Kapitel 19

In den Schatten der Sorgen 

Chanyeol saß auf einem bequemen, aber schlichten Stuhl neben dem Bett, in dem Baekhyun lag. Der Raum war von einer unheimlichen Stille erfüllt, die nur durch das gelegentliche, tiefe Atmen seines Mannes durchbrochen wurde. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich längst über das Schloss gelegt, doch Chanyeol hatte kein Bedürfnis zu schlafen. Seine Augen waren fest auf Baekhyun gerichtet, seine Hand hielt die von Baekhyun, als wäre sie ein Anker, der ihn davor bewahrte, in die endlose See der Angst zu stürzen. Baekhyun's Gesicht war bleich, aber seine Atmung war gleichmäßig. Der Schmerz hatte sich dank der Pflege der Hofärzte und des unerwarteten Helfers Hongjoong gemildert. Doch Chanyeol konnte die Sorgen nicht loslassen, die ihn wie eine schwere Decke umhüllten. Jeder Atemzug, den Baekhyun nahm, ließ Chanyeol hoffen, dass der nächste tief und kräftig sein würde. „Warum musste das passieren?" flüsterte Chanyeol, fast zu sich selbst, während er Baekhyun's Hand fester drückte. „Warum musstest du verletzt werden, Baekhyun?" Er wusste, dass diese Fragen unbeantwortet bleiben würden, doch sie kreisten in seinem Kopf wie ein unaufhörlicher Wirbelsturm. Seonghwa hatte am Morgen alle Pflichten des Königs übernommen, eine Verantwortung, die er nicht erwartet hatte, aber dennoch mit ruhiger Entschlossenheit trug. Chanyeol war stolz auf seinen Sohn, der trotz des Schocks und der Sorge um seine Mutter die Führung übernommen hatte. Doch der Gedanke, dass er Baekhyun im Stich gelassen haben könnte, auch wenn nur in der Übernahme seiner Pflichten, war für Chanyeol unerträglich. Er konnte nichts anderes tun, als hier an Baekhyun's Seite zu bleiben. Das leise Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Seonghwa, der leise eintrat, ein Tablett mit Essen in den Händen. „Vater," sagte er sanft, als er das Tablett auf einem kleinen Tisch neben Chanyeol abstellte. „Du musst etwas essen." Chanyeol sah seinen Sohn an, seine Augen müde, aber voller Wärme. „Danke, Seonghwa," sagte er leise, „aber ich habe keinen Appetit." Seonghwa trat näher und legte eine Hand auf Chanyeol's Schulter. „Vater, du musst stark bleiben. Für dich selbst, für Mutter... für uns alle." Chanyeol nickte, doch er fühlte, wie seine Kraft schwand. Er wusste, dass Seonghwa recht hatte, aber sein Herz war schwer, und der Gedanke an Essen war ihm unangenehm. „Ich weiß," antwortete er schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ich werde essen... nur ein wenig." Seonghwa lächelte schwach und drückte Chanyeol's Schulter, bevor er sich wieder aufrichtete. „Ich kümmere mich um alles andere. Mutter wird wieder gesund, Vater. Du wirst sehen." Chanyeol's Augen glänzten vor Stolz und Dankbarkeit, als er Seonghwa ansah. „Du bist so stark, mein Sohn. Deine Mutter und ich sind so stolz auf dich." Seonghwa erwiderte den Blick mit einer ruhigen Zuversicht, die Chanyeol ein wenig Trost spendete. „Ich tue nur das, was nötig ist. Genauso wie du." Nachdem Seonghwa gegangen war, zwang sich Chanyeol dazu, etwas von dem Brot und der Suppe zu essen, die sein Sohn ihm gebracht hatte. Doch sein Appetit war klein, und nach ein paar Bissen stellte er das Tablett beiseite. Sein Blick wanderte zurück zu Baekhyun, dessen Gesicht nun in das sanfte Mondlicht getaucht war, das durch das Fenster fiel. Chanyeol fühlte einen Kloß in seinem Hals. Die Erinnerung daran, wie Baekhyun in seinen