Kapitel 53

Die schlechte Nachricht ist, dass er mich nicht mehr in seinen Armen hält. Die gute Nachricht ist, dass ich wieder sehen kann.
Ich sehe mich im Raum um, versuche aber noch nicht, mich aufzurichten.
Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass ich immer noch bei Hicks zu Hause bin.
Alles in diesem Zimmer schreit nach Luxus. Kunst, der man schon ansieht, dass sie teuer ist, weil sie so hässlich ist. Seltsam geformte Möbel, die mehr fürs Auge als zum Benutzen sind.
Ein riesiger Flachbildfernseher, der an der Wand über dem Kamin kotzt.
Die Kaschmirdecke, die über mir ausgebreitet ist ~ so weich, dass sie nicht einmal beim schlimmsten Sonnenbrand kratzen würde.
Und yep, man sieht auf den Strand.
Die ganze Rückwand des Hauses ist komplett aus Glas.
Keine Dünen, die einem die Sicht versperren. Selbst im Liegen sehe ich, wie die Wellen heranrollen und sich in der Ferne ein Sturm zusammenbraut.
Mich aufzurichten, ist ein böser Fehler, und das aus zwei Gründen.
Erstens dröhnt mein Kopf und ich sehe schwarze Punkte. Zweitens führt es dazu, dass jemand schreit: "Hiiiiiiicks!"
Stöhnend halte ich mir die Ohren zu und verkrieche mich in eine Höhle aus Kaschmir.
"Bei Teutonia Dreizack, Heidrun, du weckst sie noch auf!"
Heidrun? Na toll. Hicks' feindselige Schwester. Aber diese Stimme gehört nicht Hicks. Hat er auch noch einen Bruder?
"Sie ist schon wach, du Tintenschnaufer. Warum sollte ich sonst nach ihm rufen ?"
"Aber er ist nicht hier, Prinzessin."
Ich höre ein Schlurfen und bin beinahe neugierig genug, um unter der Decke hervorzulugen.
Stattdessen wird die Decke von meinem Gesicht gerissen. Heidrun starrt auf mich herunter und zeigt mit dem Finger auf mich.
"Siehst du? Ich hab dir gesagt, dass sie wach ist."
Der Junge neben ihr schüttelt den Kopf und beugt sich über mich.
"Astrid ?" Ich bin schockiert, ein weiteres violettes Augenpaar zu sehen.
Und natürlich ist auch dieser Junge attraktiv - nicht ganz so zum Anbeißen wie Hicks, aber Mal ehrlich, wer ist das schon? -, mit dem gleichen dichten, schwarzen Haar und der gleichen olivfarbenen Haut wie Heidrun und ihr Bruder.
Ich beantwortete seine Frage mit einem Nicken.
"Astrid. Ich bin Fischbein. Ich schätze, du kennst Heidrun bereits ?"
Fischbein? Seine Eltern haben ihn wirklich Fischbein genannt ?
Aber ich bohre nicht nach und nicke nur.
"Hör mal, du brauchst nicht aufzustehen oder so - Hicks ist nur.... ähm.... schwimmen gegangen.
Er wird bald zurück sein."
Ich schaue zwischen ihnen und den Strand hin und her. Dabei schüttele ich den Kopf.
"Was? Was ist los, Astrid?", fragt er.
Ich mag Fischbein.
Er scheint sich aufrichtig um mich zu sorgen, ohne mir jemals vorher begegnet zu sein. Heidrun macht ein Gesicht, als würde sie gern auf meinem Kopf herum trampeln und den Job zu Ende bringen, den die Cafeteriatür begonnen hat.
"Sturm", murmele ich. Nur eine Silbe, aber ich sehe trotzdem doppelt so viele Punkte.
Fischbein lächelt. "Er wird vor dem Sturm zurück sein. Kann ich dir irgendwas bringen? Was zu essen? Was zu trinken?"
"Ein Taxi?", wirft Heidrun ein.
"Geh in die Küche, Heidrun", sagt er. "Außer du bist bereit, dir eine Insel zu suchen ?"
Ich bin mir nicht sicher, wie weit entfernt die Küche ist, aber es klingt, als würde sie gute fünf Minuten lang dorthin stampfen.
Mir ist nicht ganz klar, warum es eine Strafe für Unverschämtheit ist, sich eine Insel zu suchen.
Aber ich habe ja auch eine Kopfverletzung und denke mir: im Zweifelsfall für die Angeklagte.
Immerhin besteht die Möglichkeit, dass ich mir das Ganze nur eingebildet habe.
"Hast du was dagegen, wenn ich mich setze ?", fragt Fischbein. Ich schüttele den Kopf. Er lässt sich am Rand der Couch nieder und deckt mich wieder zu. Ich hoffe, er nimmt mein Nicken als Dankeschön.
Er kauert sich zusammen und flüstert: "Hör zu, Astrid. Es gibt da etwas, das ich dich fragen will, bevor Hicks zurückkommt. Oh, keine Sorge, es ist eine Ja-oder-Nein-Frage. Du brauchst nicht zu reden."
Ich hoffe, dass er mein Nicken als 'Sicher, warum nicht? Du bist nett' deutet.
Er sieht sich um, als wäre er drauf und dran, mich auszurauben, statt mir eine Frage zu stellen. "Fühlst du dich.... ähm.... kribbelig.... wenn du in Hicks' Nähe bist?"
Diesmal bedeutet mein großäugiges Nicken 'Omeingott, woher weißt du das ?'.
"Wusste ich's doch!", zischt er. "Hör zu, ich wäre dir dankbar, wenn du das Hicks gegenüber nicht erwähnen würdest. Es ist besser für euch, wenn er von allein dahinter kommt. Versprochen?"
Ich hoffe, er versteht mein Nicken als 'Das ist der seltsamste Traum, den ich jemals hatte.'
Alles wird schwarz.

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