108) Emmas Sicht:

Die Sonne legt sich langsam zur Ruh und taucht den Ozean in ein besonderes Licht. Das Wasser spiegelt die verschiedenen Strahlen und ab und an spüre ich einen Fisch um meine Beine streifen. Ein Hauch der salzigen Meeresluft findet einen Weg in meine Nase und der Wind lässt die Wellen sich sanft an den Klippen brechen. 

Rundum ein  wunderschönes Bild. Eigentlich fehlt nur noch romantische Musik, ein Schiff, welches dem Sonnenuntergang entgegen segelt, und die nicht existieren Wassernixen, welche ihre Lieder singen. 

Ich habe mir nie  die Frage gestellt, was ich tun würde, wenn ich innerlich sterbe, wenn meine Seele immer mehr zerbricht. Wenn ich das Gefühl verspüre zu ersticken, egal wie sehr ich auch probiere an die Wasseroberfläche zu gelangen. Wenn ich strample bis mir meine Füße schmerzen, mich aber dennoch nicht von der Stelle bewege. Bisher musste ich dies auch nie tun. 

Doch nun sitze ich mitten im Nirgendwo auf einem Felsen und könnte zugleich heulen und kotzen. Heute war es  soweit gewesen. Heute bin ich innerlich endgültig zerbrochen. Und nur ein Umstand wird mich je wieder zusammensetzen. Der Morgen war fürchterlich... Nie hätte ich damit gerechnet, dass dieser Tag so schnell kommen würde. Mir war bewusst, dass er nicht endlos auf sich warten lassen würde und dennoch...Schließlich sucht man manche Menschen jahrelang! 

Doch sowohl meine Mom als auch ihr Gefährte ,meine Schwägerin, mein Großvater, als auch mein Schwäger meinten, dass wir die Suche nach Ella einstellen sollten. Es ist mir bis jetzt noch ein Rätsel, wie sie auf diese schwachsinnige Idee gekommen sind! Und was hat Galen dazu gesagt?! 

Erst hat er geschwiegen, doch dann meinte er, wenn auch zögernd, so als ob er sich nicht sicher wäre, ob er damit einen Packt mit dem Teufel eingeht, dass es vielleicht besser wäre, dass er nicht mehr dabei zusehen könnte, dass ich ständig leide, dass ich mich ständig in einem depressionsartigen oder dämmernden Zustand befinde.

Außerdem könnte er mich nicht auch noch verlieren. Und dass dies auch für Chloe nicht gut wäre. Als ob es angenehmer für sie ist, wenn sie ohne ihre große Schwester aufwachsen muss! Und er hat auch gemeint, dass ich nicht die Einzige bin, welche unter Ellas Verschwinden leidet. Ha! Als ob ich das nicht wüsste! Als ob er mir das sagen müsste! Ich habe nichts zu alledem gesagt, sondern habe mich nur umgedreht und bin weggeschwommen. 

In dem Moment, wo Galen zum Abbruch der Suche nach Ella zugestimmt hat, bin ich innerlich zerbrochen und wäre auch äußerlich am liebsten zusammengeklappt. Doch diese Blöße wollte ich mir nicht geben! Da war es mir auch egal, dass sie alle eigentlich meine Familie sind. 

Ich habe bemerkt, dass Galen mir hinterher wollte, aber meine Mom hat ihn zurückgehalten und ihm erklärt, dass ich jetzt Zeit für mich brauchen würde. Danach habe ich nichts mehr verstanden, da ich schon zu weit weg war. Und nun sitze ich seit vier Stunden auf diesem Felsen und lasse meinen Gedanken freien Lauf! 

Diese kreisen in meinem Kopf wie eine aus der Bahn geratene Achterbahn. Ich verstehe sie einfach nicht! Wie können sie die Hoffnung auf Ellas Rückkehr nur aufgeben?! Sie ist gerade mal zwei Monate weg! ZWEI VERDAMMTE MONATE, welche mir vorkamen wie Jahre! Woher nehmen sie das Recht zu behaupten, dass meine Maus nie wiederkommt?! Das steht ihnen einfach nicht zu! 

