Kapitel 52
Astrids Sicht:
Wir biegen in seine gepflasterte Einfahrt ein und ich muss mich im Sitz zurücklehnen, um das alles richtig zu sehen.
Das Strandhaus meiner Träume.
Vier Stockwerke, vielleicht fünf - je nachdem, ob dieses Quadrat auf dem Dach ein Raum ist oder nicht.
Ganz aus Holz, seegrün gestrichen, mit weißen Fensterläden.
Eine riesige Veranda voller weißer Schaukelstühle und dazupassender hölzerner Blumentöpfe, zum Bersten voll mit roten Stiefmütterchen.
Ein schmiedeeisernes Tor führt auf die Rückseite des Hauses, von wo aus man einen fantastischen Blick über den Stand haben muss - wir sind so tief in den Wald hineingefahren, dass ich gedacht habe, wir würden jeden Moment nasse Füße bekommen, bevor wir auf sein Haus stießen.
"Nette Hütte", sage ich zu ihm.
"Würde gerne mit dir tauschen."
"Sofort!"
"Wirklich ? Es gefällt dir ?" Er scheint sich aufrichtig zu freuen.
"Was könnte einem daran nicht gefallen ?"
Er macht einen Schritt zurück und mustert das Haus, als sehe er es zum ersten Mal. Er nickt. "Hm. Gut zu wissen."
Wir stiegen die drei Stufen zur Veranda hinauf, aber als er die Hand nach dem Türknauf ausstreckt, ergreife ich seinen Arm.
Die Berührung schickt eine Hitzewelle durch meinen Körper und lässt mich bis ins Mark erglühen.
"Warte."
Er hält mitten in der Bewegung inne und starrte auf meine Hand.
"Was ist los ? Stimmt etwas nicht ? Du hast deine Meinung doch nicht geändert, oder ?"
"Nein. Aber ich wollte.... ich muss dir etwas sagen."
"Was denn ?"
Ich zwinge mich zu einem nervösen Lachen.
"Also, die gute Nachricht ist: Du brauchst dir keine Sorgen mehr um Zurückweisung zu machen."
Er schüttelt den Kopf. "Das ist wirklich eine gute Nachricht. Aber es hört sich an, als ob das nicht alles wäre."
Ich hole tief Luft.
Wieso schlägt eigentlich nie ein Blitz ein, wenn man einen braucht?
Selbst wenn ich noch hundertmal tief Luft hole, wird das hier nicht weniger peinlich....
"Astrid ?"
"Ich habe meiner Mom erzählt, dass wir miteinander gegen", platze ich heraus. Da. Fühlt sich das nicht besser an ? Nein. Echt nicht.
Sein Lächeln überrascht mich nicht nur, es hypnotisiert mich.
"Machst du Witze ?", fragt er.
Ich schüttele den Kopf.
"Alles andere hätte sie mir nie abgekauft. Also, jetzt.... jetzt musst du so tun, als würden wir miteinander gehen, wenn du wieder zu mir nach Hause kommst. Aber keine Sorge, das brauchst du nie wieder. In einigen Tagen werde ich einfach so tun, als hätten wir Schluss gemacht."
Er lacht."Nein, wirst du nicht. Ich habe ihr dasselbe erzählt."
"Hält. Den. Mund."
"Warum ? Was habe ich gesagt ?"
"Nein, ich meine, du hast ihr das wirklich erzählt ? Warum solltest du das tun ?"
Er zuckt die Achseln. "Aus demselben Grund wie du. Sie hätte kein Nein als Antwort akzeptiert."
Bei der Erkenntnis, dass wir dasselbe Gespräch mit meiner Mutter geführt haben könnten, dreht sich diese hübsche Veranda um mich herum.
Dann bekommt sie auch noch überall schwarze Punkte. Als wir klein waren, haben Raff und ich uns immer im Kreis gedreht, immer rundherum in Dass Bürosessel.
Einmal hat sie mich so schnell und so lange herumgewirbelt, dass ich jedes Mal in die falsche Richtung getorkelt bin, wenn ich aufgestanden bin.
Als Kinder fanden wir das zum Schreien komisch, genau wie Helium atmen, um wie ein Streifenhörnchen zu klingen.
Aber jetzt ist das nicht halb so lustig.
Vor allem weil Hicks' Gesicht gerade hinter einem schwarzen Punkt verschwunden ist. "Oh nein."
"Astrid ? Was ist los ?"
Jetzt verschwindet auch der letzte Rest der Veranda in diesem schwarzen Loch. Die 'Willkommen'-Fußmatte unter mir schwankt wie ein Ruderboot im Hurrikan.
