Kapitel 16
Ein Tag an Seonghwa's Seite
Seonghwa schob den leeren Teller von sich und wischte sich mit einem Leinentuch den Mund ab. Er stand auf und verneigte sich höflich vor seinen Eltern. „Vielen Dank für das Frühstück, Vater, Mutter." Chanyeol nickte ihm wohlwollend zu, während Baekhyun ihm ein sanftes Lächeln schenkte. „Habe einen erfolgreichen Tag, mein Sohn," sagte Baekhyun mit warmer Stimme. Seonghwa erwiderte das Lächeln und wandte sich dann zum Gehen. Mit einem schnellen Blick auf den neuen Diener, der noch immer an der Wand stand, deutete Seonghwa ihm, ihm zu folgen. „Komm, Hongjoong. Es gibt viel zu tun." Hongjoong nickte stumm, seine Augen auf den Boden gerichtet, und folgte Seonghwa aus dem Speisesaal hinaus in den langen, mit Teppichen ausgelegten Korridor. Die Stille war schwer und fast greifbar, nur unterbrochen vom leisen Echo ihrer Schritte. Seonghwa spürte die Unsicherheit und Nervosität, die von seinem neuen Diener ausging, und obwohl er nicht der Typ war, der viel redete, wollte er sicherstellen, dass Hongjoong sich wohlfühlte. „Hongjoong," begann Seonghwa in ruhigem Ton, während sie den Gang entlangschritten, „heute ist dein erster Tag als mein Diener. Deine Hauptaufgabe wird es sein, mir in allem zu assistieren, was ich tue. Du wirst an meiner Seite sein, egal wohin ich gehe, und ich werde dir sagen, was von dir erwartet wird." Hongjoong nickte sofort, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als er antwortete: „Ja, Eure Hoheit. Ich werde mein Bestes geben." Seonghwa warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. „Du brauchst nicht so formell zu sein, wenn wir alleine sind," sagte er. „Du kannst mich einfach Seonghwa nennen." Das schien Hongjoong zu überraschen, und er blickte kurz auf, bevor er sich wieder der Stille hingab. „Ja... Seonghwa," sagte er schließlich, die Worte noch ungewohnt in seinem Mund. Seonghwa konnte nicht umhin, den Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen zu spüren. Es war seltsam, jemanden an seiner Seite zu haben, der so still und vorsichtig war. Er hatte andere Diener gehabt, die oft redseliger und selbstbewusster gewesen waren, aber Hongjoong schien anders. Etwas in ihm erweckte Seonghwa's Interesse. Sie erreichten bald das Arbeitszimmer des Prinzen, einen großzügigen Raum mit hohen Fenstern, durch die das Morgenlicht strömte. Der Raum war geschmackvoll eingerichtet, mit einem großen Schreibtisch, Regalen voller Bücher und einem gemütlichen Sessel am Kamin. Es war Seonghwa's persönlicher Rückzugsort, ein Ort, an dem er seine Gedanken ordnen und seine Aufgaben planen konnte. „Heute stehen einige administrative Aufgaben an," erklärte Seonghwa, während er auf den Sessel zusteuerte. „Ich werde einige Dokumente durchsehen und unterschreiben müssen. Danach gibt es eine Besprechung mit den Beratern meines Vaters. Du wirst währenddessen hierbleiben und warten." Hongjoong nickte und stellte sich nahe der Tür auf, bereit, auf jede Anweisung zu reagieren. Seonghwa setzte sich und begann, die vor ihm liegenden Dokumente durchzugehen. Es war eine Routinearbeit, die Konzentration erforderte, aber nichts, was ihn sonderlich forderte. Dennoch war es ein wichtiger Teil seiner Ausbildung zum zukünftigen König. Während er die Papiere durchsah, schweiften seine Gedanken gelegentlich zu Hongjoong ab. Seonghwa konnte spüren, wie die Anwesenheit des jungen Dieners den Raum ausfüllte, obwohl Hongjoong fast unsichtbar wirkte. Es war eine ungewöhnliche Situation für Seonghwa, der es gewohnt war, alleine zu arbeiten. Die leise Präsenz von Hongjoong war beruhigend und gleichzeitig neugierig machend. Nach einiger Zeit erhob sich Seonghwa und blickte zu Hongjoong. „Es ist Zeit für die Besprechung," sagte