Kapitel 21
Die Wahrheit ans Licht bringen
Baekhyun spürte ein leichtes Ziehen in seiner Schulter, als er die Augen aufschlug. Das Zimmer war in sanftes Morgengrauen getaucht, und die schweren Vorhänge ließen nur einen Hauch des Tageslichts hindurch. Für einen Moment wusste er nicht, wo er war, doch dann kam die Erinnerung zurück – der Schmerz, das Messer, das ihn getroffen hatte. Seonghwa, der ihn in Sicherheit getragen hatte, die besorgten Augen von Chanyeol, die über ihn wachten. Er atmete tief ein und spürte, wie eine Welle der Erleichterung über ihn hinwegfegte. Er lebte. Es war still im Raum, und Baekhyun drehte vorsichtig den Kopf zur Seite, um den leisen Atem seines Mannes zu hören, der in einem Stuhl neben dem Bett eingeschlafen war. Chanyeol war die letzten zwei Tage und Nächte nicht von seiner Seite gewichen, hatte jede Bewegung, jedes Zucken von Baekhyun genau beobachtet. Ein warmes Gefühl der Zuneigung durchflutete Baekhyun, und er streckte langsam eine Hand aus, um Chanyeol's Finger zu berühren. Chanyeol erwachte sofort und sah Baekhyun mit müden, aber vor Freude leuchtenden Augen an. „Du bist wach," sagte er, seine Stimme vor Erleichterung brüchig. „Ja," flüsterte Baekhyun und drückte Chanyeol's Hand. „Ich bin wach. Und es scheint, als ob ich dir einiges zu verdanken habe." Chanyeol schüttelte den Kopf und beugte sich vor, um Baekhyun sanft auf die Stirn zu küssen. „Nein, es ist eher so, dass ich dir viel zu verdanken habe. Du hast überlebt, und das ist alles, was zählt." Die nächsten Tage vergingen langsam, doch Baekhyun spürte, wie seine Kräfte allmählich zurückkehrten. Die Ärzte hatten ihm eine Woche Bettruhe verordnet, und obwohl Baekhyun es hasste, still zu sitzen, wusste er, dass es besser war, die Anweisungen zu befolgen. Chanyeol und Seonghwa kümmerten sich rührend um ihn, und auch wenn Baekhyun nichts lieber getan hätte, als sofort wieder seine königlichen Pflichten aufzunehmen, widerstand er dem Drang, vorschnell aufzustehen. Er wusste, dass es jetzt darauf ankam, sich vollständig zu erholen, um für seine Familie da zu sein. Als die Woche schließlich verstrichen war, fühlte Baekhyun sich wieder stark genug, um das Bett zu verlassen. Die ersten Schritte waren noch unsicher, doch mit Chanyeol's Hilfe fand er schnell sein Gleichgewicht wieder. An diesem Morgen, als er sich an den Frühstückstisch setzte, fühlte er sich fast wieder wie er selbst. Doch es gab eine Sache, die ihm auf der Seele brannte – die Frage nach dem neuen Diener seines Sohnes, Hongjoong. Etwas an dem Jungen hatte ihn von Anfang an beschäftigt, und Baekhyun wollte endlich Antworten. „Chanyeol," begann er leise, als sie nach dem Frühstück zusammen saßen. „Ich möchte, dass du Hongjoong zu uns rufen lässt. Es gibt etwas, das wir klären müssen." Chanyeol nickte ernst und schickte einen Diener, um Hongjoong zu holen. Während sie warteten, spürte Baekhyun eine Mischung aus Neugierde und Anspannung. Was würde der Junge ihnen erzählen? Was verbarg sich hinter seiner stillen Fassade? Nach einigen Minuten klopfte es leise an der Tür, und Hongjoong trat ein. Er verbeugte sich tief und wartete, bis Baekhyun ihn ansprach. „Setz dich, Hongjoong," sagte Baekhyun sanft, aber bestimmt. Der junge Mann folgte der Aufforderung und setzte sich vorsichtig auf den Rand eines Stuhls, den Blick respektvoll gesenkt. „Es gibt etwas, das ich wissen muss," begann Baekhyun und hielt den Blick auf Hongjoong gerichtet. „Wer bist du wirklich, Hongjoong?" Hongjoong zuckte kaum merklich zusammen, doch dann hob er langsam den Kopf und sah Baekhyun direkt in die Augen. In seinem Blick lag eine Entschlossenheit, die Baekhyun überraschte. „Hoheit," begann Hongjoong leise, „es gibt etwas, das ich euch sagen muss." Baekhyun und Chanyeol tauschten einen kurzen Blick, bevor Baekhyun nickte. „Sprich, Hongjoong. Wir wollen die Wahrheit wissen." Hongjoong atmete tief durch, bevor er begann zu sprechen. „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet," sagte er schließlich. „Mein Name ist Kim Hongjoong, und ich bin der jüngste Sohn der Adelsfamilie Kim. Mein Vater, König Jeongin, hat mich hierher geschickt, um