Kapitel 84

"Nun, sie hat definitiv dicke Haut, nicht wahr?" Dr. Grobian begutachtet nun schon die zweite Nadem, due er beim Versuch, in Astrids Ader einzudringen, verbogen hat.

"Ich schätze, ich muss schwerere Geschütze auffahren." Er wirft die Nadel in den Abfall, um in der obersten Schublade eines Edelstahlschranks zu stöbern. "A-ha. Das sollte genügen."

Astrids Augen werden kreisrund wie Seeigel. Sie presst die Beine gegen die Oberfläche des Metakktisches, auf dem sie sitzt. "Das ist keine Nadel, das ist ein Strohhalm!" Hicks unterdrückt den Reflex, ihre Hand in seine zu nehmen. "Die benutzt er bei mir auch. Es tut nicht weh, es pikst nur ein wenig."

Sie richtet ihre riesigen violetten Augen auf ihn. "Du lässt dir von ihn Blut abnehmen? Warum?" Er zuckt die Achseln. "Es ist eine Art Tausch. Ich gebe ihm Blutproben, die er untersuchen kann und er informiert mich darüber, was seine Kollegen so treiben."
"Was meinst du mit 'seine Kollegen'?"

Hicks hievt sich auf die Theke ihr gegenüber. "Dr. Grobian ist ein bekannter Meeresbiologe. Er hat den Überblick über alles, was undere Art betreffen könnte. Du weißt schon, neue Forschungsinstrumente, Schatzjäger, solche Sachen."

"Um dich zu beschützen? Oder nur um dafür zu sorgen, dass du den Schatz zuerst erreichst?"
Hicks grinst. "Beides."
"Hat noch jemand schon mal gesehen - AUTSCH!!"

Sie reißt ihren Blick von Hicks los und richtet ihn prüfend auf ihren Arm, wo ihr Dr. Grobian Blut abnimmt und dabei entschuldigend lächelt. Astrid funkelt erneut Hicks an. "Es pikst nur ein bisschen, hm?"

"Es dient einem höheren Zweck, Engelfisch. Das Schlimmste ist überstanden. Du willst doch immer noch, dass er dir hilft, oder?" Mit seinem vernünftigen Tonfall macht sich Hicks nicht gerade beliebter.
"Komm mir nicht mit 'Engelfisch'. Ich habe zugestimmt, diese Untersuchungen durchführen zu lassen, aber ich werde mich nicht ausquetschen lassen wie einen Schwamm! AUTSCH!!"

"Tut mir leid, nur noch ein weiteres Röhrchen", flüstert Dr. Grobian. Astrid nickt. Als Dr. Grobian fertig ist, reicht er ihr ein Stück Mull, das sie sich auf das Loch in ihrem Arm pressen kann. Darauf hat sich bereits Schorf gebildet.

"Hicks' Blut gerinnt auch schnell. Sie brauchen den Mull wahrscheinlich nicht einmal festzuhalten." Er legt ein halbes Dutzend Blutröhrchen in die Schüttelmaschine und drückt den Schalter herunter. Dann nimmt er eine kleine, weiße Schachtel von einem Regal und fragt:

"Astrid, haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihren Blutdruck messe?"
Sie schüttelt den Kopf, fragt aber trotzdem: "Warum haben Sie ein normales Blutdruckgerät in eknem Tierkrankenhaus?"

Er kichert. "Weil mein Arzt sagt, dass ich meinen im Auge behalten muss." Dr. Grobian klopft auf Astrids Knie. "Okay, jetzt entspannen Sie sich bitte, damit ich einen brauchbaren Wert bekomme." Sie lockert folgsam ihre Beine, dann streckt sie den Arm aus.

Dr. Grobian schüttelte den Kopf. "Nein, meine Liebe, die besten Ergebnisse bekomme ich immer an der Wade. Ich habe festgestellt, dass sich die Hauptarterie der Flosse in zwei Teile teilt, wenn Hicks Menschengestalt annimmt. Ein Teil der Arterie ist dann in jedem Bein."

Astrid macht erneut große Augen. "Du hast behauptet, es würde nicht wehtun, wenn er mich mit diesem Strohhalm sticht." Sie funkelt Hicks böse an.
"Ich wette, dass es doch wehtut", brummte sie. "Arterien, die sich in zwei Teilen."

