10Ellas Sicht:

Ich sinke gegen einen Baum. Ich kann einfach nicht mehr. Ich laufe jetzt schon seit fast drei Tagen. Dabei habe ich mir nur kleine Pausen genehmigt . Somit bin ich auch relativ müde. Zudem tun meine Beine unendlich weh.

Aber ich wollte einfach nicht, dass meine Eltern mich finden. Denn über mich selbst habe ich noch nicht viel herausgefunden. Und bevor ich das nicht geschafft habe, kann ich auf gar keinen Fall nach Hause. Falls ich das überhaupt je wieder kann.

Ich versuche mich möglichst von Städten fernzuhalten, damit ich keine Spuren hinterlasse, die brauchbar wären. Bisher bin ich nur einem Wanderer begegnet. Das war gestern. Mein Ziel ist Florida. Bis dahin ist es noch ein weiter weg.

Bevor ich losgezogen bin, habe ich die Route auf einem Handy gegoogelt und sie mir dadurch genau eingeprägt. Danach habe die Speicherkarte zerstört. Bis ich in Florida bin, dauert es noch zwölfeinhalb Tage. Dort will ich Dr. Miligan treffen.

Ich weiß auch nicht, aber in Florida denke ich, könnte ich mir ein neues Leben aufbauen. Dort fühle ich mich ebenfalls zu Hause.

Vielleicht weil meine Mutter dort das erste Mal meinem Vater begegnet ist und es der Anfang von so vielem war. Das dort auch Chloe gestorben ist, versuche ich zu verdrängen. 

Vom Wasser muss ich mich fern halten, denn ich bin mir sicher, das meine Eltern sämtliche Fährtensucher auf mich angesetzt haben. Und an Land sucht wahrscheinlich die Polizei nach mir.

Doch es ist nicht ohne Spuren an mir vorbeigegangen. Die eine Nacht lag ich weinend vor Schmerzen im Wald, weil meine Sehnsucht mich überwältigt hatte.

Der Fluss neben mir scheint mir verführerisch zu zulächeln. Ich beschließe meine Nacht hier zu verbringen und wieder etwas Richtiges zu mir zu nehmen.

Meine Nahrung bestand in den letzten Tagen aus meinen Äpfeln und Waldbeeren. Boah, bin ich froh das ich mein Pfadfinderbuch mitgenommen habe. So weiß ich jedenfalls, was ich essen kann, ohne Angst haben zu müssen mich selbst umzubringen.

Wie ich ein Feuer machen kann, habe ich schon von meinen Eltern gelernt. Aber es dient mehr ausschließlich als Wärmequelle, denn ich könnte mich niemals dazu überwinden ein Tier zu erlegen und dann zu häuten.

Ich schaue mich um und überlege, was ich benutzen kann, um mir ein Dach über dem Kopf zu bauen. Außer große Blätter und lange Äste, steht mir nicht viel zu Verfügung. Zusätzlich krame ich eine Schnur aus meinem Rucksack.

Nach zwei Stunden Arbeit bin ich fertig. Erschöpft lasse ich mich gegen den nächstbesten Baum sinken. Was könnte ich jetzt nur machen? Mein Pfadfinderbuch kann ich schon mehr oder weniger auswendig.

Meine Gedanken schweifen ab zu meiner Familie. Ich vermisse sie. Oh, wie schrecklich ich sie doch vermisse. Ich hätte nie fortgehen sollen. Aber ich muss herausfinden, was mit mir nicht stimmt. Und das muss ich allein tun. Hoffentlich habe ich noch ein zu Hause, falls ich ihnen jemals wieder unter die Augen treten kann.

Vermutlich suchen sie schon längst nach mir. Ach, wäre es einfach ins Wasser zu gehen und mich von ihnen finden zu lassen. So einfach.

Doch im Moment könnte ich ihnen nicht unter die Augen treten, auch wenn sie sicherlich anderer Meinung wären. Außerdem habe ich klar und deutlich gesagt, dass meine Zukunft an Land und nicht im Wasser liegt.

Aber was ist, wenn ich mich geirrt habe? Was ist wenn meine Zukunft doch in beiden Welten läge? Denn meine Sehnsucht und innere Zerrissenheit ist nach wie vor da.

Ich merke lediglich wie sich dieses komische Gefühl langsam verflüchtigt. Und es macht mir Angst. Denn ich habe das Gefühl, dass ich einen Teil meiner Selbst immer weiter verliere. Das will ich aber auf keinen Fall!

Ach, wäre meine Mutter nur hier. Aber genau wie die anderen ist sie es nicht. Ich merke wie mir die Tränen wieder über die Wangen laufen. Für heute ist es echt genug. Grübeln kann ich auch morgen noch auf meinem weiteren Weg. Für ein Feuer ist es heute Nacht zu warm. So lege ich mich auf meine Regenjacke in mein >Zelt< und schlafe unruhig ein.