Ich greife nach der Tür oder der Wand oder Hicks, aber irgendwie verfehle ich sie alle drei.
Plötzlich zieht er mir den Boden unter den Füßen weg und mein Gesicht klatscht zum zweiten Mal in meinem Leben an seine Brust.
Diesmal habe ich gar keine andere Wahl, als mich an ihn zu klammern.
Ich höre, wie die Tür geöffnet und geschlossen wird.
Das Inferno seiner Berührung ist das Einzige, dessen ich mir gewiss bin.
Alles andere - wie oben, unten, links und rechts - scheint miteinander zu verschmelzen.
"Ich.... ich werde vielleicht ohnmächtig. Tut mir leid."
Er drückt mich. "Ich lege dich auf die Couch. Ist das okay ?"
Ich nicke, ja, das ist es, aber ich will seinen Hals nicht loslassen.
"Sag mir, was du brauchst. Du machst mir Angst."
Ich vergrabe das Gesicht an seiner Brust.
"Ich kann nichts mehr sehen. Ich will mich nicht hinlegen, weil.... weil ich dann nicht mehr weiß, wo ich bin."
Die Welt hat bereits aufgehört, sich zu drehen. Ich beschließe, dass seine Arme im Moment der sicherste Ort für mich sind.
Bis ich plötzlich falle. Ich schreie.
"Scht. Es ist alles gut, Astrid. Ich habe mich nur hingesetzt. Du bist auf meinem Schoß."
Er streicht mir durchs Haar und wiegt mich sanft hin und her.
"Ist es dein Kopf ? Sag mir, was ich tun kann."
Als ich in seine Brust nicke, durchtränke ich sein Hemd mit Tränen.
"Es muss mein Kopf sein. So was ist mir noch nie passiert."
"Nicht weinen, Astrid. Bitte nicht."
Er versteift sich, als ich anfange zu kichern. Zur Strafe pocht mein Kopf.
"Ich wette, du bereust es, dass du mich hierher gebracht hast", bemerke ich.
Er entspannt sich. "So würde ich das nicht sagen."
Seine Worte sind Balsam.
Im Schutz seiner starken Arme entspannt sich mein Körper wie von selbst. Die Panik fließt von mir ab wie Wasser aus einer zersplitterten Vase.
Meine Augen weigern sich, sich zu öffnen.
"Ich bin irgendwie müde."
"Ist schlafen wirklich gut für dich? Nach allem, was ich über Kopfverletzungen gelesen habe, soll man nicht einschlafen."
Noch während er das sagt, ziehe ich die Beine enger an mich, schmiege meine Schulter in seine Armbeuge und rutsche höher auf seinem Schoß hinauf.
In dieser neuen Position hält er mich sicher und fest in den Armen.
Die Hitze brodelt zwischen uns und umhüllt mich wie ein Wintermantel.
Sich an einen gemeißelten Granitblock zu kuscheln, dürfte eigentlich gar nicht so kuschelig sein.
"Ich denke, das gilt nur unmittelbar nach dem Unfall. Aber jetzt ist es okay, wenn ich schlafe, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich meine, letzte Nacht habe ich ja auch geschlafen, oder ? Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich jetzt überhaupt wach bleiben könnte."
"Aber.... du wirst nicht ohnmächtig. Du schläfst nur ? Das ist ein Unterschied."
Ich gähne. "Nur schlafen. Vielleicht brauche ich einfach ein Nickerchen."
Er nickt in mein Haar. "Du hast heute nach der Schule wirklich müde ausgesehen."
"Du kannst mich jetzt auf die Couch legen."
Er bewegt sich nicht, wiegt mich nur immer weiter.
Wach bleiben ist da ungefähr so einfach, wie an einem rutschigen Abhang Halt zu finden.
"Hicks ?"
"Hm ?"
"Du kannst mich jetzt hinlegen."
"Ich bin noch nicht so weit." Er verstärkt seinen Griff.
"Du brauchst mich nicht...."
"Astrid ? Kannst du mich hören ?"
"Ähm, ja. Hören kann ich gut. Ich kann nur nichts sehen...."
"Da bin ich wirklich erleichtert. Für einen Moment habe ich schon gedacht, dass du mich vielleicht nicht gehört hast, als ich sagte, ich sei noch nicht so weit."
"Trottel."
Er lacht leise in mein Haar. "Schlaf jetzt."
Und das ist das Letzte, woran ich mich erinnere.
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