ich mich für einen tannengrünen Rock und ein zitronengelbes Spaghetti-Top. Meine Haare lasse ich mir offen über meinen Rücken gleiten. 

Zum Schluss lege ich wieder meine Kontaktlinsen rein. Ich musste sie am Abend ausziehen, weil es ansonsten zu schmerzhaft geworden wäre.

Also wenn ich ihn nächster Zeit zu Dr.Miligan gehe, dann muss ich unbedingt noch etwas an meiner Haut machen und mit meinen Haaren. Ansonsten weiß er sofort, wen er vor sich hat, denn >leider< sehe ich meiner Mutter viel zu ähnlich.

Da vernehme ich ein Klopfen an meiner Tür. Schnell öffne ich sie. Vor mir sehe ich eine leicht geschockte Maila. Sie schaut mich skeptisch an. Habe ich vielleicht etwas mit meinem Look übertrieben?

,,Willst du mich etwa zu einem Date ausführen oder jemanden verführen?" Nun bin ich es, die sie verwirrt anschaut.

,,Wieso? Das ist doch ein ganz normales Outfit. Oder stört dich etwa der Rock? Sag nichts gegen den Rock! Er ist einer meiner Lieblingsröcke." Maila kann sich ein Kichern, nicht verkneifen. 

,,Okay, ich gebe zu, so ungewöhnlich ist der Rock nicht. Aber ist er nicht eher etwas für den Abend?" ,,Nein! Ich trage ihn zu Hause durchaus auch ab und an tagsüber."

,,Aha! Erwischt! Komm, du musst schon zu geben, dass du heute morgen stylischer und besser angezogen bist, als gestern Abend. Damit hättest du bei meiner Oma definitiv mehr Eindruck gemacht." 

Ich strecke ihr frech die Zunge raus. ,,Und was ist, wenn ich das vielleicht gar nicht wollte? Ich war mit meinem Style gestern Abend sehr zufrieden. Wenn du willst, ziehe ich mich auch noch mal um." 

Sie lacht und hebt abwehrend die Hände. ,,Nein, nein. Keine Sorge. Komm, lass uns gehen. Ich verhungere gleich. Gehe ich richtig in der Annahme, dass du meine Oma heute morgen lieber nicht sehen möchtest?"

,,Das tun sie Madam." Ich verbeuge mich gespielt vor ihr. Wir beide müssen herzhaft lachen. 

Dann führt sie mich zum Speisesaal der JHB. Wie schafft Maila es nur in so kurzer Zeit, dass ich lachen kann oder nicht an meine Familie denken muss? Es ist mir wirklich ein Rätsel.

Vermutlich schafft sie es einfach, weil sie so eine offene, herzliche Art hat, mit der sie jeden gleich für sich einnehmen kann. Sie tut mir auf jeden Fall gut und ich beschließe hier so lange zu bleiben, wie es meine Pläne und mein Budget zulassen.

,,Also, was willst du essen? Wir haben alle möglichen Käsesorten bzw. Wurstarten und Lachs.

Hm, ich liebe Lachs mit Rührei. Das ist mein absolutes Lieblingsfrühstück. Deins etwa auch? Ach, nein. Dass kann ja gar nicht sein. Du magst ja keinen Fisch. Was übrigens sehr ungewöhnlich ist. Wie kannst du Lachs nur nicht mögen? Ach, egal. 

Habe ich schon die köstlichste Erdbeermarmelade aller Zeiten erwähnt? Himmlisch, sage ich dir. Kann ich nur empfehlen. Oma macht sie neben, ihrer Pfirsich-Kirsch Marmelade übrigens selbst. Kommen beide sehr gut an. Und-" 

,,Hilfe, Maila. Du bist ja eine noch größere Klatschtante als ich! Wie soll ich mich bei deinen fabulösen Anpreisungen, denn entscheiden? Das scheint ja ein Ding der Unmöglichkeit zu sein."

Sie lächelt verschmitzt. ,,Ich weiß. Ich kann ziemlich anstrengend sein. Aber wieso magst du denn keinen Fisch? Ich meine.." 

,,Ja, in dem Punkt bin ich wohl einfach seltsam. Ich denke, ich habe es von meiner Mutter geerbt. Meine Schwester mag Fisch auch nicht wirklich. Aber sie isst immerhin noch etwas mehr als ich."

,,Aha, deine Mutter ist also daran Schuld."

Ich lache und nicke. ,,Ja, wenn man es so ausdrückt, muss ich sie wohl für schuldig sprechen. Aber komm, lass uns, uns was zu Essen holen. Ich bin am Verhungern."

Zusammen schlendern wir an den Brotkörben vorbei und ich hole mir zwei Brötchen. Während ich danach zur Käsetheke abbiege, läuft Maila eilig zum Lachsbuffet.

Eine Weile später lassen wir uns an einem kleinen Tisch draußen auf der Terrasse nieder. So kann ich jedenfalls von ihr aus das Meer betrachten ohne eine lästige Fensterscheibe. Auch wenn es für mich die reinste Qual ist, es vor Augen zu haben, aber zu wissen, dass ich ja doch lange Zeit nicht mehr hineingehen werde können. 

