Kapitel 31
Ich frage mich, mit wie vielen leeren Plätzen am Tisch ein Mensch leben kann, bevor er daran zerbricht.
Mom schiebt von der anderen Seite des Tisches einen Schlüssel zu mir herüber und verbirgt ihren Blick hinter ihrer Kaffeetasse.
"Ist dir heute danach, selbst zu fahren ?"
Ich bin überrascht, dass sie sich nicht einen Zettel mit der Aufschrift WINK MIT DEM ZAUNPFAHL drangehängt hat.
Oder vielleicht ein Banner: DU MUSST ANFANGEN, NORMALE DINGE ZU TUN, WIE SELBST HERUMZUFAHREN.
Ich nicke. Kaue. Starre auf den Schlüssel. Kaur noch ein wenig mehr. Schnappe mir den Schlüssel, stecke ihn in meine Hosentasche.
Nehme noch einen Bussen. Mein Mund sollte eigentlich brennen, aber ich schmecke nichts.
Die Milch sollte kalt sein, aber sie ist wie Leitungswasser. Das Einzige, was brennt, ist der Schlüssel in meiner Tasche, der mich dazu herausfordert, ihn zu berühren.
Ich stelle das Geschirr in dir Spüle, schnappe mir meinen Rucksack und mache mich auf den Weg in die Garage. Allein.
Solange mich niemand umarmt, werde ich klarkommen.
Ich gehe den Flur der Middle-Point-Highschool entlang und nicke den Kids zu, die ich seit der Grundschule kenne.
Die meisten von ihnen haben genug Verstand, nur mitfühlende Blicke in meine Richtung zu werfen. Ein paar sprechen mich trotzdem an.
Aber nichts Verfängliches, nur harmlose Dinge wie "Guten Morgen" und "Ich glaube, wir haben die dritte Stunde zusammen". Selbst Mark Schöttl, die Quarterback-Slash-Gottheit von Middle-Point, schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln durch die Kriegsbemalung in den Schulfarben, die er sich aufs Gesicht geschmiert hat.
An jedem anderen Tag hätte ich Raff sofort gesimst und ihr erzählt, dass der Mark Schöttl meine Existenz wahrgenommen hat. Das tue ich jetzt nicht, und der einzige Grund dafür ist derselbe, der ihn auf mich aufmerksam gemacht hat: Raff ist tot.
Sie alle haben ihr Läuferass verloren. Das Recht, mit ihr anzugeben. In ein paar Wochen werden sie nicht einmal mehr merken, dass etwas fehlt. Sie werden weitermachen, als wäre nichts gewesen. Und Raff vergessen.
Ich schüttle den Kopf, aber ich weiß, dass es wahr ist.
Vor einigen Jahren ist eine neue Schülerin hinten auf dem Motorrad ihres älteren Bruders mitgefahren und gestorben, als er ein Stoppschild überfuhr und in ein Auto krachte.
Sie haben Blumen und Karten an ihr Schließfach geheftet. Die Schülerschaft hat eine Kerzenwache im Footballstadion veranstaltet, und der Stufensprecher hat bei einem Gedenkgottesdienst, den die Schule für sie ausrichtete, eine Rede gehalten. Heute könnte ich mich nicht einmal mehr an ihren Namen erinnern, wenn es um mein Leben ginge.
Wir waren zusammen in ein paar Klubs und Kursen. Ihr Gesicht kann ich noch deutlich vor mir sehen. Aber an ihren Namen erinnere ich mich nicht.
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