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Mit zitternder Hand greife ich nach der Türklinke und gehe aus dem Bad in mein Gästezimmer.

Dort lehne ich mich gegen die Tür und sinke mit Tränen in den Augen auf den Boden.

Der Damm wird nicht brechen. Nicht heute!

Ich wische mir die ungeweinten Tränen aus den Augen und stehe auf, um mir die Haare zu föhnen, doch das laute Geräusch des Föhns überdeckt leider nicht meine Gedanken.

Er hat so traurig geschaut. Seine Augen haben wahrhaftiges Bedauern ausgedrückt.

Das normalerweise so schöne meerblau wurde dunkel und trostlos. Das Meer, das in seinen Augen wütet, war ungewöhnlich still und trüb. Es hat sich nicht bewegt, sich keinen Millimeter gerührt. Und doch war es wunderschön.

Nach einem ruhigen Vormittag sitzen wir nun im Wohnzimmer. Abigail und ich unterhalten uns. Die Zwillinge, überaus beschäftigt mit ihren Smartphones, beachten uns gar nicht.

Darren dagegen beobachtet uns mit Adleraugen und hört uns aufnahmefähig zu. Zwar versucht er das mithilfe der Zeitschrift in seiner Hand zu überdecken, worin er aber kläglich scheitert. Die Zeitschrift über Autos und Motorräder hält er nämlich klischeehaft falsch herum.

»Und Schatz, steht etwas Interessantes in der Zeitschrift?«, fragt seine Mutter ihn.

Er schaut schnell auf das Magazin in seiner Hand und schließt dann ertappt die Augen, weil er nun bemerkt, dass er die Buchstaben kopfstehen.

Abigail und ich fangen an, zu lachen und Primes schaut uns schmunzelnd an. »Schon gut, ich –«

Er wird von der Klingel unterbrochen, legt die Zeitschrift auf den Couchtisch und steht auf, um die Tür zu öffnen. Beim Vorbeigehen an Abigail und mir lächelt er verschmitzt.

Mrs. Primes steht nun auch auf und erklärt mir strahlend »Das muss Fi sein.«

Sofort sinkt meine Laune wieder, und ich fühle mich elend.

Ruhig bleiben, Mace. Das schaffst du schon.

Nun stehen auch die Zwillinge auf, um Darrens Verlobte zu begrüßen. Um nicht als unhöflicher Gast dazustehen, mache ich mich auch auf den Weg in den großen Flur, um sie zu begrüßen. Und schon bereue ich es.

Vor mir sehe ich, wie Darren innig eine Frau umarmt. Eine kleine Welt bricht in mir zusammen, als ich die beiden so stehen sehe. Ich habe mich wahrhaftig in ihn verliebt. In einen verlobten Mann, der dazu auch noch glücklich vergeben ist.

Nach der kleinen Umarm-Runde stellt uns Mrs. Primes vor. »Fi, das ist Macey, eine wichtige Zeugin in einem von Darrens Fällen«, sie zeigt auf mich, und Fiona lächelt mich nett an. »Macey, das ist Fiona, Darrens Verlobte.«

Wie oft muss eigentlich noch erwähnt werde, dass sie Darrens

Verlobte ist?

Sie kommt auf mich zu und umarmt mich. »Schön, dich
kennenzulernen.« Während sie mich umarmt, starre ich Darren an, der hinter ihr steht und mich mit einem entschuldigenden Blick belegt. Ich lächle leicht und beende die Umarmung, die viel zu lange dauert.

Mit einem aufgesetzten Lächeln schaue ich mir seine Verlobte an. Lange braune Haare und grüne Augen, die meine haselnussbraunen mit ihrer Ungewöhnlichkeit übertreffen. Die beiden
werden wunderschöne Babys mit blau-grünen Augen bekommen.

»Auch schön, dich kennen zu lernen.«

Ich mag sie nicht, und es ist nicht schön, sie kennen zu lernen.

Gib ihr eine Chance, sie scheint nett zu sein.

Wir begeben uns wieder ins Wohnzimmer.

»Jetzt musst du nur noch Zach kennen lernen, dann kennst du die ganze Familie«, meint Emily grinsend und schaut zu Fiona, die sie ebenfalls anlächelt.

Na super, sie gehört schon zur Familie.

»Zachary wirst du spätestens am Sonntag kennenlernen«, schaltet sich nun auch Abigail ein.

»Was ist Sonntag?«, frage ich freundlich und dennoch un-behelligt.

»Wir gehen sonntags immer in die Kirche, Liebes.«

Oh, das habe ich nicht erwartet. Ich meine, es sollte mich bei den Tischgebeten vor der Mahlzeit nicht wundern, doch das tut es. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr sonntags in der Kirche, um genau zu sein, seitdem meine Eltern gestorben sind.

Meine Mutter pflegte immer zu sagen, dass eine Beichte die Seele reinigt. Früher, vor dem Autounfall, sind wir auch immer sonntags in die Kirche gegangen, aber nachdem sie verunglückt sind, habe ich keine betreten.

Deine Lebenslage war auch nicht ideal für Kirchgänge.

Ja, das stimmt auch wieder, doch als meine Lage sich gebessert hat, und die Gallaghers mich aufgenommen haben, bin ich
dennoch nicht in die Kirche gegangen.

Helena und ihre Töchter sind nicht religiös. Am Anfang hat die Kirche mich zu sehr an meine Eltern erinnert und später habe ich es nicht eingesehen, beichten zu gehen, nach dem, was mir alles zugestoßen ist.

Ich weiß, ich sollte Gott danken, dass er mich da wieder rausgebracht hat, und die Gallaghers mich adoptieren lassen hat. Das habe ich auch, doch ich konnte mich trotzdem nicht dazu auf-raffen, regelmäßig in die Kirche zu gehen und meine Beichte
abzulegen.

Vielleicht kann ich es wieder mithilfe der Primes.

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