Armen zusammengebrochen war, war noch immer frisch in seinem Gedächtnis. Er erinnerte sich daran, wie leichtfüßig Baekhyun immer war, wie sehr er es liebte, in die Stadt zu gehen und das Leben der Menschen zu beobachten, die sie regierten. Es war diese Nähe zum Volk, die Baekhyun so besonders machte, die ihn so sehr vom typischen Bild einer Königin oder eines Königs unterschied. Doch diese gleiche Nähe hatte ihn nun verletzlich gemacht. „Ich hätte dich beschützen sollen," flüsterte Chanyeol, während seine Hand sanft über Baekhyun's Wange strich. „Ich hätte..." Baekhyun's Augenlider zuckten leicht, und Chanyeol hielt den Atem an. Ein leises, kaum hörbares Murmeln kam von Baekhyun's Lippen, und Chanyeol beugte sich vor, um es zu verstehen. „Chanyeol..." „Ich bin hier," antwortete Chanyeol schnell, seine Hand fest um Baekhyun's geschlossen. „Ich bin bei dir, mein Liebling." Baekhyun's Augen öffneten sich leicht, und ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen, bevor sie sich wieder schlossen. „Ich wusste... dass du hier bist," murmelte Baekhyun leise, bevor er wieder in einen tiefen Schlaf fiel. Diese wenigen Worte ließen Chanyeol's Herz wärmer schlagen. Es war ein kleines Zeichen der Besserung, aber es war genug, um ihm neue Hoffnung zu geben. Er drückte Baekhyun's Hand an seine Lippen und versprach sich selbst, dass er alles tun würde, um sicherzustellen, dass Baekhyun sich vollständig erholte. Der Morgen brach langsam an, und die ersten Sonnenstrahlen drangen durch die Fenster. Chanyeol hatte die Nacht durchwacht, ohne einen Moment des Schlafs zu finden, aber er fühlte sich dennoch stärker als zuvor. Baekhyun war auf dem Weg der Besserung, und Chanyeol wusste, dass er nun auch für Seonghwa stark sein musste, der in dieser schwierigen Zeit so viel auf sich genommen hatte. Als die Diener schließlich hereinkamen, um nach Baekhyun zu sehen, ließ Chanyeol sie widerstrebend gewähren, trat jedoch nie weit von Baekhyun's Seite zurück. Er beobachtete jeden ihrer Handgriffe, jeden Ausdruck auf ihren Gesichtern, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung war. Seonghwa kam später erneut vorbei, brachte frische Kleidung und Nachrichten aus dem Königreich. Chanyeol hörte aufmerksam zu, nickte, und gab Anweisungen, wo es nötig war. Doch seine Gedanken kehrten immer wieder zu Baekhyun zurück, der jetzt ruhiger und weniger blass aussah. „Danke, dass du dich um alles kümmerst, Seonghwa," sagte Chanyeol, als sein Sohn fertig war mit seinem Bericht. Seonghwa schüttelte den Kopf. „Es ist meine Pflicht, Vater. Aber ich tue es auch für euch. Ihr habt mich gelehrt, was es heißt, zu führen und Verantwortung zu übernehmen." Chanyeol's Herz schwoll vor Stolz, und er umarmte Seonghwa kurz, aber fest. „Du bist ein guter Sohn, und du wirst ein großer König sein, eines Tages." Seonghwa erwiderte die Umarmung mit der gleichen Wärme. „Ich habe von den Besten gelernt." Als Seonghwa wieder ging, ließ sich Chanyeol zurück auf den Stuhl sinken. Er würde weiterhin an Baekhyun's Seite wachen, Tag und Nacht, bis er sicher sein konnte, dass sein geliebter Mann wieder vollständig genesen war. Nichts war ihm wichtiger als die Sicherheit und das Wohlergehen seiner Familie. Und in diesen stillen, intimen Momenten, in denen es nur ihn und Baekhyun gab, fand Chanyeol die Kraft, weiterzumachen – für sie beide und für die Zukunft ihres Königreichs.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top