Nie hätte ich gedacht, dass sie mir so in den Rücken fallen , dass sie mich so im Stich lassen! Und sie verlieren mich dadurch doch auch nicht! Ich bin hier und ich habe auch nicht vor mir das Leben zu nehmen! Dafür gibt es einfach viel zu viele Menschen in meinem Dasein, die mir alles bedeuten! 

Aber es ist doch wohl verständlich, dass ich momentan kein Sonnenschein oder dass ich nicht dazu bereit bin meine eigene Tochter aufzugeben! Denn das werde ich niemals können, mögen auch noch so viele Jahre vergehen! Schließlich habe ich, und nur ich, sie neun Monate in meinem Bauch gehabt! Ich war die Erste, welche ihre Tritte gespürt , die sie zur Welt gebracht hat, die immer für sie da war! 

Und nun soll ich die Hoffnung aufgeben, dass sie jemals wieder zurückkommt?! Nein! Wie stellen sie sich das vor?! Und wie können sie es wagen, so etwas von mir zu verlangen?! Vor allem, kann ich nicht verstehen, dass sie die Suche nach Ella aufgeben wollen! Wie stellen sie sich das Leben danach vor?! Glauben sie ernsthaft, dass es danach normal weitergehen würde?! 

Egal, wie viele Jahre vergehen werden, Ella werde ich nie vergessen und genau deshalb kann ich auch jetzt nicht glauben, dass ich sie nie wieder in meinem Armen halten werde, dass ich ihre Stimme nicht mehr hören werde oder dass sie mich nicht wieder zum Lachen bringen wird! Also wie verdammt nochmal stellen sie sich unser weiteres Leben vor?! 

Eine leise Stimme in mir erinnert mich daran, dass ich nicht so unfair sein sollte, dass sie Ella genauso wie ich vermissen! Und, dass sie es letztendlich nur gut meinen und sich Sorgen um meinem psychischen Gesundheitszustand machen. Denn scheinbar scheint dieser sie sehr zu beunruhigen! Aber mir geht es gut! Mir fehlt nichts! Nur meine Tochter... 

Plötzlich höre ich ein Geräusch hinter mir. Ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer mich gefunden hat. Allein das Prickeln, welches mir einen angenehmen Schauer den Rücken herunter jagt und von einer angenehmen Wärme begleitet wird, kündet davon. ,,Emma?" 

Weder drehe ich mich zu ihm um noch gebe ich ihm eine Antwort. Mein Blick ist einfach weiter in die Ferne gerichtet. ,,Emma? Ich weiß, dass dich unser letztes Gespräch sehr verletzt hat, aber... ich ..., versteh doch, dass ich nicht auch noch dich verlieren kann! Ich werde nie aufgeben, darauf zu hoffen, dass Ella wiederkommt, oh nein, dass könnte ich gar nicht, aber wir müssen den Tatsachen ins Auge  blicken! 

Und momentan sieht es nun einmal so aus, dass sie nicht mehr nach Hause kommt! Es gibt nach zwei Monaten keinen Hinweis darauf, wo sie sich aufhalten könnte. Keinen einzigen! Ja, es hieß, dass Ella in Florida sein müsste, doch haben wir dort jemals etwas herausgefunden? Emma, du warst dabei! Du weißt, das wir jeden Stein umgedreht haben, dass wir alles abgeklappert haben, aber es gab einfach keine Spur! Und ich werde es nicht weiter akzeptieren, dass du dich selbst zerstörst! Denn du wirst gebraucht! Chloe braucht dich, ich brauche dich, die anderen brauchen dich!" 

Er berührt mich an der meiner Schulter, doch ich zucke zurück! Gerade ertrage ich einfach keine Berührungen. Selbst die von meinem Gefährten, meiner anderen Hälfte, nicht. Ich drehe mich nur zu ihm um und blicke ihn emotionslos an. Ich weiß selbst, dass mein Verhalten nicht ganz in Ordnung ist! Er hat genauso seine Tochter verloren, wie ich. Unsere Tochter. Aber er ist auch der, der sie einfach aufgeben will! Und momentan ertrage ich es einfach nicht, ihn zu sehen! Es geht nicht! Er scheint geschockt. 

