Kapitel 20
Eine schwere Bürde
Seonghwa atmete tief durch, als er das königliche Arbeitszimmer betrat. Der Raum war groß und beeindruckend, die Wände geschmückt mit alten Gemälden der Vorfahren, die über das Königreich geherrscht hatten. Doch in diesem Moment fühlte sich Seonghwa von der schieren Last der Verantwortung, die auf ihm lag, erdrückt. Sein Vater, König Chanyeol, verbrachte jede Minute an der Seite von Baekhyun, und so war es an Seonghwa, die königlichen Aufgaben zu übernehmen. Normalerweise war sein Alltag als Prinz gut strukturiert und von festen Ritualen geprägt, doch in diesen Tagen gab es keine gewohnten Abläufe. Die Nachrichten von Baekhyun's Verletzung hatten das Schloss in eine gespannte Stille gehüllt, und Seonghwa wusste, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren. „Seonghwa, darf ich eintreten?" Die leise, respektvolle Stimme von Hongjoong riss ihn aus seinen Gedanken. Der junge Mann, der nun sein persönlicher Diener war, hatte sich in der kurzen Zeit als äußerst zuverlässig und aufmerksam erwiesen. „Ja, komm rein, Hongjoong," antwortete Seonghwa und drehte sich zu ihm um. Hongjoong trat ein, elegant wie immer, und verbeugte sich leicht. In seinen Händen hielt er einen Stapel Dokumente, die wichtig für den heutigen Tag waren. „Das sind die Berichte, die heute Morgen eingetroffen sind, Hoheit," sagte Hongjoong, als er die Papiere auf den schweren Holztisch legte. „Einige sind dringlich, besonders der Brief von Lord Kang. Es geht um die Versorgung der Truppen an der Nordgrenze." Seonghwa nickte und setzte sich hinter den Schreibtisch. Die Briefe und Dokumente türmten sich vor ihm, und er wusste, dass jeder einzelne von ihnen Entscheidungen erforderte, die das Leben vieler Menschen beeinflussen würden. Er spürte die Verantwortung schwer auf seinen Schultern lasten, doch er wusste auch, dass er jetzt stark sein musste. Nicht nur für sich selbst, sondern für das gesamte Königreich – und vor allem für seine Eltern. „Danke, Hongjoong," sagte Seonghwa, während er die ersten Dokumente zur Hand nahm und begann, sie zu studieren. Hongjoong trat zurück und blieb still im Raum, immer bereit, falls Seonghwa ihn brauchen sollte. Seonghwa hatte bemerkt, wie geschickt und diskret Hongjoong seine Aufgaben erledigte. Es war, als ob der junge Mann genau wusste, wann er gebraucht wurde und wann es besser war, im Hintergrund zu bleiben. Diese unaufdringliche Präsenz war für Seonghwa in diesen Tagen eine große Hilfe. Die Stunden vergingen, während Seonghwa sich durch die Berichte arbeitete, Entscheidungen traf und Anweisungen gab. Hongjoong reichte ihm in regelmäßigen Abständen Tee und kleine Erfrischungen, erinnerte ihn daran, sich hin und wieder zu entspannen. Es war eine Zusammenarbeit, die stillschweigend funktionierte. Obwohl sie kaum Worte wechselten, war die Verbindung zwischen ihnen spürbar. Hongjoong verstand die Ernsthaftigkeit der Lage und zeigte in jedem seiner Handgriffe seine Bereitschaft, Seonghwa zu unterstützen. Als der Nachmittag näher rückte, legte Seonghwa den letzten Brief aus der Hand und rieb sich müde die Schläfen. „Wie läuft es bei meinen Eltern?" fragte er schließlich, den Blick auf das Fenster gerichtet, durch das das Licht der sinkenden Sonne schien. „Ich habe gehört, dass es Ihrer Mutter etwas besser geht, Hoheit," antwortete Hongjoong leise. „Der König weicht nicht von ihrer Seite. Der Arzt meinte, dass sie sich gut erholt." Seonghwa nickte, dankbar für die Nachricht. „Das ist gut," sagte er. „Sehr gut." Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. Ein weiterer Bote trat ein, überreichte Seonghwa eine versiegelte Nachricht und verließ den Raum ebenso schnell wieder. Seonghwa brach das Siegel auf und überflog den Inhalt. Es war eine Einladung zu einem Treffen mit mehreren hochrangigen Beratern des Reiches, die sich besorgt über den Zustand der Königin zeigten und über die weiteren Maßnahmen sprechen wollten. Seonghwa seufzte tief. „Es scheint, als ob der Tag noch nicht vorbei ist," sagte er und stand auf. „Ich muss mich vorbereiten." „Soll ich Ihre Kleidung für das Treffen vorbereiten, Hoheit?" fragte Hongjoong und machte sich bereits daran, die Dokumente auf dem Tisch zu ordnen. „Ja, das wäre gut," antwortete Seonghwa. „Danke, Hongjoong." Während Hongjoong sich um die Vorbereitungen kümmerte, ging Seonghwa zum Fenster und sah hinaus auf die Gärten des Schlosses. Der Anblick beruhigte ihn ein wenig, und er nahm sich einen Moment, um seine Gedanken zu sammeln. Er wusste, dass