zu verhindern, dass unsere Familie beschämt wird." Baekhyun's Augen weiteten sich leicht, und auch Chanyeol runzelte die Stirn. „Beschämt?" wiederholte Baekhyun. „Warum sollte deine Familie durch dich beschämt werden?" Hongjoong senkte wieder den Blick, doch seine Stimme blieb ruhig. „Weil ich anders bin," antwortete er schließlich. „Meine Geschwister – sie schikanierten mich, weil ich nie ihren Erwartungen entsprach. Mein Vater beschloss, mich wegzuschicken, um den Schein zu wahren." Eine Stille legte sich über den Raum, die nur von dem leisen Atem der Anwesenden unterbrochen wurde. Baekhyun fühlte, wie ein Sturm in ihm aufstieg – Wut, Mitleid, aber auch Entschlossenheit. Er stand langsam auf und trat näher an Hongjoong heran. „Du bist also ein Adeliger," sagte er leise, „und dein Vater schickte dich hierher, um seine eigenen Fehler zu vertuschen?" Hongjoong nickte stumm, die Schultern leicht zusammengesunken, als ob er sich für seine eigenen Worte schämte. „Das ist unerhört!" rief Chanyeol plötzlich, seine Stimme vor Zorn bebend. „Wie konnte dein Vater es wagen, dich wie ein gewöhnlicher Diener hierher zu schicken, um seine eigene Ehre zu retten?" Baekhyun legte eine Hand auf Chanyeol's Arm, um ihn zu beruhigen, bevor er sich wieder an Hongjoong wandte. „Danke, dass du uns die Wahrheit gesagt hast, Hongjoong," sagte er sanft. „Du hättest uns diese Informationen verbergen können, doch du hast dich entschieden, ehrlich zu sein. Das ehrt dich." Hongjoong hob den Blick und sah Baekhyun mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Erleichterung an. „Es tut mir leid, dass ich nicht früher die Wahrheit gesagt habe," flüsterte er. „Es ist nicht deine Schuld," sagte Baekhyun und lächelte leicht. „Du hast nur das getan, was du für richtig hieltest. Doch nun liegt es an uns, das Richtige zu tun." Chanyeol nickte zustimmend. „Du wirst nicht länger wie ein Diener behandelt werden, Hongjoong. Du bist ein Adeliger, und du wirst den Respekt erhalten, der dir zusteht." „Wir werden uns mit deinem Vater, König Jeongin, in Verbindung setzen," fügte Baekhyun hinzu. „Er wird für sein Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden." Hongjoong konnte seine Erleichterung kaum verbergen, als er sich tief vor Baekhyun und Chanyeol verbeugte. „Ich danke euch, Hoheiten," sagte er leise, seine Stimme zitterte leicht vor Emotionen. „Ich weiß nicht, wie ich euch jemals genug danken kann." „Es gibt nichts, wofür du uns danken musst," antwortete Baekhyun und legte eine Hand auf Hongjoong's Schulter. „Wir werden dafür sorgen, dass du hier die Behandlung erhältst, die du verdienst." Chanyeol wandte sich an einen der Diener, der in der Nähe wartete. „Bereitet für Hongjoong ein angemessenes Zimmer vor," befahl er. „Er gehört nicht in die Dienerquartiere." Der Diener nickte und verließ eilig den Raum, um den Befehl auszuführen. „Geh und ruh dich aus, Hongjoong," sagte Baekhyun, als der Diener verschwunden war. „Du hast heute genug durchgemacht." Hongjoong stand auf und verbeugte sich erneut, bevor er sich leise verabschiedete und den Raum verließ. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, seufzte Baekhyun tief und ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken. „Das ist also die Wahrheit," sagte Chanyeol nachdenklich und starrte auf die Stelle, an der Hongjoong eben noch gestanden hatte. „Ein Junge, der wegen der Schande seiner Familie leiden muss." „Ja," antwortete Baekhyun leise. „Aber jetzt, da wir es wissen, werden wir dafür sorgen, dass er hier ein neues Zuhause findet – ein Zuhause, in dem er geschätzt wird." Chanyeol nickte zustimmend und legte einen Arm um Baekhyun's Schultern. „Du bist ein guter Mensch, Baekhyun," sagte er sanft. „Und genau deshalb liebe ich dich." Baekhyun lehnte sich in Chanyeol's Umarmung zurück und schloss die Augen. Die Anstrengungen der letzten Tage hatten ihm zugesetzt, doch mit Chanyeol an seiner Seite fühlte er sich stark genug, um jede Herausforderung zu meistern. Gemeinsam würden sie für Gerechtigkeit sorgen, für Hongjoong und für all jene, die zu Unrecht litten.
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