Emmas Sicht:

Wo ist Ella nur? Sie ist mittlerweile schon seit einer Woche verschwunden. Wo kann sie nur sein?

Galen und ich sind uns einig, dass sie das Wasser meidet. Was für eine Qual, das für sie sein muss, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Dass sie ohne beide Welten nicht leben kann, kam in ihrem Brief deutlich raus.

Ach, hätte ich von alledem, doch nur etwas gewusst. Ich hätte ihr helfen können. Im Nachhinein betrachtet, hat sie es uns manchmal sogar gezeigt, doch wir haben dadurch das wir nichts wussten, es nicht realisiert. Aber wieso hat sie es uns auch nicht gesagt? Obwohl im Nachhinein betrachtet, macht es sogar Sinn.

Ich meine, wer sagt gerne seinen Eltern, dass er im Punkte Meer-/Landwechsel so Probleme hat, wenn der eigene Vater aus dem Element Wasser kommt und auch die eigene Mutter zur Hälfte dem Element Wasser angehört? Vermutlich keiner.

Denn ansonsten hätte sie die Fährtensucher schon längst gefunden. Zudem haben alle Syrena , in beiden Königreichen, den Auftrag erhalten, falls sie Ella sehen, sofort der Leibgarde Bescheid zu geben.

Zu all dem Unglück ist auch noch Tom verschwunden. Direkt nachdem er erfahren hat, dass sie weg ist. So müssen wir auch noch ihn finden.

Seine Eltern sind ebenfalls krank vor Sorge. Reed gibt sein bestes meine Tochter zu finden, doch man merkt ihm an, dass er oft unkonzentriert ist, weil er gleichzeitig auch noch die Suche nach seinem eigenen Sohn leiten muss, welcher im Übrigen auch jeglichen Kontakt zum Wasser vermeidet.

Wie er Ella finden will, ist mir ein Rätsel. Aber ich hoffe er hat mehr Glück als wir.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, weil Chloe in den Sitzungssaal kommt. Sie hat genauso wie wir alle, aus der Familie, kaum ein Auge zu getan.

,,Mom, gibt es schon etwas Neues? Und wann kommt Dad wieder?" Ich seufze und schüttle den Kopf.

,,Nein, Maus. Es gibt nicht Neues. Weder von Ella noch von Tom. Sie sind beide wie vom Erdboden verschluckt. Was deinen Dad angeht, ich denke er ist spätestens übermorgen wieder da." Chloe schluchzt heftig drauf los.

,, Hey, Maus. Nicht weinen. Wir finden deine Schwester. Warst du heute schon bei Mimi? Sie freut sich bestimmt dich wiederzusehen."

Meiner Jüngsten zu liebe, weine ich nicht, obwohl ich es am liebsten am ständigen Band tun würde. ,, Nein, war ich noch nicht, Mom. Aber ich will mit helfen bei der Suche! Onkel Toraf schwimmt die ganze Zeit mit den anderen Fährtensuchern mit. Tante Rayna wartet bei uns zu Hause über Wasser. Dad und Onkel Grom schwimmen systematisch alle Plätze ab und erkundigen sich überall, Oma Nalia checkt alles an Land und spricht wie Tante Rayna auch mit der Polizei und Opa Antonis schaut nach den Königreichen in der Zeit. Ja, und du passt auf mich und Mimi auf."

Tatsächlich würde ich auch gerne mehr mithelfen, doch außer das ich mich mit Rayna abwechsle, kann ich nicht viel tun.

Ich würde durch meine fehlende Flosse nur alle behindern. Am Anfang habe ich noch geschaut, ob mir Ellas Sachen Hinweise auf ihren Aufenthaltsort geben. Aber nichts. Überhaupt nichts. Lediglich ihr Handy hätte mir noch helfen können, doch da hat sie ihre Speicherkarte zerstört. Also konnten wir damit auch nichts mehr anfangen.

,,Maus, geh bitte trotzdem zu Mimi. Ich schaue mir nochmal Ellas Sachen an und komme dann in einer halben Stunde zu euch."

,,In Ordnung, Mom." Sie widerspricht mir nicht, weil sie weiß, dass es unangebracht wäre. Ich verstehe sie ja, aber im Moment habe ich wirklich andere Sorgen.

Wird Ella es schaffen, dem Wasser zu widerstehen?🙊

Wird sie es bis nach Florida schaffen, ohne entdeckt oder verletzt zu werden?🤔

Liebe Grüße
Eure Weltenwandlerin🌎🌏🌍

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top