Gerade als Hicks den Mund aufmacht, um zu antworten, sagt Dr. Grobian: "Hm. Das ist merkwürdig." "Was?", fragen sie beide gleichzeitig. Aszrid beißt sich auf die Lippe. Hicks verschränkt die Arme. Keinem von ihnen gefällt der Klang dieses "Hm".

Die Manschette des Blutdruckgeräts lockert sich und Dr. Grobian steht auf. "Ihr Herzschlag ist nicht ganz sk langsam wie der von Hicks. Und Ihr Blutdruck ist nicht so niedrig wie seiner. Hicks, wie wäre es, wenn du auf den Tisch hüpfst und mich noch mal deinen überprüfen lässt?"

Mühelos gleitet er von der Theke und auf den Metalltisch. Als der Doktor die kleine Manschette gegen eine größere austauscht, damit sie un seine muskulösere Wade passt, beugt sich Astrid zu Hicks vor. "Was bedeutet das?", flüstert sie.

Er zuckt die Achseln und versucht, sich nicht von ihrem Duft betören zu lassen. "Ich weiß es nicht. Vielleicht gar nichts." Während die Manschette sich zuzieht, spürt Hicks ein leichtes Pochen im Bein. Als die Manschette sich zwischend wieder lockert, erhebt sich Dr. Grobian erneut.

Er wirkt beunruhigt.
"Was ist los?", fragt Hicks, drauf und dran, den Doktor ins Koma zu schütteln, weil er nichts sagt. "Stimmt irgendetwas nicht?"
Als Astrid scharf nach Luft schnappt, kann Hicks sich nicht länger zurückhalten und ergreift ihre Hand.

"Oh nein. Ich würde nicht sagen, dass etwas nicht stimmt, nicht zwangsläufig. Astrids Herzschlag ist deinitiv langsamer als der eines Menschen. Er ist nur nicht so langsam wie deiner."

Dr. Grobian stelzt zu einem hihen, rechteckigen Schrank voller Schubladen. Er zieht einen Notizblock heraus und fängt an zu blättern. "Ah", sagt er, mehr zu sich selbst als zu seinen Gästen. "Scheinbar ist dein Herzschlag seit dem letzten Mal scher geworden, mein Junge. Entweder das oder ich kann mein eigenes Gekritzel nicht mehr lesen."

Er blättert die Seite um. "Nein, ich bin mir sicher, das ist richtig. Dein Puks war bei den letzten zehn Messungen erheblich niedriger. Interessant."
"Und das bedeutet was?", fragt Hicks mit zusammengebissenen Zähnen.

"Nun Hicks, jedes Herz hat üblicherweise eine endliche Anzahl von Schlägen, bis es eines Tages aufhört zu schlagen. Tiere mit einem langsaneren Herzschlag leben länger. Nehmen wir zum Beispiel Meeresschildkröten. Obwohk sie die gleiche Anzahl von Schlägen haben wie jedes andere Herz, brauchen sie länger, um diese Anzahl zu erreichen. Das ist der Grund, warum Meeresschildkröten weit über hundert Jahre alt werden können. Ein menschliches Herz schlägt im Durchschnitt 2,5 Millionen Mal. Bei zweiundsiebzig Schlägen pro Minute liegt die normale menschliche Lebensspanne bei 80 Jahre. Den Untersuchungen zufolge, dir ich bei dir und Heidrun gemachb habe, schlägt das druchschnittliche Syrena-Herz nur 19 Mal pro Minute. Also werdet ihr theoretisch ungefähr 300 Jahre brauchen, um 2,5 Millionen Herzschläge zu erreichen. Aber nach dieser letzten Messung, Hicks, schlägt dein Herz mimentan 23 Mal pro Minute. Irgendetwas hat dejne Herschlagfrequenz erhöht, mein Junge."

"300 Jahre sind ungefähr richtig", erwidert Hicks und ignoriert Dr. Grobian vielsagenden Blick in Astrids Richtung. "Tatsächlich sind einige der Archive sogar über 320 Jahre alt."
"Wie oft pro Minute schlägt denn jetzt mein Herz?", will Astrid wissen.

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