,,Nein..., Emma. Nein! Tu das nicht! Zieh dich nicht vor allem zurück. Du weißt, dass ich immer für dich da bin! Lass mich nicht allein! Denn da, wohin du dich im Augenblick zurückziehst, kann dir keiner folgen! Emma, bitte." 

Er klingt verzweifelt. Ich erwidere nichts auf seine Bitte. Mein Hals ist wie zu geschnürt. Wie gerne würde ich etwas sagen, aber ich möchte ihm nicht wehtun. Andererseits brodelt der Zorn in mir und gerade habe ich das Gefühl, dass ich Bäume ausreißen könnte.,,Em-" Das ist der Moment, welcher das Fass zum Überlaufen bringt. 

,,Was, Galen?! Was, willst du von mir?! Du sagst ich soll dich nicht allein, dich nicht im Stich lassen?! Aber was tust du? Du gibst Ella auf! Du bist der Ansicht, dass sie nicht mehr nach Hause kommt! Es sind gerade mal zwei Monate vergangen und ihr nehmt euch das Recht heraus, die Suche nach ihr aufzugeben! Und das, obwohl es euch nicht einmal zusteht! 

Ihr bildet euch ein zu wissen, was das Beste für mich ist, aber dabei wisst ihr gar nichts! Ihr versteht nicht, dass ihr mir mit dem Abbruch der Suche mehr wehtut, als wenn ihr mir ein Messer ins Herz rammen würdet! Und gerade du, du als mein Seelengefährte müsstest wissen, wie es mir dabei geht! Ihr verlangt von mir, dass ich die Suche nach Ella aufgebe?! Dass ich die Suche nach meiner Maus aufgebe?! 

Und du?! Du lässt, dass alles zu! Nichts sagst du zu alledem! Du lässt es einfach geschehen! Dabei ist sie auch deine Tochter, Galen! Ich...Ich kann das alles nicht mehr! Oh, schau nicht so entsetzt! Um mich müsst ihr euch keine Sorgen machen! Findet endlich, Ella! Denn ich weiß nicht , wie ihr es euch vorstellt, aber wenn sie nicht wiederkommt, wird nichts mehr so sein, wie es war! Und wie stellst du dir das überhaupt für Chloe vor?! Denkst du, dass sie damit klar käme, dass ihre ältere Schwester für immer verschwunden ist?! Nein! Und das weißt du ganz genau!" 

Als er mich noch einmal versucht an der Schulter zu berühren, verliere ich endgültig die Nerven! ,,Fass mich ja nicht an! Ich kann gerade weder dich noch sonst irgendwen um mich herum ertragen! Verschwindet einfach alle! Lasst mir zumindest ein wenig Zeit für mich!" 

Galen sieht mich geschockt an. Ja, mein Temperament ist mit mir durchgegangen und ich weiß, dass es mir später leid tun wird, aber die letzten Monate haben einfach an mir gezerrt und innerlich bin ich völlig am Ende! Ich kann nicht mehr! Wie alle anderen auch, habe ich versucht stark zu bleiben, für meine Familie, für mein Volk, aber auch für mich... Doch komischerweise, und vielleicht sollte es mir Sorgen bereiten, hat mich dieses Gespräch entleert. Ich fühle gar nichts mehr. 

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es mir egal, was alle von mir denken. Und ich weiß, dass es mich beunruhigen sollte, doch das tut es nicht. Galen, welcher sich noch immer neben mir befindet, habe ich fast vergessen. Doch seine aufgebrachte Stimme reißt mich in das Hier und Jetzt zurück. 

,,Emma! Ich lasse dich nicht im Stich! Ich kann mir nur nicht weiter ansehen, wie du immer mehr zugrunde gehst! Und auch ich ertrage das alles nicht mehr! Ja, es mögen erst zwei Monate sein, doch ich kann nicht mehr! Wenn Ella wiederkommen soll, wird sie es tun! Aber ich werde es nicht zulassen, dass wir beide, Chloe und alle anderen weiter darunter leiden! 

Und glaube nicht, dass mein Herz sich nicht jeden Tag danach sehnt, Ella wieder ihn meine Arme zu schließen, sie wieder in Sicherheit zu wissen. Dort draußen läuft irgendein Geistesgestörter herum, der unsere Tochter angegriffen hat, aber ich kann nichts dagegen tun! Überhaupt nichts! Weißt du, wie schwer es ist, dass alles zu akzeptieren?! Du bist nicht die Einzige, welche leidet, Emma! 