So kann ich es jedenfalls in stiller Andacht betrachten. Doch ich will nicht gleich wieder melancholisch werden. Das kann ich Maila nicht antun, welche gerade so vor Freude sprüht, zu jeder Tages- bzw. Nachtzeit.

Stattdessen gleitet mein Blick über die Terrasse, welche in warmen Holztönen gehalten wurde, zusammen mit den romantischen, weißen, kleinen Tischen. Überall stehen Vasen mit zwei lila, grünen Papageientulpen.

Alles sieht einfach nur traumhaft aus, wäre da nicht der von Tannen gesäumte Weg zum Meer. Das Meer... Ich zwinge mich den Blick vom Meer abzuwenden.

Stattdessen fällt mein Blick auf Mailas Teller. Obwohl, wenn man es genau nimmt, ist das kein Teller mehr, sondern ein riesiger Haufen aufgestapelter Lachs. ,,Willst du das wirklich alles Essen , Maila? Da wird dir doch schlecht." 

,,Ne, keine Sorge. Das ist meine tägliche Ration. Außerdem gab es heute kein Spiegelei. Deswegen esse ich mehr Lachs. Ist mein absoluter Lieblingsfisch ."

Sie schneidet sich ein großes Stück davon ab und schiebt es sich in den Mund. Genüsslich verdreht sie die Augen. ,,Ist der roh oder jedenfalls gekocht?" 

Sie seufzt theatralisch auf. ,,Leider, ist er nicht roh. Aber Oma kann ja schlecht ungekochten bzw. ungeräucherten Fisch servieren. Oder? Willst du wirklich nicht mal ein kleines Stück probieren?"

Ich schüttle den Kopf. ,,Nimm es mir nicht übel, aber wenn du nicht gleich alles hier vollgekotzt haben willst, probiere ich lieber keinen Lachs." 

,,Okay, okay. Einverstanden. Dann also keinen Lachs. Dass du ihn auskotzt, hat er nicht verdient. Aber was du da isst... Naja, wie das lecker sein soll, weiß ich auch nicht. Marmelade, von Oma geht ja noch, aber Käse.....

Und überhaupt, du kommst doch auch aus dem Meer. Zumindest teilweise. Du trägst Syrenaerbgut in dir. Wie überlebst du da unten überhaupt, wenn du keinen Fisch magst? "

Sie schaut mich dabei an, als wäre es das Unerklärlichste auf der ganzen Welt. Wie soll ich ihr das nur erklären? Vor allem, wenn sie wüsste, was für Erbgut ich in mir trage. Und was für eine erbärmliche Ausgabe ich trotz allem bin.

Nein, im Moment ist es besser, wenn sie noch nicht mein wahres Ich kennenlernt. Doch wie sooft muss mich meine innere Stimme wieder verunsichern.

> Wäre es nicht besser, du sagst es ihr jetzt, bevor sie etwas falsch versteht?< Aber ich ignoriere sie gekonnt. Denn im Moment wäre es sicherlich nicht besser.

Stattdessen antworte ich auf Mailas Fragen. ,,Aber du isst doch auch Spiegeleier und Marmelade. Das gibt es im Meer definitiv nicht. Und Käse ist im Übrigen sehr lecker. Und jeder hat halt seinen eigenen Geschmack.

Zudem, nur weil ich Syrenaerbgut in mir habe, heißt das noch lange nicht, dass ich Fisch mögen muss. Du weißt doch meine Mutter mag auch keinen Fisch. Also wieso muss ich ihn mögen?

Und zu deiner Frage kommend, ich lebe dort unten von Salat bzw. verschiedenen Algen. Im Wasser bin ich eine absolute Vegetarierin." 

Irgendwie habe ich das dringende Bedürfnis mich verteidigen zu müssen.

,,Okay, okay. Komm mal runter. Es hat mich nur interessiert, wie du da unten überlebst. Aber zu deiner Frage, ich habe  mich daran gewöhnt." 

Ich nuschle eine kurze Entschuldigung. ,,Das heißt du lebst gar nicht im Wasser?"

,,Was? Oh, doch natürlich. Ich sehe wir gehen an die eingemachten Fragen. Dann will ich dir aber auch ein paar Privatere stellen dürfen. Abgemacht?" 

Ich überlege kurz ob das sinnvoll ist. Doch dann schlage ich  in ihre Hand ein, die sie mir hinhält. ,,Okay, machen wir doch ein Spiel draus. Ich stelle dir eine Frage und umgekehrt. Das Ganze geht solange bis unser Frühstück weg ist oder wir keine Fragen mehr haben." Ich nicke. Das kann ja lustig werden.

Hey!👋🏻

Und da bin ich wieder!😄

Wie war eure Woche?🤔

Haltet ihr es für eine gute Idee, dass Ella sich auf das Fragespiel mit Maila eingelassen hat?😅

Was glaubt ihr wird Maila heraus finden?🤨

Eure Weltenwandlerin🌍🌏🌎

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