er. „Du wirst nicht mit hineinkommen, aber ich möchte, dass du vor der Tür wartest." Hongjoong nickte erneut und folgte Seonghwa den Korridor entlang zu einem großen Saal, in dem die Besprechungen des königlichen Hofes stattfanden. Seonghwa trat ein, während Hongjoong draußen blieb und sich in einer Ecke aufstellte, bereit, falls er gebraucht wurde. Die Besprechung dauerte länger als erwartet, und als Seonghwa schließlich herauskam, bemerkte er, dass Hongjoong immer noch in derselben Position stand, geduldig wartend. „Lass uns weitergehen," sagte Seonghwa und deutete den Korridor hinunter. „Der Rest des Tages wird etwas entspannter sein." Sie machten sich auf den Weg in die königlichen Gärten, einen Ort, den Seonghwa besonders schätzte. Die frische Luft und die blühenden Blumen halfen ihm, nach den langen Sitzungen und der konzentrierten Arbeit zu entspannen. Hongjoong folgte ihm stumm, seine Augen nahmen jeden Winkel des Gartens in sich auf, als wäre er zum ersten Mal hier. „Das ist einer meiner liebsten Orte im Schloss," sagte Seonghwa, als er stehen blieb und sich umsah. „Manchmal verbringe ich hier Stunden, einfach nur um nachzudenken." Hongjoong lächelte schwach. „Es ist wunderschön hier," murmelte er. Seonghwa nickte zustimmend. „Ja, das ist es." Er ließ sich auf einer der steinernen Bänke nieder und bedeutete Hongjoong, sich ebenfalls zu setzen. Der junge Diener zögerte kurz, bevor er sich vorsichtig auf den Rand der Bank setzte, unsicher, ob es ihm erlaubt war. Sie saßen eine Weile in angenehmem Schweigen, während die Vögel in den Bäumen sangen und die Sonnenstrahlen durch das Laub fielen. Seonghwa spürte, wie die Anspannung des Vormittags von ihm abfiel, und er bemerkte, dass auch Hongjoong allmählich entspannter wirkte. „Erzähl mir etwas über dich, Hongjoong," sagte Seonghwa schließlich, seine Stimme neugierig. „Wie bist du hierher gekommen?" Hongjoong wirkte überrascht über die Frage, und er benötigte einen Moment, um zu antworten. „Meine Eltern... sie wollten, dass ich lerne, wie es ist, in einem königlichen Haushalt zu arbeiten. Ich... wollte es auch," fügte er hastig hinzu, obwohl Seonghwa den Hauch von Unsicherheit in seiner Stimme nicht überhören konnte. „Und gefällt es dir bisher?" fragte Seonghwa weiter, interessiert. Hongjoong nickte langsam. „Ja, Seonghwa. Es ist... anders, aber ich denke, ich werde mich daran gewöhnen." Seonghwa lächelte. „Das hoffe ich auch. Es ist wichtig, dass du dich hier wohlfühlst." Der Nachmittag verstrich ruhig, und Hongjoong begleitete Seonghwa, während dieser seine letzten Aufgaben des Tages erledigte. Es waren kleine Dinge, wie das Überprüfen der Bestände in der königlichen Bibliothek und ein kurzer Besuch bei den Stallungen, um sicherzustellen, dass die Pferde gut versorgt waren. Seonghwa fand, dass der Tag schnell vergangen war, und obwohl er sich auf die bevorstehende Reise in die Stadt mit seiner Mutter freute, wusste er, dass er diese ruhigen Momente im Schloss ebenso schätzte. Als der Tag sich dem Ende zuneigte, machte sich Seonghwa bereit, in die Stadt zu fahren. Bevor er ging, drehte er sich noch einmal zu Hongjoong um, der ihm wie ein Schatten gefolgt war. „Morgen wird ein neuer Tag sein, Hongjoong. Ruh dich gut aus." „Ja, Seonghwa," antwortete Hongjoong mit einem leichten Nicken. Seonghwa konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass dieser junge Mann mehr Geheimnisse verbarg, als er preisgab, doch er beschloss, ihm Zeit zu geben. Vertrauen musste wachsen, und Seonghwa war geduldig. Mit einem letzten Blick auf seinen neuen Diener verließ Seonghwa den Raum, bereit für den Abend in der Stadt, während Hongjoong ihm schweigend nachsah.
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