Aber manchmal muss man Tatsachen eben akzeptieren! Und glaube ja nicht, dass ich dich nicht verstehen würde! Doch diese ständige, erfolgslose Suche zerreißt uns alle. Gerade dich! Glaube mir, ich spüre ganz genau, dass du immer mehr an allem kaputtgehst! 

Ja, ich weine auch mal, aber du bist nur noch ein Schatten deiner selbst! Sieh dich doch an! Tatenlos muss ich jeden Tag mit ansehen, wie du mir immer mehr entgleitest und wenn ich versuche mit dir zu reden, blockst du ab! Es ist egal, wer dich versucht anzusprechen, jeden stößt du von dir! 

Und jetzt sage nicht, dass das nicht stimmt. Mich lässt du nur an dich ran, wenn du es scheinbar ertragen kannst. Weißt du, wie verletzend das ist?! Wir sollten immer für einander da sein, aber du.... du....- egal. Die Einzige, welche rund um die Uhr zu dir kommen darf und welche dich scheinbar aus deiner Starre reißt, ist Chloe! 

Und gerade weil ich dein Gefährte bin, weiß ich, wie es dir geht! Und deswegen habe ich hier und heute die Reißleine gezogen! Denn das alles, würde Ella nicht wollen! Sie würde es nicht ertragen, wenn sie sehen würde, wie du dich durch ihr Fortgehen verändert hast!" 

Es reicht! Ich will, das alles nicht hören! Kein Wort mehr! Ich schaue Galen nicht an, als ich vom Stein heruntergleite. Meinen Mund wird kein Ton verlassen, denn ich will nichts mehr sagen, was ich später noch bereuen könnte. Galen jedoch ist scheinbar der Meinung, dass er mich nun reizen müsste! 

Tief durchatmen, Emma. Er ist deine Gefährte, dein Ehemann. Tue nichts, was dir später leidtut...,,Nein, Emma! Du läufst jetzt nicht weg!" Ich wirble zu ihm herum. 

,,Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass ich heute niemanden in meiner Nähe ertragen!? Ihr wollt die Suche nach Ella abbrechen? Schön! Das heißt aber nicht, dass ich das alles ohne Wenn und Aber akzeptieren muss! Und ich schwöre dir hier und jetzt Galen, dass ich nicht aufhören werde nach ihr zu suchen, bis ich nicht mehr kann!

Nur zu deiner Info: Nichts und niemand wird mich davon abhalten! Niemand! Vor allem ein gewisser jemand nicht, welcher mir so in den Rücken gefallen ist! Auf Wiedersehen!" 

,,Ist das dein Ernst?! Willst du dich wirklich so kindisch verhalten? Emma, komm zurück! Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen! Wir haben noch längst nicht alles gesagt!" 

Und ob ich das kann! Doch ich antworte ihm nicht mehr und tauche in die Weiten des Meeres ein. Galen folgt mir nicht, obwohl er es ohne Probleme könnte. Und in mir tut sich die Frage auf, ob ich nicht vielleicht doch etwas zu weit gegangen bin? Aber dieses Gefühl wird sofort von dem erdrückenden Gefühl der Leere und des Verrats überschattet.

Hey!👋🏻

Ich wünsche euch von Herzen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!🎁🎀 Feiert schön und genießt es! Sofern ihr mit all euren Liebsten feiern könnt, wenn nicht genießt es dennoch und lasst euch reich beschenken. ✨🎉Passt vor allem aber auch auf euch auf.🤗

So... das wäre dann das letzte Kapitel bis Samstag. Ich weiß, es ist ein mieser Cut, aber ich hoffe dennoch, dass euch die zwei zusätzlichen Kapitel gefallen haben!🙈😇

Na, ob Galen und Emma das wieder hinbekommen?😰

Findet ihr, dass ihre Reaktionen gerechtfertigt waren?🤔

Passt alle auf euch auf und habt schöne, besinnliche Feiertage!🎇😊😇😉

Liebe, weihnachtliche Grüße

Eure Weltenwandlerin🌎🌍🌏

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