diese Berater nicht nur aus Sorge um die Königin kamen, sondern auch, um sicherzustellen, dass das Königreich trotz der schwierigen Situation stark blieb. Es lag nun an ihm, ihnen zu zeigen, dass er dieser Verantwortung gewachsen war. Als Hongjoong ihm die vorbereiteten Kleidungsstücke reichte, nahm Seonghwa sie entgegen und begann sich umzuziehen. Währenddessen konnte er nicht anders, als den jungen Mann zu beobachten, der so konzentriert und mitfühlend seine Aufgaben erfüllte. „Hongjoong," sagte Seonghwa plötzlich, „ich möchte dir danken. Du hast mir heute sehr geholfen." Hongjoong, der gerade dabei war, Seonghwa's Mantel glatt zu streichen, sah überrascht auf. „Es ist meine Pflicht, Hoheit. Aber... ich bin froh, dass ich Ihnen helfen kann." „Nein," entgegnete Seonghwa ernst. „Es ist mehr als das. Du hast mich unterstützt, ohne zu fragen. Du warst da, als ich dich brauchte, ohne dass ich es aussprechen musste. Das ist keine einfache Aufgabe." Hongjoong errötete leicht, senkte den Blick und verbeugte sich. „Danke, Hoheit. Es ist mir eine Ehre." Seonghwa lächelte leicht und legte eine Hand auf Hongjoong's Schulter. „Ich weiß, dass dies für dich nicht einfach ist. Du bist nicht nur ein Diener, Hongjoong. Du bist ein Mensch, und ich werde dich immer als solchen behandeln." Hongjoong hob den Kopf und sah Seonghwa in die Augen, und für einen Moment schien die Welt um sie herum still zu stehen. „Ich danke Ihnen, Hoheit," sagte er schließlich, seine Stimme leise, aber voller Aufrichtigkeit. Nachdem Seonghwa sich vollständig angekleidet hatte, machte er sich auf den Weg zu dem Treffen mit den Beratern, während Hongjoong ihm diskret folgte. Die Gänge des Schlosses waren ruhig, fast gespenstisch still, und das Licht der untergehenden Sonne tauchte alles in ein warmes, goldenes Leuchten. Seonghwa spürte, wie sich seine Nervosität langsam legte. Er war bereit, die Aufgaben, die vor ihm lagen, zu bewältigen. Im Raum der Ratsversammlung angekommen, begrüßte Seonghwa die versammelten Berater mit der gebotenen Höflichkeit. Es waren vertraute Gesichter, Männer, die seit Jahren seinem Vater dienten. Doch heute würde er an ihrer Spitze stehen, und er wusste, dass jeder seiner Schritte genau beobachtet werden würde. „Meine Herren," begann Seonghwa, nachdem sich alle gesetzt hatten. „Ich danke Ihnen, dass Sie sich so schnell versammelt haben. Wie Sie wissen, ist meine Mutter auf dem Weg der Besserung, und mein Vater bleibt an ihrer Seite. In dieser Zeit werde ich die Pflichten des Königs übernehmen, und ich verlasse mich auf Ihre Unterstützung, um das Reich in dieser schwierigen Zeit zu leiten." Die Männer nickten zustimmend, und die Versammlung begann. Es wurden Berichte erstattet, Fragen gestellt und Entscheidungen getroffen. Seonghwa fühlte sich zunehmend sicherer in seiner Rolle, auch wenn er wusste, dass er viel zu lernen hatte. Hongjoong blieb still im Hintergrund, bereit, bei Bedarf einzugreifen, doch seine Präsenz allein gab Seonghwa ein Gefühl von Sicherheit. Nach dem Treffen kehrte Seonghwa in seine Gemächer zurück, wo er sich auf einen langen Abend vorbereitete. Es gab noch viel zu tun, doch er war entschlossen, seine Pflichten bis zum Ende zu erfüllen. Als er schließlich eine Pause einlegte, fand er Hongjoong in der Nähe seines Schreibtisches, still beschäftigt mit den Papieren, die er sortierte. „Du kannst für heute aufhören, Hongjoong," sagte Seonghwa, während er sich in einen Sessel setzte. „Es war ein langer Tag, und du hast dir eine Pause verdient." Hongjoong sah auf und lächelte leicht. „Danke, Hoheit. Aber ich bleibe, bis ich sicher bin, dass Sie alles haben, was Sie brauchen." Seonghwa konnte nicht anders, als den jungen Mann zu bewundern, der sich so selbstlos um ihn kümmerte. „Du bist wirklich eine große Hilfe, Hongjoong. Ich hoffe, dass du dich hier bald heimisch fühlst." „Das tue ich bereits, Hoheit," antwortete Hongjoong leise. „Solange ich Ihnen dienen kann, fühle ich mich hier wohl." Seonghwa lächelte sanft. „Dann hoffe ich, dass du noch lange hier bleibst. Wir werden deine Hilfe weiterhin brauchen." Als die Nacht hereinbrach, war Seonghwa dankbar für die Unterstützung, die er an diesem Tag erfahren hatte. Trotz der schweren Bürde, die auf ihm lastete, wusste er, dass er nicht allein war. Hongjoong hatte sich als unverzichtbarer Begleiter erwiesen, und Seonghwa war sich sicher, dass sie gemeinsam jede Herausforderung meistern würden, die vor ihnen lag.
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